KAPITEL VIII Teil 1
Max war nicht gekommen! Andy fühlte sich zutiefst unglücklich. Anscheinend bedeutete sie ihm absolut nichts, wenn er an solch einem Tag nicht bei ihr war. Sie war ihm egal.
Und
dabei sah sie so gut aus! Wenn er sie nur sehen könnte! Wahrscheinlich hatte
sie nie in ihrem Leben besser ausgesehen. Zirza hatte ihr aus einer ihrer
Boutiquen ein Kleid mitgebracht, das wie Zirza meinte, hundertprozentig zu
Andromeda passte. Und Zirza hatte recht. Das Kleid war ärmellos und hatte ein
schwarzes eng anliegendes Oberteil, das herzförmig in einen leichten
kniebedeckten Rock aus zartem weißen Stoff überging, der sich wie eine
Tulpenblüte an Andys vollkommenen Körper schmiegte. Der weiße Stoff hatte einen
Überwurf aus dunkelvioletter Spitze.
Das war
das Kleid, und es war vollkommen! Andys nicht sehr dunkle Bräune wurde
seltsamerweise durch das Schwarz des Oberteils und durch das weiß-violett des
Rockes hervorgehoben, so dass ihre Haut dunkler erschien als sie in Wirklichkeit
war. Sie trug keine Ballschuhe, sondern bis zum Knie hochgeschnürte
Ledersandalen, in denen sie wie Artemis, die Göttin der Jagd aussah. Genauso
jungfräulich und unberührt wie Artemis.
Blöd war
nur, Max war nicht da, um sie zu sehen.
Auch um
ihr Haar hatte sich Zirza gekümmert. Zirza hatte es hergerichtet wie das Haar
der Kaiserin von Österreich, der unglücklichen Elisabeth. Andys Haar hatte
große Ähnlichkeit mit dem der Kaiserin. Die Kaiserin hatte es geflochten in
einem Kranz getragen, der ihr bis tief in den Nacken hing, die Kaiserin hatte
genauso üppiges goldbraunes gelocktes Haar wie Andromeda gehabt, und sie hatte
als die beste Reiterin ihrer Zeit und als die schönste Frau des neunzehnten
Jahrhunderts gegolten. Andromeda besaß ein Bild von ihr. Und nun trug sie die
gleiche Frisur wie die Kaiserin, sie war genauso hoch gewachsen wie die
Kaiserin, und sie konnte mindestens genauso gut reiten. Natürlich war sie nicht
so schön wie Elisabeth, aber was machte das? Max war nicht gekommen, um sie zu
sehen.
Sie
schaute auf die Uhr, die im Ballsaal hing. Der Ballsaal war heute zu seiner
vollen Größe erweitert worden, und man konnte endlich den riesigen
Kristalllüster bewundern, der an der stuckverzierten Decke hing. In der am
weitesten entferntesten Ecke war ein Podest aufgebaut, auf dem sich eine Combo
versammelt hatte, um den Abend musikmäßig zu untermalen. Ein Geiger war auch
dabei. Oh Gott, was würden die spielen? Irgendwelchen altmodisch Kram
wahrscheinlich. Aber das machte nichts. Sie hatte sowieso keine Lust zum
Tanzen, weil Max nicht da war.
Andy
schaute sich um und behielt vor allem die Eingangstür im Auge. Sie hatte noch
Hoffnung. Vielleicht kam er ja doch noch.
Schließlich
stibitzte sie sich ein Glas Sekt, und trank es in einem Zug leer. Er würde
nicht kommen, und sie wollte sich amüsieren. Sie erblickte Benny, einen
Schulkameraden von ihr, er war der Sohn des Metzgermeister Dennis, er war in
sie verliebt, und heute konnte sie diese Verliebtheit gut gebrauchen. Sie ging
zu dem armen Jungen hin und begrüßte ihn mit einem zarten Kuss auf seine Wange.
Er war schwer verwirrt und erfreut.
Wenigstens
einer war verwirrt und erfreut. Leider war Max immer noch nicht gekommen und
hatte sie auch nicht mit Benny gesehen.
Machte
gar nichts. Sie wollte sich schließlich amüsieren.
Diese
Combo war gar nicht so übel. Die Typen spielten natürlich nichts richtig
Fetziges, aber die Sachen, die sie spielten waren gut, gehaltvoll und
romantisch. Schade, dass Max nicht da war.
Andromeda
tanzte hingegeben mit ihrem Schulkameraden Benny. Nur blöd, dass es keiner sah.
Vor allem Max nicht sah.
Alle
anderen schienen sich prächtig zu amüsieren, wie es Andromeda schien. Außer
Spike vielleicht. Der schien sich zu langweilen. Im Gegensatz zu Buffy, die
sich nicht zu langweilen schien. Buffy sah hinreißend aus in ihrem
enganliegenden japanischen Kleid, das so hoch geschlitzt war, dass man fast
ihre Taille sehen konnte. Und sie hatte eine Frisur wie Seven of Nine. Sehr
damenhaft, aber sie absolut nicht älter machend, und die Männer schienen diese
damenhafte Frisur zu lieben. Oder doch mehr das Kleid?
Auch
Spike konnte sich kaum von Buffys Anblick losreißen oder vielmehr von ihrem
Kleid und den Einblicken, die das Kleid in Buffy gewährte. Die langen Ferien
hatten ihr gut getan, jedenfalls rein körperlich. Sie war braungebrannt wie
eine Haselnuss, ihr Haar mit dieser seltenen Hochsteckfrisur hatte
ausgebleichte Strähnchen, und das war nur auf die Sonneneinwirkung
zurückzuführen, wie Spike wusste und nicht das Produkt einer Frisörsitzung, ihr
Gesicht war rund und kindlich wie in früheren Jahren, und ihre Figur –
zumindest das was man davon sah, und das war fast alles – war straff. Und geil
eben.
„Kommt
vom Reiten“, dachte Spike. „Und vom Essen.“ Ihm war ein wenig langweilig
zumute. Er vermisste Max. Wo steckte der Kerl nur? Andromeda sah auch nicht
besonders glücklich aus. Sie machte wohl gerade den Sohn von diesem
Metzgermeister an, diesem Verehrer von Buffy... Wo steckte Buffy gerade? Spike
ließ seine Blicke schweifen. Er entdeckte sie vor dem Podest, auf dem die Combo
gerade nicht spielte. Sie hatte ein Sektglas in der Hand, und sie hatte diesen
flirtenden betörenden Ausdruck im Gesicht, den er so an ihr hasste. Wem galt
denn nun dieser Gesichtsausdruck? Archie oder Dennis? Dann erblickte Spike noch
einen dritten Mann, nämlich den Dorfpapagalli Herbert Fruits, kurz Onkel Herbie
genannt, aha, auch der scharwenzelte um Buffy herum. Was trug sie da übrigens
für eine Halskette? Die kannte er nicht.
Spike
ließ sich ein weiteres Glas Bier servieren. Heute gab es sogar richtige
Kellner, so richtige Pinguine im Frack. Fred Wiggam hatte seinen Job als
Barkeeper verloren und stand auch sonst ziemlich verloren im Saal herum,
während seine Frau sich gerade Onkel Herbie geschnappt und an die Bar gezerrt
hatte.
Meine
Güte, musste Buffy immer so hemmungslos flirten?
Spike
sah Zirza auf sich zukommen. Auch sie sah nicht übel aus. Sie trug ein
korallenrotes Kleid aus solch einem dünnen anschmiegsamen Stoff, dass es mehr
enthüllte als es verbarg. Und der Körper, der durch dieses Kleid enthüllt
wurde, tja, der war wirklich sensationell. Irgendwie erinnerte Zirzas Körper
ihn an Drusillas Körper. Denn der war auch sensationell gewesen.
„Sie
amüsiert sich gut“, sagte Zirza. Es klang irgendwie säuerlich. Spike wusste
natürlich sofort, wen sie meinte. Hatte Zirza etwa Probleme mit Archie? Der
kümmerte sich wirklich aufopfernd um Buffy, wie Spike fand.
„Archie
hat ihr ein Collier von Kassiopeia ausgeliehen... Oder geschenkt.“
„Er hat
was?“ Spike war nun wirklich fassungslos. Was Archie sich da leistete, war ja
wirklich... Ein Collier als Geschenk für Buffy, das war ein Hammer!
„Siehst
du es? Es ist wunderschön und kostbar. Mir hat er es damals verweigert. Aber es
hat vielleicht gar nichts zu bedeuten.“ Zirza blies ihm leicht den Rauch ihrer
Zigarette ins Gesicht, und Spike wandte sich automatisch ab, weil er den Rauch
nicht einatmen wollte.
„Hmmm“,
Spike überlegte angestrengt, ob es wirklich nichts zu bedeuten hatte. Buffy
könnte in der Tat so naiv sein und solch ein Geschenk – Spike hoffte
allerdings, es wäre eine Leihgabe – ohne weiteres annehmen, ohne seinen Wert zu
kennen. Sie waren wertvoll, die Klunker, sie sahen sogar von weitem auffallend
wertvoll aus.
In
Wirklichkeit waren die Klunker nicht so wertvoll, wie sie aussahen, das
Halsband war nur eine perfekte Imitation, aber eine solch perfekte Imitation,
dass nur ein Juwelier mit einer Lupe es als Fälschung entlarvt hätte. Aber das
wusste Spike natürlich nicht.
Was
Spike auch nicht wusste, war, dass Zirza Buffy dieses Schmuckstück selber
geschenkt hatte und dass Archie damit überhaupt nichts zu tun hatte. Spike
sollte nur ein wenig zermürbt werden durch diese kleine Lüge, denn Zirza hatte
in dieser Nacht noch einiges vor.
„Hast du
Lust zu tanzen? Oh, sie spielen ja gar nicht. Vielleicht später?“ fragte Zirza
ihn.
Und da
roch er wieder diesen Geruch an ihr. Und alles, was er eventuell begehrenswert
an ihr gefunden hatte, verflüchtigte sich sofort. Sie mochte noch so sehr
Drusilla ähnlich sehen, der Geruch zerstörte alle Illusionen, Drusilla war ein
abscheulicher Vampir – und außerdem fielen ihm automatisch Max’ Worte ein: Halt
dich fern von ihr.
„Ja,
vielleicht später“, sagte er vage, vermied es, näher in Berührung mit ihr zu
kommen und rückte ein Stück von ihr weg.
Zirza
war nicht blöde. Sie verstand und verschwand. Dieser Mann war einfach nicht zu
packen, aber sie würde sich schon an ihm rächen. Im Verlauf dieser Nacht. Und
an dieser Buffy-Schnepfe, die gerade Archie, Dennis und Onkel Herbie
bezauberte, ja, auch an der würde sie sich rächen. Nein, rächen war vielleicht
der falsche Ausdruck. Sie würde ihr ganz schön was zu knacken geben. Und
vielleicht sollte sie sich mal bei der Firma erkundigen, ob sie damals von
Spike eine Spermaprobe genommen hatten. Vielleicht würde sie ja auf Umwegen an
ihn herankommen und... Zirza erschauderte vor Vergnügen. Eine Vaterschaftsklage
wäre ziemlich amüsant, wenn der ‚Vater’ niemals Sex mit der ‚Mutter’ gehabt
hatte. Vielleicht war es ja möglich. Sie hatte längst noch nicht alle Möglichkeiten
ausgeschöpft.
Wo war
eigentlich Max? Sie hatte sich solch eine Mühe gegeben, Andromeda für ihn
herzurichten, in diesem Gewand, in dem Andromeda aussah wie Schneewittchen –
Zirza lächelte in sich hinein – in dem Andromeda so begehrenswert aussah wie
noch nie zuvor, in diesem Gewand, das Max deutlich klarmachen musste, dass er
sie nie besitzen würde. Obwohl, Zirza dachte es ärgerlich, Max war
unberechenbar, sie konnte ihn nicht einschätzen. Sie hatten sich gegenseitig in
Ruhe gelassen seit vielen Jahren, aber sie traute ihm nicht. Er hatte
vielleicht einen Verdacht, aber er konnte ihr nichts beweisen. Egal. Außerdem
ärgerte sie sich, weil Spike ihren Zigarettenqualm nicht eingeatmet hatte,
dieser Mann war nicht zu packen – es hätte die Sache vereinfacht, aber es würde
auch so gehen.
Zirza
lächelte wieder. Es war ein gemeines und heimtückisches Lächeln.
Nachdem
Zirza weg war, beobachtete Spike nun Andromeda. Das Mädchen sah wirklich
bezaubernd aus . Dieses Kleid erinnerte ihn an Schneewittchen, besser gesagt an
die Disney-Variante des Schneewittchen-Themas. Dieses schwarze herzförmige
Oberteil und dieser tulpenförmige Rock. Und dazu, ziemlich untypisch, zumindest
für Schneewittchen, trug sie diese Frisur, dieses geflochtene Haar, das Spike
sofort an jemanden erinnerte.
Er war
damals ein Frischling von einem Vampir gewesen, gerade mal ein Jahr alt.
Angelus hatte es sich in den Kopf gesetzt, nach Irland überzusetzen – er wollte
feststellen, ob es noch Verwandte von ihm gab und sie gegebenenfalls um die
Ecke bringen – und dort hatte Spike die Kaiserin gesehen. 1881 in Irland. Sie
war die beste Reiterin der Welt und die schönste Frau der Welt. Sie ritt so
göttlich, dass sie ihrem Vorreiter, wie das damals genannt wurde, einem
gewissen Bay Middleton (oh ja, Spike hatte sich gut informiert!), davon ritt
über die höchsten Hindernisse, ohne zu stürzen. Und das im Damensattel! Ohne
direkten Kontakt zu den Schenkeln des Pferdes, Ohne die Möglichkeit, sich an
dem Pferd festzuklammern, nur aus reinem Gefühl zum Rhythmus des Pferdes.
Spike
bewunderte sie. Sie war damals schon über vierzig Jahre alt gewesen, für diese
Epoche eine Matrone und Großmutter, aber sie war schön. Und Spike hätte sie
liebend gerne gebissen. Aber Angelus hatte es natürlich verhindert. Angelus,
der immer auf Nummer sicher ging, Angelus, der Feigling, der Sadist, der
Feigling... mehr fiel Spike dazu nicht ein. Jedenfalls hatte Angelus ihn daran
gehindert, die Kaiserin zu töten, nein mehr als nur zu töten, er hätte sie zum
Vampir gemacht, zu seinem ersten Childe... Blöderweise hatte auch Drusilla ihn
daran gehindert, die Kaiserin zu beißen. Wäre zu gefährlich, die vielen
Geheimpolizisten... blahblahblah und so weiter... Drusilla, die ihn nie so
geliebt hatte wie Angelus, die ihn aber auch keiner anderen Frau/Vampirin
gönnen wollte. Und vor allem nicht der Kaiserin. Sie waren eben alle Feiglinge,
Angelus, Darla und sogar seine Exprinzessin Drusilla, im nachhinein gesehen.
Und
jetzt starrte er auf Andromeda, die nicht nur Lilah ähnlich sah, sondern auch
der legendären Kaiserin von Österreich/Ungarn, und diese Andromeda vergnügte
sich gerade mit einem Schuljungen.
Wo zum
Teufel war Max?
Die
Combo fing wieder an zu spielen. Und Spike bemerkte überrascht, dass sie einen
Geiger dabei hatten. Einen Stéphane Grappelli, der vielleicht Django Reinhardt
kannte, jedenfalls war er ein Geiger, und wenn er, Spike, besoffen genug wäre,
vielleicht im Laufe dieses elenden Balles, würde er den Geiger einfach mal
fragen, ob er Django Reinhardt kannte.
Aus den
Augenwinkeln bemerkte Spike, wie Andromeda mit ihrem Schulkameraden Benny die
große Treppe empor ging, nicht ohne dass sie noch einen letzten Blick auf die
Eingangstür geworfen hatte. Einen verzweifelten Blick sozusagen.
Ach
Andy, was machst du, dachte Spike und klammerte sich an seinem Bierglas fest.
Er
entschloss sich, nach den Kindern zu sehen. Sie hatten zwar das Babyphon, und
die Tanten wollten auch öfter mal nach ihnen sehen, aber sicher war sicher.
Er stieg
langsam die Treppe hoch, er hatte keine Eile, wieder zurück zum Ball zu gehen.
In der
Wohnung war alles klar. Sie schliefen beide, und sie waren so... nein süß würde
er nicht sagen, das war reiner Frauenquatsch, sie waren bezaubernd, nein, auch
das war reiner Frauenquatsch, sie waren ... eben seine Welt.
Und
Gwydion würde Lilahs dunkles Haar bekommen. Er würde blendend aussehen mit
seiner Größe, seinen blauen Augen und seinem dunklen Haar. Spike wusste es.
„Schlafen
sie?“ Buffy war kurz nach ihm in die Wohnung gekommen.
„Warum
bist du hier?“ Spike schaute sie fragend an. „Ist es nicht amüsant genug für
dich unten?“
„Nicht
wirklich“, sagte Buffy und saugte sich an dem Blick aus seinen Augen fest.
Und
Spikes Blick saugte sich an ihrem runden Gesicht fest.
Spike?“
„Was ist
denn?“
„Wirst
du heute mit mir tanzen?“
„Ich
kann nicht besonders gut tanzen. Du solltest dich an Archie halten... Oder an
Dennis. Die sind bestimmt besser in Übung.“ Spike starrte fasziniert auf den
großen grünen Stein in der Mitte ihres Halsbandes, der mit Sicherheit ein
Smaragd war. „Du hast da ein schönes Halsband.“
„Es ist
ein Geschenk.“ Es ist ein besonderes Geschenk, dachte Buffy, es wird mir
helfen, deine Liebe zurückzugewinnen. Es ist ein magisches Halsband. Es war
natürlich nicht echt. Sie hielt es für nicht ganz billigen, aber wirklich
geschmackvollen Modeschmuck. Und sie hatte Zirza versprochen, nicht zu
erzählen, von wem dieser magische Schmuck kam.
„Schön
für dich“, sagte Spike lakonisch.
„Die
Kinder sind sicher, Spike“, sagte Buffy. Und als Spike keinerlei Anstalten
machte, sie eventuell in den Arm zu nehmen oder sie sogar eventuell zu küssen,
warf sie ihm eine Kusshand zu und ging wieder aus der Wohnung heraus. Spike sah
ihr einen Augenblick nachdenklich hinterher. Sie war wirklich geil, er verstand
total, warum Archie, Dennis und sogar dieser Idiot von Onkel Herbie hinter ihr
her waren.
Wenn er
sich nur sicher wäre, dass... Aber das mit dem Collier, also wirklich, was
dachte sie sich dabei?
Spike
verscheuchte diesen Gedanken und ging auch wieder hinunter in den Ballsaal, wo er
als erstes Max sah, der sich suchend umschaute.
„Bisschen
spät, alter Junge“, meinte Spike spöttisch zu ihm
„Wieso?“
Max schien beunruhigt zu sein.
„Dein
Mädchen war stinksauer und hat sich mit so ’nem Bübchen nach oben hin
verzogen.“ Spike bereute sofort, das gesagt zu haben, denn Max’ Gesicht wurde
daraufhin merklich blasser.
„Mist!“
zischte Max. „Würdest du mich entschuldigen?“ Das war wohl keine Frage, denn er
wartete Spikes Antwort nicht ab, sondern ging schnurstracks die gewundene
Treppe hoch, um, wie Spike dachte, Andromeda den Hintern zu versohlen. Ein sehr
netter und ein sehr faszinierender Gedanke...
Dann
wandten sich seine Gedanken wieder Buffy zu. Sie waren getrennt zum Ball
hinuntergegangen, Spike hatte auf sie gewartet, aber dann die Geduld verloren.
Sie steckte natürlich bei Zirza und ließ sich von der zurechtmachen und
herrichten. Das Ergebnis war allerdings überwältigend. Dieses weiche
Seidenkleid mit den zarten schwarzen Ornamenten darauf stand ihr wirklich
hervorragend. Spike fühlte einen gewissen Stolz darauf, dass er derjenige
gewesen war, der dieses Kleid für sie ausgesucht hatte. Um sie auszustaffieren
für diese drei geilen Spechte Archibald, Dennis und Onkel Herbie. Spike musste
unwillkürlich lächeln, als ihm bewusst wurde, dass er eifersüchtig war. Er
wandte bewusst seinen Blick von Buffy ab und schaute sich stattdessen das
Landvolk an, das gekommen war, um den Ausklang des Sommers zu feiern. Es waren
vielleicht siebzig Leute da, die an den aufgestellten Tischen aßen und tranken,
die auf der Terrasse und im Park lustwandelten und die zu den Klängen der
angeheuerten Combo tanzten. Archie hatte ihm schon diverse entfernte Verwandte
vorgestellt. Aber keiner sah interessant genug aus, um Spikes Aufmerksamkeit in
irgendeiner Art und Weise zu wecken.
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Andromeda
hatte es sich mit Benny gemütlich gemacht. Sie lagen beide bäuchlings und eng
nebeneinander auf ihrem breiten Bett, und sie zeigte ihm ein Photoalbum. Ihre
Hüften berührten sich, weil Andromeda es so wollte, obwohl ihr ziemlich mies
dabei zumute war.
Vielleicht
mochte Max nur erfahrene Frauen und fühlte sich von Jungfrauen, die vielleicht
viel zu kompliziert waren, abgestoßen. Das war überhaupt kein Problem. sie
konnte sich schon die Erfahrung besorgen, und sie konnte Max klarmachen, dass
andere Männer, ...äääh Jungen sie sehr begehrenswert fanden und nicht solche
Hemmungen wie er hatten, mit ihr zu schlafen.
Max
stand im Zimmer ohne vorher angeklopft zu haben, und seine grauen Augen, die
normalerweise so ruhig aussahen wie ein Bergsee in den Rocky Mountains,
veränderten sich urplötzlich.
Andromeda
hatte diesen Ausdruck bis jetzt nur ein einziges Mal gesehen und zwar, als er
einen Stallburschen hinausgeworfen hatte, der ein Pferd misshandelt hatte.
Damals hatten seine grauen Augen auf einmal so stürmisch ausgesehen wie ein
aufgewühlter Ozean unter einem sonnenlosen Himmel.
Seltsam,
Max so zu sehen. Max war eigentlich immer beherrscht, er schien das Gegenteil
von der temperamentvollen Andy zu sein, ihr Gegenpol, aber niemand wusste, dass
auch in Max Leidenschaften schwelten, die er aber im Zaum hielt, Zumindest im
Zaum hielt, seit er fünfzehn war.
Benny
sah diesen grauen aufgewühlten Blick und machte sich unauffällig davon.
„Auch
schon da?“ sagte Andromeda gelassen. Obwohl sie spürte, das Max ziemlich in
Rage war, hatte sie keine Angst vor ihm. Es war Max, und er würde ihr nie etwas
antun.
„Was zum
Teufel treibst du da eigentlich?!“ Max Stimme klang erregt. Und er hasste sich
dafür. Warum verriet er seine Gefühle? Blöde Frage. Sie brachte ihn
durcheinander. Sie hatte ihn total im Griff.
Das
schien auch Andromeda zu spüren, und sie umarmte ihn und sah ihm ins Gesicht.
In diese grauen Augen, die sie so liebte und die jetzt so stürmisch wie der
graue Atlantik aussahen.
„Ich war
nur sauer auch dich.“
„Musst
du immer gleich, wenn du sauer auf mich bist, mit einem anderen ins Bett
gehen?“
„Nicht
ins Bett. Nur aufs Bett. Und es ist nichts passiert.“ Andromedas Stimme klang
beschwichtigend, sie wusste nur nicht, ob sie es schaffen würde, ihn zu
beschwichtigen. Sie hatte ihn noch nie so erlebt, so aufgebracht und so zornig
und alles nur wegen ihr.
Er
musste sie lieben. Natürlich. Das war es!
„Ich
könnte es nicht ertragen“, sagte Max leise und bereute im gleichen Augenblick
diese Worte. Das war ein Eingeständnis seiner Liebe zu ihr, sie könnte sich
aufgrund dieser Worte ein Zusammenleben mit ihm vorstellen, und das war nach
seinem Drei-Tage-Trip nach Seattle wahrscheinlich unmöglich. Er hatte Sachen
erfahren, die alles in Campodia auf den Kopf stellen würden, und es lag nur an
ihm, sie aufzudecken. Und dann würde er selber mit untergehen.
„Ich
könnte es nicht ertragen, obwohl ich kein Recht auf dich habe“, fügte er bitter
hinzu.
„Du hast
alles Recht der Welt auf mich“, sagte Andy mit leiser Stimme.
Er
schaute sie an, sah ihr Kleid und plötzlich durch fuhr es ihn: Schneewittchen.
Wie sinnig, wie hinterhältig. Wahrscheinlich hatte Zirza ihr das Kleid aus San
Francisco mitgebracht, dieses hinterhältige Monstrum von Zirza.
Andy sah
wunderschön aus in diesem Kleid, und diese Kaiserinnenfrisur machte sie zwei
Jahre älter. Max fiel ein, dass sie in drei Wochen sechzehn wurde. Vielleicht
war er dann schon nicht mehr in Campodia. Vielleicht...
Es wäre
besser, wenn sie ihn hassen würde. Aber er konnte ihr einfach nicht
widerstehen.
Sie
küssten sich lange, bevor sie Hand in Hand die Treppe hinuntergingen und sich
dort ohne zu überlegen auf die Tanzfläche begaben, um dort eng umschlungen zu
tanzen.
Archibald
von Campe sah seine Tochter und Max zusammen tanzen. Und er lächelte erfreut.
Na
endlich! Die beiden passten so gut zusammen. Nun denn, Andy war noch sehr jung,
aber Max schien der Richtige für sie zu sein. Er war der einzige, von dem seine
ungestüme Tochter sich etwas sagen ließ und vor dem sie Respekt hatte. Max
würde ihr Temperament in die richtigen Bahnen lenken.
Archibalds
Träume gingen bald noch weiter, und er sah Campodia mit liebreizenden Enkeln
bevölkert. Max als sein Schwiegersohn könnte das Gut übernehmen und weiterführen.
Wer von den jungen Leuten, die Andy sonst noch kannte, wollte heutzutage noch
auf dem Lande leben... Archibald hatte früher schon daran gedacht, Max zu
adoptieren, damit Max mit dem Namen ‚von Campe‘ das Gut in der Zukunft führen
konnte – er hatte sogar schon mit Max darüber gesprochen, aber der hatte ihn
ausgelacht und es strikt abgelehnt, sich von Archie adoptieren zu lassen. Max
war eben so stur wie ein Maulesel...
Aber so
wäre es fast noch besser, denn Max könnte Andromedas Namen annehmen, wenn sie
heirateten... Archibald wunderte sich immer noch darüber, dass er in all den
Jahren kein Kind mehr gezeugt hatte, obwohl er doch häufig mit Frauen
geschlafen hatte, aber seit Zirzas katastrophaler Fehlgeburt war in dieser
Beziehung nichts mehr gelaufen. Was Archibald nicht wusste, war, dass Zirza
immer dafür gesorgt hatte, dass er unfruchtbar blieb, denn wenn sie schon kein
Kind von ihm empfangen konnte, dann sollte es auch keine andere Frau.
Allerdings
sah Max nicht gerade glücklich aus, wie Archibald fand. Er musste sich den
Jungen – Archie nannte Max immer noch den Jungen – mal zur Brust nehmen.
Spike
saß wieder an der Theke und ließ seine Blicke schweifen. Buffy war gerade auf
die Terrasse hinausgegangen. Und zwar mit diesem Metzgermeister Dennis. Spike
überlegte, ob er ihnen nachgehen und dem Metzgermeister mal so richtig was aufs
Maul hauen sollte. Aber der arme Kerl konnte schließlich nichts dafür, dass er
in Buffy verliebt war. Und Buffy konnte er schlecht was aufs Maul hauen.
Vielleicht sollte er sie über seine Schulter werfen, mit ihr die Treppe hoch in
sein Zimmer gehen, sie aufs Bett werfen und sie dann von diesem japanischen
Kleid befreien, obwohl, das brauchte er ihr gar nicht ausziehen, man kam auch
so gut an alles ran, bis auf die Brüste.
Spike
schüttelte den Kopf. Was für Gedanken!
Auch
Archibald sah diese wunderschöne kleine Frau Buffy mit seinem Freund Dennis auf
der Terrasse stehen, Archie vergaß seine Tochter und seinen Ziehsohn Max, ging
hinaus zu Buffy, forderte sie zum Tanz auf und entführte sie seinem Freund.
Spike
sah Zirza wieder auf sich zukommen. Die Frau hatte wohl Langeweile. Ach ja, sie
fühlte sich wohl vernachlässigt von Archie, der gerade, wie Spike aus den
Augenwinkeln mitbekommen hatte, mit Buffy tanzte. Wo hatte Buffy eigentlich
gelernt, so zu tanzen? Im Bronze vielleicht? Spontan fiel ihm sein erstes
Zusammentreffen mit der Jägerin ein, als sie im Bronze getanzt hatte. Es hatte
ziemlich unbeholfen ausgesehen, und dennoch war er fasziniert von ihr
gewesen...
Wieder
hatte Zirza eine Zigarette in den Mundwinkeln. „Er hat es ihr gut beigebracht,
nicht wahr?“
„Was
meinst du?“ fragte Spike unwillig.
„Das
Tanzen natürlich. Sie haben in der Bibliothek geübt“, sagte Zirza melancholisch
lächelnd. „Sie hatten ja viel Zeit dazu...“ Ein unausgesprochener Vorwurf
schien in ihren Worten mitzuschwingen, und zwar der Vorwurf: Warum hast DU dich
nicht mehr um sie gekümmert!
Spike
fühlte sich automatisch angegriffen – obwohl, woher zum Teufel sollte sie
wissen, dass er und Buffy verheiratet waren?
„Ja, ich
finde, sie tanzt sehr gut“, sagte er mit ruhiger Stimme, obwohl er innerlich
mit den Zähnen knirschte, aber das braucht Zirza schließlich nicht zu wissen.
Zirza
durchschaute ihn, war höchst befriedigt und hielt es für angebracht, das Thema
zu wechseln, um ihn noch ein bisschen mehr zu verwirren. Es war ja so einfach!
„Sag mal
Bill, was hältst du denn so von deiner Vergangenheit?“
„Von
meiner... äääh was?“ Spike war verblüfft. Wie zum Henker konnte sie von seiner
Vergangenheit als Vampir wissen?
„Buffy
hat uns ja einiges davon erzählt“, sagte Zirza vielsagend und blies ihm wieder
leicht den Zigarettenqualm um die Ohren.
„Könntest
du etwas präziser werden?“ Was zum Geier sollte das? Spike war nun tatsächlich
ziemlich verwirrt und auch beunruhigt.
„Nun,
ich meine deine römische Zeit. Als du noch ein römischer Feldherr warst.“
„Ach
dieser Mist! Oh Gott! „ Spike atmete erleichtert auf, denn Zirza meinte nicht
seine Vergangenheit als Vampir, sondern diesen Reinkarnationsquatsch.
„Sie war
deine Frau“, erzählte Zirza weiter.
„Ja, ich
weiß. Nein, Quatsch, ich weiß gar nichts! Ich glaube nämlich nicht an die
Wiedergeburt. Ist doch alles Blödsinn.“
„Jedenfalls
hat Buffy ein paar nette Details ausgeplaudert, als sie unter Hypnose stand.“
Wieder blies Zirza ihm den Qualm ins Gesicht.
„Was
denn zum Beispiel?“ Spike versuchte, nicht allzu neugierig zu erscheinen und
gleichzeitig die Luft anzuhalten, um Zirzas Qualm nicht einatmen zu müssen.
„Dass du
immer auf den Kaiser eifersüchtig warst“, sagte Zirza verträumt und mächtig
stolz auf sich und ihren Erfindungsreichtum.
„Das ist
doch alles Unsinn!“
„Sie
kannte sogar deinen wahren Namen. Willst du ihn nicht wissen?“ Zirza machte ein
Gesicht wie eine Katze, die ein gebackenes Hähnchen vor sich sieht.
„Dann
sag ihn mir doch, meinen wahren Namen“, sagte Spike höhnisch und mit Betonung
auf ‚wahren Namen’ und führte sich dabei unwillkürlich auf wie Rumpelstilzchen.
„Dein
wahrer Name? Er klang so ähnlich wie Mikus oder Ficus...“, Zirza machte eine
kunstvolle inhaltsschwere Pause, denn Spikes Gesicht sah so erwartungsvoll aus,
dass sie die Spannung ein wenig verlängern wollte.
„Nein,
das stimmt ja gar nicht. Es war... Spikus.“
„Häääh?!“
sagte Spike verblüfft.
„Treffer?“
fragte Zirza triumphierend.
„Spikus!
Wer zum Teufel heißt denn Spikus?“ sagte Spike verächtlich und war gleichzeitig
schwer verblüfft, was er aber dieser Zirza-Schnalle auf keinen Fall zeigen
würde.
„Oh, es
geht noch weiter“, Zirzas Stimme war weich wie Seide. „Dein voller Name war
Spikus Britannicus Pendragus. Ein sehr schöner Name, wie ich finde.“
Eine
kleine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen.
„Ich
finde ihn ziemlich Scheiße“, sagte Spike dann verbittert und zermarterte sich
das Gehirn, woher seine Schwägerin seinen ursprünglichen Namen, nun ja, diese
lateinisch abgewandelte Form seines ursprünglichen Namens wohl kannte. Und
woher Buffy ihn wohl kannte. Denn seines Wissens hatte er nie den Namen Pendrag
vor ihr erwähnt. Was zur Hölle ging hier vor? Es konnte einfach nicht sein! Es
sei denn, diese Sache mit der Reinkarnation hatte einen Kern von Wahrheit. Er
glaubte eigentlich schon halb daran, und das war bei einen Skeptiker wie Spike
doch ziemlich überraschend.
„Ich
finde den Namen interessant“, sagte Zirza, sie lächelte aufreizend und blies
ihm wieder etwas Zigarettenqualm ins Gesicht.
Dann
entfernte sie sich langsam, und Spike sah ihr ärgerlich hinterher.
Spike
wusste natürlich nicht, dass die chemische Substanz, die Zirza ihm eben
inklusive Nikotin und Teer ins Gesicht geblasen hatte, ihn dazu brachte, alles
zu glauben, was man ihm so erzählte. Er hatte das mit dem Collier geschluckt,
das Archie angeblich Buffy geschenkt hatte, er hatte das mit dem Tanzunterricht
geschluckt (das war dummerweise wirklich wahr), und er hatte das mit der
Reinkarnation geschluckt, weil es die einzig logische Erklärung war.
Denn
woher sonst sollte Buffy seinen wahren Namen kennen?
Zirza
selbst hatte natürlich vor dem Ball ein Gegenmittel geschluckt, denn sonst
hätte die Substanz, die sie Spike ins Gesicht geblasen hatte, auch auf sie
selber eingewirkt, und sie hätte dann jeden Blödsinn geglaubt, den man ihr
eventuell erzählt hätte.
Und
außerdem wusste sie mit Sicherheit, dass Spike Buffy nicht auf das Halsband
ansprechen würde, dafür war das Verhältnis dieser ‚Eheleute’ viel zu
kompliziert, und Spike würde auch Archie nicht darauf ansprechen, denn dann
müsste er mit der Wahrheit über sein angebliches Kindermädchen herausrücken.
Der gute Spike hatte sich selber in eine ziemlich beschissene Situation
hineinmanövriert. Zirza lächelte heimtückisch.
Und was
sie bei Spike mit ihren Manipulationen erreicht hatte, genügte Zirza fürs
erste. Zirza hatte nämlich Zugriff auf sämtliche Daten von W&H, unter
anderem auch auf die Protokolle der Beeinflussungen, die man nach seiner Wiedererweckung
auf Spikes Gehirn genommen hatte.
Was war
damals in Sunnydale mit Spike passiert? Er hatte Buffy so geliebt, dass er sich
ihr und ihren Bedürfnissen total untergeordnet hatte, bis hin zum Weltretten,
indem er sich selber opferte. Tatsächlich! Nun ja, sie hatten ihm die Liebe zur
Jägerin durch Flüsterpropaganda ausgetrieben, während er in der Krankenstation
von W&H lag. Er hatte dort drei Monate zugebracht, eine lange Zeit war das,
um ihm während seiner Bewusstlosigkeit alles mögliche seelisch einzutrichtern.
Sie hatten drei Monate Zeit, um Spike zu konditionieren, sie hatten ihm Bänder
vorgespielt, Tag und Nacht, in denen die Jägerin nicht gut wegkam. Die Bänder
flüsterten von Demütigungen, Beschimpfungen und Prügeln, die er von ihr
einstecken musste und denen er aufgrund seiner Liebe zu ihr hilflos ausgesetzt
war. Und den Rest, denn die Spione konnten damals in Sunnydale nicht alle
schmutzigen Details in Erfahrung bringen, hatte Spike sich selber
eingeflüstert. Deswegen war er so verbittert und leugnete strikt irgendwelche
Gefühle für die Jägerin und Gefühle der Jägerin für ihn.
Nein,
leugnen war das falsche Wort. Er glaubte es!
Und er
hatte – das war Zirzas Überzeugung – recht damit. Dieser Mann war viel zu
schade für dieses dämliche Luder von Jägerin.
Aber
warum hatte er dann dieser undankbaren Schnepfe wieder geholfen, als sie im
Knast saß, dachte sie und schüttelte ärgerlich den Kopf. Kaum hatte er davon
erfahren, da war er auch schon unterwegs, um sie zu retten. Seltsam, seltsam.
Kurzform:
Sie hatten an seinen Verstand und seine Vernunft appelliert und seine Gefühle
in den Hintergrund treten lassen. Sie waren vermutlich noch da, seine Gefühle
für die Jägerin, tief vergraben im Unterbewusstsein. Wie konnten diese Gefühle
wieder hervorkommen aus dem hintersten Winkel seines Bewusst- oder
Unbewusstseins?
Möglicherweise,
wenn er länger mit der Jägerin zusammen war.
Und
gerade das musste Zirza verhindern. Das war ihre Aufgabe.
Und sie
hatte alle Mittel dazu. W&H hatten ihr ein gerade erst entwickeltes Spiel
zur Verfügung gestellt, ein Spiel der Simulation und Manipulation, und sie
sollte es an Spike und an Buffy ausprobieren. Und später konnte sie es selber
benutzen, um Spielhallen damit auszurüsten. Um willigen Kunden ein anderes
besseres (oder schlechteres – was immer sie wollten) Leben vorzugaukeln. Zirza
war so geldgierig, dass sie alles nehmen würde, sie hatte von Archie Geld
genommen, um in San Francisco eine Boutique eröffnen zu können, und sie hatte
Erfolg damit gehabt. Und genauso würde sie jetzt das Spiel von W&H nehmen,
um weiteren Erfolg zu haben. Und sie hatte nicht nur das Spiel, sondern auch
einige interessante chemische Substanzen, die vor allem an Buffy zum Einsatz
kommen sollten.
Zirza
freute sich schon sehr auf die Inszenierung, die in dieser Nacht stattfinden
sollte. Sie war in Gefühlsdingen eine Künstlerin, sie war zwar nicht sehr
menschlich, aber sie durchschaute alle menschlichen Regungen und Wünsche....
und spielte mit ihnen.
Sie
hatte sich Zeit genug gelassen, um ein eventuelles Misstrauen des Paares
einzuschläfern. Sie hatte sich aus der Ferne nach ihnen erkundigt und
festgestellt, sie waren so an diesen Ort gefesselt, dass sie ihn so schnell
nicht wieder verlassen würden. Sie waren dem Zauber von Campodia verfallen, obwohl
Zirza nicht genau wusste, woraus dieser Zauber bestand, denn sie war gegen den
Charme dieses Ortes unempfindlich aufgrund ihrer wahren Natur.
Und
heute Nacht würde sie spielen. Oh jaaa!
Und wenn
sie Bill Castaway, alias William Gwydion Pendrag und seine Gattin entzweit
hatte, dann konnte sie sich endlich ihrer Stieftochter zuwenden und auch diese
erledigen.
Bei
diesem zähen Luder musste man mit härteren Bandagen arbeiten als normalerweise.
Die
Attacke im Winter, als Zirza das mit einem netten Mittelchen aufgeputschte
Pferd aus seiner Box entkommen ließ, hatte Andromeda ohne weiteres überstanden.
Eine Jägerin war sie also, eine Jägerin wie Buffy, das hatte sie von der Firma
erfahren. Endlich hatte sich die Installation der Abhöranlage ausgezahlt, die damals
bei der Renovierung des Herrenhauses vorgenommen wurde. Zirza selber hatte beim
Umbau zum Hotel Regie geführt. Das Luder war also eine Jägerin, und deswegen
war sie so zäh und absolut nicht kaputtzukriegen. Mit der Zeit kam eben alles
heraus.
Zirza hinterließ
einen ziemlich verwirrten Spike.
Einen
Spike, der seine Frau mit einem Collier sah, das ein anderer Mann ihr geschenkt
hatte, einen Spike, der seine Frau mit diesem Mann tanzen sah, der ihr auch das
Tanzen beigebracht hatte... Jedenfalls fühlte Spike sich reichlich verwirrt und
sauer. Gerade hatte er Vertrauen zu ihr gefasst, und dann kam das. Es war ein
harter Rückschlag, und er fragte sich ärgerlich, was er sich eigentlich so
gedacht hatte.
Es war
immer noch das gleiche wie früher!
Und er
beschloss, sich nicht erst zu besaufen, sie war es nicht wert, dass er seine
Leber kaputt soff, sondern ein bisschen Spaß zu haben, und er verließ die Bar
und näherte sich dem Podest, auf dem die Kapelle spielte. Nein sie spielte
gerade nicht, sondern machte eine Pause, und Spike unterhielt sich ein bisschen
mit dem Geiger, einem zigeunerartig aussehenden Mann im Alter von vielleicht
fünfunddreißig Jahren.
Unterhielt
sich so intensiv mit dem Geiger, denn einen Geiger findet man sehr selten im
Leben, dass er nach diesem langen Gespräch mit dem Geiger Max suchte, ihn auf
der Terrasse mit Andromeda knutschend vorfand, auf ihn einredete, was Andromeda
schwer verärgerte, denn es war gerade so romantisch mit Max, es war schon
dunkel, und es war ein magischer Augenblick für eine Liebeserklärung, und dann
kam Spike, um alles zu vermasseln und um Max zu entführen. Wohin zu entführen?
Was
heckten die beiden aus?
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
Die
Klänge ließen alle aufhorchen, zumindest alle, deren Gehirn noch nicht total
vom Bier und vom Champagner abgestumpft war.
Es waren
Klänge, die sich spröde anhörten, es war ein Rhythmus, der ungewöhnlich war. Es
waren Instrumente, die in dieser Zusammenstellung total ungewöhnlich waren.
Und es
klang wie Musik aus einer vergangenen Zeit.
Es klang
aber auch total neu.
Und vor
allem klang es total unamerikanisch.
Buffy
hörte es als erste. Sie kannte diese versetzten kleinen seltsamen Stücke, die
sich anhörten, als wären sie aus dem ursprünglichen Zusammenhang
herausgerissen. Das waren die Stücke, die Spike immer geübt hatte, die er bis
zum Erbrechen geübt hatte.
Und die
sie heute Nacht zum erstenmal im Zusammenhang hörte.
Und es
war wundervoll.
Sie
bahnte sich den Weg zu dem Podest, auf dem Spike mit den anderen spielte und
hörte nur noch diese Musik, die teilweise süß war – denn eine Geige, egal wie
schräg sie gespielt wird, hört sich immer süß an – die aber auch hart und
bitter war, denn Spikes Gitarre bildete den perfekten Gegenpol zu der süßlichen
Geige. Manchmal hörte sich die Gitarre an wie eine Zither, das war seltsam...
und wunderbar. Buffy hörte seine Musik heute zum erstenmal im Ganzen, und es
hörte sich an wie ... nein sie konnte es nicht ausdrücken. Es war traurig und
optimistisch zugleich, es war sentimental und auch trotzig. Es war
unverständlich aber wunderschön.
Sie
wusste nur, dass Spike in dieser Musik sein Wesen offenbarte. Sein Wesen als
Vampir, und als Mensch offenbarte, denn Spike war eine Einheit aus beiden.
Sie sah
ihn als Spike, den Liebhaber, der einfach göttlich war und mit nichts zu
vergleichen war auf dieser Welt. Und sie sah ihn als Spike, den Liebenden, der
so zaghaft war, dass er ihr nie nahegetreten war in diesem letzten Jahr in
Sunnydale. Sie sah ihn als Vater, er war ein großartiger Vater. Sie sah ihn als
Künstler. Und sie sah ihn als Ehemann, nein falsch, sie sah ihn als den
Ehemann, der er vielleicht sein könnte, wenn..... Er hatte so viele
Eigenschaften. Er war ein so großartiger Mann, dass ihr die Tränen in die Augen
stiegen. Was war passiert? Warum liebte er sie nicht mehr. Oder liebte er sie
doch noch oder vielleicht wieder? Sie musste es herausfinden.
Spike
spielte ein kleines Duett mit dem Geiger, seine Gitarre hörte sich auf einmal
fast genau so süßlich an wie die Geige, und alle waren verzaubert von der Musik
– und dann plötzlich, schrammte er über die Saiten, ließ ein paar sehr harte
Töne hören, und alle, die vorher von den süßlichen Klängen bezaubert waren,
horchten auf und waren nun von den härteren Tönen gefangen.
Es war
wunderbar.
Sie hätte
ihm zuhören müssen, Er war bestimmt sehr einsam. Und sie war die einzige, der
er alles erzählen konnte. Aber nein, sie hatte ja immer alles abgeblockt. sie
hatte diese Vampirsache abgeblockt, weil sie es nicht wahrhaben wollte, einen
Exvampir zu lieben, es war ja auch viel bequemer gewesen, nur den Menschen
Spike zu lieben...
Die
Gitarrenklänge tropften vom seinem Instrument hinunter wie klobige
Rohdiamanten. Welch ein Wechselspiel von Geige und Gitarre, von süßlichem
Kitsch und harter Realität.
Und außerdem
sah ihr Ehemann fantastisch gut aus in seinem weißen Hemd. Spike saß lässig auf
einem Stuhl, er hatte seine Jacke ausgezogen, seinen Schlips weggeworfen, den
Kragen des Hemds gelockert, er saß vollkommen entspannt auf diesem Stuhl und
spielte Gitarre. Alles andere interessierte ihn im Moment herzlich wenig.
Sein
Haar war nicht ganz so kurz und auch nicht ganz so blond wie früher, er ließ es
anscheinend nicht mehr aufhellen, es war im Nacken ausrasiert und vorne ein
bisschen länger, so dass es ein wenig hoch stand. Ein paar Locken konnte man
erkennen, und Buffy wünschte sich, mit den Fingern durch diese weichen Locken
zu fahren, dann seinen Kopf in ihre Hände zu nehmen und ihn auf seine
wundervollen Lippen zu küssen. Lange zu küssen, in diesem Kuss zu versinken.
Vielleicht seinen Körper ganz nahe zu spüren, seinen wundervollen muskulösen
Körper, der so perfekt zu dem ihren passte... Sie würde ihn so lange küssen,
bis sie es vor Erregung nicht mehr aushalten könnte und ihm dann sein Hemd
ausziehen. Und auch er würde sie ausziehen. Er würde sie mit seinen blauen
Augen so verlangend anschauen, dass ihre Beine schwach werden würden und sie
sich an ihm festhalten müsste.
Er würde
lachen und sie zum Bett tragen...
Auch
Andromeda fühlte sich magisch angezogen von der Plattform, denn Max saß dort
und spielte Gitarre. Die Musik sagte ihr zwar nicht viel, aber sie war
interessant und hatte viel Pep, obwohl da nur zwei Gitarristen vor sich hin
schrammelten und den Rhythmus machten – ja, schrammelten war das richtige Wort
– ferner war da ein riesiger Kontrabass, die Konzertgitarre von Spike und eine
Geige. Das Schlagzeug benutzten sie gar nicht. War schon eine seltsame
Kombination. Aber der Rhythmus, der war einfach irre. Vor allem, wie Max
einfach so mitspielte. Andromeda hatte nie gewusst, dass Max Gitarre spielen
konnte. Er hatte in den letzten Jahren auch nicht mehr gespielt, weil er
einfach keine Zeit dafür hatte, aber anscheinend hatte er von seinen Vorfahren,
die wie Andromeda wusste, auch ungarischen Ursprungs waren, jede Menge Pfeffer
im Blut geerbt.
Wenn er
dieses Pfeffer nur einmal an ihr mal austoben würde! Andromeda fühlte sich
vergehen in der Vorstellung, dass er mit ihr.... Heiliger Strohsack! Manchmal
bekam sie beim Küssen schon fast einen Orgasmus, aber das wollte sie ihm nicht
zeigen, denn wenn er sich beherrschen konnte, dann konnte sie das schließlich
auch. Sie musste an ihre eigentlich harmlosen Intimitäten denken, die meistens
im Verwalterhäuschen auf Max‘ Sofa stattfanden. Manchmal las Andromeda in einem
Buch, wenn Max noch am Computer mit irgendwelchen Abrechnungen zu tun hatte,
und wenn er damit fertig war und sich zu ihr setzte, dann legte sie sich
manchmal über ihn, so dass sie mit dem Bauch über seinem Schoß lag, sie tat so,
als ob sie weiter in dem Buch lesen würde, ohne viel von dem Geschriebenen
mitzubekommen und wartete darauf, was er tun würde. Meistens saß er eine
Zeitlang ganz still da, bis er dann anfing, ihren Rücken zu streicheln, so lieb
und zart, dass sie es nicht länger aushalten konnte, und sich dann umdrehte und
ihre Arme um seinen Hals schlang. Er fühlte sich so vertraut an und auch so
fremd, und das Fremde war so beruhigend, und das Vertraute so erregend. Sie
wälzten sich auf dem Sofa herum wie zwei liebestolle Teenager. Was sie ja auch
waren, zumindest im Falle Andromeda. Andromeda hatte den Verdacht, auch Max
würde sich verhalten wie ein liebestoller Teenager, und es wäre vollkommen neu
für ihn. Hatte er noch nie so gefühlt? Hatte Max etwa noch nie eine Frau so
richtig geliebt?
Und er
sah so wahnsinnig gut aus. Er hatte wohl nicht genug Zeit gehabt, sich zu
rasieren, denn er hatte so einen bläulichen Schimmer im Gesicht, einen
Eintagebart, der ihn sagenhaft männlich und härter aussehend machte, als
Andromeda ihn kannte, so dass sie schier überwältigt war. Und diese Hose... Er
sah mit dieser Hose und diesen Satinstreifen an den Seiten aus wie einer von
der Kavallerie der Konföderierten Armee, fast wie Kevin Costner in diesem
Wolfstanzfilm, oder war das ein ganz anderer Film? Natürlich sah Max besser aus
als Kevin oder sonst wer. Viel besser. Sein Kinn war ausgeprägter, und er war
athletischer als Kevin oder sonst wer, und diese Hosen... meine Güte, er hatte
so verdammt lange Beine, auch das weiße Hemd stand ihm sooo guut, wieso hatte
sie früher nicht bemerkt, wie verdammt gut er aussah. Und er quatschte nicht so
viel wie manche andere Männer, ein quatschender, plappernder Mann war wirklich
unausstehlich, fand Andromeda. Kurz gesagt, er war der Idealtyp. Für Andromeda.
Und wahrscheinlich auch für viele andere Frauen. Sie musste aufpassen...
Wo zum
Teufel war er die letzten drei Tage gewesen? Eine andere Frau? Nein, das
glaubte sie eigentlich nicht, aber warum wollte er nicht darüber sprechen, er
hatte das Gespräch abgelenkt, als sie ihn zwischen zwei Küssen danach fragte,
und sie hatte es aufgegeben, es herauszufinden. Wenn Max etwas nicht sagen
wollte, dann konnte nichts auf der Welt ihn dazu bringen, es zu sagen. Ob er
den ganzen Abend spielen wollte? Sie versuchte, ihm mit den Augen zu sagen,
dass er seinen Hintern herunterbewegen sollte, um mit seiner Geliebten
herumzuknutschen. Er schien es zu bemerken, denn er lächelte ihr wie um
Entschuldigung bittend zu. Aber wenn er Gitarre spielen wollte, dann sollte er
spielen, ihn nur anzuschauen, war wunderbar genug.
Mittlerweile
hatten sich fast alle Besucher des Balles vor der kleinen Bühne versammelt und
lauschten gebannt dieser vollkommen unamerikanischen Musik. Die Stücke waren
recht lang, länger als die Originalvorlagen, denn die Jungs fingen an zu
improvisieren, und es hörte sich phantastisch an. Sie spielten das ‚Night and
day’ von Cole Porter, und Spike verwandelte das uralte Stück in etwas neues,
bizarres und wundervolles... Sie spielten den ‚Limehouse Blues, ein Stück
namens Swing 39 und das fantastische Blue Dra...
Maid
Maryann, ja auch sie war eingeladen, griff sich Onkel Herbie, den Dorfpapagalli
und fing an mit ihm Swing zu tanzen. Maid Maryann wirkte beim Tanzen wie ein
unheimlich schwerer aber dafür recht flinker Neutronenstern, von dessen
Gravitationsfeld Onkel Herbie eingefangen war, und er schien unfähig, sich aus
seiner Umlaufbahn zu befreien. Aber der gute Onkel genoss es anscheinend. Maid
Maryann und Herbert Fruits waren nämlich seit kurzem ein Paar, denn der gute Onkel
hatte die Maid wie kein anderer im Bett befriedigt, und heute zeigten sie sich
zum erstenmal in der Öffentlichkeit. Vorher hatte Onkel Herbie natürlich noch
gewohnheitsmäßig mit anderen Frauen geflirtet. Das steckte so in ihm drin.
Buffy
stand immer vor der Bühne, lauschte immer noch gebannt der Musik, und sie
fühlte ihre Beine schon schwach werden in Erwartung der Nacht. Heute Nacht
würde sie mit Hilfe des Halsbands... ja was würde sie tun?
Lass
dich von dem Halsband leiten, hatte Zirza gesagt.
Auch Zirza
stand da – ein wenig im Hintergrund – beobachtete alles und lauschte. Die Musik
war gut, gefiel ihr, sie hatte etwas Treibendes, sie fühlte sich durch diese
Musik beschwingt, und sie genoss es, an ihren Plan zu denken.
Es würde
nicht einfach werden, aber es war alles perfekt arrangiert, denn auch Zirza war
eine Künstlerin, erstens im Durchschauen und Manipulieren von Menschen und
zweitens an der neuen Spielekonsole.
Sie
würde Spike zwei wunderliche Träume schicken. Die neue Konsole, die W&H ihr
zur Verfügung gestellt hatten, war so ein wunderbares bahnbrechendes Gerät. Man
brauchte dafür keine Verkabelung mehr, keine Drähte, die an die Nervenbahnen im
Gehirn angeschlossen waren, nein ein einfacher Scan reichte, um die
Gehirnströme des Users zu messen und zu analysieren. Dann wurde die Trägerwelle
erstellt, und sie funktionierte in diesen glorreichen Zeiten natürlich
kabellos. Wireless Lan, das Zauberwort. Und die moderne DVD-Technik kam dazu.
Man brauchte nur einen Computer – den hatte Zirza in ihrem Zimmer – ein paar
geeignete Filme als Vorgabe für den Träumenden, ein paar ihm bekannte
Gesichter, mit denen er die Rollen besetzten konnte, falls er das wollte, und
alles andere lief dann vollautomatisch ab.
Man
konnte zum Beispiel jemanden in den Wilden Westen schicken, und er würde dort
General Custer sein – ein schlechtes Beispiel, es sei denn jemand wünschte
sich, in der Schlacht von Little Big Horn zu sterben – nein, er könnte ein
Revolverheld sein und jede Menge Leute töten.
Oder der
Krieg... Manche Männer liebten es, sich im Krieg zu beweisen, was nach Zirzas
Ansicht reinster Schwachsinn war, es sei denn, man stünde auf der Seite der
Gewinner. Oder die Liebe. Wenn jemand eine bestimmte Person in seinem Bett
haben wollte, eine Person, die er im wirklichen Leben nicht bekommen konnte,
dann war es überhaupt kein Problem, im Traum diese Person dann doch ins Bett zu
kriegen.
Oh jaa,
eine fantastische Technik! Das Gute an der Sache war, dass die meisten Träume,
die unbewusst von Träumer gesteuert wurden, nicht originalgetreu mit der
Vorlage ablaufen mussten, sondern ein Eigenleben gewinnen konnten. Oh Wunder
der Technik! Die Konsole vervollständigte diese selbst geschaffenen Realitäten
automatisch, der Computer berechnete alle Einzelheiten dauernd aufs neue, und
alles erschien herrlich echt und in Technicolor. Fast noch besser als im
wirklichen Leben.
Und um
das ganze perfekt zu machen, kam noch eine wichtige Sache dazu. Während des
Traumes konnte nämlich die, wie Zirza sich nannte, Administratorin eingreifen
und Einfluss auf den Traum gewinnen, wenn der Traum nicht erschreckend genug
ablief, um den Träumenden so zu verstören wie gewünscht. Man konnte zum
Beispiel Einfluss auf die Stimmbänder des Träumenden nehmen und ihn Dinge sagen
lassen, die die Handlung natürlich bestimmten und weiterführten, wenn auch
nicht so, wie der Träumende es sich vorgestellt hatte...
Kurzum,
die Konsole war eine geniale neue Erfindung, ein Knaller, und Zirza hielt sich
für genau die richtige Person, um sie zu bedienen.
Zirza
hatte vor über zwei Jahren zum erstenmal Kontakt mit W&H aufgenommen, und
zwar als Lila sich nicht mehr in Campodia gemeldet hatte. Natürlich war Zirza
aufgefallen, dass die Arbeit bei dieser Firma, von der sie aber wenig erzählte
(wir wissen warum) Lilah verändert hatte. Aus dem früher recht fröhlichen
ehrgeizigen Mädchen, wie Zirza sie von früher kannte, war im Laufe der Jahre
eine verschlossene, irgendwie verbitterte Frau geworden, und Zirza wollte den
Grund dafür wissen. Das Schlechte hatte sie immer schon automatisch angezogen
wie ein Magnet. Also war sie eines Tages bei W&H vorstellig geworden und
hatte sich nach Lilahs Verbleiben erkundigt. Normalerweise hätte man sie
höflich hinauskomplimentiert, aber man erkannte dort sofort ihr enormes
bösartiges Potential und heuerte sie an, nebenbei ein bisschen für die Firma zu
arbeiten, hauptsächlich um Männer, auf die man Einfluss nehmen wollte, mit
Schweinereien zu erpressen, bis sie willig genug waren, der Firma zu dienen.
Und
Zirza war auch in dieser Beziehung nicht zimperlich, sie arbeitete mit
sämtlichen Tricks, und wenn ihre natürliche Schönheit nicht ausreichte, um
jemanden zu verführen, dann benutzte sie eben Lockstoffe, die sogenannten
Pheromone.
Sie war
sehr erfolgreich.
Spike
hatte Glück gehabt, er konnte sie im wahrsten Sinne des Wortes nicht riechen,
weil sie große Mengen von diesem unsagbaren Parfüm trug, und außerdem war Spike
vorsichtig genug, ihr nicht zu nahe zu kommen, weil er Max’ Warnung
ernstgenommen hatte.
Wenn er
auf sie hereingefallen wäre, hätte das die Sache natürlich sehr erleichtert,
und Zirza wäre ohne große Umwege ans Ziel gekommen.
Also
hatte sie sich etwas komplizierteres ausdenken müssen.
Auch für
Buffy hatte sie etwas vorbereitet. Das Collier, das sie ihr überlassen hatte,
war natürlich nicht verzaubert, es enthielt unter anderem einen starken Sender,
mit dessen Hilfe Zirza Buffy einen posthypnotischen Befehl geben konnte. Sie
hatte Buffy ja schon einmal hypnotisiert während dieser albernen Seance, und
hatte ihr im Laufe der Hypnose einen Satz eingetrichtert, dem, falls Buffy ihn
hören würde, sie unbedingt Folge leisten würde. Auch eine mikroskopisch kleine
Spritze befand sich an dem Halsband, mit der Zirza zum richtigen Zeitpunkt eine
ebenfalls mikroskopisch kleine Menge von GS17 in Buffys Blutbahn spritzen
konnte. Zirza überlegte, ob sie ihr vielleicht vorher noch eine kleine Dosis
Schmusol spendieren sollte, um ganz sicher zugehen, aber die Kleine war
vernarrt genug in Spike und würde sehr zärtlich zu ihm sein – auch ohne das
Schmusol. Und natürlich hatte sie auch Buffy mit dem neuen fantastischen Gerät
gescant, um ihr im geeigneten Augenblick eine nette ‚Botschaft’ zu schicken...
Ach, es
war zu köstlich!
Noch
viel einfacher – wenn auch langweiliger – wäre es, beide zu vergiften, dachte
Zirza bedauernd. Aber leider hatte die Firma das untersagt. Die Restfiliale in
Chicago wollte kein Aufsehen erregen, vor allem kein Aufsehen im Zusammenhang
mit Bill Castaway und seinen Kindern. Der Skandal letztes Jahr in Los Angeles
war noch nicht vergessen, und man wollte vorsichtig agieren, unbemerkt agieren,
im Hintergrund agieren.
Das
Leben war wunderbar, dachte Zirza in Vorfreude. Und das Vergiften sollte sie
besser nicht zu oft betreiben, hinterher konnte noch jemand entdecken, wie ihre
eigene Mutter ums Leben gekommen war. Diese sabbernde quatschende Moralistin,
die wohl die Wahrheit über ihre Tochter geahnt hatte, war Zirza dermaßen auf
den Geist gegangen, dass sie eliminiert werden musste. Offiziell war sie an
einem Herzinfarkt gestorben...
Spike
tanzte in dieser Nacht nicht mit Buffy. Er hielt sich nur noch bei der Band
auf, unterhielt sich mit dem Geiger, machte den Jungs den Vorschlag, eine CD
aufzunehmen, denn Spike hatte noch gute Beziehungen zur Musikbranche, war gut
gelaunt, und manchmal spielte er auch bei anderen Stücken der Band mit, singen
tat er allerdings nicht, und irgendwann war er einfach nicht mehr da, wie Buffy
enttäuscht feststellte.
Wollte
er ihr vielleicht aus dem Weg gehen?
Das war
egal, er würde ihr nicht entkommen. Nicht in dieser Nacht.
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
KAPITEL
VIII Teil 2
„Ihr
sollt sofort in den Palast kommen!“
Das war
keine gute Nachricht, denn der Kaiser hatte immer üble Überraschungen für seine
Untertanen bereit. Wenn man Glück hatte, erleichterte er einen nur um sein Geld
und seine Güter, wenn man Pech hatte, dann erleichterte er einen auch um sein
Leben...
Und für
eine normale Audienz war es eine zu ungewöhnliche Zeit, es war früher Morgen.
Seltsam, aber was bei ihm war nicht seltsam?
Man
führte mich in den Palast, wo ich zwei weitere Konsuln antraf, auch sie hatte
man praktisch aus dem Bett geholt, und sie machten beide einen bestürzten
Eindruck.
Man
geleitete uns in eine Art Theaterraum mit ein paar Holzbänken und einer Bühne,
die aber noch von einem Vorhang verborgen war.
Wir
setzten uns und warteten auf das, was kommen sollte. Eigentlich hatte ich mit
meinem Leben abgeschlossen. Aber warum sollte er mich töten lassen? Ich galt
nicht gerade als begütert. Offiziell als nicht begütert. In Wirklichkeit hatte
ich einiges aus den Eroberungsfeldzügen zur Seite geschafft, und ein mir treu
ergebener Sklave verwaltete meine heimlichen Reichtümer. Wegen Geldgier konnte
er mich also nicht umbringen. Aber es gab so viele andere Gründe. Wir waren
zwar verwandt, und das war gefährlich, aber nicht so nah verwandt, dass ich in
der Thronfolge ein ernstzunehmender Anwärter gewesen wäre. Die ernstzunehmenden
Anwärter hatte er alle schon beseitigen lassen.
Vielleicht
hatte er einfach nur Lust, jemanden umzubringen und vorher ein wenig zu quälen.
Ja, das war es wahrscheinlich.
Plötzlich
hörten wir lustige Musik von Oboen und dazu das Schlagen eines Tamburins.
Sklaven, von denen jeder zwei Lampen trug, traten in zwei Reihen ein, dann
hörte man einen Eunuchen mit zarter Stimme ein Lied singen: „Lang, lang nach
Mitternacht...“
Die
Sklaven stellten die Lampen vor der Bühne nieder und zogen sich unauffällig
zurück.
Man
hörte ein schlürfendes Geräusch, und herein tanzte ein hohe Gestalt in einem
rosafarbenes Kleid und einem Kranz echter Rosen auf dem Kopf.
Es war
der Kaiser. Beim Zeus!
Als der
singende Eunuch zu der Stelle kam: „Die Morgenröte schelmisch blinkt“, öffnete
der Kaiser den Vorhang, und man sah in ein Gemach mit einem Bett darin, auf dem
ein junger Mann und ein junges Mädchen lagen, die beide vollkommen nackt waren.
Der
Kaiser, der wie ich jetzt erkannte, die Göttin der Morgenröte darstellte (wenn
die Situation nicht so gefährlich gewesen wäre, wäre ich in brüllendes Lachen
ausgebrochen, denn er sah aus wie eine sehr maskuline stark geschminkte Hure)
bedeutete dem Paar pantomimisch, dass es Zeit wäre, auseinander zugehen.
Der
junge Mann und das junge Mädchen erhoben sich daraufhin langsam und anmutig und
verschwanden beide in verschiedene Richtungen.
Das
Mädchen war zwar sehr klein von Gestalt, aber ihre Proportionen schienen
perfekt, und ihr Gesicht war von auffallender Schönheit.
Auch die
‚Göttin der Morgenröte‘ tanzte hinaus...
Kurz
darauf wurden wir aufgefordert, mit ihr oder ihm zu frühstücken.
Die
beiden Konsuln und ich konnten uns nicht genugtun, seinen Tanz zu loben und als
höchste und erlesenste Offenbarung zu preisen, und wir bedauerten, dass nicht
mehr Zuschauer diesem erlesenen Genuss hatten beiwohnen dürfen.
Er
schien sehr geschmeichelt zu sein. Dieser sadistische Idiot.
„Hübsches
Mädchen, nicht wahr, du alter Hurenbock“, sagte er plötzlich mit einem listigen
Gesichtsausdruck. Er meinte mich mit diesen Worten.
Ich
schreckte zusammen.
„Wirklich
sehr hübsch!“ Das war nicht gelogen, ich hatte selten eine schönere Frau
gesehen, wenn man einmal absieht von der unglücklichen Schwester des Kaisers,
der armen Drusilla, mit der er angeblich Blutschande getrieben hatte und die er
bald danach umgebracht hatte. Man munkelte, er hätte das mit seinen eigenen
Händen getan. Ich wusste auch darüber Bescheid, denn ich hatte die arme,
wahnsinnige gewordene Drusilla eine lange Zeit geliebt, aber des Kaisers
Schatten hatte immer zwischen ihr und mir gestanden. Es war wirklich Liamus
gewesen, der sie wahnsinnig gemacht hatte. Und trotzdem hatte Drusilla ihren
Bruder geliebt. Ich wusste, dass beide Gerüchte, die in der Öffentlichkeit
kursierten, die Wahrheit beschrieben. Das Gerücht der Blutschande und das
Gerücht des Mordes an seiner Schwester. Er war zu allem fähig.
„Und
außerdem ist sie Jungfrau, soviel ich weiß. Willst du sie heiraten? Du kannst
sie haben. Kennst du sie übrigens?“
„Nein,
denn ich habe nur auf dich geblickt“, log ich. Sein Vorschlag, nein es war ein
Befehl, machte mich zum erstenmal an diesem Tag vollkommen verwirrt.
„Es ist
deine Kusine Buffia, die Tochter des Summerius. Der alte Kuppler hat nicht mit
der Wimper gezuckt, als ich sie herbestellte. Wie feige die Leute sind, was?“
„Ja, du
mein Herr und Gott.“ Ich bin genauso feige, dachte ich, nur um mein bisschen
Leben zu retten. Allerdings tat ich es auch für meinen Sohn.
„Also
gut, dann werdet ihr morgen heiraten. Und ich gehe jetzt zu Bett.“
„Ich
danke dir aus demütigstem Herzen“, log ich weiter. Du Dreckskerl!
Einen
Tag später heiratete ich die Buffia, und wir wurden aufgefordert, im Palast zu
wohnen, was mir zwar nicht sonderlich gefiel, aber es ließ sich nicht ändern.
So hatte
ich Buffia kennen gelernt.
Und ich
fing an, sie zu lieben. Nach dem Tode meiner ägyptischen Frau Lilah, die bei
der Geburt unseres Sohnes Gwydius gestorben war, hatte ich solche Gefühle nicht
mehr erlebt, nein falsch, eigentlich hatte ich noch nie solche Gefühle erlebt.
Buffia schenkte mir nach fast neun Monden eine kleine Tochter. Zum erstenmal im
Leben war ich wirklich glücklich, denn auch Buffia schien mich zu lieben.
Mit
Betonung auf ‚schien’, denn mittlerweile waren mir ernste Zweifel an ihrer
Liebe gekommen. Sie war zwar immer sehr freundlich zu mir, aber sie schien mit
ihren Gedanken weit weg zu sein. Wo, beim Zeus, waren ihre Gedanken?
Spikus Britannicus Pendragus saß in seiner Loge im Circus Maximus und beobachtete verstohlen den Kaiser, der in der kaiserlichen Loge ein paar Meter weiter saß. Neben dem Kaiser saß Spikus’ Frau Buffia und himmelte den Kaiser an. Sie schien hoch in der Gunst des Kaisers zu stehen, was kein gutes Zeichen war....
In
frühern Tagen soff ich Wein
heut
schmeckt er nicht mehr gut
heut lab
ich mich an edlerm Trank
und
saufe Menschenblut.
Jemand in der Menge sang das neue Spottlied, und ein paar andere nahmen den Refrain auf und grölten mit.
Der
Kaiser, in der Tat war er eine Horrorgestalt! Liamus Angelus Maximus, auch
bekannt unter dem Namen Vampyrus – dieser Beiname traf verdammt gut zu auf ihn
zu, denn er war wie eine dieser blutrünstigen Fledermäuse aus Tessalonien – er
war es, über den dieses nach Spikus’ Urteil gutgelungene Verslein kursierte.
Angelus hatte schon als kleiner Junge viele Gräueltaten begangen, unter anderem
hatte er seinen Vater ermordet. Ein allerliebstes Herzchen, wie Spikus höhnisch
dachte. Auch seinen anfänglichen Mitregenten, den kleinen Gmellinus hatte er
beiseite schaffen lassen, und das war noch lange nicht alles.
Es war
nur der Anfang von seinen systematischen Tötungen.
Es hieß
auch, dass Liamus Angelus seinen Vorgänger mit eigener Hand ermordet hatte, um
den Thron besteigen zu können. Spikus wusste es besser. Ein Angelus treu
ergebener Hauptmann hatte es für Angelus getan – und zwar nachdem Liamus
Angelus dachte, der alte Kaiser wäre schon tot und er ihm seinem riesigen Ring vom
Finger gezogen und selbst angesteckt hatte.
Denn auf
einmal wachte der tot geglaubte Kaiser auf und fing an herumzubrüllen: „Ich
habe Durst! Ich habe Hunger! Bringt mir was zu saufen und zu fressen!“ Und nach einer Weile schrie der tot
Geglaubte, der übrigens ein zäher alter Knacker war: „Schweine und Säue! Wer
hat meinen Ring geklaut?“
Liamus
Angelus geriet in Panik, woraufhin der ihm der treu ergebene Hauptmann
kurzerhand ein Kissen nahm und den lästigen kaiserlichen Schreihals damit
erstickte.
Spikus
beobachtete weiterhin verstohlen den Kaiser in seiner Loge im Circus Maximus.
Er hörte mit nur halber Aufmerksamkeit dem Marsch zu, den die Musiker gerade
spielten. sie spielten ihn zu Ehren des Einzugs der Gladiatoren in die Arena.
Irgendwie kam ihm die Melodie, die von Bläsern gespielt wurde, bekannt vor,
obwohl er diese Melodie bis jetzt noch nie gehört hatte*.
*Spike hörte das Posaunen-Gladiatoren-Vorspiel vom Stück‚Faith Healer’, gespielt von seiner eigenen Band ‚The big bad Thing’.
Der
Kaiser war massig geworden, dachte er höhnisch. Aber das schien die Buffia
nicht davon abzuhalten, den Kaiser anzuhimmeln. Spikus fühlte sich betrogen.
Liamus Angelus hatte ihm vor einem Jahr gesagt, dass sie Jungfrau wäre, was
natürlich nicht stimmte, wie Spikus in der Hochzeitsnacht feststellen musste –
nun, es war ihm egal, ob sie Jungfrau war oder nicht, aber er hegte
mittlerweile den Verdacht, dass es der Kaiser war, der als erster mit ihr...
Und vielleicht war sogar seine angebliche Tochter, die kleine Morganilla in
Wirklichkeit Angelus’ Kind. Und er hegte außerdem den Verdacht, dass Buffia den
Kaiser liebte und nicht ihren Ehemann Spikus.
Wie sie
ihn ansah. Dieses betörende Antlitz ihm zugewandt, so lockend und so
provozierend. Sagte man nicht auch, dass der erste Mann immer derjenige war,
den eine Frau ihr Leben lang liebt?
Unsinn,
dachte Spikus, aber in diesem Falle schien es zu stimmen. Aber wieso? Diesen
verrückten Sadisten? Wieso?
Andererseits
hatte sich Liamus Angelus in letzter Zeit verändert. Und manchmal tat er
durchaus Gutes. Es hieß, dass er einer verbotenen Sekte zum Opfer gefallen war,
den sogenannten Petrusianern mit ihrem seltsamen Fischsymbol. Diese Sekte
predigte die sogenannte Nächstenliebe, sie predigte gegen die Sklaverei, was
natürlich absurd war, ohne die Skaven würde Rom zusammenbrechen, und sie hatte,
das war das absurdeste, nur einen einzigen Gott. Bisschen wenig für alles, was
die Götter so lenken mussten, dachte Spikus verächtlich.
Jedenfalls
hatte sich Liamus Angelus verändert – aber diese Veränderung war nie für
längere Zeit, sondern geschah aus unbekannten Gründen mal so mal so,
anscheinend verfiel er ab und zu in sein altes Verhalten, in seine finstere
bösartige Grübelei, in das Töten und in seine grauenvolle sadistische Folterung
von Menschen.
Und wenn
er so an diese ‚Nächstenliebe’ glaubte, dachte Spikus höhnisch, warum ließ er
dann nicht seine Sklaven frei? Soweit ging anscheinend sein Glaube nicht,
diesen Schritt zu wagen, auch in seinen sogenannten ‚guten’ Zeiten nicht.
Spikus’ eigener
Glaube war, dass der Kaiser eigentlich aus zwei Personen bestand, die immer
abwechselnd zum Vorschein kamen... Die Griechen nannten das Schizophrenie.
Etwas
stimmte nicht, Spike hätte schwören können, dass einer der Senatoren eine
Armbanduhr getragen hatte, aber alles andere wirkte so echt, dass er davon
überzeugt war, sich in einer Parallelwelt zu befinden, in einer Parallelwelt,
in der es eben Armbanduhren gab.
Auch
diese harten Borsten auf den Helmen der Centurios sahen nicht authentisch aus,
sie wirkten wie sperrige drahtige Besen. Draht und Nylon war mit Sicherheit zu
dieser Zeit noch nicht erfunden. Die Dinger sahen aus wie in einem
Hollywood-Film, in einem schlecht recherchierten Film über das antike Rom, so
wie man sich römische Soldaten im allgemeinen so vorstellte. Aber vielleicht
gab es ja auch eine wirkliche Realität, in der alles so aussah wie in einem
Hollywood-Film. War möglich.
Eine Sekunde später vergaß Spikus, dass es so etwas wie Armbanduhren, Parallelwelten, Nylon und Hollywood-Filme gab. Solche Namen und Dinge existierten nicht, höchstens vielleicht in einem verrückten Traum.
Spikus
hatte einen Plan. Er wollte die beiden auf frischer Tat ertappen, und dann
würde er beide töten und sich als Kaiser ausrufen lassen. Er hatte genug
Gefolgsleute unter der kaiserlichen Garde und auch im Senat, der aus einer
Bande von Schleimern und Scheißern bestand. Er war verwandt mit dem Kaiser,
zwar nicht sehr eng, aber es würde ausreichen, um seinen Anspruch auf den Thron
geltend zu machen, er hatte einen Sohn und damit einen Erben, und das war schon
verdammt viel in dieser dekadenten Zeit. Außerdem hatte er gute Beziehungen zur
germanischen Leibwache des Kaisers, diese Barbaren würden ihm zwar wegen ihrer
sagenhaften Treue nie bei einem Attentat gegen den Kaiser helfen, aber falls
der Kaiser tot wäre, würden sie schnell nach einem neuen verlangen, und Spikus
war der Typ von Mann, den sie wollten. Einen kampferprobten Mann, einen
Feldherrn, der in Britannien viel Stämme unterworfen hatte. Einen, der im
Zweikampf noch nie verloren hatte. Eben einen, der nicht zimperlich war..
Das war
Spikus‘ Plan.
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
Er hatte
es nicht tun können, auch nachdem er die beiden zusammen im Bett erwischt
hatte. Diese feige Ratte von Kaiser, und seine Frau, vielleicht die Mutter
seiner Tochter, die ächzend und seufzend von der feigen Ratte besprungen wurde.
Er hatte
es nicht tun können, weil seine Frau Buffia ihn angefleht hatte, das Leben des
Kaisers zu schonen und stattdessen ihres zu nehmen.
Mochten
sie beide im Orkus versinken!
Oh,
musste Liebe schön sein! Liebe fragt nicht nach Herkunft, nicht nach begangenen
Taten, nicht nach begangenem Unrecht. Liebe findet statt. Und kann nicht
verdient werden.
Spikus
verlor in diesem Augenblick alle Illusionen, die er jemals gehabt hatte. Er
musste fast kotzen und wandte sich angeekelt von den beiden ab.
„Ihr
habt euch verdient“, sagte er schließlich zu dem Pärchen.
„Lass
mir meine Tochter!“ rief ihm die Buffia noch nach und rang ihre Hände
theatralisch, denn sie hatte wohl an seinem Gesichtsausdruck gesehen, dass er
im Begriff war, sie und Rom mit den Kindern zu verlassen, aber er schaute nur
hart zurück.
„Die
Liebe muss dir reichen“, sagte er, höhnisch über seine Schulter zurückblickend,
Er
wandte sich endgültig von ihr ab und eilte hinaus, um seine Kinder zu holen und
das Schiff zu erreichen, das er vorsichtshalber, denn Spikus war ein
umsichtiger Mann, im Hafen von Ostia hatte bereitstellen lassen, um in Falle
des Scheiterns seines Vorhabens nach Britannien zu segeln, wo er im Schutze des
Königs Gweodrudcallum, der ein Freund von ihm war und gleichzeitig ein
unbesiegter Stammesfürst der Britannier, sein zukünftiges Leben verbringen
wollte. Gwydius und Morganilla sollten nicht unter einem Tyrannen und nicht mit
einer Schlampe als Mutter aufwachsen.
Das war
er ihnen schuldig.
Spikus
hatte einmal in der Arena einen Gladiatoren gesehen, einen großen kräftigen
rothaarigen Mann, dem von seinem Gegner der rechte Arm abgeschlagen worden war
und der dies im Eifer des Kampfes zuerst gar nicht bemerkt hatte. Die Menge
hatte gebrüllt vor Lachen über seinen verblüfften Gesichtsausdruck, als er es
endlich doch bemerkte...
Genauso
wie dieser Gladiator fühlte Spikus sich jetzt, er war noch betäubt, aber er
wusste, der Schmerz würde später kommen, denn:
Seine
Existenz in Rom war vorbei.
Das mit
der Liebe war vorbei.
Und sein
Leben, nebenbei gesagt, war auch vorbei.
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
Ist es
ein Wunder, dass Spike fuchsteufelswild war, als er nach diesem seltsamen und
beklemmenden ‚Traum’ in einem dämmrigen Wachzustand lag und die Wirklichkeit
vom ‚Traum’ nicht mehr unterscheiden konnte?
Aber
gibt es denn überhaupt einen Unterschied von der Wirklichkeit zum Traum? Kann
es nicht sein, dass unser als echt empfundenes Leben auch nur ein Traum ist?
Vielleicht träumt gerade jemand unser Leben, und wir müssen mitspielen, und
denken dabei noch, wir hätten einen freien Willen.
Jedenfalls
war Spike stinksauer. Das konnte kein Traum sein, denn so einen realistischen
Traum gab es einfach nicht. Diese vielen Details... Und sah es nicht so aus,
als wäre dieses frühere Leben eine Wiederholung seines jetzigen Lebens? Die
unerfüllte Liebe, der Betrug, die Resignation. War man immer wieder dazu
gezwungen, das gleiche zu erleben? Zu welchem Zweck sollte das sein, dachte
Spike verzweifelt.
Jedenfalls
war er stinksauer.
Sonderbarerweise
schlief er nach einer Weile wieder ein, wahrscheinlich aus Erschöpfung und
Frust. Die Droge, die Zirza ihm ins Gesicht geblasen hatte, wirkte immer noch
voll, und er glaubte, dass sein Traum, nein, dass sein früheres Leben wirklich
stattgefunden hatte und dass es auch damals in die Hose gegangen war, mit der
Liebe und mit der Buffia. Genauso wie es jetzt wieder mit der Buffy, wie die
Buffia heute hieß, schief gehen würde.
Es war
immer das gleiche. Und es war frustrierend.
Spike
glitt hinüber in einen neuen Traum, und er fühlte sich fast erleichtert, dass
er nicht mehr an den alten denken musste.
Er sah
eine Reihe von Türklingeln, die sich seltsamerweise an Buffys Haus in Sunnydale
befanden, obwohl doch gar nicht so viele Leute dort wohnten. Auch dieses Bild
erschien in seltsamer Klarheit und so gar nicht traumgemäß.
Die
Türklingeln hatten Schilder mit glänzenden altmodisch verschnörkelten Aufschriften,
auf denen genau in dieser Reihenfolge zu lesen war:
Die
geile Prinzessin
Der
flotte Vierer
Vampir
und Vampirette
Buffys
Hoppsala-Himmelbett
Von
hinten ist’s gut
Der
geile Bock und das Schaf
Die
Klingeln hatten eine suggestive Wirkung auf Spike. Sie verlangten allesamt
dasselbe, nämlich: Drück die Klingel, drück die Klingel, drück die Klingel...
Aber was
für eine Klingel sollte er drücken?
Er
entschied sich nach kurzem Zögern für die Klingel mit der Aufschrift:
Buffys Hoppsala-Himmelbett.
Warum entschied
er sich für Buffys Hoppsala-Himmelbett?
Er war
gerade so in Stimmung, die Schlampe in ihrem Bett zu sehen, und das Schild war
so persönlich, alle anderen Schilder – mit Ausnahme vielleicht das ‚Vampir und
Vampirette’ Schild, was ihn eventuell auch interessiert hätte – waren so
unpersönlich. Nein besser gesagt uninteressant. Allein von dem Namen Buffy war
er fasziniert. Oder war er davon besessen?
Jedenfalls
drückte er auf die besagte Klingel.
Am
Anfang spürte er gar nichts.
Er sah
über sich die Decke seines Zimmers. Seltsamerweise befand sich ein Spiegel an
der Decke über seinem Bett.
Na und
wenn schon, das sah alles ziemlich normal aus, und er wollte schon richtig
einschlafen, um den Gedanken zu entgehen, die sich immer noch mit seinem
früheren Leben in Rom befassten und damit auch automatisch mit der damaligen
Untreue seiner damaligen Ehefrau.
Er
wollte sich auf die Seite drehen und stellte fest, dass es nicht ging.
Er
konnte kein einziges Glied bewegen, bis auf seine Augen, und als er die verdrehte,
um besser Einsicht auf die Lokalität zu nehmen, stellte er bestürzt fest, dass
er ganz flach war, dass er keine Gliedmaßen hatte.
...Und dass er kurz gesagt, anscheinend selber Buffys Hoppsala-Himmelbett war.
Das war
wirklich eine Überraschung! SURPRISE, SURPRISE...
Und
nicht genug der Überraschung, vollkommen unbeweglich und flach zu sein, nein,
Spike hörte, wie eine Tür sich öffnete und zwei Personen in das Zimmer kamen,
zwei Personen verschiedenen Geschlechts, wie man an ihren Stimmen erkennen konnte.
Und er kannte diese Stimmen sehr gut.
Und das
einzige, was Spike in diesem Moment dachte, war:
NICHT
SCHON WIEDER!!!
Spike
wollte sich in irgend etwas kneifen, um diesen beschissenen Traum zu beenden,
aber er konnte natürlich kein Glied rühren, um sich in irgendetwas zu kneifen,
denn er war ja immer noch das Himmelbett. Das Himmelbett daselbst. Bewegungslos
und so dastehend...
Das
Himmelbett, auf das sich Buffy und Angel gerade sinken ließen.
Das
Himmelbett, auf dem sie sich gegenseitig auszogen, mit quälender Langsamkeit,
sich ausgiebig küssten und streichelten.... Spike sah alles im Spiegel an der
Zimmerdecke.
Spike
konnte auch seine Stimmbänder nicht bewegen. Und peinlicherweise hatte er das
Gefühl, seine Sprungfedern würden quietschen. Warum leistete sich die Schlampe
nicht ein bequemes Wasserbett bei ihrem regen Geschlechtsverkehr. Das wäre viel
bequemer und vor allem nicht so geräuschvoll.
Das
Himmelbett, auf dem Angel Buffys Brüste liebkoste, bis sie schließlich anfing
zu wimmern und ihn bat, sie endlich zu ficken.
Das
Himmelbett, auf dem er schließlich mit ansehen musste, wie sie sich liebten und
schließlich stöhnend und erfreut zum Höhepunkt kamen (Erfreut???-seltsam!
Buffys Höhepunkt kam ihm ein wenig gespielt vor... wie in einem Pornofilm, und
Spike hatte recht, er sah in Wirklichkeit einen Pornofilm, aber mit den ihm
bekannten und mittlerweile gehassten Gesichtern von Buffy und Angel, aber
daraus ersieht man, dass Spike sehr wohl zwischen einem echten und einem
gespielten Höhepunkt unterscheiden konnte....).
Du
kannst sie nie so befriedigen wie ich, dachte er. Aber das war kein wirklicher
Trost für ihn, denn sie liebte ihn nicht...
Würde
ihn nie so lieben wie sie Angel liebte.
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
Buffy
richtete sich nach einem unruhigen Schlummer auf. Das Halsband hatte sie mit
einem gezielten Stromstoß geweckt, den natürlich Zirza ausgesandt hatte,. Buffy
hatte das Halsband auch im Bett anbehalten, weil Zirza ihr unbedingt dazu
geraten hatte.
Richte
dich nur nach dem Halsband, hatte ihre Freundin Zirza zu ihr gesagt. „Das
Halsband wird dir schon sagen, was zu tun ist.“
Und
Buffy vertraute Zirza blind, denn Zirza hatte ihr dieses blinde Vertrauen in
der privaten Hypnosesitzung eingeflößt, die sie mit Buffy veranstaltet hatte.
Wenn das
Halsband dich weckt, dann folge seinem Verlangen, hatte sie ihr zusätzlich noch
eingeflößt.
Das
Halsband flüsterte: Geh zu ihm und zeige ihm deine Liebe. Er wartet auf dich.
Du wirst seine Gedanken sehen können und wie er dich liebt. Alles wird gut
werden.
Und
Buffy vertraute der Stimme, erhob sich wie hypnotisiert, streifte ihren
leichten seidenen Morgenrock um, ging auf den Balkon, der auf der Rückseite des
Herrenhauses alle Zimmer der Wohnung zugänglich machte, und von dort aus zu
Spikes Zimmer, denn sie wusste, dass er immer bei offener Balkontür schlief.
Sie trat
leise in sein Zimmer. Sie sah ihn nackt und regungslos auf dem Bett liegen,
lächelte und ging langsam auf das Bett zu...
Nachdem
das Pärchen vom Bett aufgestanden war – was Spike freudig begrüßt hatte, denn
er hatte es kaum aushalten können, die beiden in dieser Intimität zu sehen –
und das Zimmer verlassen hatte, hoffte er, endlich einschlafen zu können und
diesen beschissenen Ort zu verlassen. Und er fühlte sich schrecklich steif.
Dann auf
einmal hörte er wieder jemanden im Zimmer. War das saubere Pärchen noch mal
zurückgekommen? Nicht das!!!
Es war
Buffy, die alleine ins Zimmer gekommen war, sie trug einen leichten seidenen
Morgenrock und hatte sich einen Stoffgürtel locker um ihre Hüften gebunden,
aber der Morgenrock stand vorne so weit offen, dass man fast alles von ihr
sehen konnte, fast alles von ihren Brüsten, ihre nackte Taille und ihre nackte
Scham.
Spike
konnte das in dem Spiegel an der Decke sehen.
Wo ist
Angel, wunderte er sich.
Buffy
fixierte mit ihren Augen das Himmelbett, und Spike hatte auf einmal das Gefühl,
sie könnte ihn sehen. Was natürlich vollkommener Humbug war.
Er war
das Himmelbett.
Sie
schien ihn aber trotzdem sehen zu können.
So ein
Quatsch. Er war das Himmelbett, er war unbeweglich, er war nur ein Ding.
Ein
seelenloses Ding, wie Harris einmal so treffend gesagt hatte.
Buffy
erklomm zielsicher das Himmelbett.
Er
konnte wieder kein Glied rühren. Bis auf verdammt noch mal eines! Falsch, er
konnte es nicht selber rühren, er spürte nur, wie sein verdammtes Glied sich
selbstständig machte und sich erhob. So ein Mist!!
Aber
vielleicht würde sie es nicht merken... Himmelbett...
Tat sie
aber doch. Denn sie ließ sich bequem über ihm nieder, umfasste zärtlich sein
Glied mit ihren kleinen Händen und fing an, es zart zu massieren, was ihn
natürlich noch mehr erregte, bis sie es schließlich in ihren Mund nahm und
anfing, daran zu saugen...
Auf eine
zärtliche Art und auf eine hingebungsvolle Art, vor allem auf eine Art, auf die
er voll abfuhr, was natürlich nicht zu übersehen war, wie er im Spiegel an der
Decke mit ansehen musste (Spike sah eine gefilmte Szene von sich und Buffy, die
eine kleine versteckte Kamera in der Deckenlampe gerade aufnahm und die Zirza
ihm postwendend, quasi in Echtzeit und ohne Verzögerung ins Gehirn schickte,
und deshalb musste er auch alles mit anschauen genauso wie eben die Szene mit
Buffy und Angel, Augenschließen war zwecklos, er sah alles weiterhin, denn er
sah durch die Nervenbahnen in seinem Gehirn).
Er
fühlte, wie sein Körper dahinschmolz, wie ihn ihre Zärtlichkeiten in Stücke
brachen, wie er aufhörte, im Innersten zu sein und wie er schließlich in ihrem
Mund so heftig kam, dass er sich vor Lust aufgebäumt hätte, wenn er es gekonnt
hätte. Er konnte es natürlich nicht – er war nur eine Matratze...
War es
ein Wunder nach dieser langen Zeit der Enthaltsamkeit? Abgesehen natürlich von
ein wenig Selbstbefriedigung. Hier und da...
Und sie
schien es zu genießen. Sie hatte seinen Samen geschluckt, was auch nicht jede
Frau so gerne tat und sie schmiegte sich der Länge nach an seinen Körper, nein
er hatte ja keinen Körper, sondern er war nur eine Matratze, sie schmiegte und
rieb sich mit ihren Brüsten an seinem Körper, seltsamerweise fühlte er seinen
Körper jetzt ganz deutlich, obwohl er doch nur ein Ding aus Federkernen,
Baumwolle und Zwirn war, sie rieb sich vor allem an seinem Glied, das wohl ein
Eigenleben entwickelt hatte und wieder voll auf der Höhe stand, und auf einmal
musste er daran denken, wie sie mit Angel den Koitus vollzogen hatte, so
lächelnd und erfreut wirkend wie in einem Pornofilm. Und er dachte, du bist nur
eine schlechte Nutte, aber ich kann es dir trotzdem besser geben, sogar als
Matratze kann ich es dir besser geben als sonst einer.
Was sie
sich anscheinend nicht zweimal sagen ließ. Sie setzte sich über ihn und führte
mit quälender Langsamkeit sein Glied erst unter sich und dann ganz langsam in
sich ein.
Im
Spiegel sah er, dass sie immer noch dieses verdammte Halsband trug. Diese
schamlose Person hatte keinerlei Moral, wirklich!
Sie
bewegte sich nicht viel, sondern schien nur sein Glied in sich spüren zu
wollen, sie ritt ihn ein wenig, überlegte es sich dann aber anders, sie wollte
es wohl nicht auf die wilde Tour haben, sondern ließ ihren ganzen Körper sanft
auf seinen Körper, nein, falsch auf die Matratze sinken.
Dann
versuchte sie, ihn auf dem Mund zu küssen, was Spike zwar spürte, aber nicht
erwidern konnte oder wollte, denn er war ja nur eine Matratze ohne menschliche
Lippen, dann schmiegte sie sich wieder ganz flach in ihrer vollen Klänge – was
natürlich nicht sehr lang war – an ihn, als ob sie jeden Zoll seines Körpers
spüren wollte und sie so nah wie möglich bei ihm sein wollte. Und sie versuchte
wieder, ihn zu küssen, was er wieder nicht erwidern konnte und auch nicht
erwidern wollte... bis sie dann schließlich aufstöhnend innehielt, weil der
Höhepunkt sie überwältigte und sie sich wieder ganz flach auf ihn fallen ließ,
nein falsch, auf die Matratze fallen ließ...
„Spike...“,
und sie ächzend und nach Luft ringend seinen Namen keuchte.
Spike
kam kurz nach ihr zum Höhepunkt, aber er fühlte sich dabei irgendwie...
vergewaltigt vielleicht? Ja, vielleicht... Natürlich stand er auf jede sexuelle
Spielart, aber hätte es bei diesem ersten Mal nicht etwas anders sein müssen?
Etwas netter vielleicht. Und vielleicht ohne dieses Gefühl, nur eine Matratze
zu sein?
Jedenfalls
fühlte er sich beschissen und gedemütigt, und sein Leben im alten Rom stand so
deutlich vor ihm, dass er sich noch beschissener fühlte. Und auch die Szene mit
Angel und ihr nagte noch an ihm, obwohl das mit Sicherheit ein böser Traum
gewesen war, aber es tat weh... Und trotz der körperlichen Befriedigung – die
natürlich grandios gewesen war wie immer mit Buffy, wie er grollend dachte –
fühlte er sich in der Seele waidwund und verletzt. Obwohl er doch nur eine
seelenlose Ansammlung aus Federkern, Baumwolle und Zwirn war, tat ihm alles
innerlich weh. Mussten wohl die Federkerne sein, dachte er höhnisch.
Und er
wollte ihr weh tun. Er wollte ihr so weh tun, wie es nur irgendwie ging.
Buffy
lag mit ihrem leichten, jetzt vollkommen entspannten Körper immer noch auf ihm.
Als ihr Herz wieder ruhiger schlug und sie wieder normal atmen konnte, umfasste
sie zärtlich sein Gesicht und küsste ihn leicht auf dem Mund.
Er
murmelte etwas, was sie aber nicht verstand.
„Was
sagt du, Liebster?“ fragte sie leise, küsste ihn noch einmal und schmiegte sich
mit ihren Brüsten an seinen Oberkörper.
„Mach’s
mir noch einmal.... Zirza.“
Seine
Stimmbänder funktionierten wieder. Dem Himmel sei Dank! Spike wusste zwar
selber nicht, wie diese Worte seinen Mund verlassen konnten und wie er auf
diese Idee mit Zirza gekommen war, aber er hatte es nun einmal gesagt, und er
hoffte, es würde Buffy so richtig weh tun.
Buffy
erstarrte auf seinem Körper. Was hatte er da gesagt?
Das
konnte nicht sein. Es war ein Versehen.
Aber
gleichzeitig verpasste ihr Zirza, die ein Stockwerk höher wie eine schwarze
Spinne lauerte und agierte, ein genaues Bild, nämlich ein Bild von Spike und
Zirza, wie sie sich nackt auf Zirzas Bett herumwälzten, wie sie lachten und wie
Spike Zirza ansah, so voller Begehren. Es war ein Bild, so deutlich und klar
und aussagekräftig, dass es jeden eventuell noch vorhandenen Zweifel an Spikes
Untreue zerstörte. Das Bild war natürlich getürkt – es gibt heutzutage nichts,
was man mit einem Computer nicht machen kann...
Plötzlich
erschien noch ein anderes Bild, und zwar Spike, der alte Spike mit Gameface,
beide Bilder wechselten sich ab, flackerten wie ein Stroboskop in einer Disco
und brannten sich im Bruchteil einer Sekunde in ihre Gehirnwindungen ein, und
sie würde die Bilder für lange Zeit in sich behalten, in aller grausamen
Schärfe, und im schlimmsten Falle würde sie die Bilder für immer in sich
behalten...
Denn
dazu gab das Halsband noch eine ansehnliche Dosis GS17 ab, die sich unbemerkt
von Buffy in ihren Hals bohrte, sofort in ihre Blutbahn geriet und schließlich
ihr Kleinhirn erreichte und sich dort einnistete. Das GS17 würde alles Zweifel
über das, was sie in diesen Minuten gehört und gesehen hatte, restlos
zerstören. Alles was sie gehört und gesehen hatte, würde ihr als die Wahrheit
erschienen, nein, falsch, es war die Wahrheit. Sie hatte die beiden wirklich in
Zirzas Zimmer gesehen. Zumindest glaubte sie das nun.
Und
hatte Zirza, diese Schlange, die mit ihrem Ehemann herummachte, ihr nicht
gesagt, dieses grandiose Halsband könnte die Gefühle von anderen erkennen und
lesen.
Oh
Gott!!!!
Das war
die Wahrheit?
Hoffentlich
hatte er sie nicht erkannt. Hoffentlich dachte er, es wäre Zirza gewesen, mit
der er gerade gefickt hatte. Sie hätte die Demütigung nicht ertragen, wenn er
sie erkannt hätte.
Sie
hatte sich ihm aufgedrängt, und er wollte sie gar nicht haben. Oh Gott!!!!
Er war
ein widerliches Schwein. Er hatte sich überhaupt nicht geändert. Alle Männer
waren Schweine. Aber er ganz besonders.
Buffy
floh schnell und lautlos über den Balkon aus dem Zimmer.
Ihren
Morgenrock hatte sie noch an.
© Ingrid
Grote 2004 Fortsetzung HIER
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und
der Rest dort: