TOPP, die Wette – Wie es weiterging...3

 

DAS FÜNFTE ELEMENT

 

Der Preis für die teuren Logenplätze hat sich gelohnt, Irma fühlt sich wie auf einem Balkon in luftiger Höhe, und auch die Aufführung ist wunderschön, noch schöner als erwartet. Was heißt erwartet, sie hatte ja keine Ahnung, wie es sein würde, doch das hier übertrifft all ihre Vorstellungen, sie ist begeistert. Begeistert? Nein, so kann man’s nicht nennen, sie ist hin und weg!

Das Orchester befindet sich tatsächlich in einem Graben vor der Bühne, heißt es deswegen Orchestergraben? So wird es wohl sein – Irma muss lachen – nur den Dirigenten erkennt man ab und zu, wenn er die Arme hochhebt, um ein Instrument zum Einsatz zu bringen. Die Bühne selber ist spartanisch dekoriert, alles konzentriert sich auf die Musik, und jetzt kann es nicht mehr lange dauern, bis sie endlich kommt, ihre Lieblingsarie...

Neben ihr sitzt Ralf, er trägt einen dunklen Anzug, und er sieht wirklich nicht übel aus. Seltsam, er ist so nett und so lieb, aber mit ihm könnte sie nie das tun, was sie mit Chris tut. Irma wird ein wenig rot und verdrängt sofort den Gedanken an Chris, der hat hier nichts zu suchen...

Und klar, Jessi hat kurzfristig abgesagt, war ja vorauszusehen, Jessi geht lieber mit einem Kerl aus, statt mal ganz was anderes zu tun. Warum zum Geier lassen Frauen immer alles stehen und liegen, wenn ihr Macker sie zu einem bescheuerten Fußballspiel mitnimmt? Würde sie auch so reagieren? Vorausgesetzt natürlich, sie hätte den einen einzigen getroffen, Mister Big, oder wie der genannt wird? Quatsch, der ominöse Mister Big ist genauso eine Erfindung wie der G-Punkt, aber trotzdem möchte man manchmal dran glauben.

Irma stöhnt leise vor sich hin, und es ist nicht wegen des ominösen G-Punkts, sie fühlt sich körperlich immer noch nicht gut, gestern hat sie den ganzen Tag über furchtbare Krämpfe gehabt, wahrscheinlich wegen der verflixten Spirale, aber jetzt sind die Schmerzen abgeflaut, kein Wunder bei den zwei Hammertabletten...

Natürlich konnte sie in diesem desolaten Zustand nicht bei Chris erscheinen. Es ging einfach nicht. Was hätte sie denn sagen sollen? Etwas in der Art wie: Och wie schade, aber ich kann heute leider nicht, ich hab’ wahnsinnige Bauchschmerzen, und außerdem blute ich wie ein abgestochenes Schwein...

Nein, um Himmels Willen nein! Am Telefon hörte er sich zwar etwas enttäuscht an, aber er hat mit Sicherheit jemanden gefunden, mit dem er... Doch das will sie sich nicht vorstellen. Nicht jetzt, nein danke! Jetzt ist sie in der Oper, und sie hofft, dass dieses elende und vor allem chrislose Wochenende wenigstens durch Lucia di Lammermoor ein bisschen aufgewertet wird. Chrislos? Was für ein blödes Wort, es hört sich öde an, vermisst sie Chris etwa? Quatsch! Wenn überhaupt, dann vermisst sie sein Bett. Oder seine Art. Eventuell auch seinen Körper. Und was sein Körper mit ihrem Körper so anstellt... Irma seufzt auf, was soll dieser Chrismist!

Gott sei Dank erklingen gerade die sanften Töne einer Oboe, sie hören sich an, als ob ein Vogel angelockt wird. Und das bedeutet, die Wahnsinnsarie beginnt endlich. Irma vergisst atemlos ihr Denken und starrt gespannt auf die Bühne...

 

Lucia ist auf die Bühne gekommen, sie trägt ein weißes Nachthemd mit großen blutroten Flecken, sie kommt von ihrer Hochzeitsnacht, sie hat den Mann getötet, mit dem ihr schurkischer Bruder sie verheiratet hat. Jetzt ist sie dem Wahnsinn verfallen, und sie singt für ihren verloren geglaubten Geliebten Edgardo. Il Dolce Suono. Der süße Klang...

 

Irma kennt die Arie, aber eigentlich nicht aus dieser Oper, sondern aus einem Film, es war ‚Das fünfte Element’ von, wie hieß der noch? Jean-Luc Picard, nee, das war der Kapitän der Enterprise, Godard, Godot, Luc irgendwie, aber wie? Ist ja auch egal. In diesem Film sang jedenfalls eine Außerirdische mit einer überirdisch schönen Stimme diese Arie. Diese Arie, die von Verzweiflung und Wahnsinn handelt und die einem die Tränen in die Augen treibt.

Auch Irma kommen die Tränen, und sie schließt die Augen, um zu verhindern, dass die Tränen fließen.

Sie fühlt sich seltsam aufgelöst und spürt im Innersten, dass es gar nicht um die wunderschöne Musik geht, sondern um etwas anderes, etwas, das sie nicht in den Griff kriegt und deswegen verdrängt.

Das fünfte Element... Es muss die Liebe sein, das kommt ihr urplötzlich in den Sinn. Feuer, Wasser, Luft und Erde, das alles reicht nicht aus, die Evolution wird überschätzt, nicht zur Intelligenz strebt alles, sondern zur Liebe letztendlich. Auch bei den Insekten wird es irgendwann so sein – nur bei der Spezies Mensch klappt es nicht, die entfernt sich immer weiter davon, richtet sich zu Grunde... Herrgott, was denkt sie da überhaupt, es ist alles so konfus, und sie selber spielt ja auch nicht mit im Konzert, war nie so richtig dabei. Bei der Liebe. Obwohl ein Teil von ihr unaufhaltsam danach strebt – und sich dieser wundervollen Musik hilflos hingibt…

 

Irma hält immer noch die Augen geschlossen, aber plötzlich merkt sie, dass da etwas ist, denn sie kann sich nicht mehr auf die Musik konzentrieren, weil sie sich beobachtet fühlt. Nein, sie fühlt sich nicht belästigt, nicht durch einen Stalker unangenehm verfolgt, sie fühlt nur, dass jemand sich auf sie konzentriert.

Sie spürt es auf ihrem ganzen Körper, es ist zudringlich und verhalten zugleich. Es ist entblößend, aber auch tröstlich. Es ist, oh verdammt, was ist es? Wer ist es?

Sie öffnet die Augen und sucht die gegenüber liegenden Logen ab, aber es ist einfach zu dunkel, sie kann nicht viel erkennen. Vielleicht, weil sie ein wenig nachtblind ist.

Und das Gefühl verstärkt sich noch, was Irma für einen endlosen Augenblick total verunsichert.

Was ist das? Wer ist das? Das kann nicht sein, sie will das nicht, und es ist bestimmt alles nur Einbildung. Sie schließt wieder die Augen, versucht, sich auf die Arie zu konzentrieren. Und es klappt.

Doch seltsamerweise klingt die Musik noch intensiver als zuvor, und sie fasst sich unauffällig an die Augen, um ihre Tränen zu verbergen, aber diesmal kann sie es nicht verhindern, dass etwas Nasses ihre Wangen herabfließt. Oh nein!

Warum ist sie heute nur so empfindlich und so sentimental? Muss natürlich an ihrer Periode liegen, was sonst. Da ist man als Frau immer etwas daneben.

 

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Chris, verborgen in der Dunkelheit seiner Loge, schaut sie wie gebannt an. Endlich hat er sie gefunden, sie sitzt genau auf der anderen Seite, und er kann seinen Blick nicht von ihr abwenden.

Während er sie im Halbdunkel ansieht, bemerkt er, wie sie sich an die Augen greift. Herrgott, sie wird doch nicht etwa weinen? Warum sind die Weiber immer so sentimental? Aber Irma ist nicht sentimental, das glaubt er zumindest – und trotzdem heult sie hier. Vielleicht wegen der Musik? Es ist gute Musik, er kennt sie hauptsächlich aus diesem Film von Luc Besson, das fünfte Element. Starker Film – und mit Bruce Willis.

Es ist tröstlich zu wissen, dass sie überhaupt heulen kann. Sie hat eine Schwachstelle, sie ist nicht aus Stein, und vielleicht ist sie ja in Wirklichkeit nicht so hart, wie sie sich immer gibt.

 

Chris wirft seiner Begleiterin einen kurzen Blick zu. Sie ist recht hübsch, objektiv gesehen, aber auch ziemlich nervig. Natürlich ist sie auch jung, aber trotzdem schon abgebrüht, sie weiß, was sie will. Sie hat eine Härte, die Irma abgeht. Irma ist nicht so hart, das weiß er instinktiv oder hofft er es nur? Nein, Irma ist nicht so, Irma ist anders. Aber Irma macht sich bestimmt nichts aus ihm, im Gegensatz zu der jungen Kusine, die ihn schon massiv angebaggert hat. Es war nett und schmeichelhaft, mal wieder begehrt und angehimmelt zu werden, aber sie ist nicht Irma, und sie hat auch nicht die geringste Chance bei ihm. Wie alle anderen Frauen. Alle sind mittlerweile zu undeutlichen Schemen verblasst, alle sind uninteressant geworden.

 

Irma, einzig und allein Irma...

Plötzlich überkommt ihn das unwiderstehliche Verlangen, neben Irma zu sitzen. Warum? Sie macht ihn doch immer so zornig, vor allem, wenn sie nicht da ist. Warum macht sie ihn zornig? Weil sie ihn beschäftigt. Weil er immer an sie denken muss. Warum muss er an sie denken? Weil sie ihn zornig macht. Warum macht sie ihn zornig? Das ist eigentlich die beste Frage von allen, aber er kann sie nicht beantworten.

Er möchte einfach nur neben ihr sitzen, dieser Ralf passt dort nicht hin, er ist in sie verliebt, er ist gefährlich in seiner Nettigkeit, und Chris kann seinen Anblick kaum ertragen. Hoffentlich fällt Irma nicht auf Ralf herein, er kann ihr nicht das geben, was er, Chris, ihr geben könnte. Oder legt sie etwa Wert auf so einen romantischen Quatsch wie Liebe? Die meisten Frauen legen Wert darauf, aber Irma auch? Warum weiß er nicht, was sie will. Witz lass nach, sie hat es ihm ja nie gesagt... Aber egal, er wird ihr geben, was immer sie will, er will einfach nur, dass sie glücklich ist.

Und er weiß einfach nur, er möchte Irmas Hand nehmen und sie zärtlich mit dem Mund berühren. Er möchte den Arm um ihre Schulter legen. Er möchte, dass sie ihn liebevoll anschaut und sich vertrauensvoll an ihn lehnt. Er möchte ihr die Tränen von den Wangen küssen, möchte ihr dumme Dinge sagen, möchte dumme Dinge von ihr hören...

 

Chris spürt, wie sein Körper sich versteift.

Oh Gott! Scheiße!

‚Hat es dich endlich erwischt? Du bist doch nicht etwa verliebt? Nein, das glaube ich nicht!’ Schlagartig erinnert er sich an die Worte seiner älteren Schwester.

Chris stöhnt auf. Wieso wissen Frauen immer schon alles vorher?

Und wieso haben sie immer recht?

 

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PAUSE...

 

Es herrschte ziemliches Gedränge im Foyer. Fast alle Gäste nahmen die Gelegenheit wahr, um an der Bar etwas zu trinken – und um auf die Toilette gehen.

Ralf reihte sich in die lange Schlange vor der Theke ein, um Sekt zu bestellen, und Irma ließ sich von Ralf Sekt ausgeben. Sie standen an einem winzigen Stehtisch und prosteten sich zu.

„Hier ist ja ganz schön was los“, sagte Irma zerstreut. Sie fühlte sich immer noch etwas verwirrt. Dieses Gefühl vorhin während der Arie, es war so seltsam gewesen.

„Ja, es ist ziemlich voll hier.“

Er sah wirklich gut aus mit seiner dunklen Jacke. Ach Ralf, warum bist du so verlässlich und kein bisschen aufregend? Und du Chris, warum bist du nicht ein bisschen verlässlicher und weniger aufregend? Das Zusammensein mit Chris war wie ein Höhenflug, von dem man immer wieder abstürzte in die Niederungen des Alltags. Aber andererseits konnte man sich dann auch erholen von dem aufregenden Zusammensein, von dem geilen Stress – und überhaupt von dem Spiel, das zwischen ihnen ablief.

Und wenn sie mit Chris jeden Tag zusammen wäre, könnte das gut gehen? Immer zusammen, immer diese Nähe? Ja, sagte irgendetwas in ihr. Du spinnst, sagte etwas anderes, allein schon die Vorstellung ist absurd und vor allem unmöglich.

Ja, es ist unmöglich, gestand Irma sich ein, und es ist auch nicht wünschenswert, denn Chris gehörte einer anderen Spezies an. Der Spezies Mann, die ja sowieso schwer zu verstehen war, Und Chris war so... Scheiße souverän, der brauchte bestimmt keine Frau, die ihm jeden Tag auf der Pelle hing... Allein schon der Gedanke daran war abartig. Irma riss ihre Gedanken von Chris los.

 

„Ich wusste gar nicht, wie schön so eine Aufführung ist.“ Sie hob versonnen ihr Sektglas an die Augen, sie blickte hindurch und sah schemenhaft irgendwelche Leute.

Dann stutzte sie. Was war das? Das konnte nicht sein. Nicht hier!

„Hallo Irma, hallo Ralf!“

Chris sah fantastisch aus. Wie immer. Es war nicht fair! Wieso sah der immer so gut aus? Und was machte er hier?

Sie fühlte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss, und sie hielt sich unauffällig das Sektglas abwechselnd an beide Wangen, um sie abzukühlen und die verräterische rote Farbe zu besänftigen. Hoffentlich merkten die anderen es nicht, das wäre zu peinlich.

„Geht es dir besser?“ Er schaute ihr voll ins Gesicht, und seine Stimme klang ein bisschen belegt.

Irma starrte ihn an. Was zum Teufel sollte das jetzt? Jetzt würde jeder wissen, dass sie irgendwas miteinander zu tun hatten. Ralf guckte auch schon so seltsam.

„Jaaaa...“ Sie realisierte, dass ein hübsches junges Mädchen neben ihm stand. Aus dem Augenwinkel heraus konnte sie erkennen, dass das Kleid dieses rauschgoldengelhaften Wesens sehr gewagt war, mit einem sagenhaften Ausschnitt und einer sagenhaften Kürze im Saum. Sah so richtig nach Schlampe aus.

Irma nickte der Schlampe freundlich zu. Sie sollte sich jetzt besser zusammenreißen. Jetzt, wo man sich endlich gegenüberstand und der Wahrheit ins Gesicht sehen musste.

„Das ist meine Kusine Mandy“, erklärte Chris gerade. „Sie ist zu Besuch hier...“

„Und wie gefällt Ihnen die Oper“, fragte Irma, und sie legte viel Nettigkeit in ihre Stimme, obwohl sie überhaupt nichts nett fand, die ganze Situation war vollkommen daneben.

„Ist voll geil irgendwie! Toll, dass Chrissie mich eingeladen hat.“ Mandy legte besitzergreifend die Hand auf Christophers Arm und flüsterte ihm laut zu: „Kannst du mir noch ein Glas Sekt besorgen. Ich liebe dieses Prickelzeugs!“

Chrissie? Besorgen? Prickelzeugs? Was zum Geier bildete die sich ein? Irma schaute wie gebannt auf Mandys Hand, die auf 'Chrissies' Arm lag.

Chris schien ihren Blick zu sehen oder zu fühlen, denn er schüttelte Mandys Hand unauffällig ab. Oder bildete sie sich das nur ein?

Klasse, dachte sie. DIE hat er in die Oper eingeladen? Was hab’ ich mir nur gedacht? Er ist ja überhaupt kein Geizkragen, nur mir gegenüber! Und Irma fühlte, wie etwas sie überschwemmte, das eine ziemliche Ähnlichkeit mit Wut hatte.

 

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„Wollt ihr auch noch was trinken?“ Chris’ Blick versuchte, sich an Irmas Blick festzusaugen, aber Irma wandte sich ab und schaute uninteressiert irgendwo anders hin.

„Nein danke! Wir müssen sowieso wieder hinein“, sagte sie nach einer endlos scheinenden Weile. Und dabei sah sie ihm direkt in die Augen. Es traf ihn wie ein Schlag. Er biss sich auf die Lippen, denn ihr Blick war so gleichgültig, dass es ihm wehtat. Und am liebsten hätte er ihren Kopf genommen, ihn an sich gezogen und ihren Mund geküsst. Denn dann hätte er wenigstens ihren gleichgültigen Blick nicht mehr ertragen müssen.

Stattdessen riss er sich zusammen und sagte: „Du kommst doch am Freitag vorbei?“

Irma schaute ihn an, als könne sie ihren Ohren nicht trauen, und Chris spürte, dass sowohl Ralf als auch die liebreizende Mandy ihn neugierig anglotzten.

„Och, ich weiß nicht. Kommt drauf an...“ Sie sah aus, als würde sie ihm gleich an die Gurgel gehen, und das war das Letzte, was er bezweckt hatte. Er wollte doch nur mit ihr reden, sich in Erinnerung bringen, sich vergewissern, dass sie am Freitag vorbeikommen würde. Himmeldonnerwetter, wie bescheiden er geworden war...

 

Irma zuckte mit den Schultern, als wolle sie ein lästiges Insekt verscheuchen, dann drehte sie sich aufreizend langsam um und ging einfach weg. Und Ralf, der etwas verwirrt wirkte, folgte ihr natürlich.

 

Ach Scheiße, bleib’ doch!

 

Als hätte sie seinen geistigen Hilferuf gehört, kam sie noch einmal zurück, und er blickte sie erleichtert und hoffnungsvoll an, obwohl er nicht genau wusste, was er eigentlich erwartete.

Sie nahm ihr Glas vom Tisch und warf ihm einen spöttischen Blick zu. „Ich muss es zurückbringen“, sagte sie gelassen und schlenderte davon. Aber dann wandte sie sich noch einmal um, und wieder blickte er sie wie hypnotisiert an.

„Ach ja, viel Spaß noch, Mandy, Chrissie...“

 

Der Abend war im Eimer, schlimmer hätte es nicht kommen können. Er blickte ihr sehnsüchtig nach. Der halblange fliederfarbene Rock umschmeichelte ihre langen Beine, das schwarze eng anliegende Mieder war zwar weit ausgeschnitten, doch keineswegs entblößend, denn darunter trug sie etwas Weißes mit Spitzen, und er empfand sie wie den Inbegriff der Versuchung, aber auch der Unschuld. Dagegen sah seine junge Begleiterin aus wie ein, ach Mist, war ja auch egal! Jedenfalls legte Irma wohl nicht viel Wert auf seine Gesellschaft. Oder war sie sauer auf ihn, weil er eine Frau bei sich hatte? Aber die konnte sie doch nicht als Konkurrenz ansehen. Die war ein Nichts! Ein überaus lästiges Nichts.

Und wieso war er überhaupt in die Oper gegangen? Um sich beschissener als vorher zu fühlen? Irma wollte ihn doch gar nicht, und das tat weh, sehr sehr weh. Wenn das Liebe war, dann brauchte er sie nicht. Er musste dem ein Ende bereiten, denn wenn er so weitermachte, dann würde er sich selber zerstören.

Aber konnte er sich ein Leben ohne Irma vorstellen? Nein, das konnte er nicht, und er wollte auch sein altes Leben nicht wieder aufnehmen. Nach Irma würde es schal und unbefriedigend sein, und allein die Vorstellung daran erschreckte ihn. Aber was sollte er tun? Es musste doch eine Möglichkeit geben, ihr zu zeigen, was er fühlte. Er musste es erzwingen, mal längere Zeit mit ihr zu verbringen und nicht nur einen Abend und eine Nacht. Aber wie? Und wenn sie ihn trotzdem zurückwies, über ihn lachte... Chris stöhnte auf

„Sag’ mal, hast du was mit der?“

Chris starrte seine Kusine wortlos an. Hast du was mit der? Das war ja so was von daneben, so was von banal, und es traf die Sache nicht im geringsten.

„Ich hab’ nicht nur was mit der, ich liebe sie sogar!“ Schon während er diese Worte aussprach, fühlte er eine enorme Erleichterung, es war gesagt, und es stimmte.

Kusine Mandy glotzte ihn mit offenem Mund an und brachte zur Abwechslung mal kein Wort heraus.

Na also, endlich hielt sie die Klappe, hatte kapiert, dass sie nur Mittel zum Zweck gewesen war. „Tja, das sollten wir feiern, Mandylein!“

Chris wollte es sich nicht zumuten, den Rest der Oper zu sehen, mit Irma im Hintergrund. Er ging einfach hinaus in die frische Luft des Septemberabends, und Mandy musste ihm wohl oder übel folgen.

 

Was für eine Scheiße, dachte er frustriert.

 

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Das ist dann wohl die Wahrheit, sagte sich Irma, als sie wieder auf ihrem Platz saß. Wieso hat sie nie damit gerechnet, ihn durch Zufall zu treffen. Aber ist es ein Zufall? Hat sie sich nicht irgendwann mit Jessi über diese Oper unterhalten und sogar den Termin am Telefon genannt? Das kann kein Zufall sein. Aber was soll das? Er ist doch kein Opernfan, er mag eher Jazz und Funk, zum Beispiel Level 42, oh nein, nicht dran denken, an diesen unvergleichlichen Sex, an dieses fast mystische Empfinden, sie hat sich voll in seine Hände gegeben, ihm vertraut...

Und jetzt ist er auf einmal hier? Mit Kusine? Na gut, warum nicht, Chris gibt sich doch nicht mit so einem Blag ab, das ist doch gar nicht seine Art. Aber eigentlich weiß sie doch gar nicht, was seine Art ist, und wen er, na ja... Was hat das alles zu bedeuten? Will er sie niedermachen?

Irma fühlt sich hin und her gerissen. Bis jetzt hat sie mit Chris in einer abgeschotteten Welt gelebt, in der es nur sie beide gab und ihre Bettsachen. Sie lächelt bitter vor sich hin. Doch jetzt ist die Wirklichkeit in diese abgeschottete Welt eingebrochen, und Irma fragt sich, ob sie das ertragen kann. Nein, kann sie nicht, dafür ist ihr Verhältnis viel zu... ja was ist es? Es ist ein Nichts, genau! Es funktioniert nur, wenn kein anderer dabei ist.

Sie kommt nicht klar mit den anderen Frauen, kommt nicht klar mit seinen Freunden, die über die anderen Frauen Bescheid wissen? Nein, nein, nein, sie kommt nicht damit klar. Aber was soll sie tun?

Irma erkennt zu ihrer Bestürzung, dass sie Angst davor hat, mit Chris Schluss zu machen. Oh Gott warum, sie fühlt doch nichts für ihn, außer im Bett natürlich, aber das kann doch nicht so wichtig sein. Oder doch? Ist sie ihm irgendwie hörig? Irma sitzt starr in ihrer Loge und grübelt vor sich hin.

Sie kann das mit Chris natürlich nicht ewig durchziehen. Dazu ist sie auch gar nicht der Typ. Sie will einen Mann, der sie liebt und den sie auch liebt und mit dem sie eines Tages Kinder haben wird, sie will den einen einzigen, okay, okay, sie gibt es vor sich selber zu. Doch Chris ist es nicht, kann es nicht sein, Irma greift sich wieder an die Augen, doch diesmal geschieht es nicht wegen einer traurigen Arie, sondern sie spürt einen Vorgeschmack auf die Zeit ohne Chris, und diese Zeit schmeckt entsetzlich leer und schal.

Aber vielleicht ist ja gar nichts geschehen, und sie hat sich alles nur eingebildet...

 

‚Schließ’ nur die Augen, Irma’, Ihr lästiger Verstand meldet sich gerade. Oh Gott, was will der denn jetzt?

Warum soll ich auf ihn verzichten, er ist absolut gut im Bett, das finde ich so schnell nirgendwo anders’, erwidert sie patzig. ‚Und vor allem weiß ich, woran ich mit ihm bin...’

‚Da weißt du aber was Tolles!’

‚Ach du, du hast überhaupt keine Ahnung!’

’Ich sag dir jetzt, was du tun wirst’, ihr Verstand gibt keine Ruhe, aber was soll’s, möglicherweise hat er ja eine Idee.

‚Du wirst Chris am Freitag besuchen, du wirst kein Wort über die Oper verlieren, du wirst es mit ihm treiben, lustvoll treiben, du wirst ihn genießen, die ganze Nacht lang, und du wirst Sachen mit ihm anstellen, die ihn umhauen...!’

‚Aber wieso...’

‚Haha, erst wirst du ihn umhauen, und danach wirst du abhauen – du hast doch diese Einladung von diesem Harald, du wirst mit ihm aufs Land fahren. Und vielleicht wirst du sogar mit dem Kerl schlafen. Er ist wahnsinnig nett, und er mag dich sehr. Mal was anderes...!

 

Irma hört erst ungläubig zu, aber dann nickt sie kraftlos, denn sie fühlt sich so müde, sie hat alles so satt, dieses Abtasten, diesen Zwang zur Vorsicht, und sie muss etwas tun, etwas ändern...

 

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GESCHICHTEN...

 

„Hab’ ich dir eigentlich schon von Madames Psychologen erzählt?“

Chris schreckt zusammen und schaut sie leicht verwirrt an. „Nein“, sagt er schließlich.

„Also, Madames Psychologe – wo ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Psychiater und einem Psychologen? Ach was soll’s! Jedenfalls behandelt der Madame umsonst. Wie findest du das?“

„Weiß nicht...“

„Also, ich finde es unangemessen. Wer sich mit der abgibt, der sollte viel Geld dafür kriegen und ihr nicht noch was in den Hintern stecken!“ Irma ist ein wenig aufgebracht. Es scheint so, als ob Madame ziemlich viele Verehrer hat, unter anderem auch diesen Seelenklempner. Na gut, sie hat auch ein paar Verehrer. Zum Beispiel den netten Typen, den sie vor ein paar Monaten in der Disco kennen lernte. Es passierte vor Chris – wie witzig, vor Chris, nach Chris... – und am Ende einer Hochzeitsfeier von Freunden. Sie hatte sich mit Ex Oliver dort verabredet, aber der erschien wider Erwarten mit seiner neuen Freundin, und Irma fühlte sich einsam und im Stich gelassen, sie soff reichlich und führte sich unmöglich auf. Möge der Mantel des Vergessens über diese unwürdigen Szenen gebreitet werden... Spät in der Nacht verdrückte sie sich unauffällig, marschierte mehrere Kilometer durch einen finsteren Wald, landete schließlich in der Disco, und dort sprach Harald sie an. Er war nett, fürsorglich und versuchte sie zu trösten, er nahm sie in den Arm, und sie nahm ihn dafür mit nach Hause. Er schlief im Wohnzimmer auf dem Sofa, er fand es ganz normal, dort zu schlafen. Gewisse andere hätten das nicht so normal gefunden... Seitdem rief er sie ab und zu an, aber sie hatte es bisher vermieden, sich mit ihm zu verabreden. Doch jetzt war sie endlich soweit, so einen lieben und netten Kerl konnte man nicht links liegen lassen, und vielleicht schaffte sie mit ihm sogar einen Neuanfang.

 

„Wo war ich? Ach ja, Madame… Sie ist mit ihrem Psychologen durch die Innenstadt marschiert, und die beiden haben alte Leute angerempelt. Er hat es ihr befohlen, er meinte, es wäre eine gute Übung für sie. Wie findest du das?“

Chris schweigt. Es ist ungewohnt, dass er ihr nicht zuhört. Oder dass er ihr zuhört, aber nichts dazu sagt.

„Chris?“

Was ist los? Hat sie sich ein wenig zu weit vorgelehnt mit diesem Sexspielchen? Hat sie seinen Stolz verletzt? Doch er wollte es ja, jedenfalls schien es so. Er verhielt sich zwar den ganzen Abend über seltsam passiv, aber geil war er trotzdem. Und sie hielt es für eine gute Möglichkeit, selber mal die Hosen anzuziehen, im übertragenen Sinne natürlich. Sie erzählte locker plaudernd, wie gut oder schlecht andere Männer gebaut wären in gewisser Beziehung, worauf es Frauen ankäme, sie wollte ihm wehtun und gleichzeitig geil machen.

Was man nicht alles mit einem Finger anstellen kann... Er schaute sie hilflos und erregt an. Und dann... Er explodierte förmlich! Und wie er keuchte und sie anstarrte. Es gab ihr ein Gefühl von Macht, nicht übel zur Abwechslung, bisher hat sie sich immer gefühlt wie ein williges Werkzeug in seinen Händen, und jetzt hat sie den Spieß mal umgedreht. Obwohl sie ja gar keinen Spieß hat. Witzig, witzig...

Wie immer sah er verletzlich aus nach seinem Höhepunkt, aber dieses Mal sah er ganz besonders verletzlich aus. Und sie empfand auf einmal, ja was war es, es handelte sich um ein Gefühl, das sie traurig machte, und schließlich kam sie darauf, dass es sich um Mitleid handelte. Mitleid mit Chris? Was für ein irrationales Gefühl, als ob er Mitleid nötig hätte. Aber sie fühlte es trotzdem.

Ihn küssen kam natürlich nicht in Frage, stattdessen rutschte sie wieder nach unten und umfasste ihn sanft und beschützend. Warum hatte sie das Gefühl, ihn beschützen zu müssen? Das hatte sie noch bei keinem anderen Mann, und Chris war ja wohl der letzte, der das brauchte. Trotzdem lag sie dort und liebkoste seine Eier, als wären es seine Lippen, bis sie sich schließlich von ihm löste und sich neben ihn legte, um eine Unterhaltung anzufangen. Aber da kam ja auch nichts bei rum…

 

„Das ist ja wohl ein Ding“, sagt er nach einer schier endlosen Weile. „Alte Leute anzurempeln... Was ist denn das für ein seltsamer Psychologe?“

Verdammt noch mal, und was ist los mit Chris? Seit wann langweilt er sich bei ihrem Geschwätz? Bis jetzt hat er sich immer gut darüber amüsiert. Ist er ihrer überdrüssig? Irma wird es ein bisschen seltsam zumute.

„Was machen die wohl als nächstes? Vielleicht ’ne Bank überfallen?“ sagt sie, nur um etwas zu sagen.

„Natürlich nur zur Stärkung des Selbstbewusstseins“, Chris wirkt zerstreut, und er ist immer noch nicht so interessiert, wie sie ihn gerne hätte.

„Natürlich...“ Irma lässt das unergiebige Thema über Madames Psychologen fallen und fängt ein neues an: „Und außerdem weiß ich jetzt, wo man in Deutschland am billigsten saufen kann. Und das in jedem Bundesland...“

Er schaut sie mit einem Funken von Neugier an. Klar, er ist ein Geizhals, nicht nur in geldmäßiger, sondern auch in gefühlsmäßiger Beziehung und vor allem in gefühlsmäßiger Beziehung zu ihr. Aber dann fällt ihr schlagartig ein, dass er seine junge Kusine in die Oper eingeladen hat, und das war bestimmt nicht billig... Saukerl!

„Ach! Und wo?“

„Das rätst du nie!“ Na also, Geiz ist doch geil und siegt meistens. Allerdings nicht bei jungen hübschen angeblichen Kusinen...

„Na, sag’s schon!“

„Es sind die Hundeplätze.“ Irma entschließt sich, sehr sparsam mit ihren Enthüllungen über die billigsten Saufplätze in Deutschland umzugehen.

„Häääh?!“

„Es sind die Hundeplätze. Ja tatsächlich! Da gibt es immer ein Vereinslokal mit Theke – und während die Kampfdackel draußen abgerichtet werden, kann man im Vereinslokal was zu sich nehmen. Und zwar ganz billig...“

„Ist nicht wahr!“

„Ein Pils kostet fünfzig Cents, und ein Schnaps kostet auch fünfzig Cents. Leider haben die nur so ekliges Zeug wie Korn....“

„Das ist wirklich sagenhaft billig... Und man benötigt keinen Hund dazu?“ Chris scheint interessiert zu sein. Er ist wieder da. Geiz oder Nichtgeiz, gedanket sei dem Herrn!

„Okay, Madame hatte die Venus dabei, ihren fetten Rottweiler, und sie hat sich von denen beraten lassen. Aber man könnte ja einen Plüschhund mitnehmen, wenn man keinen richtigen zur Hand hat...“

Er schweigt wieder. Das ist ja nicht zum Aushalten! Vielleicht sollte sie ihm ein Geheimnis verraten, das sie eigentlich ungern preisgibt, aber irgendwie will sie sein Interesse wieder wecken.

„Habe ich dir eigentlich schon meinen wahren Namen genannt?“

Chris stutzt, schaut sie verblüfft an und sagt: „Was soll denn das für ein Name sein? So was wie Rumpelstilzchen?“

„Nein, nicht direkt. Aber ähnlich schlimm. Ich heiße nämlich Irma Wilma Lina...“

„Das hört sich nett an, Frau Feuerstein“, sagt er spöttisch lächelnd.

„Und wenn ich mal Kinder hab’, dann nenn’ ich die Pebbles und Bambam.“ Upps, das war vielleicht etwas vorschnell dahingesagt, und Irma plappert hastig weiter: „Ach nee, ist unwahrscheinlich, dass ich mal Kinder habe. Vielleicht werde ich irgendwann eine Katze Pebbles nennen.“ Was erzählt sie da eigentlich? Sie und Kinder haben? Oder doch keine haben? Das ist eine Vertraulichkeit, die Chris gar nichts angeht, denn mit ihm geht es ja nicht, das mit den Kindern. Mit ihm geht gar nichts, außer der Bettsache. Sie schaut ihn unauffällig an, vielleicht sagt er ja noch was Fieses dazu. So was wie: Na dann viel Spaß mit den Blagen...

Aber er sagt nichts, und Irma glaubt mittlerweile wirklich, dass sie ihn langweilt, denn so still war er noch nie. Was ist los mit ihm? Für irgendwas muss sie ihn doch interessieren können. Vielleicht für diese Hochzeit, als sie schwer angeschickert über eine finstere Landstraße lief und überhaupt nicht wusste, wo sie war. Das könnte was sein...

„Ich mag Hochzeiten nicht besonders.“

„Warum nicht, kann doch nett sein“, Chris sieht irritiert aus.

„Okay, manchmal können sie nett sein. Aber diese? Nein danke! Irgendwann hatte ich keinen Bock mehr und wollte einfach nur noch weg“, erzählt Irma. Sie registriert aus den Augenwinkeln, dass Chris sie aufmerksam anschaut. Das ist gut, das ist sehr gut.

„Natürlich war kein Taxi vor dem Restaurant, war ja am Arsch der Welt. Läufste einfach los, hab’ ich mir gedacht, kann ja nicht so weit sein, vielleicht ein bis zwei Kilometer bis zum nächsten Taxistand...“

„Und war da einer?“ Chris lächelt.

„Nicht die Bohne! Ich glaub’, ich bin stundenlang durch den Wald gelaufen, es war furchtbar finster, und ich war froh, wenn ich von weitem die Scheinwerfer eines Autos sah. Aber wenn sie dann näher kamen, kriegte ich Schiss – und versteckte mich. Neben der Straße irgendwo, leider konnte ich nicht sehen, wo ich hinsprang, aber da war Gott sei Dank kein Wassergraben...“

„Wozu hast du denn ein Handy?“ Chris schüttelt den Kopf.

„Gute Frage...“, sagt Irma leicht säuerlich. „Aber zu dem Zeitpunkt war’s sowieso zu spät fürs Handy. Die hätten mich gefragt, wo ich bin. Ach ja, ich laufe eine finstere Straße entlang in unbekannter Richtung. Und ach ja, ich springe immer in den Straßengraben, wenn ein Auto naht...“

„Du machst aber auch Sachen!“ Er lacht, und seine Stimme hört sich ein bisschen besorgt an, aber das bildet sie sich sicher nur ein.

Wieder entsteht eine Pause, doch Irma hält diesmal die Klappe, sie hat nämlich keine Lust, sich lächerlich mit ihrem Gequatsche zu machen.

 

„Manchmal können Handys ganz nützlich sein, obwohl ich sie nicht mag.“ Chris bricht das Schweigen schließlich. „Zumindest hätte ich damals eins brauchen können...“

Irma hört ihm fasziniert zu, denn erstens ist sie erleichtert, dass er wieder redet, und zweitens ist die Geschichte gut:

Man wollte zu dritt in Spanien Campingurlaub machen. Alles war perfekt aufgeteilt auf zwei Autos, ein Kumpel transportierte den Gaskocher, die Luftmatratzen und die Zeltstangen, während Chris und sein Freund das Kochgeschirr, jede Menge Decken und das Zelt im Auto hatten.

In der Schweiz verlor man sich dummerweise aus den Augen, und alles schien gelaufen zu sein, das mit dem Kochen und das mit dem Schlafen im Zelt. Man stellte sich auf einen recht einseitigen teuren Urlaub in einem Hotel ein.

Aber wie durch ein Wunder vierundzwanzig Stunden später – nach einer Nacht im Auto – mitten auf der französischen Autobahn und mitten im französischen Hochgeschwindigkeitsrausch überholten sie den Kumpel. Er trug bereits ein Hawaiihemd, und sein linkes Bein baumelte aus dem Autofenster.

Zelt, Kocher, Geschirr und vor allem der Urlaub, alles war gerettet.

 

Irma findet die Geschichte lustig. Aber dann auf einmal steht ihr dieses Zelt vor Augen. Was ist darin wohl alles abgegangen? Was macht man so als junger Stier in Spanien? Wie oft hat Chris wohl schon mit anderen Frauen? Woher kommen seine guten Kenntnisse so sexmäßig? Wie viele und was für welche? Auch so was wie Typ ‚junge Kusine’ oder ganz was anderes? Warum gibt er sich mit ihr ab, sie ist doch relativ unerfahren in dieser Beziehung? Obwohl sie mit ihm Sachen tut, die sie mit keinem anderen Mann getan hat.

Und auf einmal ist Irma es, die eine seltsam abwesende Phase hat und sich merkwürdig uninteressiert zeigt.

Sie dreht sich zur Seite, um ihn nicht anschauen zu müssen, und dann kringelt sie sich zusammen, wie um sich zu beschützen.

„Was ist los, Süße?“ Seine Stimme hört sich ein wenig spöttisch an, wie immer, wenn er ‚Süße’ zu ihr sagt. Und es handelt sich natürlich um einen Witz: Irma la Douce... La douce heißt nämlich ‚die Süße’.

„Ach nichts“, grummelt sie in sich hinein.

 

Sie spürt ihn hinter sich, sein Körper fühlt sich so vertraut an – so hart und so männlich – obwohl der Rest ihr fremd ist. Aber das macht nichts. Nicht jetzt.

Er fasst sie um die Taille und streichelt dann die Haut unter ihren Brüsten, und das erregt sie seltsamerweise mehr, als würde er ihre Brüste streicheln. Oder ist es die Erwartung, dass er sie streicheln könnte?

„Das fühlt sich gut an“, murmelt er, und seine Hand bewegt sich langsam tiefer.

Irma atmet heftig ein. Das ist nicht schlecht, das ist sogar besser...

Es endet in einer richtig gemütlichen Nummer, nicht so aufwühlend wie letztens die nach dem verlorenen Billardspiel, aber vielleicht noch aufwühlender, weil es zärtlich und sanft abgeht. Aber sanft ist er ja immer beim Sex, zumindest mit den Händen...

 

Und sie ist so müde, sie hat alles so satt, dieses Abtasten, diesen Zwang zur Vorsicht. Ihr letzter Gedanke vor dem Einschlafen ist irgendwas mit Harald, was soll sie mit ihm auf dem Land? Und sie schläft ein, während Chris noch in ihr ist.

 

~~~~~~~~~~~

 

Sie wacht auf, geweckt von einem Geräusch. Schlaftrunken lauscht sie in die Dunkelheit. Irgendetwas ist anders, ist nicht normal.

Chris liegt mit dem Rücken zu ihr, aber sein Atem geht nicht so regelmäßig wie gewohnt sondern verstummt manchmal für lange Sekunden. Das findet Irma beängstigend, er muss doch atmen...

Jetzt atmet er wieder, aber stoßweise und heftig.

Vielleicht träumt er schlecht, das kann jedem mal passieren.

Aber dann auf einmal stöhnt er qualvoll im Schlaf auf, und es hört sich furchtbar an. Ist sie von diesem Geräusch wach geworden?

Sie dreht sich langsam zu ihm herum. Wieder setzt sein Atem aus, und sie spürt, dass er anfängt zu zittern.

Und dann murmelt er vor sich hin: Wenn er nicht gewesen wäre, dann würde sie noch leben.

Irma ist vor Schreck wie gelähmt, was ist, was hat er? Es hört sich schrecklich an.

Wieder stöhnt er es, diesmal abgehackt und stoßweise: Wenn - - er nicht - - gewesen wäre, - - dann würde  - - sie- - noch leben.

Was soll sie tun? Sie hat Angst um ihn. Sie muss ihn aufwecken von diesem Alptraum.

Sie schiebt sich vorsichtig an ihn heran, streichelt kurz seinen Rücken und sagt dann leise: „Ist ja schon gut. Du träumst nur.“

Sofort hört er auf zu stöhnen, es scheint, als ob er ihre Stimme gehört hat. Irma zieht vorsichtig ihre Hand zurück. Oh Gott, was ist los mit ihm? Es erschüttert sie, dass er so hilflos ist, so kennt sie ihn gar nicht, er ist doch der abgebrühte Typ, der von keinerlei Gefühlsregungen bewegte Mann. Aber jetzt nicht, jetzt ist er so entsetzlich hilflos. Wie kann sie ihm helfen. Am liebsten möchte sie die Arme um ihn legen, ihren Kopf an seinen Rücken schmiegen und ihm Worte des Trostes zuflüstern.

Aber sie tut es natürlich nicht. Sie gibt ihm nur einen zarten aufmunternden Klaps auf die Schulter, und kurz danach werden seine Atemzüge wieder flacher. Irma lauscht ihnen, während sie ratlos in die Dunkelheit starrt. Aber dann spürt sie die Wärme, die von ihm ausgeht. Es ist eine beruhigende Wärme, und Irma fühlt sie intensiv, sie liegt ja näher bei ihm als normalerweise. Ich bleib’ morgen ein bisschen länger hier, denkt sie undeutlich, bevor sie wieder einduselt.

 

~~~~~~~~~~~

 

DER MORGEN GRAUT...

 

Irma beugt sich über den Billardtisch und versucht einen Stoß über die Bande. Chris lehnt an der Wand und schaut ihr zu, in der Hand hält er eine Tasse mit Kaffee.

Dieser Billardtisch ist einfach Klasse! Was durch so einen Tisch alles passieren kann. Sie fühlt sich wieder so nackt und zugänglich - und vor allem so geil...

 

Es ist elf Uhr morgens. Sie trägt ein Hemd von Chris, es ist blau und weich, und es riecht gut. Er hatte nichts dagegen, dass sie es überstreifte.

Die Phantome der Nacht haben sich in Luft aufgelöst – Chris weiß wohl nichts mehr von seinem Alptraum – und auch die Phantome der Oper sind verschwunden. Irma hat sich entschlossen, nicht mit Harald aufs Land zu fahren. Wozu auch?

 

„Wieder Lust auf ein kleines Spielchen?“ Chris’ spöttische Stimme holte sie aus ihren Gedanken.

Diesmal gewinne ich, will sie gerade sagen, aber just in diesem Moment poltert jemand die kleine Treppe zum Keller herunter, sie dreht sich um und erblickt Chris’ Kumpel Siggy.

Siggy ist anscheinend schwer verwundert, sie zu sehen. „Irma, du hier?“ Er glotzt sie fassungslos an.

Hat Chris ihm etwa nichts von ihr erzählt? Irma fühlt sich ein bisschen verärgert. Er hätte wenigstens mal erwähnen können, dass er sie manchmal bumst.

„Ja, ich hier. Wieso?“ fragt sie locker, und natürlich erwartet sie keine Antwort.

Sie sieht, dass Chris freundlich lächelt. Das ist sonderbar. Irma glaubt, dass sie sich mittlerweile mit seiner Mimik auskennt. Er hält es wie ein Japaner: Wenn er grimmig lächelt, dann ist er erheitert, und wenn er freundlich lächelt, dann ärgert er sich über irgendwas. Aber worüber? Irma überlegt unauffällig, während sie registriert, dass Siggy sie immer noch anglotzt.

Das wird ja allmählich unerträglich, Irma wendet sich unwirsch ab und kreidet das Queue ein. Aus den Augenwinkeln sieht sie, dass Chris’ freundliches Lächeln noch stärker geworden ist. Er muss total sauer sein! Passt es ihm nicht, dass Siggy sie so offen anstarrt, vor allem ihre Brüste unter dem dünnen Hemd, natürlich hat sie keinen BH an, man kann bestimmt alles gut sehen, aber warum sollte Chris das jucken? Oh, jetzt kommt’s ihr, Chris schämt sich ihretwegen, sie ist unter seinem üblichen Niveau, und deswegen weiß Siggy auch nichts von ihr. Hätte sie gleich drauf kommen können.

Es ist Chris peinlich, dass sie hier ist.

Gut, sie hat verstanden...

Und wahrscheinlich zieht es ihn hinaus in die freie Natur, wo das Wild aus Frauen besteht, die man reihenweise erlegen kann. Und vielleicht ist ja wieder was fällig mit der Frau eines Kollegen. Erst sie bumsen, danach erzählt sie ihm über ihre Probleme – und er legt den Arm um sie, zur Belohnung natürlich. Ja wirklich Klasse! Irma fühlt, wie Ärger in ihr hochsteigt. Sie stört hier nur. Also sollte sie sehen, dass sie unauffällig hier rauskommt.

Sie legt das Queue zur Seite und nickt Siggy freundlich zu. Dann schaut sie Chris an, weniger freundlich natürlich, aber nicht so unfreundlich, dass es auffallen könnte. Aber der lächelt mittlerweile überhaupt nicht mehr, ganz im Gegenteil, er sieht untypisch finster aus. So finster, dass sie sich das Queue wieder greift und so tut, als würde sie ein paar Stöße üben.

 

„Wo ist denn deine geile Kusine hin?“ hört sie Siggy fragen.

Aha, die Kusine... Das interessiert Irma natürlich auch. Ja wo ist sie denn hin?

„Die ist weg!“ sagt Chris kurz.

„Schade, die Alte sah ja wirklich geil aus...“ Siggys Stimme klingt schwärmerisch.

„Na ja, ging so...“

Ging so? Der verdammte Lügner! Er hat sie bestimmt gebumst, so wie die ihn angeguckt hat!

„Ich hoffe doch sehr, dass du sie flachgelegt hast“, hört sie Siggy leise sagen.

 

Schön, schön, immerhin sagt er es leise. Irma spürt, wie sie rot wird vor Wut. Wo ist sie hier? Kann jeder vorbeikommende Penner sie beleidigen, indem er erzählt, wie Chris mit anderen Frauen rumgemacht hat oder rummachen sollte?

Sie muss weg hier, sie hält es nicht mehr aus!

Sie wirft einen wütenden Blick auf Chris, blöderweise schaut der sie auch gerade an, und er scheint betroffen zu sein von der Wut in ihren Augen. Mist, er sollte doch nicht sehen, dass sie sauer ist!

Irma sieht schnell wieder weg. Hat er sie nun flachgelegt oder nicht, die geile Alte? Sie will es gar nicht wissen. Oder weiß sie es schon? Jedenfalls muss sie weg von hier! Aber ohne das Gesicht zu verlieren...

Gemächlich legt sie das Queue auf den Billardtisch.

„Ich geh’ dann mal“, sagt sie leichthin.

Chris nagt an seiner Unterlippe, es sieht aus, als wolle er etwas sagen, aber er sagt dann doch nichts, sondern nickt nur. Er kann ihr natürlich nicht den üblichen Abschiedskuss auf die Stirn geben, denn sie vermeidet es, ihm zu nahe zu kommen. Und vor seinem Kumpel Siggy wäre es ihm bestimmt voll peinlich.

 

Irmas Körper fühlt sich steif an, als sie sich auf den langen Weg zur Tür macht.

Sie spürt die Blicke von ihnen auf ihrem Hintern und auf ihren nackten Beinen. So etwas weiß man als Frau.

Außerdem schweigen sie.

Sie versucht, so wenig wie möglich mit den Hüften zu wackeln und geht sehr steif die kleine Treppe empor. Hoffentlich ist die Tür oben auf, sonst muss sie womöglich noch mal zurück und Chris um den Wohnungsschlüssel bitten. Sie hat zwar die Schlüssel, aber die sind irgendwo in ihrer Tasche, und die ist oben in der Wohnung.

Uff, die Tür ist noch auf. Schwein gehabt!

 

Harald, mein Schatz, ich komme!

 

~~~~~~~~~~~

 

Dieser Blick! Es ist ein mörderischer Blick, er trifft Chris wie ein Schlag und lässt ihn leicht zurücktaumeln.

Verdammt noch mal, hasst sie ihn etwa? Ist das die Wahrheit? Aber wieso hasst sie ihn? Er hat ihr doch nichts getan.

 

Automatisch erinnert er sich an die letzte Nacht, als sie einschlief, während er noch in ihr war. Er wollte diese Verbindung aufrecht erhalten, solange es ging, auch wenn sie nur rein körperlich war. Ihre Haut fühlte sich so zart an, er küsste sie auf ihr Haar und legte vorsichtig den Arm um sie. Er war einfach glücklich, und am liebsten hätte er ihr Gesicht angeschaut, doch er wusste auch so, dass sie friedlich und schön aussah.

Nach einer Weile, die erfüllt war mit seltsam unbekannten Gefühlen wie Beschützertrieb, Zärtlichkeit und Liebe, Liebe, Liebe, bekam er Angst. Was wäre, wenn sie aufwachte und sich in seinen Armen wiederfand? Er ließ sie vorsichtig los und drehte sich unauffällig zur Seite. Er hätte es nicht ertragen können, von ihr abgewiesen zu werden. Aber obwohl er sie nicht mehr berührte, spürte er immer noch ihre Wärme, es war zwar nur ein Abglanz von ihr, aber sogar dieser Abglanz machte ihn glücklich.

Irgendwann schlief er ein. Und irgendwann träumte er wieder diesen Traum, er hasste den Traum, er wusste nicht, was er bedeutete, er wusste nur, dass er Angst davor hatte. Doch dann fühlte er die zarte Berührung einer Hand, die federleicht auf seiner Schulter lag – Irma sagte leise: Ist ja schon gut. Du träumst nur. Und er ließ sich getröstet in einen traumlosen Schlaf fallen.

 

Aber jetzt ist sie wohl stinksauer auf ihn. Dieser mörderische Blick... Warum, was ist los? Und wie schamlos Siggy sie angeglotzt hat, fast hätte er dem Idioten dafür eins aufs Maul gegeben.

Und was hat Siggy da eigentlich erzählt?

Oh nein, die angeblich so geile Kusine... Aber deswegen kann sie doch nicht... Ach du Scheiße, denkt sie etwa, er hätte mit seiner Kusine geschlafen? Aua!

Chris’ analytischer Verstand kommt innerhalb von fünf Sekunden zu der Erkenntnis: Sie ist sauer auf ihn, und das kann bedeuten, dass sie eifersüchtig ist. Und wenn sie eifersüchtig ist, kann es vielleicht bedeuten, dass sie Gefühle für ihn hat.

Irma zeigt Emotionen, und diese Erkenntnis ist neu für ihn. Sie hat sich bis jetzt immer so cool und ungerührt verhalten, aber vielleicht ist sie das ja gar nicht.

Chris fühlt sich so erleichtert, dass er gar nicht auf die Idee kommt, Siggy auf seine blöden Anspielungen zu antworten. Mit ein paar deutlichen Worten, wie zum Beispiel: Nein, ich habe die Kusine nicht gefickt, du Idiot! Ich liebe Irma, und ich hoffe, sie liebt mich auch...

Irma wendet sich zur Tür, und er schaut ihr wie gelähmt hinterher. Warum kann er sie nicht festhalten, warum kriegt er den Mund nicht auf? Wer weiß, was sie jetzt anstellt, sie benimmt sich ja immer so impulsiv, hoffentlich stürzt sie sich nicht in irgend etwas hinein. Mit einem anderen Mann womöglich... Man sollte sie übers Knie legen und ihr den Hintern versohlen, falls sie... Hmmm, verführerischer Gedanke... Träum’ weiter, du Idiot! Wie auch immer, er liebt sie, und er ist gut für sie. Er wird sie unterstützen, er wird ihr treu sein, er wird sie über alles verwöhnen – und wenn nötig, wird er sie auch zurechtstauchen...

Chris staunt über sich selber. Wer hätte jemals gedacht, dass so etwas in ihm steckt, aber es ist unzweifelhaft da. Und er schämt sich nicht dafür, er hat immer das getan, was er für richtig hielt, er hat nie einer Frau etwas vorgemacht, hat nie eine belogen, hat nie einer gesagt, dass er sie liebt. Auch die, mit der er ein halbes Jahr zusammen war, hat er nicht belogen. Und auch jetzt wird er nicht lügen, er wird zu seinen Gefühlen stehen und wenn nötig, wird er darum kämpfen.

 

Wie in Zeitlupe sieht er Irma die Treppe hochgehen. Der Drang, ihr hinterher zu laufen ist groß, aber er beherrscht sich.

Wenn sie ihn will, dann wird sie irgendwann von alleine kommen.

Und wenn sie nicht von alleine kommt, dann muss er sich etwas einfallen lassen.

 

~~~~~~~~~~~

 

WARTEN AUF WAS???

 

Verdammte Kusine, verdammter blöder Chris! Irma findet aus ihrer mörderischen Stimmung nicht mehr heraus, dauernd muss sie dran denken, wie dieser Siggy mit ein paar Worten alles wieder zerstörte.

Das Wochenende in der Oper war doch fast schon vergessen, die Phantome der Oper nur eingebildet, und selbst die Kusine zu einem Schatten verblasst. Ja sicher, Verdrängung ist gut, gelle?

Und dann träumt Chris einen schlechten Traum, und sie lässt sich von seiner Hilflosigkeit einlullen? Wie bescheuert!

Aber Siggy hat alles wieder ins rechte Lot gerückt. Hahaha, boah, was ist deine Kusine hübsch, du Glücklicher! Hast es ihr hoffentlich ordentlich gegeben... Das sind die Tatsachen und nicht ihre sentimentalen Vorstellungen. Alles kommt wieder in ihr hoch, obwohl sie es doch so genial verdrängt hat. Chris mit einer anderen Frau... Allein die Vorstellung daran tut Irma weh, und das ist nicht in Ordnung, daran will sie nicht denken. Sie muss die Gedanken daran vertreiben, die gehören nicht zu dem Programm mit Chris. Chris ist Sex ohne Gefühle, Chris sieht gut aus, Chris ist ohne Verpflichtungen, Chris ist einmalig, aber er ist nicht für sie bestimmt. Und hoffentlich auch für keine andere Frau. denn keine von denen hat ihn verdient.

Huch, was zum Teufel denkst du da, Irma? Chris ist Chris, und so toll ist er nun auch wieder nicht. Abgesehen von seinem Aussehen, seinen Kenntnissen im Bett, seiner Intelligenz, seinem Witz...

Scheiße, der Mistkerl ist gut, es gibt keinen Vergleichbaren. Aber es gibt auch keinen, der so unverschämt, so arrogant und vor allem so unfähig ist, sich zu verlieben. Hmmm, oder war er etwa schon in andere Frauen verliebt? Wen juckt’s, Irma prustet zornig vor sich hin. Sie will weg von ihm, dieser Mist bringt ihr doch gar nichts!

 

Okay, da ist diese Einladung von Harald.

Vielleicht wird die alles ändern. Sie will doch einfach nur geliebt werden, sie will selber lieben, und sie will respektiert werden, denn es haben schon viele Männer versucht, ihr Wesen umzukrempeln. Sie will natürlich keinen Hampelmann, der sich alles gefallen lässt, aber wenn jemand sie als das annimmt, was sie ist, dann würde sie alles für ihn tun. Hmmm, natürlich nur, wenn sie ihn lieben würde...

Irma grübelt weiter. Aber bis jetzt hat es nie geklappt. Der Ex hat sie schamlos betrogen, und sofort nach der Trennung von ihm hat sie sich ohne Plan hysterisch in die Suche nach einem neuen Kerl gestürzt. Und wieder klappte es nicht. Hans-Peter oder Klaus-Peter – wie auch immer der hieß – wollte, dass sie Röcke trug, wollte sie auf der Stelle heiraten, wollte in ihre Wohnung einziehen, wollte ein Kind mit ihr, wollte mit ihr angeben. Irma fühlte sich schwer unter Druck gesetzt und zog sich zurück.

...Und landete in der nächsten Katastrophe, und zwar mit Bernie, der sie gar nicht wollte. Von einem Extrem ins andere...

Dann kam ein One-Night-Stand, denn so einen musste man ja unbedingt als Frau haben. Ihre Freundinnen waren Spezialistinnen darin, die legten sich einfach hin – und dann Orgasmus... Aber für Irma war dieser One-Night-Stand so enttäuschend, dass sie an sich selber zweifelte und es nicht noch einmal versuchen wollte. Doch was tat sie Monate später? Landete mit dem dunklen Felipe-Gott im Bett. Irma schüttelt den Kopf und lacht auf, denn diesen Stand, der so verheißungsvoll begann, hat sie nicht einmal gestanden. Was ist sie nur für eine Pfeife! Aber vielleicht lag es ja an Chris.

Denn in der Zwischenzeit hatte sie Chris kennen gelernt. Chris, den Supermann. Aber die Fronten wurden schon am ersten Abend geklärt, er wollte nur mit ihr schlafen. Na ja, immerhin...

Chris gibt ihrem Körper, was er braucht. Trotzdem ist sie frei und kann in aller Ruhe nach dem suchen, der für sie bestimmt ist. Eigentlich sollte alles bestens sein. Doch trotzdem grummelt da etwas im Hintergrund und versaut ihr alles.

 

~~~~~~~~~~~

 

Auch der Abend mit Harald wird dadurch versaut. Aber warum? Harald hat doch so eine beruhigende Wirkung auf sie, man könnte ihn, wenn man böse wäre, fast schon als Schlaftablette bezeichnen.

Es fängt schon an, als sie mit ihm in der S-Bahn sitzt. Sie ist zwar gespannt darauf, in was für eine Behausung er sie führen wird, aber gleichzeitig fühlt sie sich fremd. Harald ist ihr fremd, auch wenn er noch so nett ist. Und eigentlich gehört sie nicht hier hin, sie sollte besser... Nein, um Himmels Willen, jetzt nach der blöden Sache mit dieser Scheiß Kusine hat sie keine andere Wahl, sie will nicht die Idiotin sein, über die man lacht, weil sie einem Kerl treu ist, der es mit anderen Weibern treibt.

Irma schaut zum Fenster hinaus, aber sie sieht kaum etwas von der vorbeifliegenden Landschaft. Ihre Mundwinkel zittern, aber dann reißt sie sich zusammen und unterhält sich zerstreut mit Harald.

 

Als das Ziel erreicht ist, vergisst sie kurzfristig ihren Frust. Mal wirklich was anderes! Haralds Bekannter, ein arbeitsloser Architekt wohnt auf dem Grundstück einer nie fertig gebauten Neubauruine, deren Betonwände ohne Fenster immerhin schon ein Dach und ein paar angedeutete Zimmer haben. Der Architekt – Irma und er können sich übrigens auf Anhieb nicht ausstehen – haust in einem Wohnwagen am Rande des Grundstücks. Für die körperlichen Ergüsse steht ein Pixi-Klo zur Verfügung. Es erinnert Irma irgendwie an die Plumpsklos in ihrem Heimatdorf, und vorsichtshalber checkt sie die üppigen Büsche ab, welche das Grundstück umgeben, denn vielleicht kann man dort besser seine Notdurft verrichten.

Sie muss das unbedingt Chris erzählen, der liebt so interessante Örtlichkeiten. Sie wird natürlich nicht erwähnen, dass sie mit einem Kerl hier war. Madame, genau, sie wird Madame vorschieben. Die passt gut hier hin!

Oh Mist! Sie will ihn doch gar nicht wiedersehen, aber trotzdem ist er da, irgendwie hat er sich in ihrem Gehirn eingenistet.

Irma spricht dem ausgezeichneten Rotwein des Gastgebers zu, und allmählich erlebt sie den Abend wie in kurzen bewegten Bildern, manchmal mit Ton hinterlegt und manchmal auch im Stil einer Schwarzweiß-Stummfilm-Groteske.

 

Szene 1  Harald klimpert auf seiner Gitarre herum, Irma mag das, sie bewundert Leute, die ein Instrument spielen können, sie selber kann das nicht, sie kann nur Geschichten schreiben. Irma streichelt ihm über sein schwarzes langes Haar. Harald schaut sie verträumt an, er hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Keanu Reeves.

Zwei junge Typen - sie sehen aus wie Theologiestudenten oder wie Jesuitenzöglinge – unterhalten sich angeregt. Sie hängen aufeinander wie Kletten, und der Gastgeber mag sie anscheinend sehr.

 

Szene 2   Ein Diplom-Ingenieur, Irma weiß das, weil er es immer wieder erwähnt, erscheint mit seiner Frau. Die Gattin ist Diplom-Psychologin, auch das wird immer wieder erwähnt. Sie haben ihre Kinder mitgebracht, ein Mädchen und einen Jungen. Der Junge ist älter als das Mädchen. Beide verhalten sich total schüchtern und toben nicht in den Ecken der Neubauruine herum, wie Kinder es tun sollten. Komische Kinder, denkt Irma.

 

Szene 3   Michael, der Gastgeber lässt sich über seine Kindheit aus. Er ist wohl in einem sehr gutbürgerlichen Hause aufgewachsen.

„Ach ja, wie war das früher schön“, schwärmt er. „Meine Eltern besaßen ein Musikzimmer mit einem Klavier, und es wurde immer Hausmusik gemacht. Ja, das war noch Kultur!“ Er spricht Kultur so genüsslich aus, als ob man sie essen könnte, mit einem langen uuu und einem rollenden rrr. Kultuuurrr... Hört sich irgendwie zum Anbeißen an.

 

Szene 4   Das gegrillte Zeugs ist unheimlich lecker und der Rotwein auch. Es wird dunkel, es wird kälter, und es fängt langsam an zu nieseln. Es nieselt sich in einen penetranten Regen hinein. Alle Anwesenden ziehen sich in die Neubauruine zurück, die immerhin schon ein Dach hat, und man unterhält sich über Kultuuurrr...

Irma geht ab und zu aufs Pixi-Klo, um sich auszulachen. Das ist der einzige Ort, wo man sich auslachen kann.

 

Szene 5   Allmählich schaltet Irma geistig ab. Sie kriegt nur noch mit – während sie den vermutlich sehr teuren französischen Rotwein trinkt – dass die sooo emanzipierte Frau Diplompsychologin ihre verschüchterten Kinderchen nach Hause bringen muss, während ihr Gatte munter weitersäuft, als ob ihn diese Familiensache überhaupt nichts angeht.

Und wenig später versucht er tatsächlich, klein Irma anzumachen! Das ist absolut lächerlich! Klein Irma bekommt fast einen Schluckauf und geht wieder aufs Pixi-Klo.

 

Szene 6   Die Neubauruine erinnert an ein Bühnenstück, da standen die Leute auch in irgendwelchen Ruinen herum und schienen auf irgendetwas zu warten.

Michael hat anscheinend die gleiche Idee. „Das kommt mir vor wie in diesem französischen Schauspiel“, bemerkt er. „Wie ‚Warten auf Godot’. Von wem ist das noch? Ich komm’ jetzt nicht drauf.“

„Samuel Beckett“, sagt Irma spontan. „Ich glaub’, der war Ire...“

„Tatsächlich“, meint Michael daraufhin, „fallen einem manchmal die einfachsten Sachen nicht ein...“

Du Arsch, denkt Irma daraufhin und besucht wieder das Pixi-Klo. Sie und das Pixi-Klo sind mittlerweile gute Freunde...

 

Szene 7   Man zieht sich in den Wohnwagen zurück, dort ist es richtig gemütlich und vor allem viel trockener. Irma spielt Skat mit Harald und den beiden Jesuitenzöglingen. Irma ist alles so egal, dass sie auf volles Risiko spielt, und sie gewinnt, sie gewinnt viel. Pech in der Liebe, Glück im Spiel...

Der Gastgeber sitzt nebenan mit drei Leuten und redet schlaues Zeug. „Skatspielen finde ich irgendwie proletenhaft“, meint er, hat wohl mitgekriegt, dass Irma, das aufsässige Proletenkind das Spiel angeregt hat. Haha, Irma findet das lustig. Mittlerweile ist die letzte S-Bahn weg, und sie gewinnt immer noch...

 

Szene 8   Sie liegt neben Harald auf diesem komischen Klappbett, es fühlt sich fremd an. Auch Haralds Körper fühlt sich fremd an, und sie rutscht unwillkürlich ein Stück von ihm weg. Harald spürt anscheinend, dass sie ein wenig daneben ist, und er legt den Arm um sie. Irma macht sich ganz steif und schüttelt seinen Arm ab. Er hat nicht das Recht, sie zu trösten, er ist unwichtig, sein Trost ist unwichtig, und sie weiß überhaupt nicht, was sie hier tut.

 

Szene 9   Bis zum Morgengrauen vergeht eine endlos lange quälende Zeit. Auch das Frühstück ist quälend. Michael erzählt total lächerliche Sachen, nämlich wie sie damals die Frauen penetriert haben.

Penetriert, was bedeutet das?

Sie sitzt neben Harald in der S-Bahn, und sie schweigen beide. Sie sehnt sich nach Chris’ Bett und vor allem nach seinem Körper, auch wenn dieser Körper vielleicht anderen Frauen Freude bereitet.

Aber nächste Woche wird sie nicht bei ihm andackeln, da muss er schon selber kommen.

 

~~~~~~~~~~~

 

BREAKING THE WALL

 

Sie sieht ihn so seltsam an, als sie die Tür aufmacht.

Nein, in Wirklichkeit sieht sie ihn gar nicht seltsam an, sondern haarscharf an ihm vorbei. Was ist los mit ihr? Verunsichert geht er in die Küche und setzt sich dort auf einen Stuhl.

Nach kurzem Zögern folgt sie ihm und räumt zerstreut Geschirr in einen Hängeschrank. Immer noch weicht sie seinem Blick aus. Und sie ist so seltsam ruhig.

„Was ist los?“

Sie schaut an ihm vorbei und sagt locker: „Gar nichts...“

Na toll, jetzt ist er wieder verunsichert. Dieses Weib zeigt nicht die geringste Gefühlsregung. Er will doch nur ein Zeichen von ihr, aber da ist nichts, da ist nur Ausweichen, es ist zum verrückt werden!

Er weiß gar nichts von ihr, er weiß eigentlich nur, wie er diese Barriere zwischen ihnen durchbrechen kann. Breaking the wall... Ja genau, das ist es. Und er will sie durchbrechen.

Er will SIE!

Er steht auf und fängt langsam an, seinen Gürtel zu öffnen. Die Schnalle klimpert ein wenig, und er lässt dabei Irmas Blick nicht los. Das ist nicht schwer, denn mittlerweile hängt ihr Blick an ihm, der Blick sieht ängstlich aus und auch schuldbewusst.

Schuldbewusst? Was hat sie getan? Ärger durchzuckt ihn wie ein Messerstich. Meint sie etwa, er wolle sie mit dem Gürtel züchtigen?

„Hast es wohl verdient, was?“ Seine Stimme hört sich rau und aufgebracht an. Und er ist ja auch aufgebracht, er hat allmählich die Nase voll von diesem Versteckspiel. Und vor allem von den Aktionen, die das Mädel ohne ihn unternimmt...

Sie starrt ihn an, sie weicht einen Schritt zurück, und es sieht aus, als würden ihr gleich die Tränen kommen. Das bringt ihn wieder zur Besinnung, oh Gott, er will nicht, dass sie weint. Aber er will sie auch besitzen. Nein nicht besitzen, er will doch nur, dass sie sich zu ihm bekennt. Und wenn jetzt nicht, dann irgendwann einmal vielleicht...

Er geht auf sie zu und nimmt sie in seine Arme. Irma fängt heftig an zu atmen, und sie sackt ein wenig zusammen, als würden die Füße unter ihr nachgeben.

Chris sagt kein Wort, instinktiv weiß er, dass Worte im Moment nichts bringen, er drängt sie nur unaufhaltsam ins Schlafzimmer, wo sie sich fieberhaft auszieht, während er sie dabei beobachtet.

Sie lässt sich auf das Bett sinken und schaut teilnahmslos an die Decke. Aber sie ist nicht teilnahmslos, das weiß er.

„Sag’ mir, was du willst!“ Seine Stimme klingt erregt.

 

~~~~~~~~~~~

 

„Sag’ mir, was du willst!“

Oh Gott, er öffnet seinen Gürtel, klimpert damit herum, und schon kriegt sie Gewissensbisse? WARUM? Sie hat doch nichts getan. Hat nur neben einem anderen Mann die Nacht verbracht. Wohlgemerkt NEBEN einem anderen Mann. Und trotzdem hat sie Gewissenbisse? Er hat doch viel mehr Dreck am Stecken als sie. Stecken? Sinnig, sinnig... Aber sie will ihn, sie ist dabei, sich fallen zu lassen, und instinktiv weiß sie, dass er sie auffangen wird. Das sagt zumindest ihr Körper. Ihr Gehirn gibt natürlich keinen Muckser von sich. Hat sich wohl verabschiedet...

„Ich will... dich!“ bricht es aus ihr hervor. Chris liebt es, solche Sachen zu hören. Er findet es antörnend. Oh ja.

Und dieses Mal findet er es wohl besonders antörnend, er macht sich nicht einmal die Mühe, sie irgendwie zu stimulieren, nein, er tut es einfach und dringt unerbittlich in sie ein.

Und sie lässt sich nehmen und mitreißen, bis sie schließlich nur noch ein Bündel zuckendes Fleisch ist. Und außer ihm, der so tief in ihr ist, ist da noch etwas anderes tief in ihr, dem sie aber nicht traut, denn wenn sie es herauskommen lässt, dann ist sie wohl verloren. Also drin lassen, ignorieren, vergessen, alles...

Meine Güte... Es ist überwältigend, und sie klammert sich an ihn, als wolle sie ihn nie wieder loslassen.

Aber natürlich lässt sie ihn los, und er fällt keuchend neben sie, aber erst nachdem er ihren Mund kurz geküsst hat.

 

„Irma?“

„Ja was denn?“ Irma ist immer noch atemlos, ihr Körper schwingt immer noch nach in einem seltsamen Gemisch aus Wollust und Selbstaufgabe. Selbstaufgabe? Was für ein Quatsch!

„Was Siggy da angedeutet hat“, Chris’ Stimme klingt zögerlich und leicht belegt. „Das glaubst du doch wohl nicht.“

„Was?“ Irma schaut ihn erstaunt von der Seite her an. Was will er von ihr? War die ganze Situation nicht schon peinlich genug?

„Na, dass ich...“

„Was meinst du? Ich hab’ keine Ahnung, wovon du redest!“ Irma wendet sich unwirsch ab. Was soll das Gequatsche, was bezweckt er damit, will er ihr etwa unterstellen, sie wäre eifersüchtig auf seine Schlampen? Das ist absolut lächerlich! Der spinnt ja, wenn er meint, sie würde in Tränen zerfließen, weil er ihr ja angeblich so treu war, dann hat er sich geschnitten. Sie wird sich nicht weh tun lassen. Sie weiß, wie er ist, und sie nimmt sich nur das von ihm, was sie kriegen kann. Und das ist nicht das Schlechteste.

 

Chris beißt sich auf die Unterlippe. Na super! Verdammt noch mal, die Frau ist ja so hochmütig, am liebsten würde er sie schütteln...

„Sag’ mal, kennst du den Ausdruck penetrieren?“

„Wie kommst du da drauf?“ Chris schaut sie erstaunt an. Sie überrascht ihn immer wieder.

„Kennst du ihn oder nicht?“

„Hat irgendwas mit Bumsen zu tun“, sagt er schließlich.

„Mit Bumsen?“ Irmas Augen werden sehr groß.

„Ja mit Bumsen. Penetrieren ist ein Ausdruck für Bumsen.“

„Hätte ich nicht gedacht! Ich dachte, das wäre was mit auf die Nerven gehen. Penetrant und so...“

„Findest du das penetrant?“ Chris beugt sich zu ihr und streicht zart mit dem Finger über ihre rechte Brust.

„No Sir!“ Irma schnappt nach Luft und windet sich erwartungsvoll unter seinem Finger...

 

~~~~~~~~~~~

 

Er mag das Frühstückscafé, der Kaffee riecht aromatisch, und die Brötchen schmecken ausgezeichnet. Aber am meisten mag er es, mit Irma hier zu sein. Sie war tatsächlich einverstanden, mit ihm frühstücken zu gehen – und das grenzt schon an ein Wunder.

Er sitzt ihr gegenüber, und Irma beißt gerade mit Appetit in ein Käse-Brötchen. Er sieht ihr gerne beim Essen zu. Er mag Frauen, die Appetit haben. Und Irma mag er ganz besonders.

 

Vom Nebentisch klingt Geplapper herüber. Er schaut kurz hin. Ein Mann und eine Frau, sie unterhalten sich über Sex.

„Aber Sex ist doch nicht so wichtig“, sagt die Frau gerade. Sie sieht mürrisch aus, und ihre Mundwinkel sind heruntergezogen. Du lieber Himmel, der Typ kann’s ihr nicht richtig besorgen...

„Was meinst du dazu, Irma?“ Christopher beugt sich zu ihr hinüber und spielt mit ihrer zierlichen Halskette. Irma sieht ihn zuerst verwirrt an, aber dann kontert sie sofort.

„Ich finde auch, dass Sex nicht so wichtig in einer Beziehung ist!“

Das ist mein Mädchen, denkt er belustigt. Immer große Klappe haben und vor allem sich nichts anmerken lassen.

„Ach findest du?“ sagt er sanft, während ein gewisser Plan gerade in seinem Kopf Gestalt annimmt. Es geht um eine Wette…

 

~~~~~~~~~~~

 

Diese Wette hatten wir ja schon am ANFANG, deswegen geht es jetzt weiter mit TOPP, die Wette – Der Ernst der Liebe... HIER

 

© Ingrid Grote 2009

 

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