KAPITEL IX Teil 1
Andromeda
klopfte heftig an die Tür des Verwalterhäuschens.
Es war
zwei Tage nach dem Sommerball, und es war früh am Morgen.
Andromeda weinte, während sie ihren Kater Alfonso auf den Armen hielt.
Alfonsos
wunderbar getigerter Körper war weich und schlaff, die Leichenstarre war schon
vorbei, und man konnte fast denken, er schliefe. Der Kater hatte keine äußeren
Verletzungen, aber sein kleines Gesicht sah so entsetzlich tot aus...
Als Max
nach kurzer Zeit, er war schon aufgestanden, die Tür öffnete und die weinende
Andromeda mit dem toten Kater auf dem Arm sah, musste er schlucken. Er hatte
den kleinen unverschämten Kerl gern gehabt, der Kater war zwar immer im
unpassenden Augenblick erschienen und hatte sich zwischen Max und Andromeda
oder auf Max und Andromeda gesetzt – denn sie hatten doch alle den kleinen
Alfonso lieb – aber Max mochte den Kater trotz seines einnehmenden Wesens.
„Ach
Gott, Andy“, sagte er hilflos zu dem weinenden Mädchen.
„Warum
Alfonso? Er hat doch niemanden was getan?“ schluchzte Andromeda und lehnte sich
hilfesuchend an Max.
„Die
Mäuse würden das vielleicht nicht so sehen“, sagte Max und ärgerte sich sofort
über seine Worte. „Wo und wann hast du ihn gefunden?“
„Ich
wollte gerade zum Bäcker“, weinte Andy, „und da lag er kurz vor der
Hauptstraße. Er war die ganze Nacht über weg.“
„Er ist
wahrscheinlich überfahren worden“, sagte Max, und das Bild von einem roten
Mercedes-Cabriolet schob sich vor seine Augen, denn er hatte Zirza abends noch
mit ihrem Auto wegfahren sehen. Es konnte natürlich auch jemand anders den
Kater überfahren haben. Aber das glaubte Max eigentlich nicht.
„Er hat
nicht gelitten, nicht wahr Max?“
„Nein,
das hat er bestimmt nicht. Er sieht so friedlich aus, er war bestimmt sofort
tot.“ Max schob Andy mitsamt dem toten Kater sachte von sich fort und sagte:
„Wir müssen ihn begraben.“
„Ja, das
müssen wir wohl.“
Max ging
ins Haus zurück, holte eine leere Weinkiste mit einem flachen Holzdeckel. Sie
legten den Kater hinein, wobei Andromeda jammerte, dass es so hart für Alfonso
wäre, und Max spendierte daraufhin ein Kissen, damit Alfonso es in der Ewigkeit
weich und bequem hatte.
Andromeda
ließ es sich nicht nehmen, den kleinen Katzensarg selber zu tragen, Max holte
aus dem Stall einen Spaten, und sie gingen gemeinsam in den Park, wo sich in
einer versteckten Ecke schon diverse Grabstellen von diversen Tieren befanden,
die allesamt ein kleines Holzkreuz oder einen flachen Stein besaßen.
Sie
begruben Alfonso in seinem Sarg, und Andromeda kamen wieder die Tränen.
Sie
stand weinend da und dachte an den Nachmittag, als sie mit Alfonso bei Spike
und den Kindern war. Spike hatte eine CD aufgelegt, und sie hatten alle
getanzt, Spike mit dem krähenden Gwydion auf dem Arm, sie mit der kleinen
Morgan, abwechselnd getrennt und zusammen, und sogar der kleine Alfonso hatte
getanzt und versucht, auf seinen Hinterbeinen zu balancieren, was überraschend
gut klappte. Jedenfalls sah er aus wie der gestiefelte Kater, nur ohne Stiefel,
und alle mussten lachen, von Gwydion, der mit der Hand auf ‚Fonso‘ zeigte, über
Spike und Morgan und schließlich über Andromeda, die ‚Fonso’ zärtlich auf den
Arm nahm, was er aber gar nicht mochte, denn er war ein ehrenwerter stolzer
Kater, und sie ließ ihn dann schnell wieder hinunter, um ihn weiter auf seinen
Hinterbeinen herumhopsen zu sehen. Er war ja so süß!
Oder wie
er sie immer in den Ärmel ihrer Jacke biss, wenn sie ihn gereizt hatte. Er
verbiss sich in ihren Ärmel wie ein Polizeihund in einen Verdächtigen. Alfonso
war nicht ganz normal, er kratzte nicht, sondern er biss zu wie ein Hund. Der
verrückte Kerl!
Und
jetzt war er tot.
Sie
musste immer weiterweinen. Ohne Ende.
Max sah
sie an und machte sich Sorgen um sie. Nein, nicht wegen dem Tod des Katers,
sondern weil ervermutete, dass Andromeda selber in Gefahr war und dass Zirza
den Kater aus purer Boshaftigkeit oder Übellaunigkeit überfahren hatte.
Zirza
hatte Andromeda lange in Ruhe gelassen....
Er hatte
recht mit seiner Annahme.
Er hatte
Zirzas Cabriolet genauer untersucht und eine Beule unterhalb des rechten
Scheinwerfers gefunden, die durchaus durch den Aufprall eines kleineren Tieres
entstanden sein konnte. Bei näherem Hinsehen konnte man sogar noch einen
Blutfleck und ein paar Haare erkennen. Und diese wunderbaren in sich noch
gesprenkelten Haare waren eindeutig Alfonsos Haare.
Sie
hatte ihn überfahren. Mit Sicherheit nicht aus Versehen, sondern absichtlich
überfahren, denn Alfonso war ein sehr vorsichtiger kleiner Kater, er mied die
Hauptstraße und versuchte auch nicht, sie zu überqueren wie andere wahnwitzige
Katzen, die sich einen Sport daraus machten, kurz vor einem Auto noch über die
Straße zu rasen, was meistens ziemlich tödlich für sie endete.
Andromeda
hatte ihn ein paar Meter vor der Einmündung auf die Hauptstraße gefunden.
Also
hatte Zirza richtig Gas gegeben, um ihn zu erwischen, dieses kranke Weib.
Es war
an der Zeit, etwas gegen sie zu tun.
Max
stand eine Weile regungslos vor Zirzas Auto, bis er dann langsam und in
Gedanken versunken auf sein Haus zuging.
Es war
so schwer, das zu tun, obwohl es nicht anders ging.
Andromeda
lag noch auf seinem Sofa. Sie lag mit dem Gesicht zur Rückenlehne und schien zu
schlafen.
Max
streichelte ihr übers Haar und legte eine Decke über sie. Es war draußen
merklich kühler als noch vor ein paar Tagen, und der Sommer schien vorbei zu
sein.
Dann
holte er aus einem Fach seines Schreibtischs einen größeren Umschlag und einen
Brief heraus, warf noch einmal einen Blick auf Andromeda, einen so liebevollen
Blick, dass, wenn Andromeda diesen Blick gesehen hätte, sie förmlich
zerschmolzen wäre und verließ das Häuschen.
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
Zirza
hatte eine wirklich prächtige Laune. Alles hatte wunderbar geklappt. Das
Ehepaar Castaway schaute sich mit dem Arsch nicht mehr an. Sie verhielten sich
wie Hund und Katz, nein besser gesagt wie Katz und Katz, und diese gegenseitige
Abneigung würde vorhalten, zumindest bei Buffy, denn das GS17 war ein so
wunderbarer Stoff.... Bei Spike war sich Zirza nicht sicher, ob seine Abneigung
gegen Buffy von Dauer wäre, denn er hatte das GS17 schließlich nur eingeatmet,
und das war lange nicht so wirkungsvoll wie das Spritzen. Bei Buffy hingegen
war sie sich sehr sicher.
Natürlich
verlor das GS17 irgendwann seine Wirkung – Zirza kicherte albern in sich hinein
– es hatte eine Halbwertzeit von vier Jahren, von schlappen vier Jahren –
wieder kicherte Zirza albern in sich hinein – und bis dahin war diese ‚Ehe’
schon lange kaputt. Unter gewissen Umständen konnte das GS17 allerdings auch
vorher schon seine Wirkung verlieren, aber das wäre zu köstlich, denn die
Umstände des Verlierens der Wirkung – kicher kicher – würde kaum jemand
überleben. Also hieß es: Hass ihn! Oder hass ihn nicht, aber stirb!
Sehr
witzig, wie Zirza fand.
Ihr
Halsband hatte Zirza übrigens am Morgen nach dem Sommerball vor ihrer Tür
gefunden, von Buffy keine Spur. Die kleine Buffy war wohl nun nicht mehr ihre
Freundin. Schade aber auch! Wieder kicherte Zirza.
Und sie
war diesen lästigen aufdringlichen Kater endlich losgeworden. Dauernd lief ihr
das blöde Vieh vor den Füßen herum.
„Du hast
es getan, nicht wahr“, sagte eine dunkle männliche Stimme hinter ihr.
Zirza
wandte sich um und sah doch tatsächlich ihren Cousin Max an der Tür stehen.
„Oh!“
Ihre Stimme klang verächtlich. „Hallo Farmerboy. Was führt dich zu mir? Sind
dir deine geliebten Misthaufen ausgegangen?“ Zirza musste wieder lachen, weil
sie sich so großartig fühlte, dass sie ihre eigenen Witze auch großartig witzig
fand.
„Ich
will eigentlich nur, dass du dir diese Unterlagen anschaust.“ Mit diesen Worten
warf Max ihr den großen Briefumschlag zu, er wollte es vermeiden, näher an sie
heranzugehen, und er hatte seine Gründe dafür.
Zirza
fing den Umschlag geschickt auf und lachte wieder.
„Na los,
mach ihn schon auf. Es ist eine Überraschung.“
„Ich
liebe Überraschungen nicht besonders“, sagte Zirza unwillig, nestelte aber
trotzdem an dem Umschlag herum, legt den Inhalt auf das Tischchen neben ihr,
griff sich das erste Stück Papier, entfaltete es und überflog es flüchtig.
„Was zum
Teufel...“ Ihre Stimme klang etwas verunsichert, aber man hörte es kaum heraus.
„Lies es
durch. Am besten lies alles durch“, sagte Max und lächelte sarkastisch.
Allerdings fühlte er sich bei weitem nicht so sicher, wie er vorgab zu sein.
„Du
glaubst doch nicht, dass diese alte Schachtel Mansell mir irgendwas in die
Schuhe schieben kann. Dafür ist sie doch viel zu dämlich.“ Zirzas Stimme klang
nun etwas lauter.
„Die
‚alte Schachtel Mansell’ vielleicht nicht, aber dein Exverlobter vielleicht,
den ich in Seattle besucht habe, er hat mir ziemlich interessante Sachen über
dich erzählt...“
„Ach
halt doch dein Maul!“ Zirzas Stimme klang , als ob sie ihn mit Freuden erwürgt
hätte. „Der Mann ist einfach nur eifersüchtig.“
„Wie
auch immer, Tatsache ist doch wohl, dass du Tante Mansell ein angebliches
Zaubermittel gegeben hast, um die Geburt leichter zu machen. Sie hatte vorher
immer solche Alpträume – sie hatte geträumt, dass Kassiopeia sterben würde.“
„Ja und?
Ich habe ihr ein harmloses Mittel gegeben, und die blöde schwerhörige Nuss hat
mich falsch verstanden und zuviel davon ihrer geliebten Nichte gegeben. Was
kann ich dafür?“ Zirzas Stimme klang nun nach künstlicher Empörung.
„Das
stimmt nicht so ganz. Es war kein Zaubermittel, und es war auch nicht harmlos,
was du Mansell gegeben hast, sondern es war ein gewisser Stoff, ein Stoff, der
die Blutgerinnung stark herabsetzt. Und bei einer Geburt können dann sowohl die
Mutter und auch das Kind an der kleinsten Wunde sterben.“
„Das ist
doch Schwachsinn!“ In Zirzas Stimme schien ein kleines Zeichen von Angst
aufzuglühen, aber dennoch hatte sie sich immer noch meisterhaft unter
Kontrolle.
„Das
zweite Dokument. Lies es!“ Max’ Stimme klang unerbittlich.
„Du hast
eine blühende Fantasie.“ sagte Zirza, aber ihre Stimme klang leiser als vorher,
nachdem sie sich das zweite Dokument zu Gemüte geführt hatte.
„Mag
sein, Cousine, aber dein Exverlobter hat es mir schwarz auf weiß gegeben, dass
er dir damals diese Stoffe zur Verfügung gestellt hat, ohne zu wissen, was du
damit machen würdest. Du hast ihm natürlich irgendeinen Dreck erzählt...“
„Na und?
Keiner würde so etwas glauben“, meinte Zirza nach außen hin vollkommen ruhig.
Aber in ihren Augen stand eine gewisse Panik.
„Nun,
ich denke vielleicht doch. Und das Unfassbare an der ganzen Sache ist, dass
Tante Bernadette lange gedacht hat, sie selber wäre schuld am Tode ihrer
Tochter und ihres Enkelkindes.“
„Das
kannst du mir nicht in die Schuhe schieben! Es gibt keinerlei Beweise.“
„Aber
sicher doch. Dein Exverlobter hat auch dieses Pilzgift hergestellt. Für dich
natürlich. Du hast ihm erzählt, es würde bestimmt nicht so durchschlagend
wirken wie das richtige Gift, er fühlte sich in seiner Ehre gekitzelt und hat
tatsächlich noch etwas besseres hergestellt, ein Gift, das so langsam wirkt,
dass Kinder, die von einer vergifteten Mutter oder Amme gestillt werden, nach
einer gewissen Zeit auch vergiftet werden. Er wusste natürlich nicht, dass du
versuchen würdest, erst die Amme und dann Andromeda damit zu töten. Andromeda
hast du nicht töten können, aber das andere Kind schon.... Und Bernadette hatte
dich in der Küche gesehen, bevor sie dieses Pilzgericht zu ihrer Tochter
gebracht hat.“ Max musste Luft holen, bevor er fortfuhr: „Du hattest dich
damals schon bei Kassiopeia eingeschleimt. Warum hast du ihr das Gericht nicht
selber gebracht? Hast du Angst gehabt, man könnte dich verdächtigen?“ fragte
Max mit höhnisch klingender Stimme.
„Klar,
du Idiot! Es war sicherer so.“ Zirza schien geschlagen, und es war ihr
anscheinend egal, ob sie sich als schuldig bekannte oder nicht.
„Du
gehst natürlich kein Risiko ein. Oder?“
„Ich bin
doch nicht verrückt. Also was willst du von mir?“
„Ich
will, dass du weggehst von hier und niemals wiederkommst! Ich will, dass du die
Scheidung von Archie einreichst! Er hat so etwas wie dich nicht verdient. Und
lass am besten auch Buffy und Bill in Ruhe“, sagte Max, dem seit zwei Tagen das
schlechte Verhältnis zwischen dem Ehepaar Castaway aufgefallen war. Dieses
Verhältnis kam ihm nicht ganz normal vor, und eventuell hatte Zirza etwas damit
zu tun.
„Ach!
Und wie kommst du darauf, dass ich mich darauf einlasse.“
„Lies
das nächste Dokument. Es ist eine Erklärung an Eides statt, unterschrieben von
Tante Mansell, Tante Bernadette und deinem Exverlobten – ich glaube, der Junge
hat ein schlechtes Gewissen, weil du mit seinen Sachen so böse Dinge angestellt
hast, er hat sich ja auch seit mehreren Jahren nicht mehr in Campodia blicken
lassen – also wo war ich? Ach ja, diese Erklärung an Eides statt liegt bei
mehreren Anwälten in Seattle und in Boise.“
Zirza
starrte ihn hasserfüllt an.
Max
machte eine kleine Pause, bevor er fortfuhr: „Falls du auf die Idee kommen
solltest, diese Anwälte zu eliminieren, gib es auf, es sind zu viele, also gib
es auf und hau ab. Hau einfach ab!“
„Wieso
hast du meine Mutter getötet?“
Max und
Zirza wandten sich der Stimme zu, in der die Tränen über den getöteten Kater
noch mitschwangen.
„Kassiopeia
hat die Götter beleidigt“, sagte Zirza, nachdem sie eine Weile mit ihren
schwarzen Augen in Andromedas Gesicht gestarrt hatte.
„Wieso?“
Andromedas Stimme klang unerbittlich.
„Deine Mutter, diese Kuh, hat mir Archibald weggenommen. Er war schon fast dabei, mir einen Antrag zu machen, aber nein, er musste sich in diese...“, Zirza spuckte die Worte förmlich aus, „menschliche Frau verlieben. Und das habe ich ihr nicht verziehen.“
„Das ist krank“, sagte Andromeda mit zitternder Stimme.
„Nein,
mein Kind, krank ist das, was dein Perseus dir angetan hat!“ Nun klang Zirzas
Stimme triumphierend. Sie hatte zwar verloren, aber die Rache war ihr sicher.
„Wieso
Perseus? Was meinst du?“
„Nun, er
war es doch, der dich entführt hat. Er war der Jäger, der Schneewittchen töten
sollte. Und er war das Ungeheuer, das Andromeda töten sollte.“
„Nein.“
sagte Andromeda leise.
„Oh
doch. Frag ihn!“ Zirza schien unerbittlich.
„Nein.“
sagte Andromeda angstvoll. Und schien nicht fähig, den Kopf dorthin zu wenden,
wo Max stand, oder wo er immer noch stehen sollte.
„Warum
glaubst du, hat er dich gefunden? Warum wohl? Natürlich nur, weil er wusste, wo
du warst. Ist doch sonnenklar! Ist es nicht herrlich, dass Max, dein Farmerboy
und Geliebter, gleichzeitig Perseus und das Ungeheuer ist. Ich hätte das seinem
eher schlichten und stereotypen Charakter gar nicht zugetraut.“
„Es ist
nicht wahr“, sagte Andromeda mit tonloser Stimme, wandte sich endlich Max zu
und sah ihm in die Augen. In diese grauen Augen, die sie so liebte.
„Sag
mir, dass es nicht wahr ist.“
Max
konnte es nicht sagen, und deshalb floh er aus dem Zimmer.
Es
stimmte also. Andromeda sackte in sich zusammen. Ihr Leben war in diesem kurzen
Augenblick in Stücke zertrümmert worden.
Nichts
war wahr, was sie für wahr gehalten hatte.
Max war
ihr Retter und ihr Verderber zugleich. Max hatte ein Kind im Wald ausgesetzt
und es fast sterben lassen. Es konnte nicht wahr sein. Der Max, den sie kannte,
hätte das niemals getan.
Und
dennoch... Warum war er aus dem Zimmer geflohen? Warum hatte er es nicht
abgestritten? Warum, warum, warum...
Was
hatte er mit Zirza zu tun. Warum wusste Zirza es?
Es war
alles so ekelhaft.
Sie
wollte nicht daran denken, weil es so weh tat.
Sie
wollte nicht daran denken, weil sie es nicht glauben wollte, und ihr Körper
schaltete sich wie von alleine aus, schaltete für zwei Tage ihr Denken aus, wie
um sie vor der brutalen Wahrheit zu schützen, und während dieser zwei Tage lag
sie von Fieberkrämpfen geschüttelt in ihrem Bett.
Keiner
konnte sie in diesem Zustand erreichen.
Max
hatte schnell reagiert. Das war kein Wunder, denn er hatte diesen Tag erwartet,
seitdem er vor fünf Jahren nach Campodia zurückgekehrt war. Er hätte es ihr
viel früher sagen müssen. Aber er hatte bis vor ein paar Tagen nicht gewusst,
wie er die Sache hatte anfangen sollen. Er hatte nicht gewusst, wie und warum
es passiert war. Und er hatte keine Entschuldigung für sich gehabt.
Jetzt
hatte er zwar eine, wenn auch kleine Entschuldigung für sich, seitdem er Zirzas
Exverlobten in Seattle aufgesucht hatte – die Adresse hatte er von Maid Maryann
erhalten, die eine Verwandte von Zirzas Exverlobtem war – aber dadurch änderte
sich nichts an seiner Schuld. Denn normalerweise hätte er Andromeda durch seine
Tat umgebracht. Nur ihre sagenhaften Fähigkeiten zur Regeneration hatten sie
die ‚Entführung’ überleben lassen. Und wenn er sie auch nur ein paar Minuten
später gefunden hätte, dann wäre sie trotz dieser sagenhaften Fähigkeiten zur
Regeneration gestorben. Er hatte Glück gehabt, und sie hatte auch Glück gehabt.
Es war nicht sein Verdienst, dass sie am Leben geblieben war, sondern es war
purer Zufall.
Und
seine Schuld war, dass er keinem etwas gesagt hatte und sie alleine gesucht
hatte. Das war unverantwortlich gewesen, und er wusste nicht mehr, warum er so
etwas getan hatte. Dadurch hatte er sie in noch größere Gefahr gebracht.
Vielleicht aus Angst, vielleicht aus Scham hatte er keinem davon erzählt. Er
wusste es nicht. Es schien eine große geistige Entfernung zwischen dem Jungen
Max und dem Mann Max zu liegen. Dem Mann Max war alles unverständlich, was der
Junge Max damals gedacht und getrieben hatte. Hatte der Junge überhaupt
gedacht?
Aber
trotz seiner Traurigkeit war Max froh, dass er Zirza am Ende doch
niedergerungen hatte. Sie würde Campodia verlassen, und man würde sie nie
wieder dort sehen. Die Beweise, die in den Dokumenten aufgeführt waren, waren
zu stichhaltig, und die Tatsache, dass er, falls Andromeda oder ihrem Vater
jemals etwas zustoßen sollte, diese Dokumente sofort an die Staatsanwaltschaft
in Boise übergeben würde, hatten sie wohl vom Ernst seiner Drohung überzeugt.
Max
hatte nach Archie gesucht, den er schließlich in den Ställen fand.
Er hatte
seinem Arbeitgeber und Gönner den Brief gegeben und solange gewartet, bis
Archie ihn gelesen hatte.
„Du
kannst mich und sie auch natürlich anzeigen, wenn du möchtest“, hatte er zu
einem ziemlich fassungslosen Archie gesagt. „Es ist mir egal. Aber die Tanten
möchten nicht, dass etwas von dieser ganzen beschissenen Sache nach außen
dringt. Und bei Zirza bin ich mir nicht sicher, ob die Beweislage ausreichend
ist, um sie zu verurteilen. Aber wie gesagt, Kassiopeia war deine Frau,
Andromeda ist deine Tochter, und du musst wissen, was du tust.“
„Verdammt
noch mal, Max... Du musst nicht von hier weggehen“, sagte Archie nach einer
Weile, in der er schwer nachgedacht hatte. Der Junge tat ihm leid.
„Ich
muss gehen“, entgegnete Max. „Du hast ihren Blick nicht gesehen. Sie wird es
mir nie verzeihen...“
„Ach
was! Meine Tochter wird sich schon wieder einkriegen“, sagte Archie aufmunternd
und hoffnungsvoll, denn er verlor gerade seinen Ziehsohn, seinen
Wunschschwiegersohn und den besten Verwalter, den er je gehabt hatte.
„Nein,
das wird sie nicht. Sie ist so gut...“ Max drehte Archie den Rücken zu, weil er
nicht wollte, dass sein Gönner und Ziehvater sah, dass seine Augen feucht
wurden.
„Was
sind das für Namen auf dieser Liste?“ Archie wechselte das Thema, um Max die
Möglichkeit zu geben, sich wieder zu fangen.
„Es ist
eine Liste von Kandidaten, die vielleicht in Frage kommen, das Gut
weiterzuführen. Sie sind im Augenblick alle frei.“
Was Max
Archie nicht sagte, war, dass auf der Liste auch seine Exfreundin stand, mit
der er immerhin drei Monate zusammen gewesen war. Max wollte nicht, dass
Andromeda sich dadurch gedemütigt fühlte, nein Max wollte, dass Andromeda ihn
dann hassen würde, denn Hass war soviel leichter zu ertragen als eine
fehlgeleitete Liebe.
Eine
Liebe zu einem Unwürdigen, wie Max bitter dachte.
„Du hast
alles schon lange geplant“, sagte Archie endlich zu ihm.
„Es hing
wie dieses Schwert des Damokles über mir. All diese Jahre. Ich hoffe, du
verzeihst mir irgendwann.“
„Ich
habe dir eigentlich schon verziehen. Das warst nicht du, Max“, sagt Archie, der
versuchen wollte, Max zu halten. Aber er fühlte, es war zwecklos.
Und es
war zwecklos.
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
KAPITEL
IX Teil 2
Max, der
keine fünfzehn Jahre alt und schwer mit den Hormonen der Pubertät vollgepumpt
war...
Max, der
seine erste sexuelle Erfahrung auf dem Heuboden über den Ställen des Campeschen
Gutshofes machte, bevor ein Reiterstübchen daraus wurde, und zwar mit einem
sechzehnjährigen Küchenmädchen.
Max, der
diesen Akt so enttäuschend fand, als ob er sein Ding in ein Waschbecken mit
lauwarmen Wasser gehalten hätte...
Max, dem
es schien, als ob man diesem Ereignis viel zu viel Bedeutung beimessen würde,
der aber trotzdem anfing, nach irgend etwas zu suchen...
Nach
irgend etwas zu suchen, welches besser und eindrucksvoller war als dieser
lauwarme Akt auf dem Heuboden über den Stallungen....
Zirza,
seine fünf Jahre ältere Cousine – sie war damals frisch mit dem Witwer
Archibald von Campe verheiratet, wurde auf dieses Hormonbündel aufmerksam und
entschloss sich, das Hormonbündel für ihre widerlichen Zwecke auszunutzen.
Die
Mittel dazu hatte sie. Gewisse Chemikalien – die ihr immer noch in sie
verliebter Exverlobter ihr beschaffte – und eine gewisse unerbittliche
Gemeinheit und Entschlossenheit, das Leben des Jungen zu zerstören. Was ging es
sie auch an?
Max, der
noch so jung war....
Max, der
etwas suchte und es schließlich in Zirza fand, die er wohl für die schönste
Frau der Welt hielt, was kein Wunder war, denn sie hatte sich reichlich mit
Pheromonen einparfümiert, und die sorgten dafür, dass er auch einen Besenstock
attraktiv gefunden hätte...
Was
Zirza wollte war, dieses Kind der Kassiopeia loszuwerden. Dieses Kind würde
Archies Vermögen teilweise erben, Zirzas Erbteil dadurch einschränken, und wenn
ihr eigenes Kind zur Welt kam, würde das Kind mit Andromeda teilen müssen, auch
wenn es ein Junge wäre, wie Archie es sich wünschte. Das war zu wenig...
Also weg
mit diesem lästigen Balg! Zumal Archie von ihr erwartete, dass sie sich als
seine Ehefrau und Andromedas Stiefmutter um das Balg kümmerte. Eine total
absurde Idee. Stattdessen hatte sie eine andere geniale Idee.
Warum
sollte sie nicht ihren beknackten halbwüchsigen Cousin durch Pheromone
bezirzen, um ihn sich gefügig zu machen, ihm dann ein paar Stoffe einflößen –
natürlich in Kombination mit einer kleinen Gehirnwäsche – und ihm dann den Rest
geben mit dem Stoff ‚Lysergsäuredimethylamid’.
Im
Volksmund LSD genannt.
Das im
Volksmund LSD genannte Rauschgift wäre der Katalysator, um diesen Cocktail von
Stoffen so richtig zum Aufblühen bringen. War zwar ein bisschen aus der Mode
gekommen in den späten 80er und frühen 90er Jahren, verdrängt durch fesche
Designerdrogen, aber immer noch sehr gut und sehr wirkungsvoll.
Gedacht,
getan... Zirza tat es.
Als
erstes ein paar Pheromone, die sie unwiderstehlich schön und begehrenswert
machten, ferner ein paar Halluzigene aus dem Privatlabor ihres Exverlobten,
dann ein paar suggestive Gehirnwäschen mit Andeutungen über den Feind. Über den
Feind, der die Menschheit vernichten würde. Über dieses ekelhafte Wesen, das
unerkannt im Dachgeschoss des Herrenhauses lebte. Und über dieses verkommene
ekelhafte Wesen, das unbedingt vernichtet werden musste.
Und so
kam es, dass Max im Schutze der frühen Dunkelheit von der Galerie im ersten
Stock auf die nach hinten gelegene Dachterrasse des Dachgeschosses kletterte,
wobei er die Gefahr, abstürzen zu können, vollkommen ignorierte, denn er war so
vollgepumpt mit Drogen, Giften und Halluzigenen, dass er diese Gefahr überhaupt
nicht wahrnahm.
Nein, er
war nur davon besessen, dieses Wesen zu töten.
Um die
Menschheit zu retten.
Um sich
selber zu retten, wie es ihm eine innere Stimme befahl.
Er nahm
das ekelhafte Ding an sich, vor Schrecken erschauernd, denn es versuchte, sich
mit seinen widerlichen Greifarmen an ihm festzuklammern, rutschte angeekelt und
nach Luft ringend das Regenrohr zur Galerie hinunter, sprang von dort auf die
Backsteinmauer, die den Park des Herrenhauses umschloss und verschwand von
niemanden gesehen an der Kirche rechts in Richtung Wald.
Zirza
hatte dafür gesorgt, dass niemand ihn sehen konnte, denn sie gab an diesem
Abend ein lautes rauschendes Fest (außerdem ein gutes Alibi für sie, falls
jemand auf die Idee kommen sollte, sie mit der Entführung ihrer Stieftochter in
Verbindung zu bringen), und niemand sah den Schatten, der auf die
Backsteinmauer sprang
Das Ding
war wirklich entsetzlich.
Es hatte
schleimige Tentakel, die mit Widerhaken besetzt waren, und es versuchte Max mit
diesen Tentakeln zu umfangen und zu ersticken.
Es hatte
keinen richtigen Mund, sondern nur eine runde rote Öffnung. Diese widerliche
Öffnung sonderte giftigen Geifer ab, und Max hielt das Wesen so weit wie es
ging von seinem Körper entfernt. Dieses monströse Ding.
Er
musste es töten. Die Stimme in seinem Kopf sagte: TÖTE ES!
Als er
weit genug vom Gutshof weg war, nachdem er mitten durch den Wald gerannt war,
immer noch mit diesem Bündel auf dem Arm, vor dem er sich ekelte und das er
töten musste, fand Max schließlich eine geeignete Stelle, um es hinzurichten.
Er legte
das Entsetzen einflößende widerwärtige Bündel Unrat auf den Waldboden und holte
das Messer aus seinem Gürtel.
Die
Schneide des Messers blitzte verführerisch im Mondlicht.
Er
wollte zustechen, das Leben dieses Dinges beenden, aber gerade in diesem
Augenblick gab das Ding ein Geräusch von sich.
Es klang
irgendwie verzweifelt. Es klang irgendwie hilfeheischend.
Max war
mit einem Mal verunsichert. Eigentlich hatte es ihm nichts getan. Und bei
näherer Betrachtung sah das Ding gar nicht mehr so schreckeinflößend und böse
aus.
Na gut,
diese Tentakel waren widerwärtig, aber es gab auch viele Tiere, die dem
Menschen widerwärtig vorkamen, es objektiv gesehen aber gar nicht waren.
Und
diese Halskrause, die sich ab und zu aufblähte, sah auch nicht schlimmer als
die Halskrause einer Echse von den Galapagos-Inseln.
Max
hielt inne.
Das Ding
hatte grüne Augen, zwar widerlich schleimige Augen, die böse schauten, aber Max
konnte es nicht tun.
Er
konnte das Ding nicht töten. Stattdessen schleuderte er es weit weg von sich in
ein Gebüsch und lief nach Hause.
Sollten
die wilden Tiere es töten!
Er lief
nach Hause, wo er achtzehn Stunden lang schlief. Als würde er einen gewaltigen
Rausch ausschlafen, und so etwas ähnliches war es ja auch.
Bis er
aufwachte und sein erster Gedanke war: Grüne Augen.
Durch
Max’ kräftige Konstitution waren die Gifte und Rauschmittel, die Zirza ihm
verpasst hatte, schon zum größten Teil wirkungslos geworden.
Max
glaubte, einen wirklich schlimmen Alptraum gehabt zu haben. Mit einem seltsam
beängstigenden Beigeschmack, weil dieser Alptraum so echt gewirkt hatte.
Grüne
Augen.
Verdammt!
Etwas stimmte nicht. Aber er kam nicht darauf, was nicht stimmte.
Im Laufe
des späten Nachmittags, während Max sich wie meistens in den Ställen des
Gutshofes herumtrieb, erfuhr er, dass die kleine Andromeda entführt worden war.
Man vermutete jedenfalls, dass sie entführt worden war. Aber das ging ihn
nichts an. Davon wusste er nichts.
Sein
Gehirn arbeitete immer noch nicht richtig. Er war immer noch wie betäubt und
sah alles durch eine dünne Nebelschicht.
Mehrere
Stunden später, als er mitten in der Nacht schweißgebadet aufwachte, traf es
ihn dann wie ein Dolchstoß. Grüne Augen!
Hatte
das Baby Andromeda nicht grüne Augen gehabt?
Am
Morgen schließlich, nach einer entsetzlichen durchwachten Nacht, kam Max zu der
Einsicht, dass das Ungeheuer, das er fast getötet hatte und das er im Wald
ausgesetzt hatte – wie der Jäger im Märchen Schneewittchen ausgesetzt hatte –
dass dieses in seiner Erinnerung ekelhafte Wesen, vielleicht die kleine
Andromeda gewesen war. Jedenfalls, wenn das alles kein Traum war...
Grüne
Augen.
Max
machte sich nach dem Aufstehen auf die Suche nach dem Ding, das wahrscheinlich
die kleine Andromeda gewesen war. Obwohl er sich nicht sicher war, es war nur
eine Vermutung, und er hatte nur noch eine schemenhaft albtraumartige
Erinnerung daran.
Blöderweise
hatte er nicht die geringste Ahnung, wo er das Ding oder Andromeda hingelegt
hatte. Es gab so viele Stellen, wo er es hätte tun können, und er musste alle
Stellen einzeln absuchen. Der Wald war so verdammt groß.
Max,
mittlerweile von Panik befallen, weil das Baby Andromeda immer noch nicht
aufgetaucht war, gönnte sich kaum eine Minute Pause während seiner
systematischen Suche, aber er musste in der Dunkelheit zwangsläufig eine Pause
machen, denn es war Ende September, Tag und Nachtgleiche, er hatte also immer
circa zwölf Stunden Zeit, um seine Suche zu betreiben.
Am Ende
des dritten Tages kurz vor Anbruch der Dunkelheit fand er das Kind durch puren
Zufall. Es hatte leise gewimmert. Es war fast tot.
Aber nur
fast.
Ab hier
ist die Geschichte bekannt. Fast jeder weiß etwas darüber, nur der ‚Retter’
selbst wollte nie so richtig darüber reden. Er fühlte eine tiefe Scham wegen
dieser unseligen Sache, er hatte ein Kind erst fast umgebracht und dann durch
seine Blödheit und Angst die Rettung dieses Kindes verzögert.
Andromeda
hatte nur Glück gehabt. Es war nicht sein Verdienst, sie ‚gerettet’ zu haben.
Seit
diesem Zeitpunkt hielt Max sich fern von Zirza. Er fürchtete und verabscheute
sie, obwohl er nicht genau wusste, was sie mit ihm angestellt hatte.
Und seit
diesem Zeitpunkt war Andromeda das Wichtigste in Max’ Leben. Er hatte sie fast
getötet, und nun fühlte er sich für sie verantwortlich, erst für das Kind
Andromeda, dann für die heranwachsende Andromeda.
Und so
war es wirklich kein Wunder, dass er anfing, sie zu lieben, nicht wie ein Kind,
sondern wie eine Frau, als sie älter wurde, denn alle seine Gedanken hatten
sich seit Jahren ausschließlich mit Andromeda beschäftigt.
Sie war
seine Seele, sein Grund zum Weiterleben, seine Liebe.
Aber es
war besser für sie, wenn er nicht mehr da war.
Als
Andromeda nach zwei Tagen wieder zu sich kam, fand sie ihren Vater an ihrem
Bett sitzend vor. Archie sah sehr besorgt aus.
Als sie
von ihm verlangte, Max zu holen – denn sie fühlte sich nun bereit, mit ihm zu
sprechen – sagte ihr Archie, dass Max weg wäre.
Max
hatte Campodia verlassen.
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
KAPITEL
IX Teil 3
Es war
ein trübseliger Haufen, der in dem Van die Heimreise nach Woodcape antrat.
Spike,
der am Steuer saß, machte einen etwas verwirrten Eindruck.
Spike
war nicht blöde. Er fühlte, dass er das Opfer einer üblen Manipulation geworden
war. Diese Manipulation war ihm zwar verdammt echt erschienen, aber dennoch,
das konnte nicht sein! Spike hatte mittlerweile ein paar Nachforschungen
angestellt in Bezug auf römische Kaiser. Und er hatte festgestellt, dass es
einen Kaiser Liamus Angelus Maximus nie gegeben hatte. Na also! Stattdessen war
er an einer anderen Stelle fündig geworden. Diese Sache mit der Schwester des
Kaisers, dieser wahnsinnigen Drusilla, gehörte eindeutig zu der Geschichte des
Caligula. Caligula hatte mit seiner jüngsten Schwester Drusilla Blutschande
betrieben, und sie war von ihm eigenhändig getötet worden. So stand es
jedenfalls in den Annalen.
Und die
Sache mit der ‚Göttin der Morgenröte’, das war auch Caligula gewesen, der
seinen Onkel Claudius mit einer jungen Frau namens Messalina verkuppelt hatte.
Messalina, die sich im nachhinein als die verderbteste Frau Roms herausstellte.
War sein
Traum, im dem er einen römischen Feldherrn verkörpert hatte, eine
Fernsehproduktion der BBC gewesen? Spike erinnerte sich vage an eine
Fernsehserie, die er Anfang der 80er Jahre immer in England geguckt hatte –
wenn er mal in England war, England wirkte auf ihn hauptsächlich wegen der
Musik anziehend. War witzig gewesen, die Serie...
Reinkarnation?
Vielleicht für andere Leute. Aber nicht für ihn. Totaler Quatsch!
Andererseits
erschreckte es Spike, wie leicht er sich hatte täuschen lassen. Vielleicht,
weil er getäuscht werden wollte? Weil er seine alten Vorurteile – Himmel waren
es denn nur Vorurteile – wahr sehen wollte? Das Vorurteil über einen Menschen,
der einmal ein Vampir gewesen war und der deswegen anderen Menschen moralisch
auf jeden Fall unterlegen war? Das Vorurteil über die Jägerin, die viel zu gut
für so einen wie ihn war. Und die ihn nie lieben würde.
Warum
eigentlich sollte sie ihn nicht lieben können?
Na ja,
so wie es jetzt aussah, war es mit der Liebe vorbei. Sie sprach nicht mehr mit
ihm, wich seinem Blick aus, und wenn er wirklich einmal in ihre Augen schauen
konnte, dann sah sie ihn mit solchem Abscheu an, dass es ihn förmlich
erschütterte.
Was
hatte sie?
Was war
passiert?
Das mit
dem Hoppsalabett, an das er sich verschwommen erinnerte, war natürlich auch nur
ein blöder Traum, obwohl die Spermaspuren in seinem Bett am Morgen danach eine
andere Sprache sprachen... Sie war tatsächlich bei ihm gewesen.
Er
erinnerte sich an das Halsband, das sie getragen hatte. Und dabei überkam ihn
wieder ein leichter Ärger. Er hatte sie auf das Halsband ansprechen wollen,
aber sie hatte ihn abgeschmettert und nur wild angestarrt.
Als sie
zu ihm gekommen war. Und er sich überhaupt nicht bewegen konnte. Hatte man ihm
eine Spritze oder sonst was verpasst, damit er sich nicht bewegen konnte? Damit
er sich wie ein wehrloses Opfer vorkam, das ihr ausgeliefert war?
Trotzdem
war sie so süß... Und sie bedeutete ihm viel mehr, als er sich in der letzten
Zeit eingestanden hatte. Liebe ist schon seltsam.
Und
trotzdem hatte er sie beleidigt mit diesen Worten, die ihm anscheinend jemand
in den Mund gelegt hatte. Er hatte diese Worte nicht verhindern können, sie
hatten seinen Mund verlassen, ohne dass er dabei denken konnte. Er hatte in
diesem Augenblick eine enorm große Befriedigung dabei empfunden, sie zu
verletzen.
Was
hatte ihn da eigentlich geritten, als er diese Worte losließ?
Hahaha,
geritten war gut...
Sie war
abgerauscht, ohne ein Wort zu sagen. Und sie hatte seitdem nicht mehr direkt
mit ihm gesprochen. Nur durch die Kinder oder durch Andromeda. Das mit
Andromeda war ja wohl auch ein Hammer. Das hätte er Max gar nicht zugetraut,
und er hätte sich gerne mal mit ihm unterhalten.
Weiter:
obwohl er doch gerne mit ihr gesprochen hätte. Aber es gab kein Herankommen an
sie.
Und sie
war so verletzt gewesen. Es hatte ihm schon leid getan, kaum dass die Worte
seinen Mund verlassen hatten, und er wäre ihr wahrscheinlich nachgelaufen, aber
er konnte sich immer noch nicht bewegen, und als er sich endlich bewegen
konnte, war ihre Türe abgeschlossen.
Was zum
Teufel war da passiert?
Shit!
Auf jeden Fall SHIT!
Auch
Buffy zermarterte sich das Gehirn.
Wieso
tat er so unschuldig?
Er hatte
sie betrogen, das stand ja wohl fest, denn er hatte es selber zugegeben. Er war
ein Exvampir und ein Dreckskerl, der sie in Sicherheit gewiegt hatte, um ihr
Vertrauen zu gewinnen, und um sie dann umso härter verhöhnen zu können.
Vertrauen
ist was für ein altes Ehepaar, das hatte er einmal gesagt, und da war er noch
ein seelenloser Vampir gewesen und wollte sie vergewaltigen.
Und
jetzt waren sie ein altes Ehepaar. Seltsames Ehepaar.
Er hatte
sie betrogen und kalt erwischt. Erbarmungslos erwischt in einer Phase, in der
sie ihr letztes Hemd für ihn gegeben hätte und in einer Phase, in der sie
keinerlei Zweifel an seiner Treue hegte. Vertrauen!!! Ein seltsames Wort im
Zusammenhang mit ihm.
Er hatte
sie mit Zirza – wieder erschien dieses schreckliche Bild vor ihren Augen und
sie musste sich fast übergeben – betrogen, so genial unauffällig betrogen, dass
sie es im Leben nicht vermutet hätte. Sie war ja so ein Schaf.
Er hatte
es so geschickt getarnt, so genial davon abgelenkt!
Dieser
Ekel, den er vor Zirzas Geruch hatte, dieser angebliche Ekel natürlich!
Das war
so überzeugend gewesen, dass allein der Gedanke, er könnte etwas mit Zirza
haben, ihr nie im Leben gekommen wäre. Wie hatte sie sich nur so einlullen
lassen?
Buffy
riss sich von dem widerwärtigen Bild los, das Spike und Zirza nackt und geil
zeigte, fand es kalt im Auto, und sie schmiegte sich in ihre Jacke, es war
dieselbe Jacke, die sie auch vor ein paar Wochen getragen hatte. Sie fand zwei
Fetzen Papier in der Jackentasche. Sie holte sie heraus und schaute sie an.
Es waren
die beiden Zettel mit den Gewichten vom Erbsenpflücken. Sie hatte sie nicht
eingelöst. Aber das schien symptomatisch für Campodia zu sein.
Sie
hatte etwas gegeben, und sie hatte es nicht eingelöst bekommen.
War es nicht
so, wie es immer gewesen war?
Angel
hatte sie allein gelassen.
Riley
war abgehauen, nachdem er sie betrogen hatte.
Spike,
der ihr eigentlich, wie sie letztens noch gedacht hatte, am nahesten stand –
nein jetzt natürlich nicht mehr – hatte sie hintergangen und verhöhnt.
Buffy
war sich mittlerweile sicher, dass es etwas wie die Vorsehung oder auch das
Schicksal genannt nicht gab. Denn sonst würde doch nicht alles, was sie an
Liebe erlebte, im Sande verlaufen. Ins Nichts oder ins Chaos. Nein, es gab
bestimmt keine Vorsehung, es gab nur Zufälle, Zufälle, die einen mal hier oder
mal dorthin führten, ohne Sinn und Verstand, Zufälle, die das Gehirn im
nachhinein anders deutete, falsch deutete wie einen Traum zum Beispiel: Wenn
jemand aus dem Bett fällt, gaukelt das Gehirn ihm im nachhinein einen Traum
vor, in dem er aus einem Flugzeug fällt mit der passenden Vorgeschichte und
allem Pipapo, und der Träumende glaubt es. Das Gehirn kann anscheinend die Zeit
zurückdrehen.
Buffy
philosophierte tatsächlich, und das war das erste Mal in ihrem Leben, denn wie
fast jede Frau hatte sie mit dergleichen nicht viel am Hut. Philosophie ist
Männersache, Sache von Männern, die Langeweile haben und sich ihre dämliche
Existenz erklären müssen. Denn gibt es einen Grund für ihre Existenz?
Philosophie ist nicht Sache der Frauen, Frauen haben mit ihrem Kindern, ihrer
Arbeit und ihrem Haushalt genug zu tun...
Obwohl
das alles natürlich Quatsch war. Sie hatte einfach vergessen, die Zettel
einzulösen. Sie war Spikes Frau und hatte es nicht wie die armen Frauen aus dem
Dorf nötig, ihren Verdienst mit Erbsenpflücken zu bestreiten. Sie hatte die
Zettel einfach nur vergessen.
Und sie
beneidete die anderen Frauen, diese nicht begüterten Frauen. Die hatten
bestimmt einen Mann an ihrer Seite, der ihnen treu war. Einen Mann, der anders
war als Spike... Wenn auch nicht so gutaussehend wie Spike...
Warum
hatte sie sich so täuschen lassen? Auch seine Eifersucht auf Archie war
gespielt, natürlich nur, um sie, Buffy zu täuschen, um sie zu verhöhnen, während
er mit Zirza im Bett war... Das Schlimmste an der Sache war für sie, dass sie
sich immer noch zu ihm hingezogen fühlte. Sie liebte ihn hoffnungslos. Shit!
Auf jeden Fall SHIT!
Nein,
nicht wieder dieses Bild. Unwillkürlich bedeckte Buffy ihre Augen mit den
Händen, aber damit konnte sie nicht verhindern, dass sie wieder das Bild sah,
und sie stöhnte unwillkürlich auf.
„Was ist
denn, Buffy?“ Spikes Stimme holte sie aus ihren Qualen zurück, nur um ihr noch
größere Qualen zu verschaffen. Wollte er sie wieder verhöhnen? Seine Stimme
klang so sanft. Mit Sicherheit wollte er sie verhöhnen.
„Lass
mich in Ruhe!“ sagte sie heftig.
Spike,
der daraufhin noch mehr verunsichert war, legte die CD auf, die gleiche CD, die
er auch bei der Hinfahrt nach Campodia aufgelegt hatte, die CD von den Dead
Kennedys.
Aber bei
der Hinfahrt hatte der Sommer gerade erst angefangen, und jetzt war es Herbst,
zwar noch nicht offiziell, aber es war Herbst, Herbst in Buffys Herzen und
Herbst in der Natur, die Sonne schien so verhalten, und wenn sie durch Wolken
verdeckt wurde, spürte man ein leichtes Frösteln in den Knochen – es war
Herbst.
It's a holiday in Campodia
It's tough kid, but it's life
It's a holiday in Campodia
Don't forget to pack a wife
„Biafra
ist wirklich geil. Dagegen ist Johnny Rotten fast lahmarschig“, meinte Spike
bewundernd, sang aber diesmal den Refrain nicht mit. Es schien ihm unpassend zu
sein.
Keiner
im Van interessierte sich für Spikes Meinung.
„Andererseits
hat Johnny immer so schön ins Publikum gerotzt...“, sagte Spike in der
Hoffnung, irgendeine wie auch immer geartete Reaktion provozieren zu können.
Aber
immer noch interessierte sich keiner im Van für Spikes Meinung.
Buffy
fand weder Jello noch Johnny besonders sympathisch, hielt Jello für einen
grauslichen ‚Sänger’ und Johnny für ein ekelhaftes Schwein und fand, dass
‚Holiday in Cambodia’ ein besonders grässlicher Punksong war, vor allem die
Stelle mit dem ‚Don't forget to pack a wife’. Aber Spike mit seinem seltsamen
Geschmack schien den Song, oder besser gesagt, das hirnerweichende Gegröle
wirklich zu mögen.
Aber
Spike war eben auch ein Schwein! Und sie würde ihm gegenüber nie zugeben, dass
sie in sein Zimmer gekommen war.
Niemals!
Morgan,
die neben ihrem kleinen Bruder Gwydion angeschnallt war, war traurig und
verwirrt. Sie hatte gespürt, dass Fonso nicht mehr ‚da‘ war, und dass er nie
mehr ‚da‘ sein würde. Keiner konnte oder wollte ihr genau erklären, warum das
so war. Sie vermisste ihn. Sie hatte ihn lieb gehabt, und jetzt war er weg. Sie
hatte es vorher schon gesehen, wie er still an der Straße lag, als es noch gar
nicht passiert war. Und sie hatte gewusst, dass es nicht gut war, so still an
der Straße zu liegen.
Und
Mommy schien auch daneben zu sein. Ihre Mutter hatte nur ein einziges Bild vor
Augen und zwar ein Bild, das Daddy mit dieser Zirza zeigte. Mit dieser Zirza,
deren Kopf innen so schwarz war. Mommy schien von diesem Bild besessen zu sein.
Seltsam,
dass Daddy dieses Bild gar nicht dachte...
Morgan
wusste nicht, was sie davon halten sollte. Sie spürte nur, dass ihre Mommy
verletzt war und dass Daddy irgend etwas damit zu tun hatte, es aber
anscheinend gar nicht wusste. Mommy tat ihr leid. Und diese Zirza, nein, die
wollte Morgan auch nicht zusammen mit Daddy sehen, was auch immer die da machten...
Eigentlich sollten Mommy und Daddy es machen, vor allem weil Mommy so oft daran
gedacht hatte, dass Morgan schon fast wahnsinnig geworden war. Und jetzt dachte
Mommy das??? Wirklich seltsam. Ob Daddy wirklich nichts damit zu tun hatte?
Bei
Daddy sah sie andere Bilder, und zwar Bilder von Mommy mit einem gewissen
Typen, den Morgan irgendwoher kannte. Woher? Klar, das war der mit den anderen
Haaren...
Spike
spürte urplötzlich, dass sein Töchterchen ihm etwas schickte.
Und er
war wirklich geschockt über diese Botschaft, er war so geschockt, dass er
heftig bremste und alle im Wagen außer Gwydion ihn vorwurfsvoll anschauten. Zur
Sicherheit blieb er erst einmal am Straßenrand stehen.
Er sah
sich selber mit Zirza und konnte es nicht glauben. War es das, was Buffy
bewegte? Morgan sollte aufhören, ihm so einen Mist zu schicken. Empört drehte
er sich zu seiner Tochter um und schickte ihr ein Bild, ein wahrhaft bildliches
Bild, das ein großes durchgestrichenes Kreuz auf Morgans Bild zeigte. Es war
ihre Vereinbarung, dass ihre Meinung unerwünscht war. Es war wie ein geistiges
Verkehrschild, wie ein Verbotsschild., und Morgan richtete sich meistens
danach, wenn Spike dieses Verbotsschild anwandte.
Auch er
schien daneben zu sein, dachte Morgan, und er wusste nicht, was überhaupt los
war, Er hatte gespürt, dass sie in seinen Kopf sah. Morgan grinste ihn um
Verzeihung bittend an, denn sie wusste, es war unhöflich, in die Köpfe anderer
Leute zu sehen. Daddy hatte es ihr klargemacht.
Natürlich
konnte Morgan nicht viel aus den Bildern erkennen, die sie in den Köpfen von
anderen Leuten sah, fast alles davon war ihr unverständlich. Aber im Laufe der
Zeit würde sie schon lernen, die Bilder zu interpretieren. Aber jetzt war ihr
fast alles noch schleierhaft
In
Spikes Gedanken tauchte noch ein anderes Bild auf. Es war wieder dieses
Schwarz-Weiß-Ding, oder dieses Dunkelblau-Hellblau-Ding, dieses statische Ding,
dieses Ding mit den Kreisen, dieses vollkommen unverständliche grafische Ding.
Er hatte wieder davon geträumt.
Er
drehte sich um und guckte Morgan streng an.
Aber die
fühlte sich wohl nicht angesprochen und guckte demonstrativ woanders hin.
Als
Spike keine fremden Bilder mehr sah – denn es war ziemlich gefährlich Auto zu
fahren, wenn man irgendwas sah, was nicht auf die Straße gehörte, startete er
den Motor wieder und fuhr achselzuckend weiter.
Andromeda
saß blass auf dem Rücksitz und sagte kein einziges Wort, womit sie nicht aus
dem Rahmen fiel, denn die anderen waren genauso schweigsam.
Andromeda
hatte es in Campodia nicht mehr aushalten können. Campodia war unerträglich
ohne ihn. Campodia war leer und seelenlos ohne ihn..
Niemand
wusste, wo er war. Die Garage, in der er seinen Lister-Jaguar untergestellt
hatte, stand offen und war leer. Andromeda besuchte daraufhin seine Mutter, die
mit ihrem Mann im Oberen Dorf wohnte und mit der sie sich immer gut verstanden
hatte. Aber seine Mutter wollte oder konnte ihr nichts über seinen Aufenthalt
sagen. Den Lister-Jaguar hatte er übrigens bei seinem Stiefvater untergestellt.
Den hatte er also auch verlassen, genauso wie er sie verlassen hatte....
Und das
Schlimmste war, diese Frau, die ihr Vater als Ersatz für ihn und als vorläufige
Verwalterin nach Campodia geholt hatte, war anscheinend eine Exfreundin von
ihm. Das erschien Andromeda wie der größte Hohn, den er ihr antun konnte.
Wollte er, dass sie ihn hasste? Wenn ja, dann war er auf einem guten Weg....
Aber so richtig hassen konnte sie ihn eigentlich nicht. Vielleicht später
einmal. Jetzt war die Wunde noch zu frisch, die unbeantworteten Fragen noch zu
quälend, und ihr Leben erschien ihr im Augenblick zu sinnlos, um ihn hassen zu
können. Und ihr Vater, dieser geile Kerl, schien Zirzas Rückzug schnell
verwunden zu haben und balzte doch tatsächlich mit dieser Frau herum. Er hatte
immer schon auf viel jüngere Frauen gestanden.
Sie
hatte ihren Vater bestürmt, sie mit Spike und Buffy fahren zu lassen. Sie würde
in Woodcape zur Schule gehen und sie würde ‚brav’ sein.
Sie
hatte Buffy und Spike, die zuerst ziemlich bestürzt über Andromedas Absichten
waren, die Sache schmackhaft gemacht durch das Versprechen, auf die Kinder
aufpassen – neben der Schule natürlich.
Und
Buffy und Spike ließen sich tatsächlich bequatschen, dieses Häufchen Elend nach
Woodcape mitzunehmen, zumal die Aussicht auf ein, wenn auch nur zeitweiliges
Kindermädchen beide ein wenig blendete.
Andromeda
hatte sich die beiden einzeln hintereinander vorgenommen, da sie ja nicht
miteinander sprachen und auch nicht nebeneinander stehen oder sitzen wollten,
es herrschte totale Funkstille zwischen den beiden. Aber sie hatten unabhängig
voneinander beschlossen, Andy mitzunehmen.
Andy
fühlte sch erleichtert. Ein bisschen erleichtert. Nicht viel erleichtert.
back home back home back home back home
back home back home back home back home
back home back home back home back home
back home back home back home back home
Jello
Biafras nicht sehr wohlklingende Stimme lullte alle, die nicht am Steuer des
Vans saßen, in einen unruhigen, nicht sehr erfrischenden Schlummer.
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
KAPITEL
IX Teil 4
Ich will
ein eigenes Zimmer!
Das war
es, was Spike dachte, kaum dass sie in Woodcape angekommen waren. Er war es
leid, wie eine Kellerassel in diesem Keller zu hausen, der ihn so verdammt an
den Keller im alten Summershaus erinnerte. Er zahlte den größten Teil der Miete
und hatte ja wohl ein Recht auf ein eigenes Zimmer. Und er brauchte es, um in
Ruhe zu lernen. Die Unterlagen für das Studium waren da, und nach einem kurzen
Blick darauf hatte er erkannt, dass er den größten Teil seiner Zeit dafür
opfern musste. Es sah alles ziemlich kompliziert aus. Aber zur Not hatte er
immer noch Vivian, seine Agentin und Anwältin, die ihm telefonisch Sachen
erklären würde, die er vielleicht nicht verstehen konnte. Vivian war ein
Schatz, sie war eine Studienkollegin von Lilah und hatte versprochen, ihm bei
der Sache zu helfen.
Das
Verhältnis zu seiner ‚Frau’ war immer noch genauso beschissen wie auf der
Heimreise nach Woodcape. Es hatte sich um keinen Deut verbessert, obwohl Spike,
wie er meinte, ziemlich zu Kreuze kroch, um sie zu besänftigen. Aber der
Abscheu in ihren Augen verringerte sich nicht durch sein Zukreuzekriechen.
Spike
vermutete, dass sie vielleicht mit einem Zauber belegt war. Andromeda hatte so
Andeutungen über Zirza gemacht und zu was sie fähig war. Nein, Andeutungen war
nicht das richtige Wort. Andromeda hatte Zirza angeklagt, für den Tod ihrer
Mutter, für den Tod ihrer Amme und deren Baby verantwortlich zu sein. Sie ist
eine Mörderin, hatte Andromeda schlicht gesagt. Und er – jeder wusste, wen sie
meinte – hat mich entführt.
Spike
sah das alles nicht so schwarzweiß wie Andromeda. Das Kind war ja völlig
durcheinander. Spike schätzte Max nicht als Kidnapper ein, der ein Kind erst im
Wald verrecken lassen will und es dann ‚findet’ und nach Hause bringt. Gut, das
war die Sachlage, aber Spike vermutete, dass Max unter einem enormen
psychischen Druck gestanden hatte. Die Bilder, die Morgan ihm von Max geschickt
hatte, zeigten ein grässliches Ungeheuer und kein Baby. Zirza hatte ihm wohl
eine Gehirnwäsche verpasst. Vielleicht hatte sie Buffy auch eine Gehirnwäsche
verpasst, denn Buffys Verhalten war wirklich nicht normal. Aber er wusste
nicht, was er tun sollte. Buffy fand ihr Verhalten nämlich vollkommen normal,
ihren Hass auf ihn und ihren Ekel, und sie hatte nicht den geringsten Verdacht,
dass das ganze vielleicht eine Manipulation von Zirza war.
Auch
Andromeda wollte nichts von Spikes Vermutungen in Bezug auf Zirza wissen. Sie
wollte überhaupt nicht über Max sprechen, mit ihrem Vater nicht und auch nicht
mit Spike. Andromeda war genauso unzugänglich und stur wie Buffy. Jägerinnen
eben... Na gut, sie musste da alleine durch, aber Spike hoffte, dass sie sich
eines Tages mit Max aussöhnen würde. Allerdings sah es jetzt noch nicht danach
aus...
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
Warum
hat er das getan? Diese Frage beschäftigte Andromeda mehr als alles andere. Sie
konnte es einfach nicht glauben, Max, den sie von jeher kannte, Max, der kein
Tier töten konnte, Max, der sie immer beschützt hatte. Aber vielleicht hatte er
sie nur beschützt, weil er ein schlechtes Gewissen hatte und nicht, weil er sie
liebte. Wenn sie ihn nur fragen könnte. Aber er war weg, und keiner konnte oder
wollte ihr sagen, wo er war.
Und sie
fühlte sich grässlich allein. Auch die neue Schule in Woodcape und ihre
Mitschüler konnten daran nichts ändern. Man hatte sie freundlich aufgenommen,
aber Nahekommen war nicht drin. Andromeda interessierte sich einfach nicht für
sie. Sie kümmerte sich in ihrer freien Zeit um Gwydion und Morgan und bildete
bei den gemeinsamen Mahlzeiten den Blocker zwischen Buffy und Spike, die immer
noch wie Hund und Katze lebten. Zumindest Buffy verhielt sich sehr abweisend.
Andromeda
war froh, dass sie sich um die Kinder kümmern konnte, denn das lenkte sie
manchmal von ihren Gedanken ab. Sie lebte mit ihrem Herzen immer noch in
Campodia. In Campodia? Vielleicht in dem alten Campodia, als Max noch dort war.
Campodia war ohne ihn nicht mehr das, was es gewesen war. Campodia war jetzt
nur noch ein Ort und nicht länger ihr Paradies. Ohne ihn...
Dann
wieder überkam sie der Zorn über seine Tat. Wieso hatte er mit dieser Schlange
Zirza gemeinsame Sache gemacht? Hatten sie etwa miteinander... Nein, nicht das!
Andromeda
hatte noch kein einziges Mal geweint, seitdem sie von Max’ Tat erfahren hatte.
Ihre letzten Tränen waren die um den Tod des Katers Alfonso gewesen. Und
manchmal schien es ihr, als müsste sie stundenlang weinen, um sich vielleicht
besser zu fühlen, aber die Tränen wollten nicht kommen, sie saßen wie ein
dicker Klumpen hinter ihren Augen und weigerten sich beharrlich, zu fließen.
~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
„Diese
Augenklappe steht dir wirklich sagenhaft gut, Harris.“
„Die
Mädchen stehen drauf, Spike.“
„Ist das
wahr? Vielleicht sollte ich mir auch mal so ein Ding anschaffen, denn in
letzter Zeit läuft das alles nicht mehr so gut“, sagte Spike mit gespielt
verzagter Stimme.
„Das
glaube ich dir nicht.“
„Doch,
kannst du mir ruhig glauben. Bei Buffy bin ich unten durch. Wenn ich nur
wüsste, warum... Ich schätze mal, sie steht unter einem Zauber. Das könnte die
einzige Möglichkeit sein. Und, verdammt noch mal, Buffy hat in einer Woche
Geburtstag!“ Das fiel Spike siedendheiß ein, während er mit Xander das Zimmer
im ersten Stock renovierte, das er sich als sein zukünftiges ausgeguckt hatte.
Harris
war eigentlich kein Schlechter. Er war zu Besuch gekommen, zwei Tage nachdem
sie aus Campodia zurück waren, und er und Spike verstanden sich eigentlich ganz
gut. Das war schon während der letzten Wochen in Sunnydale so gewesen. Xander
schien ihn nicht mehr zu verabscheuen.
„Richtig.
Am zehnten September“, stimmte Xander ihm zu. „Sag bloß, du hast noch kein
Geschenk für deine Ehefrau.“
„Ehefrau
ist gut“, meinte Spike abwehrend. „Im Augenblick haben wir gar nichts
miteinander, und ich hab so das Gefühl, daran wird sich auch nichts ändern.
Wenn ich nur wüsste, was los ist!“
„Sie hat
so Andeutungen gemacht, dass du mit einer anderen...“ grinste Xander.
„Quatsch!
Hab ich nicht! Ich wollte ihr nur was reinwürgen, weil ich...“ Spike verstummte
und sah Xander erbost an.
„Ihr
beide seid schon ein herrliches Pärchen. Und dabei habe ich nie geglaubt, sie
empfindet was für dich, bis....“, Xander verstummte.
„Bis
was?“ fragte Spike neugierig. Mittlerweile wollte er alles wissen, was Buffy
bewegte oder bewegt hatte. Alles, was ihn vor ein paar Monaten noch gar nicht
interessiert hatte.
„Na ja,
an dem Tag, als ich an diesem Siegel hing und sie mein Blut wollten, da seid
ihr doch gekommen und habt mich gerettet.“
„Das ist
korrekt.“
„War das
nicht der Tag, an dem sie das Date mit Robin Wood hatte?“
„Ja“,
gab Spike verdrossen zu. „Ich hab die beiden aus dem Restaurant geholt.“
„Jedenfalls
seid ihr gekommen, um mich zu befreien.“
„Das
verdammte Siegel!“ sagte Spike erbost und erinnerte sich an die schreckliche
Sache, als ihm das Urböse in immer wieder neuen Verkörperungen erschienen war
und ihn auf seine Seite ziehen wollte. Aber er hatte ihm widerstanden, Er hatte
Buffy so geliebt und ihr so vertraut, dass er dafür gestorben wäre. Unvorstellbar.
Wirklich unvorstellbar? Allmählich bekam er wieder eine Vorstellung von dem,
wie er sich damals gefühlt hatte, oder gefühlt haben musste.
„Also
ich lag da, total fertig, ausgeblutet und so weiter“, erzählte Xander. „Und was
macht Buffy? Sie kümmert sich um einen gewissen Vampir, der wohl einen kleinen
Kratzer abbekommen hat bei dem Kampf. Wood war es, der sich um mich gekümmert
hat.“
„Stimmt“,
sagte Spike. „Ich kann mich schwach erinnern.“
„In
diesem Augenblick wurde es mir klar, dass sie dich liebt“, sagte Xander und
grinste wieder. „Dich, dieses ehemals seelenlose Ding....“
„Von
meiner Seele habe ich damals noch nicht viel gespürt. Verrostet, weißt du.“
„Jedenfalls
habe ich es in diesem Augenblick akzeptiert“, gab Xander zu.
„Ach ich
weiß nicht, ob das mit Liebe zu tun hatte, sie steht eben auf Seelen.“
„Bei dir
anscheinend ganz besonders.“
„Weißt
du eigentlich, Zimmermann, dass ich immer eifersüchtig auf dich war?“
„Eifersüchtig
auf mich? Guter Witz!“
„Kein
Witz. Sie hat sich immer an dich gewandt, wenn sie Hilfe brauchte, ich meine
natürlich Hilfe seelischer Art, sie hat dich immer um Rat gebeten, sich mit dir
besprochen. Ich dagegen... na ja du weißt schon...“
„Du
warst ein Vampir, Spike. Was hast du erwartet?“
„Wahrscheinlich
zuviel. Das Problem war, ich konnte mich nicht so ändern, dass sie mich
akzeptiert hätte.“
„Ich
finde, sie hatte dich schon viel zu viel akzeptiert.“
„Findest
du, Affenmännchen?“
„Hey,
mittlerweile bist du selber ein Affenmännchen und nicht mehr der coole Vampir.“
„Ich
meinte das eigentlich als Kompliment, Affenmännchen.“
„Du bist
immer noch so ein Arschloch wie früher.“ Xander musste lachen. „Und ich nehme
an, du hast noch kein Geschenk für sie. Schwebt dir irgendwas vor?“
„Genau
darüber wollte ich mit dir sprechen.“
Es war
natürlich ein tollkühnes Unterfangen, innerhalb von fünf Tagen ein Zimmer zu
erschaffen und das mit besonderen Wünschen und Vorstellungen, aber sie wollten
es versuchen.
Spike
hatte nämlich keine Lust, ihr ein bequemes Schmuckgeschenk zu machen – seine
Gedanken wanderten dabei automatisch zu dem verdammten Halsband – wie ein alter
fantasieloser Ehemann, der sich keinerlei Gedanken um die Bedürfnisse seiner
Ehefrau macht, sondern nur ein teures Schmuckstück kauft. Aber er schätzte
Buffy nicht so ein, als würde sie unbedingt auf teuren Schmuck stehen, nein er
wollte ihr ein subtileres Geschenk machen, und er hoffte, sie würde es
verstehen und natürlich auch für gut befinden.
Spike
wusste selber nicht, wieso er auf einmal soviel Aufhebens um Buffy machte,
nachdem er sie Monate lang einfach ignoriert und links liegengelassen hatte. Es
lag vielleicht doch an dieser Nacht, an dieser eigentlich entsetzlichen
Nacht... Die aber so wunderschön gewesen war. Und die so entsetzlich endete.
„Kannst
du überhaupt noch räumlich sehen mit deinem einen Auge?“
„Man
gewöhnt sich dran, deadb... äääh Spike, es ist wirklich nur eine Sache der
Gewohnheit. ich kann zwar nicht mehr räumlich sehen, aber ich habe viel
Fantasie, wenn du weißt, was ich meine.“
„Die
hast du bestimmt.“ sagte Spike.
Allerdings
erwies sich eher Spike als der Fantasievollere von beiden. Spike war nämlich
nicht wie ein Handwerker, der gewissen Regeln folgen muss, die ihm auferlegt
sind, sondern Spike verfügte über eine blühende Fantasie, die es ihm erlaubte,
aus Pleiten und Pannen großartige kreative Erfolge zu machen. Oder was soll man
sonst dazu sagen, wenn jemand die teuren italienischen Fliesen für eine
Schreibtischplatte aus Versehen fallen lässt – die Fliesen waren natürlich
ziemlich kaputt – und die Reststücke noch zusätzlich mit einem Hammer
zertrümmert, um mit den Trümmerteilen ein wahnsinnig gut aussehendes bizarres
Mosaik zu legen? Das war ziemlich verrückt.
„Du bist
verrückt“, sagte Xander.
„Ich bin
eben kein Handwerker und gehorche nicht der Norm“, sagte Spike und gab mit
seinen bloßen Händen den anthrazitfarbenen Fugenfüller auf die
Schreibtischplatte. Der Schreibtisch sah nach dieser Aktion toll aus. Was man
von Spikes Händen nicht behaupten konnte...
Xander
überlegt allen Ernstes, ob er sich auf Mosaike verlegen sollte. War auch zu
einfach, man brauchte keine Fliesenschneidemaschine mehr, man brauchte nur
einen Hammer, und man brauchte ein bisschen Fantasie und Farbgefühl, um den
Rest zu ... äääh gestalten.
„Was
meinst du, sollen wir die Badewanne auch noch fliesen?“ fragte Spike
schließlich Xander. „Ich finde, die Farbe sieht schrecklich aus.“ Mittlerweile
war Spike auf den Geschmack gekommen und suchte im ganzen Haus nach miesen
Stellen, die man verschönern konnte.
„Kein
Problem“, meinte Xander. „Ich weiß aber nicht, ob wir die passenden Fliesen
noch finden...“
„Ich
dachte, von innen fliesen“, sagte Spike grinsend. „Weißt du, ich dachte an
wunderbare dunkelblaue Mosaikfliesen, diese ganz kleinen, die aussehen wie
Knöpfe. Ich glaube, wenn man in so einer Badewanne sitzt, hat man ein gutes
Gefühl.“
„Du bist
wirklich verrückt“. Xander schüttelte seinen handwerkergenormten Kopf. „Das
hält doch nie im Leben. Und meines Wissens hat das noch nie jemand gemacht.“
„Na und?
Wir sind eben die ersten.“ Spike zeigte sich völlig unbeeindruckt von Xanders
Einwürfen. „Wenn es nicht hält, dann lasse ich eine neue einbauen. Was soll’s?“
Spike
hatte nämlich das Haus gekauft. Er hatte zwar selber nicht soviel Geld, dass er
es voll bezahlen konnte, aber er hatte eine, wie er es bei sich nannte, Anleihe
bei seinem Sohn Gwydion gemacht und zahlte jetzt die Miete eben an Gwydion. Der
würde nicht viel davon merken.
„Sie
will natürlich ihren Geburtstag feiern. Sie hat ihn ja meistens gefeiert. Und
ich bin wie immer nicht eingeladen, weil ich schon hier wohne. Ist doch
irgendwie irre, nicht?“
„Meine
Begeisterung hält sich in Grenzen, Spike.“ Xander musste lachen.
„Deine
Begeisterung wird sich vollkommen legen, denn ich werde dir jetzt ein Geheimnis
verraten“, kündigte Spike hochtrabend an. „Nur unter drei Augen, wenn du
verstehst....“
„Unter
drei Augen ist gut. Was ist es?“
„Sie
wird selber kochen“, sagte Spike bedeutungsschwer.
„Ach du
grüne Neune!“
„Du
sprichst mir aus der Seele. Was ist, wenn alles in die Hose geht? Wenn es
ungenießbar ist? Sie hatte schließlich nur ein paar Kochstunden in Campodia.“
„Wir
werden es wie Männer nehmen und gute Miene zum bösen Essen machen“, sagte
Xander grinsend
„Tja, da
muss man durch... Was mir allerdings mehr Sorgen macht als das Essen, das ist
dieser Wood. Ich habe schließlich seine Mutter getötet.“
„Der
liebt dich bestimmt nicht“, gab Xander zu. „Im Prinzip ist er genauso ein
arrogantes Arschloch wie du...“
„Findest
du mich wirklich arrogant? Immer noch?“
„Nicht
wirklich“, gab Xander zu. „Du bist, ja wie soll ich sagen, ach was soll’s, du
bist eben Spike, Gottverdammich!“
„Ich
danke dir für diese aussagekräftige... äääh Aussage.“ Spike lies seine Blicke
schweifen und wurde bei der Suche nach geschmacklosen Stellen in dieser alten
geschmacklosen Gurke von Haus wieder fündig. diesmal handelte es sich um eine
ekelhaft von innen verrostete Glasbausteinmauer auf der Terrasse, hinter der
sich der mittelgroße verwahrloste Garten befand. Der Garten wäre dann im
Frühling fällig, dachte Spike.
„Xander?
Diese widerlichen verrosteten Glasbausteine, meinst du man könnte sie verputzen
und dann anstreichen? Nicht nur einfach anstreichen, sondern mit so Effekten.“
„Meines
Wissens hat das noch nie jemand gemacht, Spike.“
„Und
wenn schon... wir sind eben die ersten, und wenn es nicht hält oder Scheiße
aussieht, kann man’s immer noch abreißen.“
Dem
musste Xander zustimmen.
„Was
meinst du, Spike, dieses Mädchen, diese Andromeda... Hätte ich eventuell
Chancen bei ihr? Sie ist natürlich noch sehr jung, aber wirklich eine
Schönheit...“
„Lass ja
deine Flossen von ihr!“
„War ja
nur so eine Idee“, sagte Xander verlegen lächelnd.
„Hey,
schau mal was ich hier gefunden habe...“ Spike flüsterte plötzlich, und Xander
beugte sich interessiert zu ihm herüber, um das kleine Ding aus Kunststoff
näher zu betrachten. Es war einwandfrei eine Wanze. Und sie war in der Fassung
der Lampe versteckt, die Spike vor dem Streichen der Decke abnehmen wollte.
„Wir
sollten sie an Ort und Stelle lassen.“ schlug Xander wenig später vor. Sie unterhielten
sich darüber draußen im Garten, wo es nicht danach aussah, als ob sie belauscht
würden. Trotzdem unterhielten sie sich vorsichtshalber ganz leise.
„Wenn
man weiß, wo die Dinger sind, dann kann man sich drauf einstellen“, meinte
Spike.
Sie untersuchten
daraufhin das Haus systematisch und wurden in mehreren Räumen fündig. Man
überwachte sie tatsächlich! Sie ließen alle Wanzen an Ort und Stelle, man würde
sich wirklich darauf einstellen und vielleicht W&H – denn von denen kamen
die Wanzen ja höchstwahrscheinlich – ab und zu ein paar falsche Informationen
liefern. Spikes Verdacht auf Manipulationen von W&H, die von Zirza
ausgeführt worden waren, verdichtete sich, aber er hatte immer noch keinerlei
Ahnung, was wirklich vorgefallen war.
Übrigens
hielt die von innen geflieste Badewanne – die Spike zu allem Überfluss so
gefliest hatte, dass einige von den kleinen dunkelblauen Knopfkacheln auf der
Außenseite der Wanne wellenförmig über den Rand hingen – viele Jahre lang, und
zwar so lange die Castaways in diesem Hause lebten, ohne dass eine einzige von
den winzigen Fliesen abbrach, und es war ein wirklich göttliches Gefühl, in
dieser Wanne zu baden. Sie fühlte sich weich an und war gleichzeitig
rutschfest.
Und es
war eine große Badewanne, wie geschaffen für zwei Personen...
Aber das
nur am Rande...
© Ingrid
Grote 2004 Fortsetzung HIER
Alle
Romane befinden sich auf: LONGSTORIES>>>
und
der Rest dort: