GONE WITH THE DEATH? – Teil 17-18

 

Teil 17 RETTE MICH...

 

Der Eingang zum Höllenschlund befand sich dicht an der Stadtgrenze zwischen Woodcape und Cellarville, und zwar auf einem ehemaligen Friedhof, der in den zwanziger Jahren eingeebnet wurde, um Einfamilienhäuser darauf zu bauen. Die Lage am See erschien den Investoren zu verlockend.

Buffy kam das bekannt vor. Darüber gab’s doch schon mal einen Gruselfilm!

Jedenfalls wurde durch die Buddelei etwas aufgeweckt, das besser nicht aufgeweckt werden sollte, schon bei den Bauarbeiten passierten seltsame Unfälle. Arbeiter wurden tot und verstümmelt aufgefunden, oder sie verschwanden spurlos. Schließlich wurden die Bauarbeiten eingestellt, weil alle Hauskäufer einen Rückzieher gemacht hatten

Nun standen dort nur noch unvollendete Neubauruinen. Allerdings spukte es dort immer noch, und das Gelände wurde von den Eingeborenen gemieden.

Buffy hielt diesen Höllenschlund für einen Witz. Er war überhaupt nicht mit dem in Sunnydale vergleichbar, allerhöchstens war er unterste Mittelklasse. Nur in den ersten Monaten nach ihrer Ankunft in Woodcape war sie dort tätig, beziehungsweise tätlich gewesen, aber als ihre Schwangerschaft fortschritt, blieb sie zu Hause und überließ Kennedy und den anderen jungen Jägerinnen diesen mittelmäßigen Schlund. Die Mädels erledigten ihren Job so gut, dass Buffy sich fast schon überflüssig fühlte.

Aber hinterher war sie froh, dass sie sich ausschließlich auf Morgan konzentrieren konnte. Robin Wood fiel ihr ein, der eine Jägerin zur Mutter gehabt hatte und der heute noch daran krankte. Ob das mit Faith und ihm wohl halten würde?

Mist, alle außer ihr fühlten sich zufrieden und glücklich... Wie auch immer, die jungen Jägerinnen verschwanden nach und nach, sie fuhren zu anderen Brennpunkten des Bösen, wo mehr los war. In Woodcape währenddessen blieb es ruhig. Außer in ihr selber, sie war nämlich hin- und hergerissen zwischen einer Vernunftbeziehung und der Träumerei von der wahren Liebe...

 

Durch einen dummen Zufall las Buffy in einem mehrere Wochen alten Prominentenblättchen die paar Zeilen über Spikes Heirat. Es war beim Frisör. In Ermangelung aktueller Hochzeitsfotos hatte das Blättchen die Strandaufnahmen des Paares aus dem Sommer abgedruckt.

Buffy war wie versteinert. Obwohl sie doch vollkommen glücklich sein müsste.

Denn der Wächter Thomas Parkinson, oder besser gesagt der Exwächter Parkinson - alle Wächter waren jetzt arbeitslos, weil der Rat der Wächter nicht mehr existierte - hatte eindeutig sein Interesse an Buffy Anne Summers bekundet.

Sie passten aber auch so gut zusammen!

Er war im Besitz der Wächtertagebücher, er wusste alles über das Schicksal einer Jägerin, dabei war er nicht so ein alter Sack wie die Vaterfigur Giles, sondern ein circa dreißigjähriger attraktiver smarter Kerl, der sich anscheinend gut mit Frauen auskannte. Vielleicht ein bisschen ZU sehr mit Frauen auskannte.

Aber das war Buffy egal, sie konnte endlich mal wieder ihren Charme einsetzen, um einen Mann, genauer gesagt einen menschlichen Mann zu bezirzen. Nicht einen, der den Boxerkrieg miterlebt hatte. Nicht, dass sie den jemals bezirzen musste oder wollte. Bescheuerter Exvampir!

Sie rannte bei Parkinson mit ihrem Charme offene Türen ein.

Sie unterhielten sich über die Pflichten einer Jägerin und die Pflichten eines Wächters, und er meinte, sie würden großartig zusammenpassen.

Buffy stimmte ihm begeistert zu und fühlte sich tatsächlich eine kurze Zeitlang etwas besser. Thomas lud sie in teure Restaurants ein, machte ihr Komplimente und sah sie bewundernd an. Buffy schmolz dahin in seiner Bewunderung, denn das war es wohl, was ihr gefehlt hatte.

Wirklich eine optimale Verbindung!

 

Das Blöde an der Sache war, wie Buffy nach der ersten gemeinsamen Nacht mit Parkinson feststellen musste, dass sie weder die wunderbare Liebe empfunden hatte, die sie damals mit Angel verbunden hatte, noch die alles verzehrende Leidenschaft, die sie mit Spike geteilt hatte, sondern... ja was? Irgend etwas stimmte da nicht.

Sie hatte nichts empfunden, abgesehen von der mechanischen Lust, die er ihr bereitet hatte, und sogar die fand sie peinlich und nicht angemessen.

Denn Parkinson war ihr so entsetzlich fremd. Warum nur? Er war doch früher Wächter gewesen, und er müsste doch ihr idealer Gefährte sein. Nicht nur im Kampf gegen das Böse. Aber es fühlte sich nicht richtig an.

 

Der Exwächter hatte anscheinend nichts von ihren fehlenden Gefühlen und ihren Zweifeln bemerkt, denn er zeigte sich überaus glücklich über ihre Verbindung und bat sie nach einer Woche, während der sie vieles gemeinsam taten, unter anderem schliefen sie mehrmals zusammen, aber nie in Buffys Haus, sondern immer nur in seinem Hotel, um ihre Hand. Ein Heiratsantrag tatsächlich!

 

Buffy empfand immer noch nichts. Es sollte alles prächtig sein, er wollte sie heiraten, er sagte, er wolle sie glücklich machen. Aber sie fühlte nichts als innere Leere.

Da hatte sie ja mehr Gefühle, als sie mit dem seelenlosen Vampir Spike schlief. Warum nur war alles so fade, so unecht. Warum war es nicht so großartig, wie es sich gehörte?

Ihre Zweifel wurden ihr allmählich zu dumm.

Er ist ein guter Mann, redete sie sich zu, und wir passen optimal zueinander. Er ist ein großartiger Liebhaber, natürlich nicht mit Spike zu vergleichen, obwohl der auch nur mit Wasser kochen kann, aber mit Spike war es eben anders, gewaltig, gemein und obszön. Aber gewaltig... Wieso denke ich dauernd an Spike? An einen verheirateten Mann! Dabei habe ich doch hier den besten, den ich bekommen kann. Er ist aufmerksam, charmant, einfühlsam. Und er liebt Morgan sehr.

 

Upps... Noch blöder an der Sache war, Parkinson liebte zwar Morgan, Buffys größten Schatz, aber Morgan liebte Parkinson nicht.

Morgan fing an zu schreien, sobald Parkinson das Zimmer betrat. Und wenn er versuchte, nett zu sein, fing Morgan noch hysterischer an zu schreien. Mit klein Morgan kam er überhaupt nicht zurecht.

Dabei versuchte er doch alles, wie Buffy dachte. Manchmal ging er in Morgans Kinderzimmer und betrachtete sie, während sie süß vor sich hinschlummerte. Doch wenn sie wach wurde und ihn sah, fing sie sofort an zu brüllen. Er versuchte dann, sie mit sanften Worten zu beruhigen, aber sie brüllte daraufhin womöglich noch lauter.

Das war für alle Anwesenden ziemlich peinlich. Vor allem für sie selber, sie war ja schließlich mit ihm verlobt...

Seltsamerweise kam Parkinson auch nicht mit ihrer Schwester Dawn zurecht. Die hatte ihn zuerst wirklich attraktiv – für einen alten Kerl über dreißig – gefunden, aber dann auf einmal war sie aus unerklärlichen Gründen umgeschwenkt und behandelte ihn nun wie Luft.

Dawny spinnt eben, dachte Buffy daraufhin. Dawny hat doch gar keine Ahnung von Männern. Männer sind wie ein flüchtiges Wild, das schnell abhaut. Und mit ihrem reichhaltigen Erfahrungsschatz in Bezug auf Männer hielt sie Thomas Parkinson zugute, dass er nicht abgehauen war wie alle anderen Männer in ihrem Leben. Und das war doch viel wert!

 

Trotzdem nahm Buffy seinen Antrag noch nicht an. Sie redete sich bei ihm heraus, sie müssten sich noch näher kennen lernen, bevor man solch einen wichtigen Schritt wagen könne.

Aber das Verhältnis stagnierte, sie lernten sich einfach nicht näher kennen. Und das war schon seltsam bei all diesen guten Voraussetzungen.

 

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Etwa zur gleichen Zeit wurde der Sohn von Spike und Lilah geboren. Nach alter Familientradition wurde er Gwydion genannt. Es war eine schwere Geburt, denn er kam um Wochen zu früh. Man legte den kleinen Gwydion für drei Tage in einen Brutkasten. Lilah hatte so viel Blut verloren, dass sie fast gestorben wäre, und es ging ihr immer noch nicht gut.

Spike, der Tag und Nacht an ihrem Bett saß, hielt ihre Hand und versuchte, ihr Kraft einzuflößen und ihre Schmerzen auf sich umzuleiten.

Gwydion jedoch schien ein zähes Kerlchen zu sein, denn er erholte sich schneller von der Geburt als seine Mutter.

„Er kommt nach mir“, sagte Spike bewundernd, beugte sich über seinen Sohn, berührte zart seine runde Stirn und streichelte seinen dunklen Haarflaum. Die Haarfarbe hatte er wohl, wenn er sie denn behalten würde, von seiner Mutter, aber der Rest war Spike-like.

Nach zehn Tagen konnte Spike endlich Lilah und Gwydion nach Hause holen. Lilah war immer noch schwach, sie war immer noch verletzt von der Geburt, aber sie war unendlich froh, zu Hause zu sein, und sie konnte Gwydion stillen, denn sie hatte Muttermilch.

Lilah stillte Gwydion. Um den Rest kümmerte sich Spike.

 

Nach zwei Wochen hatte sich auch Lilah gut erholt.

Die Jungs kamen zu Besuch, und bewunderten den Kleinen. Er war so lieb und so hübsch und hatte trotz seiner Winzigkeit schon Charakter, wie es schien, und das war wirklich unfassbar.

Natürlich hatte er Schreiphasen wie jedes Baby, aber er verströmte etwas Undefinierbares, jeder in seiner Nähe ließ auf einmal nur noch gute Gefühle zu, die sogar anhielten. Unglaublich das!

Es war Lilah zuerst gar nicht aufgefallen, bis Porterhouse sich immer öfter in Gwydions Nähe, das heißt in der Nähe seines Bettchens aufhielt und immer zugänglicher wurde. Lilah wusste, dass er gegen ihre Heirat mit Spike gewesen war, nicht weil er etwas gegen sie, Lilah, hatte, sondern weil er generell die Ehe als spießbürgerliche Institution ablehnte. Jetzt auf einmal in Gwydions Nähe veränderte sich sein Verhalten. Lilah wunderte sich sehr – bis sie schließlich feststellte, dass Porterhouse tatsächlich in der friedlichen Aura des Kindes badete.

Gwydion war wirklich ein Wunder.

Und Spike auch. Spike war sich von Anfang an nicht zu schade, solche Drecksarbeiten wie Windelwechseln zu erledigen. Babybaden und Babyfüttern dagegen waren für ihn das reinste Zuckerschlecken.

Spike wollte von Anfang an nicht der immer abwesende arbeitende Vater sein, während die Mutter die Drecksarbeiten erledigte. Er wollte seinen Sohn fühlen, im wahrsten Sinne des Wortes. Und er wollte Lilah entlasten. Sie sollte keine gestresste Mutter sein, sondern eine glückliche. Und außerdem sollte sie eine glückliche Frau sein.

 

Lilah war tatsächlich eine glückliche Frau, trotz mancher Gedanken, die ihr Gehirn verdüsterten, und mit denen sie sich nebenbei beschäftigte. Sie musste eine Lösung finden, egal welche. Das war sie ihrer kleinen Familie schuldig.

Manchmal wenn Gwydion an ihrer Brust lag und trank, dann schien ihr Glück keine Grenzen zu kennen, bis dann Spike hinzukam und sie ansah, zuerst bewundernd und andächtig – sie sah seiner Meinung aus wie eine Madonna mit Kind, und sie verkörperte das Urweibliche – dann begehrend. Und wenn Gwydion fertig getrunken hatte, dann hob er ihre Brüste an und streichelte sie, was sie jedes Mal entzückte. Gwydion im Arm zu halten und sie selbst von Spike im Arm gehalten und gestreichelt zu werden. Die Zeit schien still zu stehen in diesen Minuten. Und dann vergaß Lilah für kurze Zeit alles um sich herum.

Nach zwei Monaten versiegte Lilahs Muttermilch, und Gwydion musste an Babynahrung aus der Flasche gewöhnt werden. Lilah hoffte, dass er genug Milch bekommen hatte, um seine Abwehrstoffe zu mobilisieren, denn Muttermilch war immer noch das beste für Babys.

Lilah, die als Kind auf dem Land gelebt hatte, kamen zwei Kätzchen in den Sinn, deren Mutter damals überfahren wurde, als sie gerade acht Wochen alt waren. Lilah hatte ihnen Katzenfutter serviert, und nachdem sie einmal kräftig gekotzt hatten, fraßen sie es weiterhin ohne Probleme und gediehen prächtig. Gwydion hatte es da besser als die Kätzchen, die Umstellung war sanfter, und er war – wie gesagt – zäh wie sein Vater und gedieh trotz der Babynahrung aus der Flasche überaus prächtig.

Als Spike und Lilah endlich wieder miteinander schlafen konnten, die Verletzungen von der Geburt brauchten lange, um vollkommen zu verheilen, war es wie eine Erlösung, wie eine Seligkeit. Alles andere war nur Ersatz gewesen, aber ihn in sich zu fühlen...

Sie wusste, sie gehörte ihm. Und er gehörte ihr.

 

Sie hatten Lilahs Zimmer als Kinderzimmer eingerichtet und schliefen in Spikes Zimmer, nein es war natürlich nicht mehr Spikes Zimmer, sondern ihr gemeinsames Zimmer.

Sie hatten seit zehn Monaten nicht eine Nacht getrennt geschlafen. Auch auf der Tournee nicht. Außer im Krankenhaus.

„Weißt du noch, die Nacht als wir vor Sacramento einen Platten hatten und in diesem Kaff Pikes Town übernachten mussten?“

„Natürlich weiß ich das. Sie hatten nur noch diesen Schweinestall frei, sie haben noch ein paar Matratzen reingelegt, und dieser Service kostete so einiges...“,  erinnerte sich Spike. „Trotzdem war es ein bisschen eng...“

„Du hast mich aber gut abgeschirmt“, meinte Lilah verträumt und begab sich unter die Bettdecke, um Spike für die gute Abschirmung zu belohnen.

Sie erinnerte sich an Spikes Erektion, als er hinter ihr lag und sie im Arm hielt und wie er sich beherrscht hatte in diesem männergefüllten, testosterondurchdrungenen Schweinestall. Vier Tage vorher hatten Spike und sie erfahren, dass sie schwanger war. Und noch nie vorher hatte sie sich so glücklich gefühlt...

...Bis auf jetzt. Jetzt war sie noch glücklicher als in dieser dunklen Nacht.

„Wenn dich einer angefasst hätte“, Spike musste stöhnen, aus was für Gründen auch immer, „ich glaube, ich hätte ihn... ooh.“

„Was hättest du?“ Lilah küsste ihn zärtlich. Und verschwand dann wieder unter der Bettdecke.

„...ihn in die Luft ...oooh ...gesprengt! Oder“, Spike stammelte nur noch, „in den Mund gesprengt! Oooh Gott!!!“

Als Lilah wieder auftauchte, war ihr Gesicht gerötet, sie legte sich auf ihn, sie wollte mehr, sie wollte ihn in sich spüren, und den Wunsch erfüllte er ihr nach einer kurzen Pause.

„Ich hatte was im Porsche vergessen und bin rausgegangen“, keuchte sie, während sie sich auf ihm bewegte.

„Ich weiß, ich habe dich vermisst. Du bist nicht zurückgekommen. Dachte... schon... du... hättest.. hättest.. mich... verlassen.“ Spikes Stimme klang abgehackt.

„Es war so dunkel,“ Lilah stöhnte. „Ich habe den verdammten Wagen... oooh... nicht gefunden. So dunkel war es.“

„Ooh jaa, dunkel. Ich habe dich gesucht...“

„Diese Dunkelheit“, Lilah keuchte noch mehr, „ich dachte, ich wäre blind. Und still war es auch. Ich hörte das Rauschen des Blutes in meinen Ohren. Kein Laut. Keine Straßenlaternen. Alles still und dunkel.“

„Aber ich habe dich gefunden und gerettet“, sagte Spike mit leicht zitternder Stimme. „Ich kann im Dunkeln sehen wie eine Katze.“

„Ich höre es wieder, das Rauschen des Blutes in meinen Ohren. Rette mich, Spike!“

Spike tat es. Keine Frage.

 

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Lilah mietete unter falschem Namen ein bescheidenes Zimmer in der City an, sie nahm verschlungene Wege mit der LA-Metro, um unerkannt dort hinzugelangen, sie zahlte im voraus für drei Monate die Miete, und all das tat sie nur, um unerkannt ins Netz gehen zu können.

In diesem Zimmerchen startete sie den Versuch, in den Computer von W&H einzudringen.

Mehrere Monate vor ihrem Tod hatte sie durch Zufall das Passwort von einem der ganz hohen Bosse der Firma erfahren. Sie waren damals in einer Bar etwas trinken gewesen, und sie hatte ihn so abgefüllt, dass sie ihn nach Hause bringen musste. Bei dieser Gelegenheit – oh, was war sie nur für ein Biest – durchsuchte sie seine Brieftasche und fand doch tatsächlich einen Firmenzettel, auf dem sein Passwort geschrieben stand. Der Idiot war wirklich zu dämlich oder zu selten am Computer, um sich sein Passwort merken zu können.

Sie hatte das Passwort gleich am nächsten Tag angetestet. Rein... geklappt ... und wieder raus. Sie war sehr mit sich zufrieden gewesen, man wusste ja nie, wofür so etwas gut sein konnte....

 

Mit diesem Passwort versuchte sie es nun wieder. Es war ihre einzige Hoffnung.

Volltreffer. Man hatte das Passwort nicht geändert. Warum auch?

„Unerlaubtes Schnüffeln wird mit Verlinkung nicht unter drei Monaten bestraft.“ Lilah stieg der Erfolg zu Kopfe, und sie musste Witzchen machen.

Sie ließ das System erst einmal nach Bill Castaway suchen. In zwei Dokumenten wurde sie fündig, aber darin war nichts zu lesen, was sie nicht schon wusste.

Sie hatte sich vorher schon viele, viele Gedanken gemacht und tippte nun ein: AMULETT.

Der Computer fand tatsächlich etwas, und Lilah öffnete es. Die Idioten hatten es noch nicht einmal kennwortgeschützt. Die fühlten sich wohl ziemlich sicher. Hoffentlich war das keine Falle, aber das Risiko musste sie eingehen.

Lilah wagte nicht, sich das Dokument herunterzuladen, sondern versuchte stattdessen, es schnell zu lesen. Sie war zuerst überrascht, dann ungläubig, dann entsetzt und schließlich panisch.

Sie schloss die Dateien, meldete sich im System vorschriftsmäßig ab, schaltete ihr Laptop aus und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen.

Das war ja noch schlimmer, als sie befürchtet hatte. Es war der Horror!

Buffy hatte ein Kind von Spike, das stand einwandfrei fest.

Das Kind hieß Morgan wie in der Sage.

Lilahs Kind hieß Gwydion wie in der Sage. Und vielleicht würde er später Artus heißen.

Diese Dreckstypen wollten die Kinder. Wollten Schreckliches mit ihnen tun.

Vielleicht wollte man auch Lilah Morgan Castaway aus dem Weg schaffen, doch das war im Augenblick nebensächlich.

Lilah versuchte nachzudenken. Analytisch und gnadenlos wie früher, doch ihre Gedanken verliefen im Nichts, waren konfus und vor allem hoffnungslos, denn es gab keinen Ausweg, außer dem einen...

 

Sie besuchte Casio in seiner Wohnung. Casio war ein bisschen erstaunt, machte sich aber keine großen Gedanken darüber.

„Falls mir etwas passiert“, Lilah gab ihm die CD mit dem Lernprogramm für Access, „dann schicke die Daten auf dieser CD“, sie zeigte ihm das Verzeichnis und den Unterordner, in dem sie alles versteckt hatte, „an diese Adressen. Das sind Zeitungen und Polizeibehörden. Auch das FBI sollte es wissen. “

„Was soll das heißen: Falls mir etwas passiert?“ Casio schaute sie misstrauisch an.

„Nur im schlimmsten Falle könnte etwas passieren, aber ich will auf Nummer Sicher gehen, und deswegen will ich auch, dass du mir hilfst.“ Lilah lächelte ihn verschmitzt an, und Casio fiel natürlich auf ihre gut gespielte Unbekümmertheit herein.

„Okay, kein Problem“, sagte er.

„Du könntest einen schönen Serienbrief daraus machen. Ach ja, benutze nicht deinen PC, sondern diesen...“ Sie reichte ihm den Umschlag, in dem sich Schlüssel und Adresse ihrer geheimen Kleinstwohnung befanden. „Das Laptop kannst du behalten, wenn etwas....“ Sie verstummte.

„Wieso behalten? Was zum Teufel kann denn passieren?“

„Es ist alles halb so wild, und die Wohnung ist nicht weit von hier. Wirst du das für mich tun, Casio? Bitte versprich es mir!“

Casio blickte in ihr Gesicht, er ahnte wohl die Verzweiflung hinter ihrer Munterkeit und gab ihr endlich das Versprechen.

 

Zuhause schrieb Lilah einen Brief. Sie hatte ein wenig Mühe, die Adresse des Empfängers ausfindig zu machen, aber sie schaffte es.

Auch diesen Brief gab sie Casio mit der Bitte, ihn abzuschicken, falls ihr etwas passieren würde.

Casio wunderte sich über gar nichts mehr.

 

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Teil 18 - RIDERS ON THE STORM

 

„Wir sollten wieder mit der Haussuche anfangen, irgendwie habe ich kein gutes Gefühl hier. Das Ding gehört W & H, und denen kann man nicht trauen.“ Lilah lächelte Spike an, sie wollte ihn nicht beunruhigen, und ihre Stimme wurde nun ganz leise, denn sie wusste, dass die Wanzen immer noch im Haus waren: „Außerdem solltest du Gwydion sofort in Sicherheit bringen, wenn irgendwas passieren sollte.“ Lilah sagte das so nebenbei, als hätte es keine große Bedeutung. Ihre Befürchtung von wegen W&H, vielleicht war das alles nur eine große Luftblase, die zerplatzen würde. Andererseits war das nicht sehr wahrscheinlich.

„Wenn du meinst.“ Spike schaute sie erstaunt an.

Lilah nahm seine Hand und sagte: „Ich hatte einen seltsamen Traum, die Doors kamen darin vor...“

„Was denn, diese uralten Freaks, mit ihrem endlosen Gedudel?“

„Ja genau”, lächelte Lilah, „doch dieses Stück war absolut schnörkellos, und ich fand es einfach schön.”

„Da bin ich jetzt aber gespannt!“

„Es heißt Riders on the storm. Und das ist eine Strophe davon.“ Lilah räusperte sich und sprach mit ihrer klaren Stimme:

„Girl ya gotta love your man

Take him by the hand

Make him understand

The world on you depends

Our life will never end…”

„Kenne ich natürlich, aber wie du das sagst, ist es wirklich wunderschön. Ich verspreche dir hiermit alles!”

Er nahm ihre Sorgen immer noch nicht ernst, und daran konnte sie auch nichts ändern. Also musste sie subtil vorgehen.

„Spätestens übermorgen fangen wir also mit der Haussuche an, morgen geht’s ja nicht, da müssen wir mit Gwydion zur Untersuchung, und nachmittags muss ich für die Jungs kochen...“

„Du willst wirklich morgen selber kochen? Da bin ich aber gespannt drauf!“ Spike musste lachen und küsste Lilah auf den Mund.

Lilah war ausnahmsweise nicht von Spikes Kuss abgelenkt, ihr war soeben eine großartige Idee gekommen. Warum sollte sie nicht einfach zu W&H gehen und diese Bande ein bisschen unter Druck setzen? Im Falle meines Todes, das würde sie ihnen androhen, gelangt jede Menge belastendes Material in Umlauf. Warum war ihr das nicht früher eingefallen? Diesen Mistkerlen konnte man nicht anders beikommen!

Übermorgen würde sie hingehen, und zwar ganz in der Frühe

 

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( --- http://www.youtube.com/watch?v=d8hwp_P3gKs&feature=related --- Kann man nebenbei hören, wenn man ein neues Firefox- oder Explorerfenster aufmacht und es dann minimiert.)

 

 

Der Gasofen war solide in die Wand eingemauert und machte einen vertrauenswürdigen Eindruck. Er wurde von einem Butangas-Tank außerhalb des Hauses versorgt.

Bronson liebte diesen Ofen, er hatte darauf schon jede Menge Steaks gebraten, und die waren alle gut geraten. Er hatte früher mal einen Gasherd gehabt und vertrat die Meinung, dass so ein Gerät in jeder Beziehung einem Elektroherd überlegen wäre. Und nun wollte Lilah diesen Wunderherd testen, und zwar den Backofen.

Lila und Spike hatten die Jungs eingeladen. Es war zwar Halloween und nicht gerade die übliche Zeit für ein Thanksgiving-Essen, aber Spike und Lilah hatten sich noch nie groß um Traditionen gekümmert. Außer bei Gwydion.

Lilah hatte einen Truthahn bestellt, einen Riesenkerl von einem Truthahn. Lilah hielt sich für alles andere als eine gute Köchin, sie war schließlich eine Karrierefrau – nun ja, im Augenblick mehr Ehefrau und Mutter – und hatte mit Kochen nie viel am Hut gehabt.

Aber den Truthahn wollte sie heute selber würzen und in den Backofen schieben, alles andere sollte fertig ins Haus geliefert werden, Süßkartoffeln, Salate, Gemüse, frisch gebackenes, noch warmes Maisbrot und diverse Nachspeisen.

Gesegnet sei die Dienstleistungsgesellschaft, sie lächelte amüsiert, denn mittlerweile konnte man sich sogar die Füllung für den Truthahn anliefern lassen. Sollte sie die Füllung als selbstgemacht ausgeben? Spike wusste, dass sie als Köchin eine Niete war, aber er würde den Mund halten. Mal schauen, sie konnte es sich ja noch überlegen.

 

Es war ein wunderbarer Tag, sie fühlte sich so glücklich, ihr Glück wuchs anscheinend immer mehr, sie fand es schon unheimlich, dennoch genoss sie es.

Es war noch früh am Nachmittag, als sie sich die Latexhandschuhe überzog, um den riesigen Truthahn zu würzen. Fast vergaß sie, die in Folie eingepackten Innereien herauszunehmen, aber im letzten Moment fühlte sie ein kantiges Stück Plastik und kapierte es. Das wäre eine tolle Füllung geworden!

Verstohlen sah sie sich nach Spike um, der nach Gwydion geschaut hatte und gerade die Treppe herunterkam. Er hatte nichts bemerkt. Vielleicht hätte er sich über sie lustig gemacht. Und sich hinterher dafür mit geilen Sachen bei ihr ‚entschuldigt’...

„Guck dir das Riesending an“, sagte sie verträumt.

„Das ist es, wirklich“, stimmte Spike ihr zu.

„Wie lange wird er wohl brauchen, um gar zu werden?“

„Oooh...“, Spike sah für einen Augenblick bestürzt aus, doch dann grinste er. „Ach so, du meinst den Truthahn! Der braucht bestimmt ein paar Stunden.“ Er trat von hinten an Lilah heran, legte seine Arme um ihre Taille und küsste sie auf den Nacken, der frei war, weil sie ihr Haar hochgesteckt hatte. Lilah atmete heftig ein, seine Berührung gab ihr ein wundervolles Gefühl, ihr Körper schien sich aufzulösen, ihre Beine wurden schwach, ihre Brüste drängten sich nach seinen Händen, ihr Unterleib wurde warm, so warm, so willig...

Sie erschauerte und ließ sich hilflos nach hinten gegen ihn fallen...

 

Das Telefon klingelte, Spike schnaubte unwillig, ließ sie aber sanft los und nahm den Hörer ab. „Wie denn, wie kann so was passieren?“ Seine Worte hörten sich unwirsch an. Er knallte den Hörer auf. „Ich muss noch mal ins Krankenhaus mit Gwydion“, sagte er verärgert.

„Ach du lieber Himmel, warum denn das?“

„Sie haben bei der Untersuchung was verschlampt, die Idioten!“

„Der arme Schatz, hoffentlich müssen sie ihm kein Blut abzapfen. Soll ich mitkommen?“

„Warum? Beschäftige du dich mit deinem Truthahn, mein Liebling.“ Spike lachte und zog sie eng an sich. „Wir sind ja bald wieder da...“

Spike holte Gwydion, wickelte ihn in eine Decke, küsste Lilah zum Abschied auf die Wange und fuhr mit dem Porsche, in dem sich jetzt eine doppelt gesicherte Kinderwagen-Halterung auf dem Rücksitz befand, zum Krankenhaus.

 

Lilah schaute ihnen nach und wandte sich dann wieder ihrem Truthahn zu. Er war jetzt fertig gewürzt, innen wie außen, befreit von lästigen überflüssigen ‚Füllungen’ und konnte endlich gebacken werden. Ein paar Stunden lang, das hatte Spike gesagt. Hoffentlich war der Truthahn dann noch genießbar. Egal, sie freute sich auf die Jungs, und noch mehr freute sie sich auf Spike und Gwydion.

Sie zog die Handschuhe aus und schaltete den Herd ein. Er war einfach zu bedienen, sie musste nur die gewünschte Temperatur einstellen und den Startknopf drücken. Und tatsächlich erwachten sofort zwei Reihen blauweiß glühender Flammen zum Leben. Es sah faszinierend aus!

 

Der Ofen war in der Tat ein wahres Wunderwerk der Technik. Denn noch etwas anderes erwachte, als Lilah nach fünf Minuten, so war es in der Gebrauchsanweisung des Herdes angegeben, die Backofentür öffnete, um den Braten in die Röhre zu schieben.

Die chemische Substanz Gasplo - entwickelt in der Hexenküche von W&H - verlangte nach Erreichung einer gewissen Temperatur eine riesige Menge an Sauerstoff. Gasplo wurde nach Betätigung einer Fernsteuerung in den Ofen eingespritzt. Zwar nur ein einziges Mal, aber das sollte reichen.

Man hatte bei W&H sofort bemerkt, dass ein Unbefugter in das System eingedrungen war und herumspioniert hatte. Es konnte sich nur um Lilah Morgan Castaway handeln. Damit war ihr Schicksal besiegelt.

 

Als Lilah die Backofentür öffnete, versuchte der Ofen im Bruchteil einer Sekunde, die gesamte Luft des Hauses in sich hinein zu saugen.

Bei der gewaltigen Implosion barsten mehrere Fenster, und die Außenluft drang schlagartig in das Vakuum des Hauses ein.

Die daraufhin folgende Druckwelle schleuderte Lilah erbarmungslos an die gegenüberliegende Wand.

Sie war sofort tot.

Sie hatte immer noch ein Lächeln auf ihrem Gesicht, denn sie starb als glückliche Frau.

 

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Spike kam kurz darauf nach Hause, er war ziemlich genervt, denn im Krankenhaus hatten sie ihn zuerst lange warten lassen und dann in ein Zimmer geführt. Dann wieder eine endlos scheinende Zeit warten lassen. Bis ihm auf einmal klar wurde, dass niemand mehr kommen würde, um Gwydion Blut abzuzapfen.

Da stimmte was nicht! Das sagte ihm ein ungewisses Gefühl, und er fuhr so schnell es die Geschwindigkeitsbegrenzungen erlaubten nach Hause.

 

Die Haustür hing etwas schief in den Angeln, und das große Fenster im Erdgeschoss war geöffnet. Warum? War der Truthahn angebrannt, musste deswegen gelüftet werden? Bestimmt!

Doch bei näherem Hinsehen stellte er fest, dass die Scheiben fehlten. Sie waren einfach weg. Bis zu diesem Augenblick hatte er noch gedacht, alles wäre in Ordnung, aber jetzt musste er sich der Realität stellen. Er nahm Gwydion auf den Arm und ging vorsichtig ins Haus hinein.

Im Hause selber sah es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. So ähnlich hatte es damals in seiner Gruft ausgesehen. Irgendetwas hämmerte gnadenlos auf seinen Kopf ein.

 

Er bettete Gwydion auf ein zerfetztes Kissen, das auf dem Boden lag und machte sich auf die Suche nach Lilah.

Schließlich fand er sie an der Wand gegenüber dem Backofen, der vollkommen zerstört war.

Sie sah aus, als wäre sie ohnmächtig, und er hob sie vorsichtig hoch, obwohl er es besser wusste. Er wusste, wie Tote aussahen.

Er hielt sie im Arm, unter ihrer Haut fühlte sie sich an wie Gelee. Unwillkürlich musste er an den zweiten Weltkrieg denken, als er ähnliche Opfer von Druckwellen gesehen und auch gefühlt hatte.

 

Bis dass der Tod euch scheide. Er streifte Lilah den Ehering ab - es ging ganz leicht - und zog ihn über seinen kleinen Finger. Bis dass der Tod euch scheide. Er küsste sie auf die Stirn und wollte einfach nur hier bleiben und sie im Arm halten. Was anderes gab es nicht, warum nur sah sie so friedlich aus? Warum nur hatte er nicht aufgepasst. Warum nur? Er hielt sie im Arm und versuchte, einen bestimmten Gedanken zu fassen, der ihm immer wieder entfleuchte. Da war etwas, ein Vermächtnis, eine Bitte. Verzweifelt wiegte er ihren Körper hin und her, schaute in ihr schönes blasses Gesicht. Da war doch etwas, aber was war es?

 

Bis dass der Tod euch scheide. Welch kurze Zeit! Und er hatte mit ihr alt werden wollen. Sie gab ihm den inneren Frieden. Und er liebte sie so sehr. Er küsste sie wieder auf die Stirn und versuchte ihren zerschmetterten Körper nicht allzu heftig zu drücken. Was sollte er noch hier? Sie war tot, es gab keinen Sinn mehr für ihn, am Leben zu bleiben.

Doch, da gab es etwas, sie hatte es gesagt. Wie durch Watte drangen ihre Worte endlich zu ihm durch: Außerdem solltest du Gwydion sofort in Sicherheit bringen, wenn irgendwas passieren sollte.

Er riss sich mühsam von Lilah los und ließ sie behutsam auf den Boden gleiten. Er würde sie nie vergessen, er würde sie immer lieben, würde ihr bald nachfolgen, aber nun musste er seine Pflicht tun. Er stand schwankend auf und rief Snikkers mit dem Handy an: „Bitte komm’ sofort!“

Er nahm Gwydion auf den Arm, ging nach oben, packte wahllos einige Kindersachen zusammen, ferner Windeln, Babynahrung, Spielzeug, stopfte alles in zwei Reisetaschen, legte Geld dazu, ging wieder nach unten. Er streichelte, mit Gwydion auf dem Arm Lilahs Gesicht und wartete.

Snikkers kam keine zehn Minuten später, er sah die Verwüstungen im Haus, sah die tote Lilah, sagte aber nichts. Spike half ihm, Gwydion mitsamt Kinderwagen und Taschen ins Auto zu packen, er gab ihm einen Zettel mit Angels Adresse: „Bring ihn dort hin. Angel ist zwar ein Vampir, aber er wird auf Gwydion aufpassen.“

Er sah Snikkers mit seinem Sohn davonfahren und wollte nun die Polizei anrufen, aber da hörte er in der Ferne eine Sirene, die schnell näher kam. Den Anruf sparte er sich.

 

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There's a killer on the road,

his brain is squirming like a toad.

Taking a holiday, let your children play.

If you give this man a ride,sweet family will die.

Killer on the road...yeah!

Es dröhnte in seinen Ohren, verdammt, ausgerechnet Doors, die hatte er noch nie gemocht, dieses endlose Gedudel, ohne Drums, ohne Rhythmus. Dieses hier war aber schnörkellos, genau wie Lilah es gesagt hatte. Lilah, Liebste... Er wurde es einfach nicht los, es dröhnte in seinem Kopf, Killer on the road...

 

Spike war drei Tage in Untersuchungshaft. Er spürte nicht allzu viel davon, es war ihm egal, er wurde wohl allmählich verrückt. Snikkers kam am Abend des ersten Tages vorbei. Er versuchte Spike zu sagen, dass er die Kaution stellen würde. Spike war auch das egal.

Am dritten Tag wurde er entlassen.

Es gelang ihm, den Fotografen und Reportern zu entkommen, die sich vor der Haftanstalt postiert hatten, er ging in das Hotel, in dem er vor über einem Jahr gelebt hatte. Dort erkannte ihn niemand, und es interessierte auch niemanden, wer er war.

Er rief Angel an und fragte nach Gwydion.

Angel sagte, dass es Gwydion gut ginge und er der Liebling der Frauen wäre.

„Wie sein Vater“, stellte Spike mit leiser Stimme fest.

„Ja, wie sein Vater“, sagte Angel.

„Kannst du ihn noch bei dir behalten?“

„Natürlich! Ist nett, mal wieder ein Baby im Haus zu haben.“ Angels Stimme klang deprimiert, weil er seinen eigenen Sohn nur ein paar Wochen als Baby erlebt hatte, bevor er entführt wurde.

„Ich bin im Augenblick eine Bedrohung für ihn. Bitte kümmere dich um ihn. Wenn irgendwas ist, bin ich hier im Hotel zu erreichen.“ Spike gab Angel die Adresse des Hotels. „Aber pass gut auf ihn auf. Ich glaube, er ist in Gefahr.“

„Spike, hast du heute schon irgendeine Zeitung gelesen?“

„Nicht dass ich wüsste“, sagte Spike träge

„Lies irgendeine. Ist sehr interessant...“

Obwohl es Spike nicht wirklich interessierte, begab er sich in die Bar und verlangte von dem Barkeeper irgendeine Tageszeitung und zwei Flaschen Whiskey.

Auf seinem Zimmer entkorkte er eine Flasche, setzte sie an den Mund und trank locker, während er in die Zeitung schaute.

 

Die Titelzeile sah ziemlich fett aus. So fett, als könne man damit die Aufmerksamkeit eines Toten erwecken, dachte er sarkastisch.

 

W&H AM ENDE?“, stand dort in riesigen Buchstaben. Das weckte nun wirklich Spikes Interesse, und er begann zu lesen:

 

- - - Vor drei Tagen wurden an alle großen und mittleren Zeitungen in den Staaten und auch an alle Polizeistationen mehrere Dateien via Internet gesendet, die den Verdacht erhärteten, dass die bekannte Anwaltskanzlei Wolfram & Hart sich schuldig gemacht hat der Entführung und der Ermordung einer großen Anzahl von Personen.

Das umfangreiche Beweismaterial besteht aus Geheimdossiers der Firma, ferner aus Aktenmaterial und Fotos der Opfer mit detaillierter Beschreibung der Vorgehensweise der Firma.

Es wird vermutet, dass Lilah Morgan Castaway, die früher eine Führungsposition bei W&H innehatte, diese Kampagne ins Leben rief. Aus dem Jenseits klagte sie W&H an, an ihrem Tode schuldig zu sein. Lilah starb durch eine Implosion in einem Haus von W&H.

Zuerst wurden keine Nachforschungen angestellt, erst durch den Druck der empörten Öffentlichkeit musste die Staatsanwaltschaft von LA einen Untersuchungsbefehl ausstellen.

Als die Polizei das Labor im W&H-Gebäude untersuchte, entdeckte sie unter anderem das Katalyt Gasplo, eine genaue Beschreibung, wie es einzusetzen war und eine Fernsteuerung. Diese chemische Substanz hat möglicherweise die tödliche Implosion verursacht, bei der Lilah Morgan Castaway ums Leben kam.

Ferner wurden weitere seltsame Dinge bei W&H gefunden. Man hatte offenbar nicht genug Zeit gehabt, alles zu verschleiern, zu verbergen und zu vernichten Man entdeckte jede Menge belastendes Material, seltsam deformierte ‚Menschen’, wahrscheinlich Opfer von Experimenten - und im Keller des Gebäudes mehrere Leichen.

Die Firma scheint am Ende zu sein, das Gebäude steht leer, die Mitarbeiter sind fort, grausige Stille herrscht, die Leichen reden für sich...

Lilahs Ehemann Bill Castaway, der unter dem Verdacht stand, seine Ehefrau ermordet zu haben, wurde inzwischen aus der Untersuchungshaft entlassen. - - -

 

Spike war nicht erleichtert, sondern es ging ihm womöglich noch beschissener als zuvor. Lilah hatte es gewusst. Warum hatte sie ihm nichts gesagt? Warum hatte sie ganz alleine die Last getragen, die das Wissen um diese Firma und ihre Machenschaften mit sich brachte? Jetzt war sie tot. Sie würde nie wiederkommen. Sie war tot. Spike setzte die Flasche wieder an.

 

Die Jungs holten einen bleichen Spike zu Lilahs Beisetzung ab. Es war zehn Tage nach dem Mordanschlag auf Lilah. Spike ließ Lilahs sterbliche Überreste einäschern, seine Frau sollte nie wieder zum Leben erweckt werden, weder durch Zauber noch durch genetische Manipulationen, das verdiente sie. Ihr Saphirring wurde mit ihr verbrannt.

Irgendwie überstand er die Zeremonie.

Der Nachlassverwalter stellte fest, dass Lilah Castaway ihrem Mann und ihrem Sohn eine Eigentumswohnung in Los Angeles, diverse Aktienpakete, deren Wert in den letzten Jahren gestiegen war, ein respektables Geldvermögen durch den Verkauf einer großen Farm in Idaho nach dem Tod ihrer Eltern – und einen Porsche vererbt hatte.

Spike war mit einem Schlag ein sehr wohlhabender Mann geworden. Aber das scherte ihn einen Dreck. Nach der Einäscherung zog er sich wieder in sein Hotelzimmer zurück und orderte mehrere Flaschen Whiskey.

Die Gütertrennung, die er von ihr verlangt hatte, war nie in Kraft getreten. Das Dokument, das sie ihn vor der Hochzeit unterschreiben ließ, war genauso Placebo wie die Antibabypillen, die sie eingenommen hatte. Er hatte unterschrieben: ‚Hiermit teile ich alles mit meinem Ehemann Bill Castaway, und mein Ehemann teilt alles mit mir. Es gibt keine Gütertrennung.’

Auch das machte ihn nicht glücklicher.

 

© Ingrid Grote 2003/2011

 

Fortsetzung: GONE WITH THE DEATH? Teil 19-20

 

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