KAPITEL I Teil 1
Und du, Buffy Anne Summers, willst du den hier anwesenden William Castaway, zum Mann nehmen, ihn lieben und ehren und ihm treu sein, bis dass der Tod euch scheidet?
„Ja, ich
will!“ sagte Buffy enthusiastisch.
„Was
willst du?“ Eine tiefe raue Stimme riss Buffy aus diesem Tagtraum, und sie
ächzte enttäuscht auf.
„Hab
wohl geträumt“, meinte sie verlegen und musste erst realisieren, wo sie sich
befand. Okay, sie war in einem Flugzeug, die Kinder schliefen, sie würden
natürlich nicht mehr lange schlafen, bei der Landung in Los Angeles würden sie
mit Sicherheit wieder aufwachen. „Wo werden wir eigentlich wohnen?“ fragte sie,
obwohl sie die Antwort eigentlich schon ahnte.
„Na, bei
Angel natürlich“, meinte Spike, alias William Castaway leichthin. Bei Angel in
Los Angeles, das war Pflicht. Er hatte mit Angel telefoniert, Angel war
einverstanden und hatte alles für ihren Besuch vorbereitet. Spikes Sachen
befanden sich noch im Hyperion – sehr praktisch – und außerdem war das Hotel
groß genug, um Spike, Buffy und den Babys Unterschlupf zu bieten.
Den
Gedanken, eventuell in seiner eigenen Wohnung – Spike korrigierte sich im
Geiste, nein, in Lilahs Wohnung zu wohnen – hatte er gar nicht erst gedacht.
Diese Wohnung war tabu für Buffy. Es verbanden sich zuviel an Erinnerungen an
Lilah mit dieser Wohnung. und eben deswegen war die Wohnung tabu.
Spike
hatte dort zum erstenmal mit Lilah geschlafen, und er fühlte sich immer noch so
entsetzlich leer, wenn er an Lilah dachte. Die Trauer um sie nahm einfach kein
Ende. Und jetzt im Anflug auf L.A. dachte er an die vielen Orte, durch die er
hindurchmusste und an denen er mit Lilah zusammengewesen war und an denen er
jetzt ohne sie sein musste.
Es war
nun drei Monate her, dass Lilah durch W&H ermordet wurde, Diese drei Monate
waren Spike wie ein einziger Alptraum erschienen. Daran konnten die Kinder
nichts ändern. Und Buffy auch nicht.
Spike
blickte verstohlen zu ihr hinüber. Sie sah recht zufrieden und ausgeglichen
aus, mit Betonung auf ‚recht’. Eigentlich hatte sie keinen Grund, zufrieden und
ausgeglichen zu sein, denn er hatte ihr alles verweigert, was ihr von Rechts
wegen zustand.
Verweigert
mit einem vagen Versprechen auf bessere Zeiten, in denen er vielleicht nicht
mehr an Lilah denken würde und an die gemeinsame Zeit mit ihr. Die Zeit mit ihr
war so verdammt kurz gewesen, hatte aber dennoch sein Leben geprägt.
Denn er
wusste jetzt, was er wollte – und er würde sich nicht mit weniger zufrieden
geben. Er wollte eigentlich nur so geliebt werden, wie er selber liebte. Bei
Lilah war das alles so einfach gewesen. Aber bei Buffy? Er wusste ja nicht
einmal, ob er sie liebte. Irgendwas von seinen Gefühlen war bei seiner
Menschwerdung abhanden gekommen. Aber selbst, wenn er sie noch liebte in den
hintersten Abgründen seines Bewusstseins – woran er eigentlich nicht glaubte,
denn es war zu absurd – waren die Tage der selbstlosen Liebe vorbei.
Solch
ein Idiot war er nicht mehr. Das glaubte er zumindest zu wissen.
Ausgerechnet
Wesley holte sie vom Flughafen ab.
Spike
konnte seine Abneigung gegen Wes kaum unterdrücken, und daran konnte auch
Gwydions Gegenwart nicht ändern. Spike mochte Wes nicht, weil er Lilahs
Liebhaber gewesen war. Und vor allem mochte er Wes nicht, weil er Lilah
verschmäht hatte, Wes der Achsogute hatte Lilah verschmäht, weil er eben...
achsogut war. Was für ein Idiot! Er stand wirklich auf einer Stufe mit Buffy,
der ebenso Achsoguten. Vielleicht sollte er die beiden miteinander verkuppeln,
Buffy stand ja auf Wächter oder Exwächter, ihr letzter Liebhaber war auch ein
Wächter gewesen, zumindest hatte er das behauptet, und Buffy war willig in
seine Arme geflogen – bis sie ihn fast umgebracht hatte. Spike musste
unwillkürlich lächeln. Es war ein grimmiges Lächeln.
Oh
Gwydion, warum besänftigte er seine Gefühle nicht? War er etwa immun gegen
Gwydions Wahrheiten geworden. Oder war die Wahrheit einfach so ernüchternd,
dass auch ein Wunderkind wie Gwydion sie nicht in etwas Schöneres und
vielleicht Wahreres verwandeln konnte?
Es
konnte natürlich auch sein, dass er als Gwydions Vater immun gegen Gwydions
Beeinflussung war, überlegte Spike. Das wäre natürlich gut, denn als Vater
musste man manchmal objektiv sein und durfte sich von den Kids nicht auf der
Nase herumtanzen lassen. Gwydion konnte vielleicht alle anderen Leute
einwickeln, aber Spike als sein Dad musste objektiv bleiben, sonst hätte er
bald ein total verzogenes Kind. Aber es war müßig, sich jetzt schon Gedanken
über Gwydions Entwicklung zu machen. Man musste abwarten.
Buffy
und Spike saßen sich gegenüber in dem Auto, das von Wes gesteuert wurde, und
Spike musste automatisch Buffy anschauen.
Sie
hielt Gwydion auf dem Arm, betrachtete ihn zärtlich und küsste seinen dunklen
Haarflaum. Es war so schwer, Gwydion nicht zu lieben. Liebte sie Gwydion, weil
er sein, Spikes Sohn war? Oder liebte sie ihn, weil es praktisch unmöglich war,
ihn nicht zu lieben.
Und was
würde in L.A. passieren? In Angels Nähe.
Pikanter
Gedanke. Spike musste wieder lächeln, denn er fühlte sich wie der Zuschauer in
einem Drama, das seit Urzeiten aufgeführt wurde und in dem immer die Liebe
gesiegt hatte. Wie in jedem schlechten Drama. Manchmal waren die Liebenden
allerdings tot am Ende – das war dann eines der besseren Dramen – aber sie waren
immer noch Liebende. Allerdings tote Liebende...
Nett
das! Aber ihn, Spike, interessierte das wenig, nun denn, vielleicht ein
bisschen und wenn dann nur aus statistischen Gründen...
Denn der Grund, warum er all dies auf sich nahm, waren die Kinder. Nämlich Morgan und Gwydion.
Buffy
beobachtete ihn verstohlen. Warum lächelte er so grimmig?
Er sah
so süß aus mit Morgan auf dem Arm. Morgan himmelte ihn förmlich an.
Buffy
wusste, dass Morgan ihr größter Trumpf war, Spike irgendwann zurückzugewinnen.
Morgan liebte ihn. Und die beiden hatten diese seltsame Art der Verständigung
in Bildern, die sich gegenseitig übermitteln konnten. Diese Gabe hatte Buffy –
sie dachte dankbar daran – aus dem Gefängnis befreit, als sie des Mordes
angeklagt war.
Die
Gedanken sind frei? Nein, nicht wenn man eine Tochter hat, die bildliche
Gedanken lesen kann und sie eventuell ihrem über alles geliebten Daddy zur
Verfügung stellt. Aber Morgan war natürlich noch viel zu klein, sie war keine
fünfzehn Monate alt, und sie konnte es natürlich nicht steuern....
Nicht,
dass Buffy Angst davor hatte, dass ihre bildlichen Gedanken jederzeit Spike auf
Abruf zur Verfügung standen unter der Voraussetzung, dass Morgan es für wichtig
genug hielt, nein Buffy hatte eher Angst davor, dass Morgan es nicht für
wichtig genug hielt, Spike Buffys Sehnsucht nach ihm zu übermitteln...
Schwierig kompliziert das.
Denn sie
sehnte sich nach ihm. Oh verdammt noch mal! Sie sehnte sich nach ihm. Aber
Spike war so weit weg. er lebte immer noch in der Erinnerung an seine
verstorbene Frau, die göttliche Lilah, dass Buffy sich manchmal vorkam wie der
letzte emotionale Müll, nein eigentlich kam sie sich eher vor wie ein Nichts...
Immerhin
trug er, wie sie mit einem versohlenden Blick auf den kleinen Finger seiner
rechten Hand feststellte, Lilahs Ehering nicht mehr. Und seinen eigenen
früheren Ehering trug er auch nicht mehr. Das war sicher schon ein Fortschritt,
denn er konnte sich doch nicht für immer abkapseln. Konnte er nicht oder konnte
er doch?
Die
kleine Morgan zog automatisch ihren geistigen Schutzschild hoch, sie hatte
natürlich keine Ahnung, was ein Schutzschild war, aber sie konnte damit lästige
Gedanken abblocken und sich unbeschwert anderen Dingen zuwenden,. Das war ja
auch viel interessanter als Moms Gedanken. Die drehten sie immer nur um Daddy,
Mom mit Daddy, Daddy mit Mom, Mom in Daddys Armen, Mom Daddy küssend, Daddy mit
Mom Dinge tun, die Morgan absolut nicht verstand, also wirklich alles total l a
n g w e i l i g!!!
Morgan
gähnte und blickte zu Daddy hoch. Ich bin müde.
Daddy
schaute zu herunter und nickte. „Wir sind gleich da, dann kannst du schlafen.“
„Sie ist
tatsächlich eingeschlafen“, sagte Spike kurz darauf zu Buffy. „Und das
freiwillig!“
Sie hatten nicht viel Gepäck mitgenommen. Spike wollte nicht unter Stress geraten .Es war ihm fast peinlich gewesen, Buffy zu sagen, dass er noch nie geflogen war – als Vampir wäre das ziemlich gefährlich gewesen außer bei Nachtflügen – und dass er keine Ahnung hatte vom Ein- und Auschecken und dem ganzen anderen Mist.
Buffy
war schon fünfmalgeflogen. Einmal von L.A. nach Cleveland. Dann von Cleveland
nach L.A. im letzten Mai. Es ging nicht gut aus, denn statt Spike von ihrer
gemeinsamen Tochter zu erzählen, traf sie stattdessen auf eine glückliche
schwangere Lilah, so dass sie frustriert und ohne Spike getroffen zu haben,
geschweige denn ihm etwas von Morgan erzählt zu haben, den Rückzug,
beziehungsweise Rückflug nach Cleveland antrat. Und das letzte Mal, als sie
wieder nach L.A. geflogen war, um Spike zu helfen, weil Lilah tot war, da hatte
sie zwar eine großartige Nacht mit ihm erlebt, die aber für sie nicht besonders
gut endete, weil Spike sie nicht haben wollte. Nein das war falsch, korrigiert
sich Buffy, er wollte sie durchaus haben, sexmäßig, aber er wollte sie nicht
behalten...
Also
zurück nach Cleveland. Zum fünftenmal geflogen. Zurück in das Kaff Woodcape.
Tja, man
konnte wirklich sagen, dass Buffy eine gewisse Flugerfahrung besaß.
Ihr Gepäck bestand aus zwei handlichen Kinderwagenoberteilen, in denen die Kids zur Not schlafen konnten, drei Reisetaschen, die zum größten Teil mit Klamotten für die Kids gefüllt waren, ein bisschen Spielzeug, wenig Zeugs für Buffy und wenig Zeugs für Spike. Buffy hatte sich damit trösten lassen, dass er in L.A. mit ihr einkaufen gehen würde. Gute Aussichten also in Bezug auf ein Zusammensein mit ihm. Sie war sehr bescheiden geworden. Tja. Hmmm....
Die
Kinderwagenuntergestelle hatten sie nicht dabei. Spike pflegte Gwydion immer
mit sich herumzutragen, und Buffy hatte sich angewöhnt, Morgan immer mit sich
herumzutragen, denn das war wirklich viel bequemer als das nervtötende
Rumhantieren mit irgendwelchen Kinderwagen...
Natürlich
tauschten sie auch die Kinder...
Angel erwartete sie schon.
Buffy
ließ sich von ihm umarmen, und sie fand es angenehm, wie zärtlich er sie
behandelte. Im Gegensatz zu Spike, der sie überhaupt nicht zärtlich behandelte,
sondern sich so unterkühlt wie ein Eisblock verhielt.
Spike
beobachtete Buffy und Angel und wie sie sich zärtlich begrüßten, und ehrlich
gesagt war es ihm ziemlich egal, denn er hatte nichts anderes erwartet. Angel
konnte ja nicht dafür. Und Buffy konnte auch nichts dafür.
Angel
führte sie in ihre Zimmer im ersten Stock des Hotels. Drei an der Zahl, eins links
außen für Spike, eins in der Mitte für die Kinder und eins rechts außen für
Buffy.
Angel hatte auch Kinderbetten besorgt, was Spike dankbar registrierte. Man hätte zur Not in L.A. was kaufen können, aber so war es natürlich viel besser.
Spike
musste grinsen, denn immerhin hatten diese drei Zimmer Verbindungstüren – die
man selbstverständlich abschließen konnte.
Wahrscheinlich
machte sich Angel Sorgen um Buffys Sicherheit und Unschuld.
Ach du
lieber Himmel! Da bestand nun wirklich keine Gefahr. Spike musste noch mehr
grinsen. Angel hatte ja keine Ahnung...
Sie
waren früh zu Bett gegangen, nachdem sie die sanitären Einrichtungen auf dieser
Etage des Hotels inspiziert hatten, das war wichtig, um die Kids zu baden, zu
füttern undsoweiter. Es gab auch eine kleine Küche auf dieser Etage.
Sie
hatten keinen anderen Bewohner des Hotels angetroffen. Dazu würde noch
reichlich Zeit sein, befürchtete Spike, der immer noch ein wenig menschenscheu
war, obwohl er jetzt selber ein Mensch war. Eigentlich kam diese Menschenscheu
nur zum Vorschein, wenn er auf Menschen traf, die seine Vergangenheit kannten.
Er
hatte, bevor er sich in sein Zimmer zurückzog, mit Buffy ausgemacht, dass sie
sich am morgigen Tag um die Kinder kümmern würde. Er war nicht zum Vergnügen in
L.A. Er hatte ernste Sachen zu erledigen, und zwar:
1.) Die
Jungs zu treffen und ihnen klarzumachen, dass er nicht länger Mitglied der Band
sein wollte. Das war zwar schade, aber diese Zeiten waren vorbei.
2.)
Lilahs Eigentumswohnung zu verkaufen.
3.) Den
Porsche zu verkaufen. Er brauchte ihn nicht.
4.)
Vivian, seine Agentin zu treffen – Vivian war eine Freundin von Lilah – um den
Filmvertrag zu unterzeichnen. Ja tatsächlich, Spike sollte die Hauptrolle in
einem Film spielen. Die Probeaufnahmen hatte er schon hinter sich, und der
Produzent war begeistert gewesen über Spikes Ausstrahlung auf der Leinwand,
obwohl Spike kein gelernter Schauspieler war.
Als er
am nächsten Morgen keinen der Jungs telefonisch erreichen konnte, überwand er
sich, ins E-body zu gehen. Seinen Van fand er auf dem Parkplatz hinter dem
Hyperion.
Die Erinnerungen an Lilah waren groß, vor allem im E-body.
Der Parkplatz hinter dem E-body mit der versteckten Bank. Mr. Minuteman...
Die
andere Bank im E-body, auf der er so oft mit Lilah gesessen hatte, seinen Arm
um sie gelegt, sie an ihn geschmiegt, während er mit den Jungs knobelte.
Aber er
musste da durch.
Zögernd
betrat Spike das E-body. Es war elf Uhr, das E-body hatte gerade aufgemacht und
Spike hoffte, Bronson dort anzutreffen, denn auch den hatte er telefonisch
nicht erreichen können.
Er mied
die Polsterbank und setzte sich auf einen Barhocker.
Bronson,
der Bassgitarrist der Band und gleichzeitig Thekenbedienung im E-body, stand
hinter dem Tresen und guckte Spike fassungslos an.
„Spike,
du bist es. Wirklich!“
„Na, wer
sonst“, Spike grinste.
„Junge,
wie geht es dir?“
„Wie
soll es mir schon gehen...“
„Sie war
großartig, Spike.“ Bronson hatte Lilah immer schon gemocht, vor allem ihre dichterischen
Fähigkeiten, mit denen sie seine vergessenen Verse wieder aufmöbelte.
„Ich
weiß.“
„Was
meinst du, sollen wir frühstücken?“ Bronson ging zum praktischen Teil über.
„Du
meinst diese fantastischen Brötchen mit dem Krabbensalat?“
„Genau
Alter, du müsstest sie allerdings holen, du weißt ja, ich kann hier nicht weg“,
meinte Bronson.
„Kann
ich machen, ist ja nicht weit.“ Das stimmte wirklich, es war nicht weit, es
waren nur ein paar Schritte zum Supermarkt nebenan, wo er immer mit Lilah
eingekauft hatte... Spike erstarrte. Ach Lilah!
Er riss
sich zusammen und wollte gerade zur Tür hinausgehen, als die blonde Schwedin
Maja, die Ehefrau des Wirts, aus der Küche des E-body kam. Auch das war hart
für Spike, denn Maja war Lilahs auserwählte Trauzeugin gewesen.
Spike und Maja schauten sich an. Spike hatte nie bemerkt, was für eine Schönheit Maja war, welch ein straffe Figur sie hatte, ohne im entferntesten mager zu sein, welch klassische Ebenmäßigkeit ihr Gesicht besaß mit einer winzig kleinen Andeutung von Stupsnase, wie voll ihr weizenblondes, nein, ihr arktischblondes Haar war, sie trug es in einem dicken Zopf. Maja hatte Lilahs Haar bei der Hochzeit zu einem sogenannten Bauernzopf geflochten, in dem Orangenblüten steckten, zugegeben nicht gerade die nordische Art, aber wunderschön. So wunderschön wie Lilah...
Lilah war natürlich jünger als Maja gewesen, aber Spike erinnerte sich daran, wie die beiden sich in ihrer Schönheit ergänzt hatten, nur hatte er es damals nicht wahrgenommen, auch jetzt nahm er Majas Schönheit nicht bewusst war, er empfand sie als einen Abglanz von Lilahs Schönheit. Und sie war Lilahs Freundin gewesen.
Sie
umarmten sich schweigend.
Maja
betrachtete ihn sorgenvoll, nachdem sie sich voneinander gelöst hatten.
„Esss
hat sich viel veränderrt, Sspike“, sagte sie schließlich mit einem zart
rollenden ‚rr‘ und einem zweifachen ‚ss’, denn den schwedischen Akzent, den sie
wohl nie wegbekommen würde, egal wie lange sie schon in den Staaten lebte.
„Was
meinst du, Maja?“ fragte Spike, denn er war immer noch sensibel genug, um Majas
Rede nicht nur auf sich allein zu beziehen. Nicht nur auf sich und auf Lilahs
Tod.
„Err
ssäuft wieder“, meinte Maja vielsagend.
„Was?
Karel?“ Spike war nicht wirklich verwundert ob der Tatsache, dass Karel, der
Wirt des E-body, wieder mit dem Saufen angefangen hatte, denn Karel war immer
schon ein Säufer gewesen mit gelegentlichen trockeneren Phasen zwischendurch.
„Aber
jetzt ssäuft er perrmanent“, sagte Maja.
„Scheiße!“
sagte Spike.
„Sspike,
was ssoll ich machen? Ich kann nicht mehrr. Bei unserrem letzten Urrlaub in
Acapulco, da hat err Tag und Nacht gessoffen, einmal klopfte ess morrgens an
unserre Türr im Hotel, und dass mexikanische Zimmerrmädchen kam herrein und
ssagte zu mirr: Da! Mann in Halle! Du kommen mit!“
„Was zum
Teufel...“, sagte Spike, dem es allmählich dämmerte, dass Maja von einem
Beziehungsdrama oder einfacher ausgedrückt von einem Alkoholiker erzählte.
„Err lag
dorrt!“ Majas Stimme zitterte. „Err lag nackt auf dem Ssofa in derr
Empfanghalle. Err war sso bessoffen, dass ich ihn nicht wach gekrriegt habe.
Wass ssoll ich nurr machen?“
„Wenn er
wirklich so drauf ist, dann hat es keinen Sinn, Maja“, meinte Spike, und er
meinte es ernst.
„Ich
habe ess sson so oft errlebt, err trrinkt, und err findet keine Ende.“
„Hast du
ihm sson mal ein Ultimatum gestellt?“ Spike verfluchte sich, weil er
automatisch ‚sson’ gesagt hatte auf nordische Art...
„Sson
oft. Es geht dann ein paarr Wochen gut, und dann fängt err wiederr an zu
trrinken.“ Maja schluckte. Wir hatten schon sswei Jahren keine Ssex mehrr,
nicht dass ess mirr wass aussmachen würrde, ich liebe ihn, aber sso ganss
ohne....“
„Er
liebt dich auch, Maja, aber bei dem vielen Saufen kann er wohl nicht mehr...“
„Auch
ohne Ssaufen kann err nicht mehrr.“, sagte Maja traurig. „Und ich will nicht
merr, Sspike.“
„Was
willst du dann?“
„Zurrück
nach Ssweden.“ Maja schien wirklich entschlossen zu sein.
Was
Spike dazu bewog, sie nach mehreren Stunden, die sie gemeinsam im E-body verbrachten
– unter anderem hatten sie ein gutes ‚Frühstück’, das aus Brötchen mit
Krabbensalat und aus Kaffee bestand – sie mit ins Hyperion zu nehmen, um ihre
Entscheidung fernab von Karel, dem Wirt, noch einmal zu überdenken. Angel würde
nichts gegen einen weiteren Gast haben.
Maja kannte nämlich niemanden, zu dem sie gehen konnte, denn Karel und sie hatten zwar immer viele Gäste gehabt, doch wirkliche Freunde hatten sie eher nicht.
Immerhin
waren im Laufe des Tages noch die Jungs nacheinander im E-body eingetrudelt,
und Spike konnte wenigstens einen Punkt auf seiner Liste abhaken.
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Buffy
war stinksauer.
Erst war
er den ganzen Tag weg, und dann brachte er eine Frau mit! Wirklich göttlich!
War er jetzt total übergeschnappt? Ein bisschen Rücksicht könnte er ja wohl auf
sie, Buffy, nehmen.
Allerdings
machte er nicht den Eindruck, als wäre er irgendwie in diese Dameverliebt – die
bestimmt schon über fünfunddreißig, also nicht mehr so ganz frisch war.
Außerdem war die überhaupt nicht sein Typ.
Andererseits
wusste Buffy nicht so genau, was für einen Typ Spike denn so hatte. Das war
wirklich schwer zu sagen.
Andererseits
war diese Maja sehr schön. Sie besaß so eine ruhige sichere Schönheit,
beherrscht, irgendwie majestätisch, da waren keine unkontrollierten Bewegungen
zu sehen, und sie strahlte eine innere Sicherheit aus, die Buffy fremd war und
die sie hoffte, irgendwann einmal zu erlangen, so in circa zehn bis zwanzig
Jahren. Buffy befürchtete allerdings, ihr Temperament würde ihr dabei immer im
Wege stehen.
Buffy
hasste die Frau. Obwohl sie eigentlich recht nett war und Gwydion und Morgan
sehr freundlich begrüßt hatte, vor allem Gwydion, den sie wohl sehr liebte.
Sie
lebte jetzt seit drei Tagen im Hyperion. Ruhig und unauffällig.
Man
konnte wirklich denken, dass Spike sie und die Kinder wegen dieser schwedischen
Abba-Agnetha-Gurke vernachlässigte. Nein, aber das stimmte so nicht ganz. Er
kümmerte sich um die Kinder wie immer, wickelte Gwydion, badete ihn, scherzte
mit ihm, spielte mit ihm, legte ihn zum Mittagsschläfchen hin und danach
spielte er mit Morgan, die allmählich anfing zu sprechen mit einem – wie Buffy
meinte – leicht britischen Akzent, soweit man das bei den wenigen Worten schon
sagen konnte. Aber wie sie Daddy sagte und Spike dabei anstrahlte, das kam Buffy
verdammt very britisch vor...
Spike
schaffte es spielend, Morgan neue Worte beizubringen. Er hatte sich eine weiße
Socke über seine Hand gestreift und tat so, als würde die Socke sprechen.
„Warum schlägst du mich? Ich bin doch nur eine blöde Socke an einer blöden
Hand“, quietschte er, als Morgan versuchte, die Socke zu hauen.
„Ich liebe es, mit dieser Socke zu sprechen“, sagte Spike zu Buffy, die genauso fasziniert wie Morgan auf die Socke gestarrt hatte.
„Du bist
verrückt“, kicherte Buffy, denn sie freute sich, weil er so guter Laune war.
Das kam wirklich selten vor. Dann musste sie wieder an die fremde Frau denken.
„Demnächst
muss ich so eine Puppe haben!“ meinte Spike. „Eine Handpuppe, mit der ich mich
herumstreite. Das wäre geil!“
Kurz
danach war er weg. Buffy wusste nicht, ob er bei dieser Maja oder ganz woanders
war, vielleicht bei seiner Agentin Vivian, und sie fühlte sich, ach wie sollte
sie es nennen: Traurig? Ausgepowert? Verarscht? Aber vor allem fühlte sie sich
vernachlässigt.
So
behandelte man nicht die Mutter seiner Kinder. Nein, seines Kindes. Gwydion war
nicht ihr leibliches Kind, aber jetzt war sie seine Mutter. Jawoll, das war
sie! Und ein bisschen Respekt konnte sie doch wohl verlangen. Oder?
Dann
fiel ihr ein, dass die fremde Schwedin wahrscheinlich Lilah gekannt hatte und
dass sie deswegen für Spike so wichtig war. Hatte er nicht etwas von Trauzeugin
gesagt? Aber Buffy hatte natürlich nicht richtig zugehört, weil sie soo
stinksauer war, dass ihre Ohren nichts von dem mitbekommen hatten, was er
sagte.
Buffy
fühlte, wie Ärger und Frust sie überschwemmten. Sie wartete den ganzen
Nachmittag auf Spike, aber der machte keinerlei Anstalten zurückzukommen.
Zurückzukommen zu ihr und ihren Kindern...
Als
Morgan und Gwydion schliefen, machte Buffy sich auf die Suche nach Angel. Er
war schließlich der einzige, den sie hier richtig kannte, mit Ausnahme von
Spike natürlich. Natürlich kannte sie auch Cordelia, aber mit der wollte sie
sich nicht unbedingt unterhalten. Cordelia war auch gar nicht da. Angel hatte
irgendwas von ‚Krankenhaus’ gesagt.
Er war in der Empfangshalle des Hyperion. Und er war allein.
Angel
hatte einen guten Riecher für die Verzweiflung, die Buffy ausstrahlte. Und er
war froh, dass er sie trösten konnte, aber es schien nicht leicht zu sein, sie
zu trösten.
„Er
behandelt mich wie Dreck“, klagte Buffy nicht ganz wahrheitsgetreu, „und ich
weiß nicht, was ich machen soll...“
„Dann
schick ihn weg“, schlug Angel vor. „Du brauchst ihn nicht.“
„Doch
ich brauche ihn, aber...“
„Ich könnte
auch für Morgan sorgen“, sagte Angel, obwohl er so seine Bedenken hatte. Morgan
war Spikes und Buffys Kind, das würde Angel nie vergessen können, und Morgan
war ihm nicht besonders zugeneigt – sie liebte nur Spike – während er, Angel,
seltsamerweise eine innige Liebe zu Gwydion entwickelt hatte, der ja der Sohn
seiner ehemaligen Feindin Lilah war. Kompliziert alles...
„Du
verstehst das nicht“; sagte Buffy, während ihr Tränen in die Augen stiegen und
sie sich an ihn klammerte.
„Was ist
daran so schwer. Schick ihn in die Wüste!“ Angel sprach dieses eindringlich,
legte seine Arme um Buffy und zog sie an sich, bis ihr Kopf an seiner Schulter
lag.
„Wir
haben geheiratet“, schluchzte Buffy an seiner Schulter, „aber es war nur wegen
der Kinder. Für ihn war es nur wegen der Kinder.“
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KAPITEL I Teil 2
„Wieso
trägst du keinen Ring?“ fragte Angel nach einer Weile des Schweigens.
„Er
trägt ihn ja auch nicht“, sagte Buffy, und ihre Unterlippe schob sich trotzig
vor. „Es war nur so eine Proforma-Heirat...“
„Aber
warum?“
„Du
weißt doch, dass W&H irgendwie an den Kindern interessiert sind, ich
glaube, ich weiß auch warum, nun ja, Spike meinte, wenn einem von uns beiden
was passieren sollte, dann wären die Kinder jeweils ungeschützt.“
„Was
soll das heißen? Ungeschützt?“
„Wenn
sie Spike erwischen“, erklärte Buffy ihm geduldig, „dann hätte Gwydion keine
Verwandten mehr, die sich um ihn kümmern könnten. Das ist der Punkt.“
„Gut,
das verstehe ich. Aber du hast doch Verwandte...“
„Ich
habe zwar Verwandte, aber Dawn zum Beispiel ist zu jung, um offiziell für ein
Kind sorgen zu können, und mein Vater... Du weißt ja, dass ich nicht so ein
gutes Verhältnis zu ihm habe.“ erklärte Buffy ihm geduldig.
„Du hast
ihm nie verziehen, dass er sich von deiner Mutter hat scheiden lassen.“ sagte
Angel nachdenklich und hielt Buffy immer noch umschlungen.
„Eigentlich
halte ich meinen Vater für zu alt, um mit einem Kind klarzukommen, und seine
neue... äääh Lebensgefährtin würde sich schön bedanken, wenn sie auf einmal so
einen Wurm aufziehen müsste.“ Buffy überlegte ein paar Sekunden und sagte dann
ein wenig verzweifelt: „Außerdem weiß er noch gar nicht, dass ich ein Kind habe
und verheiratet bin. Wir wollen ihn in den nächsten Tagen besuchen.“ Buffy
sagte Angel nicht, dass sie eine Heidenangst vor diesem Besuch hatte. Denn sie
würde ihrem Vater so einiges erklären müssen. Nein, sie musste ihn unbedingt
vorher anrufen...
„Und
Spike wollte also mit dieser Heirat...“
„Nur
wegen der Kinder. Die liebt er. Mich mag er noch nicht einmal.“ Buffy hatte
sich von Angel losgerissen und schaute ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
„Aber
ich dachte, ihr versteht euch, das hast mir doch sagen wollen, damals bevor
Spike ... verschwand.“
„Wir
haben uns verstanden. Sogar gut verstanden. Aber jetzt erinnert er sich nur an
unsere schlechteren Zeiten, an die Zeiten, in denen ich ihn... Ach Mist!“ Buffy
starrte einen Augenblick gedankenverloren an Angel vorbei, bevor sie
weitersprach: „Jedenfalls glaubt er mir nicht, dass ich ihn liebe. Er denkt, es
ist seine Seele, die ich liebe und nicht ihn selber.“ Buffy machte sich frei
von Angel und trat einen Schritt zurück.
„Und ich
dachte schon, ihr hättet...“ stöhnte Angel und ließ sie widerwillig los.
„Wenn es
nach mir ginge, jederzeit“, sagte Buffy hart und sah Angel an, als wäre er ein
Fremder für sie. Was tat sie überhaupt hier? Spike würde möglicherweise bald
kommen, und sie war seine Frau, zwar nur dem Namen nach, aber es bedeutete ihr
trotzdem viel, seine ’Frau’ zu sein, wie auch immer ihr Zusammenleben aussah.
Denn er
hatte ihr immerhin versprochen, alles mögliche zu tun, damit sie gut zusammen
leben konnten, im Augenblick wäre er zwar nicht so der romantische Liebhaber,
er wäre eben Witwer, ein ganz frischer Witwer, und er hätte keine Ahnung, wie
lange er noch um Lilah trauern würde.
Das
hatte er gesagt.
Mittlerweile
zweifelte Buffy allerdings an der Wahrheit dieser Worte. Natürlich trauerte er
um Lilah, das war so was von wahr, aber ob er jemals ein romantischer Liebhaber
sein würde – Buffy schüttelte den Kopf, und Angel schaute sie verwundert an –
das war nicht die Frage. Die Frage war, ob er überhaupt jemals ein Liebhaber
sein würde. Romantik war zur Zeit absolut unvorstellbar. Er lässt keine Gefühle
zu, dachte sie, und damals habe ich keine Gefühle zugelassen. Sie erinnerte
sich noch gut an seine verzweifelten Worte in ihrem Badezimmer: Lass es zu!
Lass es zu!. Und dann war er außer Kontrolle geraten, und es war aus gewesen.
Total ausgewesen. Irgendwann, als er seine Seele wiederhatte, hatte sie ihm
seinen gewaltsamen Übergriff verziehen. Sie hatte sich über Vergewaltigungen
informiert und herausgefunden, dass sie eigentlich nichts mit Sex zu tun
hatten, sondern eher mit der Demütigung von Frauen, und Spike wollte sie damals
bestimmt nicht demütigen, sondern nur... Ach Mist! Und jetzt glaubte er
natürlich, dass sie ihn nie geliebt hatte.
Wieso war Spike damals – quatsch, es war keine zwei Monate her – überhaupt gekommen? Was wollte er von ihr? Denn nach Lilahs Tod hatte er sie zurückgewiesen und war einfach verschwunden. Nachdem er mit ihr geschlafen hatte... Klar.
Wie auch
immer, Buffy hatte sich einlullen lassen, und sie hatten die Ehe geschlossen.
Sie
hatte gewusst, worauf sie sich da einließ. Voller Hoffnung einließ, doch jetzt
war es so, als ob diese verdammte Stadt ihn noch weiter von ihr entfernen
würde. Oder war es vielleicht die Nähe zu Angel? Obwohl die beiden sich doch
gut vertragen hatten, als sie in Cleveland aufkreuzten, um sie aus dem
Gefängnis zu holen.
Nichts
bei dieser sogenannten Hochzeit war im entferntesten so, wie Buffy sich als
junges Mädchen ihre Hochzeit vorgestellt hatte.
Natürlich
gab es Trauzeugen, nämlich Dawn und Willow. Natürlich gab es einen
Standesbeamten. Natürlich gab es ein Eheversprechen. Das übliche
Eheversprechen, Spike hatte natürlich dabei gelogen...
Natürlich
gab es einen Ring. Nein, es gab zwei Ringe, für jeden einen, aber Spike nahm
seinen kurz nach der Hochzeit wieder ab. Immerhin hatte er, wie Buffy
erleichtert registrierte, seinen alten Ehering und den von Lilah, den er bis zu
diesem Zeitpunkt am kleinen Finger getragen hatte, auch abgenommen. Jetzt war
er absolut ringlos.
Und um
nicht als total bescheuert zu gelten, nahm Buffy einen Tag später auch ihren
Ehering ab, verwahrte ihn in einer Schublade und holte ihn alle paar Tage
heraus, um ihn zu bewundern ... und ihn dann traurig wieder in die Schublade
zurückzulegen.
Weiter:
Es gab zwar einen Kuss, aber der war nicht so innig, wie sie sich ihn gewünscht
hätte. Es war eher ein leichter freundschaftlicher Kuss.
Und das
alles gab es nicht: Keine Feier, Keine Flitterwochen, nichts mit
Überdietürschwelletragen.
Und vor
allem gab es keine Hochzeitsnacht.
Das war
alles nichts, womit ein Mädel angeben könnte, dachte Buffy resignierend. Bis
auf den Bräutigam natürlich...
Dafür
gab es einen Ehevertrag, nicht weil Spike ihr sein Vermögen im Falle seines
Todes oder einer Scheidung nicht gönnte, nein, er wollte es für Gwydion
aufbewahren... Er schloss sie von allem aus...
Weiter:
Es gab folgerichtig auch kein Zusammenleben der Ehepartner. Er machte keinerlei
Anstalten, ein gemeinsames Schlafzimmer mit ihr zu beziehen, sondern wohnte
immer noch wie ein Gast im Keller des Hauses ins Woodcape. Was Willow und
Kennedy schon recht seltsam fanden, aber Buffy hatte nicht den Nerv, den beiden
irgend etwas zu erklären. Was hätte sie ihnen auch schon erklären können. Buffy
wusste ja selber nicht, was eigentlich mit ihm los war.
Dawn
allerdings war es egal, ob Schwester und Schwager das Bett teilten, Spike war
jetzt Bestandteil ihrer Familie geworden, und er war der Sänger von ‚THE BIG
BAD THING’. Dawn war schon ein richtiger kleiner Snob, was nicht ausschloss,
dass sie Spike wirklich gern hatte.
Geheiratet
hatten sie Mitte Januar, obwohl Spike zu dem Zeitpunkt eigentlich schon in L.A.
sein wollte. Wichtige Erledigungen, wie er sagte. Doch dann hatten sie ihn zu
Probeaufnahmen irgendwo in der Nähe von New York eingeladen, Spike hatte die
Reise nach L.A. verschoben, Buffy gefragt, ob sie ihn heiraten wollte, sie
hatten geheiratet, und dann war er weg vom Fenster für vierzehn Tage.
Und nach
seiner Rückkehr aus New York waren sie nach L.A. aufgebrochen.
Von
wegen Zusammenleben...
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
Spike
hatte tatsächlich ein schlechtes Gewissen. Schließlich war er dauernd unterwegs
und ließ die Frau alleine – na ja, allein war sie ja nicht gerade – im Hotel
zurück mit den Blagen. Und das mit Maja hatte ihr auch nicht geschmeckt, er
hatte ihre ganze Missbilligung an ihrer kleinen gekrausten Nase gesehen.
Er
musste sich mehr um sie kümmern. Schließlich hatte sie ihm ja nichts Böses
angetan. Nach kurzer Überlegung dachte er weiter: Noch nichts Böses angetan....
Vielleicht
mochte sie die Oper. Irgendwas italienisches, vielleicht Rossini, Spike hatte
Plakate in der Stadt gesehen. Vielleicht würde ihr das gefallen, es wäre so
Pretty Woman-mäßig. So bescheuert kitschig romantisch.
Er
besorgte zwei Karten für den morgigen Abend. Sie hätten genug Zeit, sich irgend
etwas nettes zum Anziehen zu kaufen und Babysitter aus der Belegschaft des
Hotels zu rekrutieren. Rekrutieren war gut. Spike musste lachen.
Ferner
besorgte er einen Blumenstrauß und machte durch die Auswahl der Blumen die
Verkäuferin fast wahnsinnig. Er wollte nämlich absolut keine Beerdigungsblumen wie
diese Dinger „Die man mit Stecknadeln fixieren muss, damit die Köpfe nicht
abfallen“, sondern etwas Leichtes, einen Strauß Sommerblumen, oder besser noch
weißen Flieder. Und alles ohne Schnickschnack, ohne ein beschissenes Stück
Sackleinen, das künstlerisch um die Blumen drapiert war und (leider) alle
Aufmerksamkeit von den Blumen ablenkte. Die Verkäuferin musste ihm natürlich
klarmachen, dass Flieder im Januar nicht zu den verfügbaren Blumen gehörte,
aber immerhin hatte sie eine Auswahl an, für ihren wählerischen Kunden
akzeptablen Blütenstengeln und hinterher war er recht zufrieden.
Er ging
durch den Hintereingang ins Hotel. Er wollte nicht gesehen werden und als
frischgebackener Ehemann mit Blumen den Spott der anderen auf sich ziehen. Dann
fiel ihm ein, dass die anderen gar nichts von seiner Heirat mit Buffy wussten,
aber er wollte trotzdem nicht gesehen werden, wie er mit Blumen ankam wie ein
lästiger Freier, der seine Flamme beschenken wollte. Um Gottes Willen!
Er hatte gerade die Empfangshalle erreicht, als er ein eng umschlungenes Paar sah.
Das Blut
schoss ihm ins Gesicht, als er sah, wer dieses Paar war.
Er
machte auf der Stelle kehrt und ging wieder auf den Hinterhof hinaus. Das hat
ja nicht lang gedauert, dachte er höhnisch.
WAATTTZZZ!
Er ließ den Blumenstrauß in eine halbleere Mülltonne fallen und starrte auf die
Mülltonne, ohne sie wirklich zu sehen.
Gut,
dass er den Hintereingang benutzt hatte. Wenn er vorne hereingegangen wäre,
hätte er die beiden voll erwischt und keine Möglichkeit gehabt, die
Situation... ja wie hätte er die Situation einschätzen sollen. Mit freundlicher
Duldsamkeit? Klar! Gute Miene zum bösen Spiel machen? Er war ein Volltrottel.
Und er hätte sich voll lächerlich gemacht mit den Blumen in der Hand.
Dieses
verdammte Weib hatte keinerlei Hemmungen, mit ihrem Exlover rumzumachen. In
aller Öffentlichkeit, obwohl sie verheiratet war.
Gut zu
wissen!
Spike
starrte immer noch auf die Mülltonne, aus der oben die wunderschönen bunten
Sommerblumenköpfe herausragten und den Eindruck erweckten, sie stünden in einer
mattsilbernen geraffelten großen Vase aus Zink, bis Spike diesen hübschen
Eindruck bemerkte, die Blumen wieder aus der Mülltonne herausnahm und sie
heftig mit den Köpfen nach unten in die Tonne stopfte...
Er
wartete ein paar Minuten auf dem Hof, und er hasste sich dafür.
Schließlich
ging er wieder hinein, so laut wie es ihm möglich war, öffnete geräuschvoll die
Tür zum Foyer – auch dafür hasste er sich, nein eigentlich hasste er Buffy, die
ihn in diese Lage gebracht hatte – und stellte schließlich fest, dass sich
niemand mehr im Foyer aufhielt. Die Vögelchen waren nicht mehr da.
Er ging
an der Dreiersuite vorbei, überlegte ein wenig, ging wieder zurück und blieb
vor dem mittleren Zimmer, dem Kinderzimmer stehen. Er überlegte wieder und
schüttelte dann den Kopf. Er konnte sie jetzt nicht sehen, die Kinder
vielleicht, aber nicht Buffy.
Dann
ging er schnurstracks zu Majas Zimmer, klopfte an und wurde hereingelassen.
Maja sah
traurig aus, das war natürlich kein Wunder, ihr Leben war zerstört, sie hatte
einen Alkoholiker zum Mann, der immer mehr abdriftete, und sie war ein einem
ihr fremden Land, das ihr immer noch fremd war, obwohl sie schon sechs Jahre
hier wohnte. Sie hatte sechs Jahre vergeudet, sie hatte nichts. Kinder waren
auch nicht da.
Karel
hatte die damals dreißigjährige Maja kennen gelernt, als er in Schweden Urlaub
machte, sie hatten sich ineinander verliebt, er hatte sie auf der Stelle
geheiratet und nach Amerika mitgenommen. Maja war keine arme Vietnamesin, die
es nötig hatte, nach Amerika zu gehen, sondern sie lebte in einem relativ
reichen Land, und Karel war ihre große Liebe. Und er hatte immer schon einen
exzellenten Geschmack in Bezug auf Frauen gehabt. Ein blonde Schwedin war
natürlich in Sachen Geschmack das Nonplusultra... Und in der Fremde sind die
Frauen immer am schönsten... Obwohl Maja objektiv gesehen überall als schön
gegolten hätte.
Spike
wusste mittlerweile noch mehr, was Maja besser nicht wissen sollte, denn es
würde ihre Entscheidung, zurück nach Schweden zu gehen, sehr erleichtern, und
Spike wollte nicht derjenige sein, der den Stein ins Rollen brachte.
Die
Jungs hatten ihm erzählt, dass Karel in der Klinik, in der er sein
Alkoholproblem behandeln ließ, eine junge Schlampe (Originalwortlaut der Jungs
und zwar von allen) kennen gelernt hatte, deren Schlampenmund er als Abdruck
auf seinen Biergläsern verewigen wollte, was erstens daran scheiterte, weil die
Schlampe sich in der geschlossenen Abteilung der Klinik befand und zweitens
hatte Karel nicht mehr genug Geld, um die Sache zu finanzieren, denn er hatte
alles in andere seltsame Projekte gesteckt.
Karel
war auf einem Trip, der schlimmer war als alles, was er sich bisher geleistet
hatte. Und er schmiss mit dem Geld nur so um sich. Spike hatte da Geschichten gehört...
Spike
hatte keine Ahnung, was er Maja raten sollte. Natürlich wusste er, dass alles
Scheiße war, aber man konnte so schlecht anderen Leuten empfehlen, was sie mit
ihrem Leben anfangen sollten. Die Vernunft half da meistens nicht weiter.
In der Liebe setzt die Vernunft aus, das war ein Spruch, der fast von Spike hätte stammen können, aber er stammte von Snikkers, Spikes bestem Freund, Schlagzeuger der Band und liebesmäßig auch nicht gerade verwöhnt. Vermutlich war er deswegen Spikes bester Freund. Und eigentlich meinte Snikkers nicht Liebe sondern Sex, und er meinte mehr die Männer mit dem aussetzenden Verstand.
„Hast du
vielleicht Lust, morgen mit mir in die Oper zu gehen?“ fragte er Maja ziemlich
übergangslos.
„Ich
weiß nicht“, Maja zögerte, „ob Buffy das gut findet.“ Maja hatte durchaus
mitbekommen, dass da irgend etwas zwischen Spike und Buffy war, das kleine
Mädchen war auf jeden Fall Spikes Kind, und Maja hatte keine Ahnung, wie das
alles zusammenhing. Sie wollte Spike auch nicht danach fragen.
„Die hat
andere Interessen“, sagte Spike kühl. „Also was ist? Magst du Rossini? Also ich liebe ihn, vor allem
seine Ouvertüren.“
Nach
kurzem Zögern stimmte Maja zu, allerdings mit einem kleinen Schuldbewusstsein
gegenüber dieser Buffy, die sich von ihr bedroht fühlte. Als ob sie, die im
Augenblick ziemliche am Boden zerstörte Maja, eine ernsthafte Bedrohung für
eine andere Frau sein konnte. Oder überhaupt sein wollte.
„Also
morgen Abend.“ Spike lächelte sie an und ging zur Tür. „Jetzt muss ich mich
aber um Buffy und die Kinder kümmern.“ Er verzog das Gesicht und ging hinaus.
In seine private Hölle, wie er bei sich dachte
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Buffy
hatte natürlich bemerkt, dass er zuerst bei Maja gewesen war, und sie war empört.
Jede Fremde bedeutete ihm mehr als sie. Was hatten die beiden miteinander zu
schaffen? Und wieso sah Spike sie so kalt an mit seinen unglaublich blauen
Augen?
Fast
sehnte sie die Zeit wieder herbei, als sie sich dauernd gestritten hatten, als
er ihr alles mögliche vorwarf, zum Beispiel ihre Unfähigkeit, jemanden zu
lieben, ihre Arroganz, ihre Weinerlichkeit und ihr Selbstmitleid. Das war
natürlich alles Quatsch. Nein, nicht alles. Ein bisschen Wahrheit war schon
darin, aber wirklich nur ein bisschen.
Jetzt
redeten sie kaum noch miteinander, seitdem sie in L.A. waren. Und wenn, dann
nur über die Kinder und durch die Kinder. Diese verdammte Stadt war kein guter
Nährboden für ihre neue und so sensible Beziehung, quatsch Beziehung hörte sich
dämlich an, Buffy verbesserte sich: Diese verdammte Stadt war kein guter
Nährboden für ihre EHE.
Möglicherweise
lag es an Lilah, Spikes toter Frau, die hier immer noch herumgeisterte und
wahrscheinlich alle Erinnerungen an sie wieder zum Leben erweckte. Dazu kamen
noch die Jungs, mit denen er dauernd unterwegs war – angeblich in Geschäften –
und die Lilah kannten und sie, Buffy, eben nicht kannten.
Und
Spike hatte es auch nicht für nötig gehalten, sie Snikkers, der ihn abholen
wollte, als seine neue Ehefrau vorzustellen. Vermutlich war es ihm peinlich,
dass er zehn Wochen nach Lilahs tragischem Tod wieder geheiratet hatte.
Verständlich.
Ja. Aber er hatte sie nun mal geheiratet. Wollte er sie für immer verleugnen?
Und
warum schaute Morgan sie so ...ja wirklich missbilligend an? Sie schaute ja
genauso wie Spike. Buffy war sich nun wirklich keiner Schuld bewusst.
Sie
konnte natürlich nicht ahnen, dass Morgan Bilder aus dem Kopf ihres Vater
aufgeschnappt hatte, in denen ihre Mutter und Onkel Angel in inniger Umarmung
zu sehen waren. Und Morgan, obwohl keine fünfzehn Monate alt, brachte diese
Bilder und die offenkundig grimmige Laune ihres geliebten Daddys problemlos in
einen Zusammenhang. Und gab die Schuld natürlich ihrer Mutter. Deswegen die
vorwurfsvollen Blicke.
„Spike?“
„Was
ist?“ fragte Spike etwas unwirsch. Er hantierte gerade mit hölzernen Bauklötzen
herum und zeigte Morgan, in welche Öffnungen einer Holzplatte mit verschiedenen
Ausschnitten die sternförmigen, dreieckigen und quadratische Dinger passen
würden. Angel hatte alles mögliche an Spielzeug besorgt, wofür ihm Spike
natürlich dankbar war. Aber nur für das... Ansonsten...
„Wann
sollen wir denn zu meinem Vater gehen?“ Buffys Stimme hörte sich ziemlich
verzweifelt an, denn sie hatte einen gewaltigen Bammel vor dem Besuch bei ihrem
Vater.
„Weiß
nicht“, sagte Spike unentschlossen. „Morgen kann ich nicht. Wie wär’s mit
übermorgen?“ Morgen gehe ich in die Oper, dachte er höhnisch, und zwar mit
allen Schikanen.
„Ich
habe ihn schon angerufen. Oh Gott, er weiß zum Glück nicht, dass ich des Mordes
angeklagt war. Er war zu der Zeit mit seiner Frau auf den Bahamas. Wir müssen
ihm trotzdem einiges erklären. Ich habe Angst davor“, sagte Buffy besorgt.
„Hätte
ich auch an deiner Stelle“, sagte Spike ganz leise, und Buffy verstand ihn
nicht, hatte aber nicht den Nerv, nachzufragen, was er gesagt hatte.
Es wurde
ein recht freudloser, schweigsamer Abend, wenn man die Gespräche zwischen Spike
und Morgan mal außer acht ließ. Die beiden hatten ja immer was zu quatschen,
und wenn sie sich nicht durch Worte verständigten, dann eben durch gedachte
Bilder.
Nachdem
sie Morgan zu Bett gebracht hatten, Gwydion mit seinen sieben Monaten schlief
sowieso fast dreiviertel des Tages, ging Spike nach einem kurzen gemurmelten
‚Gute Nacht’ in sein Zimmer und konnte natürlich erst nach Stunden einschlafen.
Fast
bereute er es, nicht noch mal weggegangen zu sein, ins E-body zum Beispiel, um
in nostalgischen Gefühlen zu schwelgen, die alle mit Lilah zu tun hatten, aber
heute verdrängten die neuen ärgerlichen Gefühle die Gefühle für seine tote
Frau, und niemand war darüber verwunderter als Spike selber.
Und
verärgert darüber war er auch, dass er überhaupt solche Gefühle hatte. Das
grenzte ja schon fast an Eifersucht. Und das war total unmöglich.
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KAPITEL I Teil 3
„Zumindest
können wir uns schnell verdrücken,“ meinte Spike zu Buffy, während er den Van –
endlich hatte er sein eigenes Auto wieder – geschickt durch den
Nachmittagsverkehr von L.A. steuerte. In Richtung von Hank Summers Haus.
Spike
hatte sich wirklich dezent gekleidet, er trug nicht seine übliche Fliegerjacke
sondern eine schlichte gerade geschnittene schwarze Lederjacke mit einer
wunderbar dicken ledrig grobporigen Oberfläche zu seinen Jeans. Und das alles, um
seinem Schwiegervater zu gefallen, na ja zumindest optisch zu gefallen.
Buffy
sagte nichts. Sie hatte beharrlich geschwiegen, seitdem sie das Hyperion
verlassen hatten. Eigentlich hatte sie vorher auch schon geschwiegen.
„Ist
doch 'ne gute Idee, wenig Windeln und Futter für die Kleinen mitzunehmen, dann
hat man immer einen Vorwand, eher abzuhauen,“ versuchte Spike es noch einmal.
Spike
hatte tatsächlich ein ganz kleines bisschen schlechtes Gewissen wegen gestern
Abend und versuchte Buffy zum Reden zu bringen. Er hatte – wie er jetzt in
Gwydions Gegenwart erkannte – ein wenig überreagiert. Gwydion, oder ‚little
Buddha’, wie Spike ihn scherzhaft wegen seiner friedlichen Ausstrahlung nannte,
war wie ein Geigerzähler, aber nicht um Radioaktivität zu messen, sondern um
die Wahrheit zu sondieren. Und Tatsache war, dass Spike ein wenig überreagiert
hatte.
Buffy
sagte immer noch nichts. In ihr kochte es seit gestern Abend, und sie dachte
weniger an ihren Vater und wie man ihm schnell entkommen konnte als an die Szene,
die sie gestern Abend hatte ertragen müssen. Als ihr Ehemann, elegant
gekleidet, wie sie es ihm gar nicht zugetraut hätte, mit einer ebenso eleganten
attraktiven Blondine in ein nicht minder elegantes, attraktives
Porsche-Cabriolet gestiegen war – das Verdeck war allerdings nicht offen, weil
es Januar und zu kalt dafür war – und ihr Ehemann hatte nicht im geringsten den
Versuch unternommen, diesen Trip vor seiner Ehefrau zu verheimlichen, nein,
ganz im Gegenteil, es kam ihr vor, als hätte er es darauf angelegt, dass sie
ihn mit Maja sah. Also wirklich!
Buffy
war stinksauer.
Als
Spike bemerkte, dass nichts sie aus ihrer Schweigsamkeit reißen konnte und dass
sie anscheinend stinksauer auf ihn war, da wurde auch er wieder sauer.
Schließlich hatte er nicht mit Maja rumgemacht so wie Buffy mit Angel
rumgemacht hatte. Und er war schließlich mit Maja nur in die Oper gegangen und
sofort danach wieder ins Hotel gefahren, und zwar alleine, ohne irgendwo noch
etwas zu essen oder zu trinken, denn es war ja schließlich keine Date, sondern
ein freundschaftliches Ausgehen mit einer Bekannten. Maja hatte darum gebeten,
in der Wohnung, die sie mit Karel teilte, abgesetzt zu werden. Das gibt
bestimmt ‘ne Aussprache, hatte Spike noch gedacht. Oder vielleicht ‘ne Prügelei?
Aber er wollte sich nicht in fremde Angelegenheit einmischen. Wenn Maja ihn
allerdings um Hilfe bitten würde, dann würde er Karel ohne weiteres was aufs
Maul hauen.
Er hatte
noch kurz nach den Kindern geschaut, die beide friedlich schliefen, und Buffy
musste bemerkt haben, dass er wieder da war, aber sie war wohl trotzdem sauer.
Ach was, sollte sie doch sauer sein!
Hank
Summers wohnte mit seiner neuen Frau nicht mehr in dem alten Haus, in dem Buffy
ihre Kindheit verbracht hatte, sondern in einem schlichten Einfamilienhaus in
einer Reihensiedlung, die so typisch amerikanisch aussah, dass man E.T,
erwartete, der sich in einem Wandschrank versteckt hatte. Seine Frau war
allerdings nicht da. Natürlich nicht E.T’s Frau sondern Hank Summers Frau.
Buffy
hatte ihren Vater schon telefonisch mit den gröbsten Neuigkeiten bekannt
gemacht, nämlich dass sie ein Kind hatte, den Vater des Kindes vor kurzen
geheiratet hatte, und dass der wiederum Witwer war und auch ein Kind mit in die
Ehe gebracht hatte. In der Tat eine seltsame Geschichte.
„Meine
Frau musste heute zu ihrer Mutter ins Krankenhaus“, sagte Buffys Vater
entschuldigend zu seinen Gästen. Das war natürlich gelogen, seine Frau hatte es
vorgezogen, den Besuch seiner Tochter zu verpassen, das war alles zu peinlich, denn
aus früheren Besuchen von Buffy hatte sie messerscharf geschlossen, dass Buffy
sie als die neue Frau ihres Vaters nicht mochte.
„Irgendwie
kommen Sie mir bekannt vor“, sagte Hank Summers zu Spike, nachdem Buffy und
Spike auf dem Sofa Platz genommen hatten. Buffy hielt Gwydion, der immer wieder
nach ihrer zarten Goldkette griff, im Arm
Spike
hatte Morgan neben sich gesetzt. Morgan beobachtete aufmerksam diesen anderen
‚Daddy’, aber der hatte überhaupt keine Ähnlichkeit mit ihrem richtigen Daddy.
Morgan drückte sich eng an Spike, schaute ihn fragend an, und er nickte ihr
beruhigend zu.
Woraufhin
sie ihre Befangenheit verlor, sich von Sofa hinuntergleiten ließ und einen
kleinen Erkundungsausflug durch das Zimmer machte. Halb laufend, oh ja sie
konnte schon recht gut laufen, aber meistens noch krabbelnd, denn das war in
dieser fremden Umgebung sicherer. Spike behielt sie im Auge.
„Wahrscheinlich
aus der Zeitung“, gab er Buffys Vater zur Antwort. „Die Geschichte ging ja fast
durchs ganze Land.“
„Jetzt
erinnere ich mich. Sie waren verheiratet mit dieser.. Wie hieß sie noch?“
„Lilah,
sie hieß Lilah Morgan Castaway“, Spike half ihm gerne auf die Sprünge, er
liebte es nämlich, Lilahs Namen auszusprechen.
„Ja
genau, und sie ist umgekommen. Und das“, Buffys Vater deutete auf Gwydion, „ist
wohl das Kind aus dieser Ehe.“
„Sie
haben es erfasst, Mister Summers.“ Spike versuchte, seine Stimme nicht allzu
aufsässig klingen zu lassen, er verstand sehr wohl, dass der alte Herr ein
wenig verblüfft war ob der Tatsache, dass er auf einmal ein Enkelkind – oder
sogar zwei – und dazu noch einen Schwiegersohn bekommen hatte. Einen
Schwiegersohn, der Witwer war und nebenbei noch ein recht frischer Witwer war.
Er machte sich bestimmt Gedanken, wie das alles zusammenpasste.
„Ich frage
mich“, sagte Hank Summers nachdenklich, „wie das alles zusammenpasst.“
„Ich
wusste, dass Sie das fragen würden“, sagte Spike und hub zu einer längeren
Erklärung an, während er gleichzeitig Buffys Arm streichelte, erstens weil es
ein seltsamer Reflex war, und zweitens, weil er den guten Ehemann spielen
wollte.
Buffy
rückte automatisch näher an ihn heran und schmiegte sich fast an ihn, bis sie
realisierte, dass sie in Wirklichkeit doch verdammt sauer auf ihn war. Mit
Schrecken stellte sie jedoch fest, dass sie ihm sofort verzeihen würde, falls
er nur ein Quäntchen an Reue...
„Wir
kennen uns eigentlich schon seit Ewigkeiten“, seine wohltönende Stimme riss sie
aus ihren Gedanken. „Nicht wahr, Schatz?“
„Hmmm,
ja“, sagte Buffy.
„Und eigentlich konnte Buffy mich früher nicht ausstehen, nicht wahr, mein Schatz?“
„Ich
habe dich verabscheut“, gab Buffy lächelnd zu und wünschte sich, sie könnte ihn
in seinen attraktiven Hintern treten, oder besser noch... Nein auf was für
unanständige Gedanken sie doch kam. Sie schaute unauffällig zu Morgan hin, aber
die war von dem riesigen Stoffdelphin abgelenkt, der auf einem Sessel neben
einem etwas kleineren Stoffdelphin lag, und sie hatte die unanständigen
Gedanken ihrer Mutter wohl nicht aufgefangen. Dem Himmel sei Dank dafür!
Außerdem
hatte er so wahnsinnig attraktive Beine, die er lässig von sich gestreckt
hatte, und es verlangte sie danach, die Innenflächen seiner Oberschenkel zu
streicheln... Buffy merkte, wie eine zarte Röte in ihr Gesicht stieg und sie
bedeckte unauffällig ihre Stirn mit der Hand, um sich ein wenig abzukühlen.
„Es lag
wahrscheinlich daran, dass sie in diesen anderen Kerl verliebt war“, plauderte
Spike locker weiter. „Jedenfalls hatte ich absolut keine Chancen bei ihr.“
„Hmmm,“
sagte Buffy.
„Irgendwann,
das muss jetzt schon drei Jahre oder noch länger her sein, da hat es dann doch
bei uns... äääh gefunkt. Nicht wahr Liebling?“ Spike schaute ihr wieder tief in
die Augen, und seine eigenen Augen funkelten boshaft.
„Hmmm,
gefunkt, ja das hat es. Irgendwie...“, sagte Buffy.
„Dann
kam dieses Erdbeben“, Spikes Stimme wurde leiser, „und wir haben uns verloren.“
„Wie
das?“ fragte Hank Summers und beugte sich interessiert vor.
„Nun,
Buffy dachte, ich wäre tot.“
„Aber
wieso...“
„Sie
hatte gesehen, wie ich verschüttet wurde – es gab keinen Zweifel dran,
eigentlich hätte ich mausetot sein müssen.“
„Aber
Sie waren es nicht.“ stellte Hank Summers fest.
„Nein,
war ich nicht. Ich wurde gerettet. Ich hatte wohl in einem Hohlraum überlebt
und wurde erst Tage später geborgen. Ich lag ein halbes Jahr im Koma, und auch
nachdem ich aus dem Koma aufwachte, hatte ich keinerlei Erinnerung an das, was
vorher gewesen war...“ Spikes Stimme verstummte nun ganz, denn er war selber so
hingerissen von dieser Geschichte, dass ihm fast die Tränen kamen. Und
eigentlich war die Geschichte gar nicht so unwahr...
„Und
Buffy? Sie war von Ihnen schwanger?“ Hank Summers war das ganze sichtlich
peinlich. Sein kleines Mädchen, wie er sie immer noch bei sich nannte, hatte
auf einmal ein Kind. Und war verheiratet mit diesem Mann, der allerdings, Hank
gab es vor sich zu, nicht unsympathisch war.
„Wenn
ich es gewusst hätte...“, stöhnte Spike und entschloss sich, ab jetzt brutal zu
sein, „aber ich wusste es nicht, stattdessen verliebte ich mich neu. Und zwar
in Lilah. Und das ist mein Sohn Gwydion.“ Er deutete auf Gwydion, der
mittlerweile auf Buffys Schoß eingeschlafen war. Buffy legte ihn vorsichtig in
die Ecke des Sofas.
„Und
dann geschah das Unglück.“ Hank Summers’ Stimme klang mitleidig.
„Dadurch
habe ich dann erfahren, dass er lebt.“ Buffy mischte sich in das Gespräch der
beiden Männer ein, „und bin zu ihm gegangen...“ Auch das entsprach nicht ganz
der Wahrheit. In Wirklichkeit hatte sie ihn schon vorher im TV gesehen, als er
ein Konzert mit seiner Band ‚THE BIG BAD THING’ gegeben hatte, sie war drei
Monate später nach L.A. geflogen, um ihn zu sehen und hatte aber nicht ihn,
sondern die hochschwangere Lilah angetroffen. Woraufhin sie L.A. fluchtartig
und ziemlich frustriert verlassen hatte.
Aber
diese neue Wirklichkeit war ja so viel romantischer!!! Nur leider nicht wahr,
dachte Buffy ärgerlich.
„Als ich
dann meine kleine Tochter sah, war es um mich geschehen“, scherzte Spike und
blickte zu Morgan hinunter, die mittlerweile von ihrem Streifgang, beziehungsweise
Streifkrabbeln durch das Zimmer zum Ausgangspunkt zurückgekehrt war, bei ihrem
Daddy energisch am Hosenbein rüttelte und verlangte, hochgenommen zu werden.
Die beiden Delphine hatte sie hinter sich hergeschleift. „Darfst du die denn
behalten, Fee?“ fragte Spike seine Tochter.
Morgan
sah den fremden ‚Daddy’ fragend an, woraufhin der lächelnd sagte: „Natürlich
kann sie die behalten. Der kleine ist für das Brüderchen.“ Was Morgan aber
anders verstand und den kleineren an sich drückte und den größeren auf ihr
Brüderchen hochhievte. Der Delphin war fast so groß wie Gwydion.
„Und auf
einmal konnte ich mich an die Vergangenheit erinnern. Zuerst nur ein bisschen,
aber nach ein paar Tagen war alles wieder da“, fuhr Spike mit seiner Erzählung
fort, nachdem er über den mit einem riesigen Delphin bedeckten Gwydion
gelächelt hatte.
„Das
hört sich alles tragisch an“, meinte Fred Summers erschüttert und schwieg für
eine Weile. Alle schwiegen für eine Weile.
„Übrigens,
wo wohnt ihr eigentlich? Ihr könntet doch hier wohnen.“
„Nun,
wir wohnen bei einem Freund von Buffy“, sagte Spike verschwörerisch zu seinem
Schwiegervater. „Genauer gesagt handelt es sich um diesen ersten.... äääh
Freund, von dem ich vorhin erzählt habe.“
„Und das
geht gut?“ Hank Summers beugte sich interessiert vor.
„Nun es
muss, Mister Summers....“
„Nennen
Sie mich doch Hank. Und ich werde Sie Bill nennen“, schlug Hank Summers vor.
„Natürlich nur, wenn Sie wollen.“
„Das
will ich wirklich gerne, Hank. Also was ich eben sagen wollte, ist, manchmal
habe ich das Gefühl“, wieder lächelte Spike seinem Schwiegervater
verschwörerisch zu, „dass Buffy diesen Typen immer noch liebt. Und zwar mehr
als mich.“
„Das ist
gut, Bill!“ Hank Summers musste herzhaft lachen. Sein Schwiegersohn hatte
Humor, und einen netten britischen Akzent hatte er auch. Er mochte ihn
irgendwie.
„Sag
mal, Buffy“, er wandte sich vorwurfsvoll an seine Tochter, „eigentlich hast du
doch gar nichts gelernt. Wirst du denn irgendwann studieren?“
Buffy war
verblüfft und verlegen. Sie hatte wirklich nichts gelernt, aber wie konnte sie
ihrem Vater das erklären. Er wusste ja absolut nichts von ihrem
Jägerinnendasein und den damit verbundenen Pflichten.
„Sie hat viel für ihre Mutter getan, als sie krank war“, sagte Spike, der hoffte, sein Tonfall würde sich nicht wie eine Anklage gegen seinen mutmaßlichen Schwiegervater anhören. Denn immerhin hatte Hank sich verpisst, ein neues Leben begonnen, Buffy ein Trauma beschert und vermutlich ihr Verhältnis gegenüber Männern fürs Leben geprägt. Tja... Andererseits, sagte sich Spike, lassen viele Leute sich scheiden, und viele Kinder müssen damit leben.
„Aber
sie hat nichts gelernt“, Buffys Vaters, der offenkundig um die Zukunft seiner
Tochter besorgt war, hackte weiter stur auf diesem Thema herum.
„Ich
werde dafür sorgen, dass sie etwas lernt“, sagte Spike gelassen, aber bestimmt.
„Wie Sie vielleicht wissen, bin ich finanziell ziemlich unabhängig...“ Das war
zwar ein wenig geflunkert, denn Spike wollte sein Vermögen Gwydion
hinterlassen, aber die Andeutung von Geld hatte noch nie seine Wirkung
verfehlt, und auch in Hank Summers Augen zeigte sich langsam der Abglanz des
Goldes.
„Sie
wird demnächst studieren. Dafür werde ich schon sorgen, Hank“, bekräftigte
Spike seine vorherige Aussage noch einmal in einem wirklich bestimmenden, aber
dennoch gelassenen Tonfall.
„Das ist
sehr gut, Bill“, sagte sein Schwiegervater besänftigt.
„Wenn
sie nur schon wüsste, was.“ Spike rollte mit den Augen „Aber sie wird es schon
herausfinden. Nicht wahr Liebling?“ Er schaute Buffy lächelnd an, dann wandte
er sich wieder seinem Schwiegervater zu.
Hank
Summers konnte nicht anders, als ihn lieb zu haben, diesen Schwiegersohn, denn
der würde mit Buffy fertig werden, er würde sie leiten, und er würde sie
beraten. Und das Wichtigste an der Sache war: Er würde sie finanzieren...
Allerdings mussten da vorher noch ein paar Kleinigkeiten geklärt werden.
„Und
Bill – was machst du beruflich?“ Hank Summers war flink zum Du übergegangen,
und nun wurden Bills Fähigkeiten geprüft, seine Familie zu ernähren. Spike
hatte vorher lange überlegt, was er denn so erzählen sollte und sich dann
entschlossen, ein wenig anzugeben. Nicht ganz untypisch für ihn, zumindest für
den früheren prahlerischen Spike.
„Eigentlich
habe ich Geschichte studiert, konnte aber nicht oft in diesem Fach
unterrichten, weil ich sehr lange krank war. Diese Krankheit, es war wohl eine
Virusinfektion, ist aber jetzt ausgestanden und wird nie mehr zurückkommen.“ Ja
hoffentlich, dachte Spike sarkastisch, bevor er fortfuhr: „Sie wissen ja, dass
ich einigen Erfolg mit meiner Band hatte. Und demnächst werde ich in einem Film
mitspielen. In einem Film über Rudolf Valentino. Die Aufnahmen fangen nächsten
Monat an. In der Nähe von New York.“
Buffy
hatte interessiert zugehört und versuchte, ihre Überraschung über das Gehörte
zu verbergen. Spike hatte ihr natürlich noch nichts über den Beginn der
Dreharbeiten erzählt, natürlich nicht, vermutlich war sie die Letzte, die es
erfahren würde. Maja hatte er es mit Sicherheit schon erzählt. Maja... Wieder
packte Buffy der Groll und hielt sie fest umklammert.
„Schauspieler?“
Hank Summers‘ Stimme klang nicht gerade begeistert, und es war herauszuhören,
dass er einen ‚Schauspieler’ als Schwiegersohn nicht unbedingt seriös genug für
seine Tochter hielt.
„Das mit
der Schauspielerei ist natürlich nur vorübergehend“ ,Spike lächelte. „In ein
paar Monaten werde ich Jura studieren...“ Und das war wirklich nicht gelogen.
Er hatte mit dem Gedanken gespielt, ein Fernstudium durchzuziehen, denn auf
eine Uni zu gehen, das wäre denn doch zu bescheuert. Außerdem könnte er sich
zuhause dann mehr um die Kinder kümmern.
Jura war
natürlich ganz was anderes als die Schauspielerei, und Hank Summers sah überaus
zufrieden aus. Anwälte werden nämlich immer gebraucht – im Gegensatz zu
Schauspielern.
„Vielleicht weiß Buffy bis dahin ja auch, was sie studieren will. Wir würden dann natürlich ein Kindermädchen einstellen. Schatz, was meinst du?“ Spike stupste Buffy zart an, denn sie sah aus, als würde sie an ganz was anderes denken. Sie hatte so einen glasigen Blick.
Du
verdammter Heuchler, dachte Buffy, sie beugte sich zu ihm herüber, streichelte
Morgan, die zwischen ihnen saß, über das lockige Haar und küsste Spike auf den
Mund, was für ihn doch recht überraschend kam.
Er
verbarg seine Überraschung geschickt und zog sie näher an sich heran, bis er
dann merkte, dass sie ihm in die Unterlippe biss, zwar nicht sehr fest, aber es
tat doch ein wenig weh. Er schob sie sanft von sich. „Zügele deine Leidenschaft,
mein Liebling. Wir können doch hier nicht...“
Sie
schaute ihn an, und in ihrem Blick war eine Mischung aus Zorn und Verlangen zu
lesen. Aber sie beherrschte sich und lächelte erst Spike und dann ihren Vater
glücklich an. Wenn sie in Wirklichkeit auch nur so glücklich wäre...
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
„Ihr
versteht euch ja blendend!“ Endlich saßen sie im Van– die Kinder hinten in
ihren Kinderwagenoberteilen angeschnallt – und das Treffen mit Hank Summers war
dem Himmel sei Dank vorbei.
„Er ist
mein Schwiegervater“, sagte Spike grinsend, „und so schlimm ist der alte Knabe
gar nicht. Irgendwie mag ich ihn.“
„Für
jemanden, der noch nicht mal wusste, dass ich tot war, macht er sich verdammt
viel Sorgen um mich“, sagte Buffy zornig.
„Er weiß
eben nicht viel von dir. Das kannst du ihm doch nicht zum Vorwurf machen.“
„Er ist
nicht zur Beerdigung gekommen.“
„Aber er
wusste doch gar nicht, dass...“
„Ich
meine, zur Beerdigung meiner Mutter.“ Buffys Stimme klang anklagend.
„Bitte, Buffy,
hör’ doch auf mit diesen alten Geschichten! Sie waren geschieden!“
„Ich
verstehe das nicht. Sie haben sich doch mal geliebt. Wie kann das einfach
aufhören?“ Buffy meinte ihren Vater, aber sie meinte auch Spike, der sie wohl
auch nicht mehr liebte.
„Man
gibt heutzutage viel zu früh auf. Man muss sich mehr Mühe geben“, sagte Spike
unbestimmt und bezog Buffys Frust offenkundig nicht auf sich selber.
Klar,
mein Vater und Spike, sie sind sich beide keiner Schuld bewusst, dachte Buffy
empört. Sie passen gut zueinander.
„Ihr
seid beide chauvinistische Schweine!“
„Wie
meinst du das, Herzchen?“ Nach kurzer Verwunderung über den plötzlichen Wechsel
des Themas amüsierte Spike sich köstlich.
„Na wie
ihr über meine Zukunft bestimmt habt. Das war doch wohl die Höhe!“
„Das
verstehe ich nicht“, sagte Spike heimtückisch. „Er macht sich doch nur Sorgen
um dich, weil du als Ehefrau und Hausmütterchen enden könntest.“
„Er hat
sich früher nicht um mich gekümmert, also soll er es jetzt auch sein lassen!“
Buffys Wut wuchs mit jeder Sekunde, was vielleicht auch damit zusammenhängen
konnte, dass sie absolut kein Idee hatte, was sie studieren sollte.
„Du
MUSST überhaupt nichts studieren“, sagte Spike ärgerlich, „...falls du damit
zufrieden bist, Hausfrau und Mutter zu sein. Aber ich möchte nicht eines Tages
das vor den Latz geknallt kriegen“, Spike imitierte Spike hervorragend Buffys
etwas quäkige Mädchenstimme, „ich habe mich nie verwirklicht. Ich muss jetzt
irgendwas studieren, ach was, besser noch: Ich verlasse dich jetzt und ziehe in
ein Apartment in der Nähe der Uni... Und der wirkliche Grund dafür wäre, dass
du mit einem Jugendfreund ficken willst.“
Buffy
schwieg immer noch. Sie musste ein Kichern nach dieser hervorragenden Imitation
ihrer Stimme unterdrücken. Andererseits... sprach sie wirklich so?
„Du hast
nicht den leisesten Schimmer, was du studieren könntest?“ Spikes Stimme klang
amüsiert.
Und du
hast nicht das leiseste Recht, mir das vorzuwerfen, dachte Buffy. Dann
schweifte sie in Gedanken ab zu seinen Worten: Ehrlich gesagt möchte ich nicht
eines Tages vor den Latz geknallt kriegen: Ich habe mich noch nie
verwirklicht.... Eines Tages, er wollte also mit ihr zusammen bleiben...
„Keinen
Schimmer?“ Spike bohrte gnadenlos nach und unterbrach somit brutal Buffys
Gedankengänge, in denen sie über ihre gemeinsame Zukunft sinnierte.
„Eine
Virusinfektion! Du hast vielleicht ’ne Fantasie!“ sie wechselte schnell das
Thema
„Ich
fand’s gut. Ist mir spontan eingefallen. Und es könnte ja auch möglich sein.
Wer weiß schon, wie das mit den Vampiren funktioniert, vielleicht ist es nur
eine Krankheit, Herzchen.“
„Und
Professor der Geschichte? Ich muss lachen!“
„Ich
kenn mich eben aus in Geschichte“, sagte Spike grinsend.
„Du BIST
Geschichte! Ach übrigens, nett zu erfahren, wann die Dreharbeiten anfangen.“
„Ich
wollte es dir heute Abend sagen. Ich weiß auch nicht, wie wir’s machen sollen.
Kommst du alleine mit den Kindern klar? Oder willst du mitkommen? Wir müssten
dann allerdings in einem Container wohnen. Und das im Winter.“
„Ich
glaube nicht, dass das gut für die Kinder wäre.“
„Da
stimme ich dir voll und ganz zu“, sagte Spike. „Es gibt allerdings noch eine
andere Möglichkeit. Du könntest hier in L.A. bleiben. Bei Angel.“ Er blickte
sie prüfend an, und sein blauer Blick kam Buffy sehr intensiv vor.
„Nein“,
sagte sie ohne zu zögern. „Ich muss mich um Dawn kümmern. Sie ist zwar nicht
mehr lange zu Hause, aber die letzten Monate, bis sie aufs College geht, möchte
ich sie um mich haben.“
„Gut“,
meinte Spike nachdenklich. „Dann habe ich nur noch eine Frage...“
„Was für
eine Frage?“
„Warum
hast du mich eben gebissen?“ Spikes Stimme hatte einen hinterhältigen Tonfall
angenommen.
„Pfffff...“, Buffy zuckte verächtlich mit den Schultern und zog es vor, zu schweigen.
© Ingrid
Grote 2004 Fortsetzung >>>
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