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Der Himmel
über Rom

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Der Himmel über Rom Teil 2

IM SPIEGEL

Am Tag nach den Saturnalien lag halb Rom im Koma danieder, oder zumindest in furchtbarer körperlicher Verfassung, denn nicht nur die Sklaven, auch die Herren hatten gefeiert.
Vanadis richtete sich mit schmerzendem Kopf auf. Es wurde draußen schon etwas hell – das konnte sie durch das winzige Fenster erkennen. Dabei war es doch die dunkelste Zeit des Jahres, also musste es schon sehr spät sein. Im Winter waren die Stunden kürzer, die Tageszeit fing immer pünktlich bei Sonnenaufgang an und endete bei Sonnenuntergang, sie war in zwölf Stunden eingeteilt, und man konnte sie ablesen an den großen Zeitmessern, den Sonnenuhren, die überall in der Stadt aufgestellt waren. Bis zum Hauptessen, es wurde zur neunten Stunde serviert, würde es also nicht mehr lange dauern. Man konnte die Zeit aber nur schätzen, schlechtes Wetter verhinderte genauere Stundenangaben. Angeblich hatten die beim Heer bessere Zeitmesser, nämlich Wasseruhren, aber die vornehmen Leute in Rom brauchten so etwas nicht – und die armen erst recht nicht.
Um sie herum ertönte röchelndes Geschnarche, und Vanadis schaute sich vorsichtig um:
Swari, die zierliche Syrierin lag zwar in voller Bekleidung auf ihrem Lager, aber ihre ohnehin leichtgeschürzte Tunica war bis über die Hüften hochgeschoben und entblößte ihre intimen Teile.
Vanadis blickte schnell weg von ihr. Um mit ihrem Blick sofort bei Terehasa zu landen, sie war einfach nicht zu übersehen in ihrer prallen schwarzen Üppigkeit, neben ihr lag der Gallier Bobum, beide hielten sich eng umschlungen, und es sah aus, als würde ein winziges Ferkel an einer riesigen Muttersau nuckeln.
Dieser Anblick war einfach nicht zu ertragen. Vanadis schüttelte den Kopf – und stöhnte daraufhin auf. Sie hatte gestern Abend viel zuviel unverdünnten Wein getrunken. Aber immerhin nicht genug, um in so einer Pose mit einem Mann auf der Matratze zu liegen. Sie wusste zwar nicht, was sie von ihrem Leben als Sklavin erhoffen konnte, doch DAS war es nicht. Sie erhob sich mühsam, und vor sich hin murmelnd tastete sie sich in die Küche.
Der große Raum mit dem Herd in der Mitte und dem Abzug darüber war verlassen, keiner hatte es bisher für nötig gefunden aufzustehen. Wieder schüttelte Vanadis den Kopf. Wenn das die Herrin erfuhr... Andererseits lag die selber im Bett, vermutlich total berauscht. Wer weiß, wer neben ihr lag…
Und der Herr? Er war so verachtenswert, er liebte diese Frau anscheinend wirklich, dieser Schwächling. Dem Jupiter sei Dank, war er nur selten da.
Vanadis biss sich auf die Lippen, es gab niemanden, den sie so verachtete wie den Herrn, dagegen war sogar die Schlampe Sidonia, seine offizielle Frau ein Nichts. Und gerade deswegen hasste sie den Herrn so, er liebte dieses Nichts, diese Schlampe über alles. Er sah ihr Dinge nach, die so offenkundig waren, dass die ganze Stadt darüber sprach. Er musste es doch wissen, so begriffsstutzig konnte niemand sein!
Dem Himmel sei Dank war er meistens weg auf Feldzügen gegen aufrührerische Stämme und hielt sich nur selten und dann auch nur für ein paar Tage im Haus auf. Vanadis hatte ihn vielleicht dreimal hier gesehen. Wenn er nicht da war, dann übernachteten andere Männer im Haus, und manchmal hörte man dann Peitschengeknalle und daraufhin Schreie und Gestöhne aus dem Schlafzimmer der Herrin.
Schlampe und Hure! Wie konnte er nur die Augen davor verschließen, wenn sie es trieb wie eine läufige Hündin, er musste sie wirklich lieben, dieses Stück Dreck! Vanadis sprach es wie in Trance vor sich hin: „Dieses Stück Dreck, dieses Stück Dreck!“
Erschrocken hielt sie sich die Hand vor den Mund. Wie konnte sie nur, es ging sie doch nichts an, und vor allem war es gefährlich. Die Herrin selber war gefährlich, Obwohl sie uninteressiert zu sein schien an den Dingen des Haushalts, erahnte sie jeden missbilligenden Blick, jeden verräterischen Gesprächsfetzen, der sich um sie und ihr Verhalten drehte. Und ihre Rache war schlimm. Auspeitschen war noch das Netteste, aber Vanadis hatte von anderen Sachen gehört, die üppige Nubierin hatte ihr davon erzählt... Es waren entsetzliche Dinge, die man jungen hübschen Sklavinnen antat, und das, was die Nubierin durchblicken ließ, hatte Vanadis fast zum Erbrechen gebracht.
Nein, sie wollte das nicht, sie musste sich zusammenreißen, egal wie sie diese Frau verabscheute, denn die war es nicht wert.
Die Küche war noch total verdreckt vom letzten Hauptmahl, es hatte vor Anbruch der Saturnalien stattgefunden. Vanadis schaute sich angeekelt um: Der Dinkelbrei war übergekocht, und das gegrillte Schweinefleisch hatte fettige Spuren auf dem gefliesten Küchenboden hinterlassen. Immerhin war er gefliest und bestand nicht aus gestampftem Lehm wie in anderen vornehmen Häusern. Vanadis hatte Küchen gesehen, da trat man einfach die Essensabfälle in den Boden ein, und das waren reiche und nach außen hin vornehme Häuser gewesen...
Sie seufzte auf, und fing an die Herdstätte zu säubern, holte sich den Besen aus Weidenruten und fegte den gröbsten Dreck weg. Dann nahm sie ihr persönliches Putzzeug, es handelte sich um ausrangierte Lumpen, die keiner der Sklaven mehr tragen wollte – und um Seife. Vanadis hatte das Rezept aus ihrer Heimat mitgebracht, es schien ihr aus heutiger Sicht das einzige zu sein, das ihr Nutzen gebracht hatte. Die Seife war besser als die Putzmittel der Römer, das Gemisch aus Wollfett, Pottasche und Soda löste hervorragend Dreck und Fett, egal ob beim Hausreinigen oder bei der Körperpflege, kein Vergleich zum Eincremen mit Olivenöl und dem hinterherigen Abschaben von der Haut. Darüber, wie die Römer ihre Togen strahlendweiß bekamen, musste Vanadis lachen, denn das geschah hauptsächlich mit Urin. Vermutlich war darin ein Stoff enthalten, der das Wasser weich machte und den Waschvorgang erleichterte.
Nach einer geschätzten Stunde, während der sich immer noch nichts im Hause gerührt hatte, war Vanadis fertig mit der Säuberung der Küche, der Fußboden blitzte vor Sauberkeit, der Herd auch, und der Abfluss mitten in der Küche war frei von Rückständen, denn Vanadis hatte mit einem biegsamen Schilfrohr so lange darin herumgefuchtelt, bis das Wasser wieder problemlos in die Kanalisation ablief.
Dann machte sie sich daran, die Klosetts abzuwischen. Bei den vornehmen Römern waren diese Örtlichkeiten durchaus auch Treffpunkt. Man versammelte sich dort und palaverte, während man nebeneinander saß. Nur schmückender Zierrat trennte die Sitze voneinander, hier war es eine Girlande aus Weinlaub, dort ein paar Ketten aus durchsichtigem Glas. Unter den Bänken aus Marmor spülte das Wasser alles in die Kanalisation. Natürlich ging dabei auch manches daneben, vor allem, wenn Herrschaft und Gäste vom Wein berauscht waren...
Obwohl es sich nicht um ihre Aufgabe handelte, nahm sie tapfer ein altes Stück Wolle und fing an, die marmornen Bänke abzuschrubben. Danach erneuerte sie das Salzwasser in den Keramikgefäßen und spülte kurz die Stöcke mit den Schwämmchen durch, die zur Reinigung nach größeren ‚Geschäften’ dienten. Auch hierbei empfand Vanadis keinen Ekel, sie war eine Sklavin, und außerdem war in ihrem eigenen Land dieser Akt noch viel barbarischer gewesen. Da gab es nur Holzbänke mit Löchern, über denen man seine Notdurft verrichtete, und alle paar Monate wurden die Exkremente in den Wald geschafft und dort vergraben. Aber die Römer hatten natürlich was Besseres, Vanadis musste lachen, Wasserspülung und vor allem Unterhaltung, wunderbare Sache, wenn man Wert auf…
„Ich will frisches Brot!“ Eine schrille weibliche Stimme holte sie aus ihren Überlegungen.
Die Herrin! Bei den Göttern des Waldes, warum war sie die einzige, die schon wach war? Vanadis spielte mit dem Gedanken sich zu verstecken. Am besten sollte sie in den Raum zurückkehren, wo die anderen Sklaven schliefen, aber sie verspürte eine tiefe Abneigung dagegen. Der Raum war furchtbar, er war schlecht gelüftet, feucht und kalt, und natürlich gab es keine Glasfenster wie in den Wohn- und Schlafräumen der Herrschaft, sondern nur das kleine Loch in der Wand. Seegrasmatratzen lagen überall herum, auf ihnen verschwitzte, miteinander verschlungene Körper...
„Barbara, bist du das?“ Wieder erklang die keifende Stimme der Herrin.
Barbara! Die Frau nannte sie nie bei ihrem richtigen Namen, obwohl sie ihn kennen musste. Das tat sie absichtlich, sie wollte sie demütigen, wollte ihr zeigen, dass sie nur eine Barbarin aus den nördlichen Wäldern war. Barbara, der allgemeine Name für Sklavinnen aus all den Teilen der Welt, welche nicht zum Imperium gehörten und als unzivilisierte Wildnis betrachtet wurden.
Vanadis hasste die Herrin, sie hasste ihren weichen verwöhnten Körper, sie hasste die Prozeduren, denen sich die Herrin der Schönheit wegen unterzog, die Bäder in Stutenmilch, die täglichen Gesichtsmassagen, die Salbungen mit erlesenen Cremes und Ölen...
„Barbara!“
Vanadis zuckte zusammen, die Herrin stand direkt vor ihr und schaute sie mit dem misstrauischen und verachtungsvollen Blick an, den sie anscheinend nur für sie alleine reserviert hatte.
„Ja, Herrin?“, sagte sie demütig, während es in ihr kochte.
„Ich bin froh, dass die Feierlichkeiten endlich vorbei sind“, die Sidonia rümpfte ihre hübsche Nase.
Vanadis sah sie ausdruckslos an. Sicher doch, es war ziemlich unbequem, wenn die Sklaven feierten und die Herren sich selber versorgen mussten. Aber verhungern würden sie deswegen nicht...
„Ich habe Hunger auf Brot!“
Ach ja? Was erwartete sie von ihr? Was wohl, sie sollte ihr Brot holen, verdammt, warum war sie so früh aufgestanden? Andererseits würde ein Spaziergang ihr gut tun. „Darf ich dir welches holen“, fragte sie mit zu Boden gesenktem Blick.
„Bring’ mir auch von dem knusprigen Gebäck mit!“ Die Herrin nickte kurz und verschwand dann wieder in ihrem Schlafzimmer, in dem sich, wie Vanadis wusste, ein übergroßer Spiegel befand. Er stand fest auf eisernen Füßen und konnte durch sein Scharnier hin und her bewegt werden. Die polierte Metallfläche war einfach riesig im Vergleich zu den bescheidenen Handspiegeln der anderen Damen Roms. Es war ein Spiegel, der gut zur Eitelkeit der Herrin Sidonia passte.
Sie musste hier heraus! Und sie hatte die Erlaubnis dazu, Vanadis atmete erleichtert auf, sie steckte sich etwas Geld ein – in der Küche lagen immer kleinere Beträge bereit – wickelte sich in den dicken Wollmantel, der eigentlich nur aus einem großen Stück Stoff bestand und machte sich auf den Weg zur Bäckerei.
Sie blickte auf zum Himmel, das tat sie immer, wenn sie sich im Freien befand. Sie brauchte das, es verschaffte ihr ein Gefühl der Orientierung, denn der Himmel war immer da.
Heute zeigte er ein dunkelgraues Gesicht ohne erkennbare Wolken, manchmal konnte sie dort oben eine Bewegung erkennen, Wolkenfetzen vielleicht, mal weiß, mal schwärzlich, aber hier unten spürte man nichts von diesen Bewegungen am Himmel. Vanadis lächelte und ging weiter. Sie liebte den Himmel und stellte sich vor, wie er gerade im Chattenland aussah. Bestimmt genauso grau und undurchsichtig.
Wegen der frühen Stunde war viel los auf den Straßen Roms. Viele von Pferden gezogene private Reisewagen donnerten die Straßen entlang, um noch vor Einbruch der Helligkeit die Stadttore zu erreichen und somit die Stadt verlassen zu können. Tagsüber war es in Rom verboten, mit Kutschen zu fahren, aber die Händler mit ihren Ochsenfuhrwerken hatten während der Nacht alle Geschäfte mit Waren versorgt, die Bäcker mit Mehl, Hefe und Honig, die offenen Märkte mit Glitzerschmuck und Tand für die Prostituierten, sowie mit jeden erdenklichen Wohnutensilien, die von komfortablen Speisebänken bis zu Totenmasken reichten, welche die nicht ganz so Begüterten sich zulegten, um damit Tradition und eine lange Ahnenreihe vorzutäuschen.
Rom war keine Stadt für eine gute Nachtruhe, obwohl es auf dem Quirinal-Hügel - dort residierte die Familie Colonius – einigermaßen ruhig zu ging. Bei dem Quirinal handelte sich nicht um den vornehmsten Hügel der Stadt, trotzdem war er für die anderen Adeligen annehmbar.
Schade, sie musste sich beeilen, um zur Herrin zurückzukommen, normalerweise würde sie einen ausgedehnten Spaziergang machen, sie liebte das Leben in Rom, auch wenn sie die Römer selber, nein besser gesagt die römische Oberschicht verabscheute. Was bildeten die sich eigentlich ein? Gut, sie waren Gewinner...
Nach einer halben Stunde hatte sie die Subura erreicht, das Armenviertel der Stadt. Hier gab es keine prächtigen Villen, keine Gärten und Parks. Das Viertel lag in einer Senke und nicht auf einem der sieben legendären Hügel der Stadt, dort wo bis auf wenige Ausnahmen der Adel in vornehmen Stadtvillen wohnte.
Hier jedoch erstreckten sich auf engstem Raum hohe Mietshäuser, manchmal standen sie sich so nah gegenüber, dass immer nur ein einziger Fußgänger die Gasse ohne Probleme entlanglaufen konnte.
In diesen Mietskasernen, die nicht selten fünf oder noch mehr Stockwerke hatten, lebten die einfachen römischen Bürger und die Freigelassenen, natürlich ziemlich beengt. Fließendes Wasser und Toiletten gab es ebenso wenig wie richtige Heizungen. Wer baden wollte, musste die öffentlichen Bäder aufsuchen. Dort konnte man auch die Toiletten benutzen.
Man behalf sich mit Nachttöpfen und heizte über Kohlebecken, was mit starker Rauchentwicklung und Brandgefahr verbunden war. Natürlich gab es auch im Hause Colonius Kohlebecken, aber nur in den Räumen, die nicht von der Herrschaft benutzt wurden. Der feudale Rest wurde durch eine Fußbodenheizung erwärmt.
Manchmal erweiterte sich die Gasse etwas, dann konnte man von einem Trittstein zum anderen hüpfen, damit man nicht in die Fäkalien trat, die überall herumlagen. Im Sommer wurden die engen Straßen manchmal mit Wasser aus dem Aquädukt gespült, um den Dreck wegzuschwemmen, deshalb gab es diese Trittsteine.
Es war eine schaurige Gegend, aber auch faszinierend. Die Läden der Händler befanden sich im Erdgeschoss der hohen Wohnhäuser, und die Waren wurden auf Theken ausgebreitet, die sich vor dem Geschäft befanden. Das machte die Gassen natürlich noch enger.
Aber auch hier in der Subura gab es Foren mit Säulengängen, natürlich waren sie nicht so groß und prächtig wie auf dem Forum Romanum, dennoch konnte man auch auf diesem gedrängten Raum alles kaufen, was Herz und Magen begehrten. Wenn man das Geld dazu hatte…
Schließlich erreichte Vanadis ihre Lieblingsbäckerei. Natürlich kannte sie den Besitzer, er hieß Schemuel, war weder Sklave noch römischer Bürger, was hieß, er war der Willkür der Römer ausgesetzt, er durfte nicht klagen, kein Amt anstreben, und bei Nahrungsengpässen konnte man ihn einfach aus der Stadt weisen. Schemuel stammte aus dem Osten des Reiches. Er hatte ihr schon oft einen Nebenverdienst verschafft, und er verkaufte ausgezeichnetes Brot, es war weich, aber auch knusprig, die Herrin liebte es, obwohl sie sonst eher ausgefalleneren Lebensmitteln zugetan war. Manchmal musste der Koch wirklich all seine Kunst aufbieten, um bei einem Festmahl die Herrin mit den höchsten lukullischen Genüssen zu überraschen. Aber er war ein guter Koch, und gute Köche waren in Rom begehrt.
Vanadis rümpfte die Nase, als sie an seine Spezialitäten dachte, da hielt sie es doch lieber mit den Grundnahrungsmitteln, Gemüse, Obst, Oliven, Käse und vor allem schmackhaftes Brot. Dutzende von Brotsorten wurden angeboten, die aber verschiedenen Güteklassen angehörten. Eigentlich mochte Vanadis das kräftige braune Volksbrot am liebsten, denn es ähnelte dem Brot ihrer Heimat, aber die Reichen bevorzugten natürlich das feine weiße. Sie kaufte noch ein paar knusprige Backwaren, die mit Nüssen und Rosinen gefüllt und mit viel Honig gesüßt waren. Die liebte die Sidonia ganz besonders.
Und dann musste sie schnell zurück, sonst würde es Ärger mit der Herrin geben. Auf dem Heimweg sann sie über ihre Stellung im Haus nach. Die Sidonia verschonte sie offenkundig. Es gab keine Prügel, keine Misshandlungen, sie hielt sich bei ihr zurück. Auch bei der Arbeit wurde sie bevorzugt behandelt, Küchenreinigung, dem Koch helfen, einkaufen, ein bisschen im Haus fegen… Es war erträglich.
Aber wieso war es so? Sie hatte schon Sklaven und Sklavinnen gesehen, die auf einem Fest der Sidonia servieren mussten – mit nichts anderem bekleidet als einem Gürtel. Sie schüttelte den Kopf. Die armen, sie waren den Gästen total ausgeliefert, wenn einer Lust hatte, ihre Brüste oder andere Körperteile zu berühren, dann tat er das. Dafür gab es sie schließlich. Es war einfach widerlich! Dennoch gab es Schlimmeres, wie die Nubierin ihr erzählt hatte, aber sie wollte das gar nicht wissen und schob es aus ihrem Gedächtnis.
Warum also hatte sie diese Sonderstellung?
Sie hatte die anderen vorsichtig danach ausgefragt, und sie antworteten ebenso vorsichtig.
Swari sagte: „Man munkelt, du gehörst gar nicht dem Haus hier, sondern der Antonia Caenis.“
„Wer ist das?“
„Eine Freigelassene, aber sie hat großen Einfluss.“
„Ist das so?“
„Vor der Antonia Caenis hat sogar die Kaiserin Respekt, die weiß zuviel. Die Caenis natürlich, nicht die Kaiserin...“, sagte die Nubierin.
„Ach wirklich?“ Wenn das stimmte, was die Nubierin sagte, dann musste es sich um eine außergewöhnliche Person handeln. Doch was konnte die von ihr wollen?
Bobum sagte: „Die hat bestimmt was mit dir vor...“
„Ja aber was denn?“
Natürlich konnte ihr keiner Genaues sagen, und Vanadis hatte auch weiterhin nicht die geringste Ahnung, warum sie in diesem Haus geparkt worden war wie eine Kutsche.
Natürlich erinnerte sie sich an die Antonia Caenis, doch sie wollte das nicht, denn dann musste sie sich auch an den Sklavenmarkt erinnern, auf dem sie feilgeboten worden war und sie die Augen schloss, um nichts von dem zu sehen, was um sie herum vorging. Das war jetzt über ein Jahr her.
Und den Gedanken daran wollte sie verdrängen.

*~*~***~*~*

ROMANE

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