Das Licht am Ende der Fahnenstange

 

KAPITEL XI Teil 1

 

>>>> Glaubsalz Version 17, abgekürzt auch GS17 genannt, ist eine neu entwickelte revolutionäre Substanz, die es ermöglicht, Menschen auch gegen ihre ursprünglichen Überzeugungen zu einem anderen Glauben zu überzeugen.

Glaubsalz Version 17, nicht zu verwechseln mit dem Glaubersalz, einem harmlosen Abführmittel, ermöglicht es, Menschen dauerhaft zu einem anderen Glauben zu überzeugen. Im Augenblick besitzt das GS17 noch eine Halbwertzeit von vier Jahren, welches aber für die meisten Anwendungen völlig ausreichend ist. Es bedeutet, dass sich nach vier Jahren die Hälfte des GS17 zersetzt hat und die verbliebene restliche Hälfte nur noch eingeschränkt auf den Probanten einwirkt.

Gedanken darüber, wie man eine breite Öffentlichkeit mit dem GS17 erreichen kann, werden im Augenblick erörtert und diskutiert von einem wissenschaftlichen Psychologenteam. Man denkt zum Beispiel an die Verbreitung des GS17 im Trinkwasser, um danach durch eine gezielte unterschwellige ‚Werbung’ über TV eine bestmögliche Wirkung zu erreichen.

 

Anwendungen: Im privaten, geschäftlichen, sowie im politischen Bereich.

 

Nebenwirkungen: Keine

 

Nachteile: Kälte kann die komplizierte molekulare Struktur des GS17 zerstören. Diese Gefahr kann aber vernachlässigt werden, da niemand sich freiwillig tiefgefrieren oder schwer unterkühlen lassen wird. Und wenn dies tatsächlich der Fall wäre, würde der Tod beim Probanten eintreten (eintretender Tod oder Fehlfunktion 95%).

 

Fazit:GS17 wird kontinuierlich weiterentwickelt, zumal ein großer Bedarf danach besteht (Beispiel: Präsidentschaftswahlen)

Ein weiterer großer Bedarf außer dem zu politischen Zwecken besteht bei den großen Kirchen in diesen Zeiten der schwindenden Gläubigen. Der Vatikan hat schon Interesse gezeigt...

 

Denn wie man so schön sagt: Nur wer‘s glaubt, ist selig... <<<<

 

(Auszug aus einem hochgeheimen Bulletin von W&H)

 

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Die Luftblasen auf dem Wasserloch, in dem Buffy versunken war, waren gerade verperlt, als sie sich durch das dünne Eis, das sich in Blitzesschnelle auf dem Wasserloch gebildet hatte, wieder an die Oberfläche kämpfte.

Herrgott noch mal, sie war schließlich eine Jägerin.

Trotzdem hatte sie es schwer, einen festen Rand zu finden, an dem sie sich hochziehen konnte. Sie schwamm hin und her, versuchte es mal hier und mal da, aber immer brach der Eisrand unter ihren erstarrten Händen ab, und die Kleidung und die Schlittschuhe die sie trug, beides wog immer schwerer und zog sie in das eisig kalte Wasser hinunter.

Buffy hatte als Kind einen Film gesehen, in dem eine Ratte in einem Fass mit Wasser herumschwamm, und die Ratte konnte den rettenden Rand nicht erreichen. Die Ratte schwamm ruhig und gefasst im Kreis und hörte nie auf, den nicht zu erreichenden Rand des Fasses mit den Augen zu fixieren. Es war ein furchtbarer Film. Genauso wie die Ratte fühlte sie sich jetzt.

 

Schließlich fand sie doch eine Eiskante, die stabil genug war, um ihr Gewicht tragen zu können, und sie zog sich vorsichtig, überaus vorsichtig, millimeterweise aus dem Wasserloch heraus. Als sie spürte, dass der Eisrand sie tragen würde, schleppte sie sich ein paar Meter kriechend vom Wasserloch weg und blieb schließlich erschöpft liegen.

Sie hatte sich gerettet. Das war genug. Und sie fühlte sich gar nicht mal so schlecht. Das Leben war schön, es war berauschend.

Sie fühlte sich friedlich.

Sie stellte erstaunt fest, dass der Hass auf Spike weg war, und es kam ihr vor, als könnte sie nach mehr als zwei Monaten endlich wieder klar denken, und es war herrlich.

Als sie dann näher nachdachte, wusste sie, dass Spike sie verlassen hatte. Er hatte sie verlassen wie alle anderen auch. Obwohl sie ihn liebte. Sie hatte ihn vertrieben. Sie hatte seine Bedürfnisse mit Füßen getreten. Sie hatte sich einen Dreck um ihn gekümmert, sie hatte alles ignoriert, was mit seinem Vampirdings zu tun hatte. Sie hatte die Anzeichen nicht erkennen wollen. Sie hatte nicht sehen wollen, dass er darunter litt. Dass er vielleicht manchmal darüber sprechen wollte. Denn sie war die einzige, die so viel von ihm wusste. Aber sie war die Jägerin, Konnte sie ihn überhaupt verstehen?

Das war nun egal. Sie hatte es versiebt. Hatte ihn vertrieben. Er hatte recht, sie war viel zu eingebildet und zu anmaßend gewesen, um einen Vampir in ihrer Nähe zu dulden. Als Mensch hatte sie ihn geduldet, hatte sich selber betrogen, hatte den Gedanken verdrängt, was er einmal gewesen war. Sie hatte Gott gespielt, aber sie war nicht Gott...

Alles in ihr krampfte sich zusammen. Er war weg.

Wie hatte sie ihn nur so verdächtigen können. Spike würde sie niemals hintergehen. Spike hatte ihr diese wunderbare Bibliothek geschenkt.

Spike war ein außergewöhnlicher Mann.

Angel hatte ihr damals zum Geburtstag einen Gedichtband geschenkt. Ein altes Werk, wirklich alt hatte es ausgesehen, aber sie hatte nie hineingeschaut. Sie war die Jägerin, Gedichte waren nichts für sie, sie hätte sie nicht verstanden. Was also wollte Angel von ihr? Hatte Angel sich schon damals ein Bild von ihr gemacht?

Spike hatte sich niemals ein Bild von ihr gemacht.

Und dafür liebte sie ihn. Nein, nicht dafür, sie liebte ihn. Einfach so. Und sie wollte ihn glücklich machen, einfach so.

Die Kälte war gar nicht kalt sondern herrlich. Buffy schaffte es nicht mehr, ihre Schlittschuhe auszuziehen, es war auch gar nicht nötig, sie fühlte sich so fantastisch, mit oder ohne Schlittschuhe, und sie liebte Spike. Ohne wenn und aber.

Sie wollte noch ein Weilchen darüber nachdenken, über diese Liebe.

Es war so herrlich warm, dass sie dann doch versuchte, sich die Schlittschuhe auszuziehen, aber aus unbekannten Gründen konnte sie ihre Finger nicht richtig bewegen, und sie legte sich zusammen gekrümmt auf das warme Eis, betrachtete den vollen Mond, der heute irgendwie leicht bläulich aussah und war... einfach glücklich.

 

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KAPITEL XI Teil 2

 

Andromeda stöberte ihn in einer Kleinstadt auf, die in der Nähe der Zwillingsstädte Minneapolis und Saint Paul lag. Spike hatte recht gehabt. Max war immer noch dort.

Sie war ohne Probleme in sein Zimmer gelangt. Die Tür war nicht abgeschlossen. Er musste da sein, denn der Portier des Hotels hätte sie nicht hinaufgehen lassen, wenn er nicht da gewesen wäre.

Er war nicht im Zimmer, aber nebenan rauschte die Dusche.

Andromeda setzte sich auf das Bett und wartete.

Als er schließlich aus dem Badezimmer kam, musste sie lächeln, denn er hatte nichts an außer einem Handtuch um seine schlanken Hüften, und er blieb wie erstarrt stehen, als er sie auf dem Bett sitzen sah.

„Komm her, Max. Und setz dich neben mich.“, sagte sie schließlich, als er sich nicht bewegte, sondern weiterhin wie gelähmt dastand und sie anschaute.

Er setzte sich vorsichtig einen Meter von ihr entfernt auf das Bett. Er sah so aus, als hätte er sich am liebsten unter der Bettdecke verkrochen.

„Du bist so ein Kindskopf, Lakosta“, sagte Andromeda schließlich.

Er starrte sie immer noch an.

„Einfach so wegzulaufen.“ Ihre Stimme klang vorwurfsvoll. „Wer ist denn nun der Vernünftigere von uns beiden? Ich vermutlich, auch wenn du älter bist.“

Regungslos schaute Max sie an, und aus seinem verständnislosen Gesicht konnte Andromeda erkennen, dass er nicht verstand, was sie ihm sagen wollte.

„Übrigens bin ich nicht gekommen, um dir zu verzeihen“, sagte sie nach einer kleinen Weile und lächelte bei diesen Worten.

„Wie auch...“, murmelte Max fast unverständlich und senkte beschämt seinen Blick.

Andromeda hatte es aber trotzdem gehört, und sie lächelte wieder. „Ich bin gekommen, damit du mir verzeihst...“

„Hääääh?!“ sagte Max, und Unglaube spiegelte sich in seinen Augen.

„Ach bitte Max! Ich kenne dich nun schon mein ganzes Leben. Na gut, fast mein ganzes Leben, ich weiß, wozu du fähig bist, und ich weiß, wozu du nicht fähig bist. Der Max, den ich kenne, der liebt mich und wäre nicht fähig, mir irgend etwas anzutun.“ Bei diesen Worten erhob sich Andromeda vom Bett, trat langsam an Max heran und fing an, seine Brust zu streicheln, was ihn ganz schön durcheinander brachte.

„Hör auf, Andy“, sagte er schließlich stockend und versuchte, ihre Hände wegzuschieben.

„Ich habe folgende Bedingung“, sagte Andy mit strenger Stimme und ließ sich nicht von ihm beirren. Eine Hand streichelte weiterhin seine Brust, sein Körper fühlte sich so sagenhaft gut an, und die andere Hand wanderte hinunter zu dem Handtuch, dass seine Männlichkeit mehr oder weniger verbarg. Er war schwer verunsichert und nicht so beherrscht und kontrolliert, wie er sich normalerweise gab, und das war gut so. Sie würde dafür sorgen, dass er in dieser Nacht jede Kontrolle und Beherrschung über sich aufgab und nur noch ihr gehorchen würde. Ihr und der Lust, die sie ihm verschaffen würde.

„Leg dich doch einfach hin und entspann dich. Das ist die Bedingung.“

Max ließ sich vorsichtig auf das Bett sinken. Er schaute sie irgendwie angstvoll an, wie sie meinte.

Und sie fühlte, dass er Angst davor hatte, er hatte noch nie mit einer Frau geschlafen, die er wahrhaftig liebte, und er hatte Angst, die Beherrschung zu verlieren. Sie wusste, er würde in dieser Nacht seine Kontrolle und seine Beherrschung verlieren. Und sie würde in dieser Nacht auch alle Erinnerungen an alle Frauen, mit denen er es jemals zu tun gehabt hatte, auslöschen. Halleluja und Amen. So würde es sein.

„Ich konnte es dir nie sagen, weil ich solche Angst hatte... Ich liebe dich, verdammt noch mal.“ Max wollte sich wieder aufrichten, aber Andromeda zwang ihn mit sanfter Hand wieder zurück.

„Das sagt man doch nicht, Max.“

„Warum nicht, Andy?“ Max’ Stimme war so leise, dass sie ihn kaum hören konnte.

„Man soll das nicht sagen, sondern tun.“

Andromeda beugte sich über ihren Geliebten, küsste ihn auf die Lippen, küsste dann seine Brust und löste langsam das Handtuch von seinen Hüften.

 

Das mit Woodcape war vorbei.

Das mit der Liebe war vorbei.

Und sein Leben, nebenbei gesagt, war auch vorbei.

Warum hatte er sie nur aufgegeben. Aus Frust, aus Feigheit, aus Resignation?

Es war besser für sie, ohne ihn zu leben. Und für ihn war es vielleicht auch besser so. Verdammt, sie war ein arrogantes Weib, hackte und trampelte dauernd auf ihm herum und wollte ihn am Boden sehen.

Aber das alles war immer noch besser, als ganz ohne sie zu sein. Ein erschreckender Gedanke war das. Aber es stimmte!

Spike lief ziellos in Woodcape herum, die Kälte spürte er kaum. Er wusste nicht, wie er das alles durchziehen sollte. Er vermisste sie jetzt schon, Er vermisste ihr leeres starres vorwurfsvolles Gesicht, er vermisste sogar ihre beißenden Kommentare. Kurz, er vermisste sie. Und er wusste nicht, ob er richtig gehandelt hatte. Hatte er richtig gehandelt? Sie würde ohne ihn wohl glücklicher sein. Er würde Gwydion mitnehmen, und Morgan würde bei ihrer Mutter bleiben. Und das würde das schwerste für ihn sein. Er liebte sein kleines Mädchen so sehr, aber auch für sie wäre es besser, denn diese ewigen Streitereien und der ganze Hass, den Buffy ihm entgegenbrachte, das war bestimmt nicht gut für Morgan, denn sie bekam es ungefiltert mit.

In vierzehn Tagen hatte sie Geburtstag, und er würde nie mit Xander das Stück in ihrem selbstgebauten kleinen Theater aufführen. Das Stück ‚Vampir und Jägerin’. Spike wollte natürlich dem Vampir seine Stimme leihen und Xander seine Stimme der Jägerin. Wie in einem japanischen Kabuki-Spiel, in dem alle Rollen traditionell von Männern besetzt sind.

 

Spike spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen. Er schüttelte unwillig den Kopf, um sie zu vertreiben.

Vielleicht würde Buffy ihm erlauben, das Kind dann und wann zu sehen. Aber er würde nicht darauf bestehen, wenn sie es nicht wollte.

Und sie sollte das Haus behalten.

Er lief jetzt schon seit Stunden ziellos durch die Straßen von Woodcape, bis sich seine Schritte wie von einem inneren Drang getrieben in Richtung See wandten.

Als er unwillkürlich zum Himmel emporblickte, musste er den riesigen Mond bewundern, der heute ein wenig bläulich aussah. Man sagte – so erinnerte er sich – dass wenn der Mond ‚bläut’ bedeutsame Dinge geschehen würden.

Tja, das stimmte dann wohl. Bedeutsame Dinge waren geschehen... Beschissene Dinge waren geschehen...

Irgendwie schien ihm der Anblick des ganzen Panoramas vertraut zu sein, wie ein Bild vielleicht, das man gut kennt, weil man es schon oft im Museum gesehen hat, aber Spike konnte sich auf dieses Déjà-vu-Gefühl keinen Reim machen.

Etwas fehlte, was eigentlich hätte da sein müssen. Er wusste aber nicht, was es war.

Seufzend wandte er sich wieder in Richtung Stadt. Er würde in einem Hotel übernachten. Morgen früh würde er in Cleveland seinen Sohn abholen. Aber wie nur sollte er Morgan begreiflich machen, was er da tat?

Er warf einen letzten Blick über die Schulter zurück, um den zauberhaften Anblick noch einmal zu sehen, den der hellblaue Mond auf dem dunkelblauen Himmel über der hellblau wirkenden Eisfläche bot.

 

Dann stutzte er, Moment mal, er kannte den Anblick doch!

Vor zwei Nächten hatte er es wieder geträumt. Dieses, wie er zuerst gedacht hatte, symbolische Zeugs von Yin und Yang, weiß und schwarz, hell und dunkel. Die obere Hälfte dunkel mit einem hellen Kreis darin, und die untere Hälfte hell mit einem dunklen Kreis darin....

Es war gar nicht symbolisch. Es war überhaupt nicht symbolisch!

Es war nur eine einfache Darstellung des Nachthimmels mit dem Mond, dem zugefrorenen See und mit .... ja mit was? Auf der hellen vom Mond erleuchteten Fläche fehlte etwas. Der dunkle Kreis fehlte.

Spike strengte seine Augen an, die immer noch etwas von einem Nachtraubtier hatten, und nach einiger Zeit sah er tatsächlich etwas: Einen verschwommenen dunkelblauen Fleck.

Was zum Teufel war es? Er hatte es schon so oft geträumt. Kam es von Morgan? Und war es eine Warnung, die jetzt zur Realität geworden war? Aber was zum Teufel war es?

Mit viel Fantasie konnte man aus dem dunklen Fleck eine Gestalt erkennen, die zusammengerollt auf dem Eis lag.

So ein Quatsch!

Aber wenn doch? Spike lief in Richtung des verschwommenen Flecks, und der Fleck wurde allmählich größer und verwandelte sich in einen Kreis.

Oh nein, verflucht!

Er hatte sie schnell erreicht. Sie lag dort, dem Anschein nach bewusstlos, zusammengekrümmt und teilnahmslos, aber sie lächelte, wie er in dem blauen Licht erkennen konnte, das der blaue Mond auf sie herabstrahlte.

Sie war doch nicht tot? Nein, nein, nein, das würde er nie zulassen!

 

Er näherte sich ihr auf den letzen Metern kriechend. Er wollte nicht das Risiko eingehen, selber in der eisigen Tiefe zu entschwinden, bevor er sie retten konnte, aber zum Glück hatte das Eis sich wohl wieder verfestigt.

Ihr Pullover war schon am Eis festgefroren, und er musste ihn davon losreißen. Er zog sie am Pullover ein Stück hinter sich her, denn er wusste nicht, ob das Eis sie beide zusammen trug.

Schließlich hievte er sie sich über die Schulter und lief los in Richtung Ufer, während er sich schon Gedanken darüber machte, was als nächstes zu tun wäre.

Die Kufen von Buffys Schlittschuhe hämmerten gegen seinen Rücken und taten ihm weh, aber das war ihm vollkommen egal.

 

Sie war mit Sicherheit unterkühlt. Wenn er sie ins Krankenhaus nach Cleveland brachte, in Woodcape gab es natürlich kein Krankenhaus, dann lief er Gefahr, dass sie starb, die Fahrt würde mindestens eine halbe Stunde dauern, und das wäre vielleicht schon zu lange...

Krampfhaft rief Spike sich ins Gedächtnis, was er über Unterkühlungen wusste. Man musste die unterkühlte Person so schnell wie möglich wieder erwärmen. Jede Sekunde war kostbar.

Spike spürte, wie kalt sie war. Er hielt kurz im Laufen inne, legte sie vorsichtig auf den Boden, zog seine Fliegerjacke aus und legte sie um sie. Das musste fürs erste reichen.

Er hob sie wieder auf seine Schulter. Und während er zügig weiterlief, überlegte er, wie er weiter vorgehen würde.

Im Haus angekommen, trug er sie in den oberen Stock in ihr Zimmer und legte sie auf ihr Bett. Dann ging er ins Badezimmer und ließ heißes Wasser in die Badewanne ein. Die Badewanne sah wunderbar aus mit ihren dunkelblauen Knopfliesen, dachte er automatisch.

Er kehrte schnell zurück zu Buffy und zog ihr den nassen Pullover aus, was gar nicht so einfach war, denn er klebte eisverklumpt und steifgefroren an ihrem Körper. Dann musste er ihr natürlich die verdammten Schlittschuhe ausziehen. Nach ein paar kostbaren Sekunden des erfolglosen Bemühens, die langen Bänder durch die endlos vielen Ösen zu ziehen, holte er aus dem Badezimmer eine Schere und schnitt die Bänder einfach durch. Genauso verfuhr er mit ihrer Jeans, die so steif gefroren war, dass er sie nicht herunterziehen konnte. Er hatte keine Lust, wertvolle Zeit damit zu vergeuden. Auch der Slip und ihr BH wurden Opfer der Schere. Es musste schnell gehen.

Kostbare Minuten waren vergangen. Sie hatte so blaue Lippen.

Als er die grässlich eisigen Sachen endlich von ihr entfernt hatte, holte er aus dem Wandschrank eine warme Decke, legte sie um Buffy und ging dann ins Badezimmer, um den Stand des warmen Wassers zu überprüfen. Die Wanne war nicht mal halb voll, er musste das Wasser noch ein paar Minuten laufen lassen.

Er holte noch eine Decke.

Dann fing er an, Buffys Körper mit einem rauen Frotteetuch abzureiben, während er mit der freien Hand versuchte, ihre Füße abwechselnd zu wärmen.

Sie sah immer noch bläulich im Gesicht aus. Was war, wenn alles umsonst war? Er wollte nicht daran denken. Niemals würde er sie gehen lassen. Er bildete sich ein, dass sie nicht mehr ganz so bläulich aussah?. Vielleicht war das aber auch nur Wunschdenken.

Er rief den Arzt an, zu dem Buffy immer mit Morgan ging und dessen Nummer freundlicherweise im Telefon einprogrammiert war. Nachdem eine endlose Zeit niemand ans Telefon gegangen war, hob der Arzt endlich den Hörer ab, und nachdem er Spikes Maßnahmen gutgeheißen hatte, versprach er, so schnell wie möglich zu kommen.

Er hob sie hoch und trug sie ins Badezimmer, wo das Wasser mittlerweile mehr als die halbe Wanne füllte. Das musste reichen. Er hoffte jedenfalls, dass es reichen würde.

Er legte sie vorsichtig in die Badewanne hinein und stützte sie so mit seinen Armen ab, dass sie halb in der Wanne saß.

Irrte er sich oder nahm ihre Gesichtsfarbe einen etwas lebendigeren Ausdruck an?

Nein, er irrte sich nicht. Der bläuliche Farbton wich einem tiefen Rosa, und sie sah fast aus wie ein gekochter Hummer. Vielleicht war das Wasser zu heiß. Spike hielt seinen Arm ins Wasser, aber die Temperatur war gut auszuhalten. Und sie lebte noch. Gott sei Dank!!!

Er ließ sie eine halbe Stunde in der Badewanne, gab immer wieder heißes Wasser dazu, bis er schließlich sah, dass all ihre Glieder, zugegebenermaßen bildhübsche Glieder, noch oder wieder lebendig waren, alles hatte eine gesunde Farbe, wie es sich gehörte Und auch ihre Körpertemperatur schien wieder normal zu sein.

Spike atmete erleichtert auf. Er hob sie aus der Badewanne, lehnte sie an sich, trocknete sie sorgfältig ab, trug sie in ihr Schlafzimmer und legte sie auf das Bett. Leider war das Bett nass und wahrscheinlich auch eiskalt, weil er sie vorhin mit ihren eisigen Kleidern daraufgelegt hatte.

Sie stöhnte, öffnete aber nicht die Augen.

Nach kurzem Zögern trug er sie in sein eigenes kleines Schlafzimmer. Dort waren auch garantiert keine Wanzen, wie er ärgerlich dachte.

Er holte ein neues Handtuch und trocknete ihre Füße und Beine noch einmal ab, griff sich dann sein Pyjamaoberteil – er hatte es doch tatsächlich in der vergangenen Nacht getragen, weil es so kalt gewesen war – und streifte es ihr über. Nach kurzem Überlegen streifte er ihr auch noch die Hose über. Sicher war sicher, und Wärme war gut.

Dann legte er sie auf eine warme Wolldecke, breitete noch eine Wolldecke über sie – allmählich gingen ihm die Wolldecken aus – und zum Schluss deckte er sie mit dem leichten Federbett zu.

 

Als der Arzt zehn Minuten später kam und Buffy untersuchte, stellte er fest, dass sie okay war, sie war zwar immer noch bewusstlos, aber das war normal nach einer Unterkühlung. Ihre Temperatur war normal, ihr Puls war auch normal, und keins ihrer Gliedmaßen zeigte Erfrierungserscheinungen. Sie würde bald aufwachen.

Und Spike hatte das richtige getan, vor allem hatte er es schnell getan, und das war in dieser Situation absolut notwendig gewesen.

Der Arzt verpasste Buffy noch eine Spritze, die ihren Kreislauf in Schwung bringen sollte. Tatsächlich öffnete sie zwei Minuten später die Augen, ihr Blick heftete sich auf Spike, sie flüsterte etwas und schloss wieder die Augen.

„Sie scheint in Ordnung zu sein“, meinte der Arzt, nahm seine Tasche und verabschiedete sich, nachdem er ein saftiges Honorar für seine Bemühungen kassiert hatte.

 

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KAPITEL XI Teil 3

 

Andromeda erwachte. Die Wände des Hotelzimmers waren mit einer grässlichen Tapete bedeckt, und die Einrichtung war spartanisch und billig.

Aber sie fühlte sich trotzdem wunderbar. Das Hotelzimmer hatte etwas Kostbares an sich.

Home is where my heart is...

Wo Max ist.

Sie spürte Max’ Körper hinter sich. Er schlief fest und hatte sie auch im Schlaf noch umarmt. Ein Arm von ihm lag unter ihr, und den anderen hatte er leicht um ihre Taille gelegt.

Andromeda lächelte. Endlich hatte er seine Zurückhaltung aufgegeben. Endlich die Kontrolle verloren. Und das sogar mehrere Male.

Sie nahm seine Hand und küsste sie zärtlich. Er murmelte ihren Namen im Schlaf, wachte aber nicht auf.

Er war in Wirklichkeit so verletzlich, der starke coole Max, aber Andromeda würde dafür sorgen, dass er nie mehr verletzt werden würde, denn sie wusste, sie war die einzige, die ihn verletzen konnte.

Was würden sie nun tun? Sie hatte Spike versprochen, nach Woodcape zurückzukehren, wenn alles klar wäre. Sie musste ihr Versprechen halten. Sie wollte Max dazu überreden, nach Campodia zu gehen und dort auf sie zu warten. Wenn er allerdings etwas eigenes kaufen wollte, denn er hatte sich hier in der Gegend eine Farm angeschaut, dann sollte er das tun. Sie würden sich trotzdem sehen können, und wenn sie volljährig war, würden sie heiraten und sie würde mit ihm gehen, wohin er auch wollte. Dann wäre sie nicht nur sein Mädchen, sondern seine Frau, und das war bedeutend besser. Andromeda lächelte wieder.

Denn nur wo Max war, da war auch Campodia.

Sie küsste noch einmal die Innenfläche seiner Hand und legte sie dann zwischen ihre Brüste.

Und es war doch ein Mysterium!

 

Frostig ist es, aber nicht kalt, in der Tiefe klingelt das Eis melodisch. Wie blaue Weihnachtsglöckchen. Ich bin jetzt die Eiskönigin, so kalt und herzlos. Und ich bin der kleine Junge, der einen Eissplitter ins Auge bekommen hat und dessen Herz sich in Eis verwandelt hat.

Und ich bin das kleine Mädchen, das den kleinen Jungen retten will. Bin ich? Weiß nicht. Jedenfalls ist es frostig, aber nicht schlimm. Alles ist so still, so blau. Kein Gefühl, ich bin so kühl, ist das gut?

Irgend etwas knackt. Vermutlich bin ich tot. Komischer Himmel, wenn es denn der Himmel ist, so blau und still nein nicht still irgend etwas knackt vielleicht Eisschollen und vor allem so blau. Dämmrig blau...

Sie hört das Geräusch von fahrenden Schlittschuhen, sie kratzen auf dem Eis, und es knackt wieder. Sie sieht, dass sich auf dem rauen Eis Risse bilden, die immer größer werden, daher kommt das Knacken.

Nun sieht sie die Schlittschuhläuferin. Ich bin es selber, staunt sie. Wann war ich das letzte Mal Schlittschuhlaufen, außer natürlich hier in Woodcape. Das ist Jahre her, das war mit Angel, und dann kam dieser riesenhafte Bikertyp an, der erste von dieser Mörderbande, Spike hatte die angeheuert, um sie zu töten. Und sie hatte dem Kerl mit der Schlittschuhkufe die Kehle durchgeschnitten. Oh Spike...

Sie sieht sich selber in einem großen Riss versinken und spürt selber die Kälte des Wassers. Die Schlittschuhläuferin macht keinerlei Anstalten, sich aus der Spalte zu befreien.

Sie geht unter. Rette dich. Rette dich doch. Oh nein.

Plötzlich sieht sie eine dunkle Gestalt an der Eisspalte und sie weiß, dass es Spike ist. Woher? Sie hat keine Ahnung, aber sie weiß es. Spike wird sie retten. Auch das weiß sie.

 

„Wach endlich auf,“ hört sie eine leise Stimme. „Denn ich glaube nicht, dass ich ohne dich leben kann.“ Das letztere kann sie kaum verstehen, so leise ist es.

Sie öffnet mühsam die Augen. Sie sieht Spike, der vor ihrem Bett kniet und ihre Hände so hält, dass er sein Gesicht hineingelegt hat und ihren Puls mit seinem Munde sucht.

Spike fühlt sich hin und hergerissen. Einerseits ist er glücklich, dass sie lebt. Andererseits wird er wieder den Abscheu in ihren Augen sehen, wenn sie die Augen öffnet. Und davor hat er Angst. Aber es ist ihm egal. Sie kann ihn noch so verabscheuen, er wird nicht fortgehen, er kann ohne sie nicht leben, und irgendwann wird er sie davon überzeugen, dass er sie liebt...

Buffy schließt die Augen wieder. Er soll nicht wissen, dass sie schon wach ist, sie will diesen Augenblick voll auskosten, bevor sich wieder alles ändert. Aber nein, es wird sich nichts ändern.... Sie fühlt sich so warm, so beschützt, sie denkt, gleich fange ich an zu heulen und merkt schon, wie ihr die Tränen in die Augen steigen. Nicht das, bitte nicht das. Nicht jetzt

„Du hast mir diesen Killer auf den Hals gehetzt!“ Sie muss ihn von ihren Tränen ablenken, und Angriff ist die beste Verteidigung.

„Was?“ Spike richtet sich auf, starrt sie fassungslos an, hält aber immer noch ihre Handgelenke in seinen Händen.

„Den von dieser Karaoke-Bande, oder wie hieß die? Auf der Eisbahn hat er mich erwischt.“ Buffy hält es für besser, Angel nicht zu erwähnen, vorsichtshalber.

„Liebes, du weißt doch“, Spike kapiert schnell, „dass ich das ganze abgeblasen habe, nachdem ich mit dir diesen ... Nichtangriffspakt geschlossen habe. Sonst wären die heute noch hinter dir her.“

„Ich weiß“, murmelt Buffy.

„Schnee von gestern, Liebes.“

Zweimal Liebes hintereinander. Das ist gut. Aber sie hat ihn geschlagen. Das ist nicht gut.

„Ich habe dich geschlagen“, sagt berührt zaghaft seine Wange, auf der noch ein leichter blauen Fleck erkennen ist. „Es tut mir so leid.“

„Ist schon gut. Wenn’s das letzte Mal war...“

„Versprochen!“

„Es heißt, dass der Tod durch Erfrieren einer der angenehmsten Tode ist“, sagt Spike nach einer Weile leise zu ihr, während er immer noch ihre Hände festhält. „Es heißt außerdem, dass Menschen, die kurz vor dem Erfrierungstod stehen, in einen richtig euphorischen Zustand geraten und sich die Kleider vom Leibe reißen.“

„Hab’ ich mir die Kleider vom Leibe gerissen?“

„Nein, hast du nicht, aber du warst kurz davor. Ich musste das für dich tun, deine Jeans ist übrigens hin.“ Spike hält immer noch ihre Hände und macht auch keinerlei Anstalten, sie loszulassen. Sie hasst ihn nicht mehr, in ihren Augen ist kein Ekel vor ihm zu sehen, sondern nur... Könnte es Liebe sein? Er wagt es nicht, genauer darüber nachzudenken.

„Ich habe einen Brief bekommen.“ Hilfe, was erzählt sie denn da? Das muss doch nicht sein, das gibt bestimmt nur Ärger... Andererseits will sie ihm nichts mehr verschweigen, auch wenn er sie deswegen hasst.

„Einen Brief?“

Buffy entschließt sich spontan dazu, ehrlich zu sein, sie hat ihm den Brief zu lange verschwiegen „Er ist von Lilah. Und ich finde, du solltest ihn endlich lesen...“

Spike schweigt eine Weile. Er sieht nachdenklich aus, und Buffy hegt schon die schlimmsten Befürchtungen.

„Es ist dein Brief“, sagt er schließlich. „Ich will ihn nicht lesen.“

Er will ihn nicht lesen! Buffy schließt wieder die Augen, sie hält es für besser, sich schwächer darzustellen als sie sich in Wirklichkeit fühlt. Mittlerweile hat sie registriert, dass sie gar nicht in ihrem eigenen Bett liegt, sondern in dem von Spike, und sie trägt wahrscheinlich auch einen Pyjama von Spike, einen wunderbar weichen mit feinen blau-weiße Streifen... Und die Jacke riecht nach ihm. So gut, so angenehm – wahrscheinlich wird sie noch lange schwächlich bleiben, um nicht in ihr eigenes Zimmer umziehen zu müssen.

„Herr Gott, du weinst doch nicht etwa“, sagt Spike gerührt und beugt sich über sie, um ihre Tränen zart wegzuküssen.

Buffy hält ganz still, sie ist so glücklich, das sie endlos weiterheulen könnte.

„Buffy?“

„Ja Spike“, sagt sie mit schwacher Stimme, und es ist nicht gespielt, denn so stark fühlt sie sich nun auch wieder nicht...

„Hast du einen Wunsch? Kann ich irgend etwas für dich tun?“

„Ja....“, Ihre Stimme erstirbt fast, und sie versucht, so elend wie möglich auszusehen.

„Na, sag’s schon....“

„Ich möchte gerne eine richtige Hochzeit“, sagt Buffy mit dem Mute der Verzweiflung und mit Betonung auf ‚richtige’. Oh Gott, was zum Teufel hat sie da gesagt? Es wird ihn mit Sicherheit vertreiben. Sie weiß ja noch nicht einmal, ob er bleiben wird. Sie schließt die Augen, sie will nicht sehen, was sie angerichtet hat.

„Oh!“, Spikes Stimme klingt eigentlich ganz normal.

Buffy öffnet die Augen, um ihn vorsichtig anzuschauen. Er sieht aus, als würde er schwer über irgend etwas nachgrübeln.

„Du willst das volle Programm?“, sagt er schließlich.

„Ja“ , kommt es zögernd aus ihr heraus.

„Aber wir sind doch schon verheiratet“, Spike scheint immer noch angestrengt nachzudenken.

„Das war nichts! Absolut nichts! Ich hatte kein richtiges Kleid, du hast mich nicht richtig geküsst, es gab keine Feier, es gab keine Flitterwochen...“. bricht es aus Buffy heraus.

„Und es gab keine Hochzeitsnacht“, Spike grinst.

„Die auch nicht“, gibt Buffy widerwillig zu, sie liebt sein Grinsen und ärgert sich, dass er immer wieder den Punkt trifft. Wie früher. Immer wieder den Punkt trifft.

„Es tut mir leid“, sagt Spike nach einer Weile.

„Ist schon gut, ich brauche den ganzen Krempel nicht. Ich bin auch so zufrieden.“ Buffys Stimme zittert ein wenig. Das mit der Hochzeit war vielleicht übertrieben, er soll einfach nur bleiben...

„Nein, du verstehst mich nicht. Es tut mir leid, dass du auf alles verzichten musstest. Ich war wohl ein wenig schlecht drauf“, Spike wirkt schuldbewusst, kein Wunder, ich hab’s an ihr ausgelassen, denkt er gerade, und ihm wird bewusst, wie sehr er sie verletzt hat. „Und hab’s an dir ausgelassen“, fährt er fort.

„Und ich habe mehr von dir verlangt, als du damals geben konntest. Ich habe keine Rücksicht auf dich genommen.“ sagt Buffy verzweifelt.

„Schluss jetzt mit diesen verdammten Schuldzuweisungen. Immerhin sind wir verheiratet, wenn auch nicht sehr... Aber da kann man was machen!“

„Was denn? Was kann man da machen?“

„Nun, Amerika ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und es gibt hier mittlerweile eine Zeremonie, die man die Erneuerung des Eheversprechens nennt. Siehst du, jetzt macht es sich endlich bezahlt, dass ich jahrelang diese Scheiß Fernsehserien geguckt habe...“

„Häääh??!!“ sagt Buffy fassungslos.

„Man bestellt sich einen Priester, Pfaffen, Popen oder was Religionsloses, je nach Neigung, zieht an, was man will. lädt die Trauzeugen ein, von mir aus auch Kinderchen, die Blumen streuen, die Verwandtschaft, die Freunde und so weiter...“

„Auch die Brautjungfern?“ fragt Buffy ihn unschuldig.

„Ich wünschte, die hättest du nicht erwähnt“, stöhnt Spike, denn er hat immer noch die giftgrünen Kleider von Buffy und Willow bei Xanders Hochzeit vor Augen. „Ist natürlich ’ne gute Möglichkeit, zwei von deinen Freundinnen so richtig zu demütigen... Vielleicht Faith? Was meinst du? Welche Farbe würde ihr absolut nicht stehen?“

„Hmmm...“ Buffy versinkt in Gedanken, die hundertprozentig erfreulicher Natur sind. „Kitschiges Rosa vielleicht. Und du willst das wirklich alles auf dich nehmen?“

„Wenn du es möchtest.“

„Mit Flitterwochen?“

„Klar, wenn wir die Kinder irgendwo unterbringen können. Oder wir nehmen sie mit. Übrigens, die Fee wäre bestimmt ein zauberhaftes kleines Blumenmädchen.“

„Ooh ja...“ Buffy versinkt in Träumereien, in denen sie ihr Töchterchen in einem rosafarbenen Kleidchen mit rosafarbenen Rüschchen und einem kleinen Körbchen mit rosafarbenen Röschen sieht, die sie vor das Brautpaar hinstreut...

Und sich selber sieht sie in einem wundervollen weißen Spitzenkleid mit einem Schleier, und in ihr Haar ist ein dunkelgrüner Myrtenkranz geflochten, das Zeichen der unberührten Braut, denn das wird sie sein, eine unberührte Braut, die alles, was sie mit anderen Männern erlebt hat, hinter sich lassen und vergessen wird...

„Wir könnten auch in Campodia ‚heiraten’, Archie hat ja fast eine eigene Kirche. Campodia soll auch im Winter fantastisch sein, Pferdeschlitten, die durch die zugeschneite Gegend fahren, nicht übel... Und auch die Hochzeitssuite soll nicht die Schlechteste sein...“ fügt Spike lächelnd hinzu.

„Ich hätte nicht gedacht, noch einmal nach Campodia zu wollen. Nach allem, was diese...“ Buffy schaut gequält vor sich hin.

„Was zum Teufel hat sie uns nur angetan? Verdammt Buffy, wir müssen aufpassen. Am besten sollten wir alle wieder hier um uns versammeln, wir brauchen jeden Beistand, den wir kriegen können, denn wer weiß, was beim nächsten Angriff passieren wird.“

„Du hast Recht, wir wissen nicht, was passieren wird. Ich weiß nur, dass die letzten beiden Monate die grässlichsten meines Lebens waren, ich habe dich so gehasst und weiß noch nicht einmal warum. Und jetzt ist es vorbei. Einfach so. Es war bestimmt die Kälte.“

„Es ist vorbei, Liebes...“

„Sie haben uns manipuliert! Aber sag’, wieso konntest du mich finden? Woher wusstest du, wo ich war?“

„Ich hab’ da seit Monaten schon einen Traum von einem seltsamen Bild, ach was, auch darüber sollten wir später reden. Übrigens war es die Fee, mit Sicherheit war es die Fee, die mir das geschickt hat.“

„Bestimmt war es die Fee, sie wollte mich auch immer an den See führen, an das Eis...“ Buffy stimmt ihm zu.

„Wir werden uns was ausdenken müssen, um die Wichser in die Knie zu zwingen. Aber nicht jetzt, jetzt will ich dich einfach nur ansehen“, sagt Spike, und das tut er auch ausgiebig, und unter seinem Blick fühlt Buffy sich noch etwas schwächer als vorher, aber es gefällt ihr.

„Ansehen ist gut, aber küssen ist besser.“ sagt sie schließlich leise.

Spike versteht diesen zarten Wink, setzt sich neben sie auf das Bett, nimmt sie in seine Arme und küsst sie wieder. Nicht leidenschaftlich, nein dazu haben sie noch alle Zeit der Welt, sondern innig und liebevoll, aber mit einer kleinen Andeutung von dem, was sein könnte und sein wird.

„Jetzt will ich mehr über die Hochzeit wissen“, sagt Buffy nach einer endlosen Weile, sie ist etwas außer Atem.

„Du willst es also voll durchziehen?“ meint Spike lächelnd.

„Natürlich will ich es voll durchziehen! Man heiratet schließlich nur einmal im Leben. Oder zweimal?“ Buffy überlegt. „Kann man es noch öfter machen?“

„Jetzt übertreib’ es mal nicht. Außerdem hätte ich da noch ein paar Ideen.“ Spike küsst sie zärtlich und irgendwie andächtig auf die Stirn.

Buffy lehnt den Kopf an seine Brust und seufzt. Seufzt irgendwie sehr glücklich. „Was Romantisches?“ fragt sie ungläubig, denn Romantik ist wirklich das letzte, was sie Spike zugetraut hätte.

„Ich bin sehr kreativ, das weißt du doch.“ Spike küsst ihre Fingerspitzen und schaut ihr in die Augen. Und das geht Buffy tief unter die Haut, es erinnert sie daran, was sie im Eis empfand, irgendetwas von ihr wurde im Eis zerstört, und es war das Schlechteste in ihr...

„Spike, ich weiß jetzt, dass ich dich wirklich liebe“, ganz verlegen sagt sie das, denn sie ist nicht besonders geübt darin, diese Worte auszusprechen. Sie hat es ja auch erst zweimal in ihrem Leben getan. Aber sie weiß, dass sie diese Worte noch oft aussprechen wird. Gerne aussprechen wird. Wieder kommen ihr die Tränen. Wer zum Teufel hätte jemals gedacht, dass sie und Spike einmal zusammen gehören würden. Sie und Spike, ihr ehemaliger Todfeind.

„Und ich habe wahrscheinlich nie aufgehört, dich zu lieben“, Spike lächelt sie an. „Gut, wir befinden uns also jetzt im Verlobungsstatus...“

„Ist mir vollkommen egal!“ Buffy umarmt ihn stürmisch. „Und den Verlobungsring kannst du dir sparen, den brauche ich nicht. Ich brauche nur dich!“

„Schön!“, sagt Spike lakonisch.

„Werd’ mal nicht übermütig, Morgan und Gwydion brauche ich auch, wenn nicht noch mehr...“ Buffy funkelt ihn an.

„Noch schöner...“ Er lächelt und zieht sie an sich. Buffy wehrt sich nicht, ganz im Gegenteil, sie schlingt die Arme um ihn und öffnet atemlos ihre Lippen, um seinen endlosen Kuss zu empfangen.

 

ENDE

 

© Ingrid Grote 2004   

 

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