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WARTEN auf...
08:00: Gerade aufgestanden und URLAUB!!! Wunderbar! Muss nur noch auf ein bestelltes Gemälde warten, es wird durch einen Kurierdienst angeliefert, hoffentlich kommt es früh. Auf der Homepage der Malerin sah es wahnsinnig dreidimensional aus, außerdem organisch grün und wie eine Mischung aus Wackelpudding und wogenden Wasserpflanzen
09:00: Ein Lieferwagen hält auf der anderen Straßenseite, aber es ist DHL, und DHL ist falsch. Danach ist die Straße wie leergefegt, kein Auto kommt mehr, und kein Auto parkt hier. Bin ich die einzige, die noch da ist, oder befinde ich mich in einer Parallelwelt, eine in der es keine Autos gibt und demzufolge auch keine Kurierdienste? Okay, werde ich halt Betten beziehen und Lattenroste hochheben, um auch mal darunter sauberzumachen. Diese Schubladenbetten sind ja ganz praktisch, aber man kommt so schwer an ihr Innenleben...
09:20: Sieht aus, als hätte eine Bombe im Schlafzimmer eingeschlagen. Und im Garten sieht's auch nicht viel besser aus, habe beide Matratzen nach draußen geschleift, damit sie ein bisschen Sonne abkriegen. Ich beneide sie!
09:30: Steige umständlich in das Bett, sauge umständlich und reichlich Staub - irgendwas klebt da. Hat vielleicht eine der Katzen was markiert? Zuzutrauen wäre es allen. Schweinebuckelbande!
10:00: Immer noch nichts in Sicht. Ich lausche hinaus, ob vielleicht ein Auto kommt. Kommt aber nix. Alles sieht aus wie ausgestorben.
Grübele über die Einsamkeit des Lebens allgemein - und über die Einsamkeit des Wartenden insbesondere nach...
Sortiere alles, was sich in den Bettschubladen befindet. Sortiere es nach Schönheit, nach Alter und nach Verwendbarkeit. Stelle fest, dass fast alle meine Hand- und Geschirrtücher Schrott sind. Nach einer Stunde sind die Bettschubladen fast leer, stattdessen türmt sich vor mir eine gewaltig große Plastiktüte auf, die für den Altkleidercontainer vorgesehen ist.
11:00: Kafffeeeee muss her!!! Hmmmm, der ist auch fast alle, reicht vielleicht noch für zwei Tassen...
12:00: High noon.... Wenn ich jetzt nichts esse, dann verhungere ich! Hab' leider nichts im Haus außer Brot und Margarine. Denn gestern war die Kühltheke im Pennymarkt kaputt – sah aus wie leergefegt – und schon machten die wildesten Gerüchte die Runde. "Die machen zu", sagte eine ältere Kundin. "Nein, meinte eine andere, "die ziehen um..." Na ja, eben die Ängste, die man so hat, wenn ein Lebensmittelladen nach dem anderen sich verkrümelt. Hoffe aber, dass nur die Kühltheke kaputt war. Klopf auf hartes Brot.
Verzehre mein frugales Mahl, bestehend aus hartem Brot, Margarine und einem Stück Käse, das ich in einer Ecke fand, es gehört wahrscheinlich einer Maus, die hier irgendwo in der Wohnung lebt. Katze Siouxsie fängt ja gern Getier jeglicher Art, verschusselt aber alles...
12:15: Sehe draußen einen Opa in seinem Kombi herumkramen, Hoffnung erfasst mich, vielleicht ist es ja... Aber nein, er steigt ein und fährt einfach weg!
12:45: Habe Langeweile, gehe nach draußen, um im Vorgarten ein bisschen zu werkeln. Es regnet gerade nicht, und kein Schwein, geschweige denn ein Auto lässt sich blicken...
13:40: Lasse schweißgebadet und mit schmutzigen Händen alle Hoffnungen fahren - morgen ist ja auch noch ein langer Tag – doch dann auf einmal höre ich von weitem das Röhren eines Diesels, und dann sehe ich ihn sogar, es handelt sich um einen weißen Lieferwagen mit Aufschrift: SGL Transporte und blahblahblah (unlesblah)... Sie sind gekommen! Endlich! Aber das, was sie liefern sieht verdammt klein aus, und dabei ist es noch eingepackt...
Ich reiße das Päckchen auf und erstarre: Das ist nicht mein Bild, das ist ganz was anderes. Kein Wackelpudding, keine wogenden Wasserpflanzen. Außerdem nur 50 x 40, statt 60 x 50...
Was tun? 200 Euro sind 'ne Menge Geld, aber die Malerin ist arm und hat die Kohle schwer nötig. Okay, ich werde nichts sagen, mich herzlich bei ihr per mail bedanken - und nie wieder was bei ihr bestellen. Toller Vorsatz, denn wenn ich demnächst in Rente bin, dann hab' ich sowieso kein Geld mehr für solche Extravaganzen. Also werde ich selber anfangen zu malen. Ein Stück Leinwand hab' ich ja schon...
© 2009 by Ingrid
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