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Die Frauen von Kampodia

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Teil 2
Teil 3
Teil 4
Teil 5
Teil 6
Teil 7
Teil 8
Teil 9
Teil 10

Teil 11
Teil 12

Teil 13
Teil 14
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Teil 19
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Teil 21
Teil 22
Teil 23

 

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Die Frauen von Kampodia - Teil 11

Narr02

STREITGESPRÄCHE

Es war zu später Stunde, als die Hanna Kampodia erreichte, die Dämmerung hatte schon eingesetzt. Sie kam aus dem Nachbarort. und ihr Schubkarren wog schwer. Darauf befand sich nämlich eine Lage Eisenstäbe für den Nagelschmied im Dorf.
Sie hatte gerade den Hügel vor dem Wagenrad erreicht, als ihr ein wüstes Gebrüll entgegen schall. Mehrere schrille Stimmen fochten miteinander und waren kaum auseinanderzuhalten:

„Ja, der Karl, das ist aber auch einer...“
„Das ist der stärkste Hund hier!“
„Jo, die haben wir aber auseinandergenommen!“
„Aber nur, weil der der Karl da war....“
„Die sind gelaufen wie die Hasen!“
„Ja, der Karl, das ist aber auch einer...“
„Das ist der stärkste Hund hier!“
„Ja, der Karl, der ist stark wie keiner!“

Oh nein, nicht dies! Die Hanna schaute dem schrillen Gebrüll misstrauisch entgegen und suchte nach Möglichkeiten, ihm aus dem Weg zu gehen, aber es gab keinen anderen Weg. Und umkehren konnte sie auch nicht wegen des großen unhandlichen Schubkarrens. Also entschloss sie sich mutig, dem Gebrüll entgegenzutreten. Was anderes blieb ihr leider auch nicht übrig.
Wie sie schon geahnt hatte, stand sie der Meute vom Karl Heuer gegenüber, alle Teilnehmer schienen mehr oder minder schwer berauscht zu sein, manche wankten mehr, manche etwas weniger, aber alle hechelten wie kleine verspielte Hündchen dem Leitwolf hinterher.
Die Hanna blickte mit Abscheu auf ihn. Sie verachtete diesen faulen Burschen! Alt genug und immer noch nicht gescheit. Vor allem in den letzten Wochen war er ganz unausstehlich geworden, nur noch Besäufnisse und Raufereien von einem Dorf zum anderen...
Und wie er sie mit seinen grauen Augen musterte! Da wurde ihr ganz anders zumute, das Blut schoss ihr in die Wangen, und sie ließ den Schubkarren zu Boden fallen, mit einem lauten klirrenden Geräusch antworteten die schweren Eisenstangen darauf.
Vor sich erblickte die Hanna einen stattlichen Mann mit zu langem Haar, eigentlich hatte er schönes Haar... Er trug keine Weste, wie es sich gehörte, sondern nur ein Hemd, das nicht in der Hose steckte, sondern einfach darüber hing. Er sah unrasiert aus, doch das stand ihm seltsamerweise.
Mein Gott Hanna, was denkst du denn da? Es sieht furchtbar aus! Und seine Augen auch, die sind ja blutunterlaufen vom Saufen... Und was will er bloß mit all den Jünglingen, er ist doch fast doppelt so alt wie der jüngste unter denen. Aber er versucht sein Bestes, sich ihnen anzupassen, zumindest vom Aussehen her. Ein Jammer, wirklich ein Jammer!
Um ihn herum standen seine Jünger – die Hanna musste auflachen, jünger waren sie alle als er... – und wuselten um ihn herum, als würden Spitze an einem mächtigen Fleischerhund empor springen, eifrig und bewundernd kläffend. Aber auch fordernd...
Und der Karl fühlte sich bestimmt wie ein König, ein König unter kleinen Hunden, dieser Saufbold und Unruhestifter.
Bei jedem anderen wäre ihr das egal gewesen, aber bei dem regte sie alles auf, egal was er machte...
Sie trat einen Schritt vor und schaute ihn ihrerseits trotzig an. Er schwieg und sagte nichts dazu, was sie noch mehr in Rage brachte.
„Willst du was von mir?“, fragte sie ihn schließlich und blitzte ihn mit funkelnden braungrün gesprenkelten Augen an.
„Hast du denn was, was ich will?“
„Was DU willst, kann nix Gescheites sein!“
„Hmm“, der Karl sah nachdenklich aus, und dann sagte er: „Vielleicht will ich eine gute Frau, das ist doch was Gescheites...“
Die Jünger fingen leise an zu lachen und harrten voller Vorfreude der Dinge, die da noch kommen würden. Der Karl war aber auch einer...
„Glaub schon, dass du eine willst, aber wer täte dich schon nehmen?“
„Du selber vielleicht“, grinste der Karl, „aber ich will eine andere, eine Schöne, eine Reiche... Kannst du mir eine empfehlen? Du kommst doch immer weit herum.“
Aus unbekannten Gründen heizte diese Rede den Zorn der Hanna furchtbar an, aber sie beherrschte sich und sagte ruhig: „Ich könnte dir dazu einiges sagen“, sie blickte ihn verächtlich an, diesen Wurm. Leider überragte der Wurm sie, die doch eigentlich recht hochgewachsen war, noch um ein gutes Stück. Sie musste tatsächlich den Kopf in den Nacken legen, um zu ihm aufzublicken. Und das machte sie noch etwas zorniger.
„Tue dir keinen Zwang an, sag es mir einfach“, grinste der Karl sie von oben herab an, währenddessen sie Auge in Auge standen, es hatte den Anschein, als würde nichts von der Außenwelt mehr zu ihnen durchdringen.
„Dazu habe ich nicht das Recht!“ Die Hanna atmete mühsam ein, am liebsten hätte sie diesen unverschämten Kerl erwürgt, hmm, nein besser nicht, aus irgendeinem Grund schreckte sie der Gedanke daran ab, denn dafür hätte sie ihn ja berühren müssen. Nein, fürs Erwürgen war der doch viel zu unnütz!
„Gut, dann machen wir es mal anders...“ Wieder schaute er sie so heimtückisch an, so dass ihr Blut in Wallung kam und sie ihm am liebsten an die Gurgel... – doch schon fuhr er fort: „Tu doch einfach mal so, als wäre ich dein Mann – und du wärst meine Frau. Dann könntest du mir mal so richtig die Meinung sagen...“
„Wenn ich auch arm bin, so lasse ich mich nicht verspotten. Und wenn du denkst, ich möchte dich, dann hast du dich getäuscht! Auch wenn du eine Jacke anhättest, die mit Silbertalern gespickt ist, würde ich dich nicht nehmen, der ärmste Bettler wäre mir lieber als du, denn der ist kein Hampelmann...“ Sie sah, dass der Karl sie anglotzte und geriet nun richtig in Fahrt:
„Gut, du willst es wissen! Wenn du mein Mann wärst, dann würde ich dir erzählen: Lass erst einmal ab von deinen Gefährten“, bei dem Wort Gefährten schaute sie verächtlich in die Runde von Spitzen, die alles sehr gespannt ihren Worten zuhörten und gar nicht mehr lachten. „Die sind doch alle wie Spitze, die dir im Nacken hängen. Die wollen nicht dein Bestes, ganz im Gegenteil. Die hetzen dich doch nur auf. Komm Karl, geh Karl, prügel dich Karl, zahl uns unser Bier, Karl, mach dich lächerlich, Karl...“ Die Hanna musste tief einatmen, bevor sie weitersprach: „Wäre es denn so schlimm, wenn jemand den Meister Heuer um Rat fragen würde? Wenn der Meister gescheit und zuverlässig wäre? Wenn es hieße, er wäre der geschickteste Handwerker im ganzen Landkreis? Aber nein, du bist ja Knecht der Spitze, und wahrscheinlich werden sie, wenn ich weg bin, dir so richtig Bescheid geben, Spitz fang, Spitz fang!“
Bei diesen Worten hob sie den Schubkarren auf und lief mit ihm los. Der Karl war darauf völlig unvorbereitet, machte aber instinktiv einen Satz zur Seite, die Hälfte seines Gefolges wurde allerdings schwer an den Schienbeinen getroffen, denn der Karren war hart und sperrig.
Alle blickten dem Mädchen nach, als es mit dem Schubkarren um die Ecke verschwand. Und jetzt ging ein großes Geschimpfe los. Alle lästerten über die Hanna, das unverschämte Lügenmaul, und die Empörung war groß.
„Warum lässt du dir das gefallen?“, fragten sie den Karl, „los wir gehen hinterher und schmeißen ihren Schubkarren in den Graben.“
Alle waren laut und streitlustig und versuchten den Karl zu einem Rachefeldzug motivieren, doch der Karl verhielt sich seltsam still und machte einen furchterregenden Eindruck.
Rot geworden im Gesicht schickte er dem Mädchen einen wilden Blick nach, vor dem die anderen Burschen erschraken, dieser Blick ließ sie verstummten. Keiner von ihnen wollte den Unwillen des Meisters auf sich lenken.
Der Karl fühlte sich so zornig wie nie zuvor, niemand hatte ihm jemals so etwas gesagt – und dann noch vor all seinen Anhängern! Wie hatte er nur jemals glauben können, dass er und sie... Dabei war sie wirklich hübsch, nein nicht hübsch, sie war eine Schönheit. Wieso hatte er das nie vorher gesehen?
Da hatte die Baron sich bestimmt vertan. Oh verdammt, geliebte Morgan! Jetzt hatte er sie endlich aufgegeben, und dann kam das!
„Wart’s ab, Meeken, dir werde ich schon...“ er zerbiss den Rest der Rede zwischen seinen Zähnen und richtete sich trotzig auf. „Heute gehen wir nicht nach Hause! Heute ist Schützenfest in Schießheim! Heute werden wir den Schießheimern mal so richtig zeigen, wer den Vogel abschießt!“
„Der Meister ist wieder da“, jubelten seine jungen Spitz – oder Spießgesellen.
Alle machten sich scherzend auf den Weg, und der Meister ging mitten unter ihnen. Es würde bestimmt ein grandioser Abend werden.

~*~*~

Sie hatten recht, die kläffenden Spitze: Es wurde ein grandioser Abend.
Zuerst hielt der Karl sie frei, er bezahlte praktisch alles an Zeche. Großartig war das, einfach grandios.

„Ja, der Karl, das ist aber auch einer...“
„So was von großzügig!“
„Ja der Karl, der lässt sich nicht lumpen!“

Während sie ihn rühmten, richtete er sich auf einmal auf und schaute sie seltsam an, doch das ignorierten sie. Der Karl war doch der Karl, der war jung, obwohl er schon älter war, der Karl war einfach große Klasse.
Und wie er sich als erster in das Gewühl begab und alle anderen aufmischte! Da flogen die Fäuste, da klapperten die Zähne, die Luft war erfüllt mit Schmerzensschreien...

„Das ist der stärkste Hund hier!“
„Die werden wir jetzt aber auseinander nehmen!
„Aber nur, weil der der Karl hier ist....“
„Die laufen ja wie die Hasen!“
„Ja, der Karl, das ist aber auch einer...“
„Das ist der stärkste Hund hier!“

Sie folgten dem Karl nach ins Getümmel, teilten ihrerseits ordentlich aus, natürlich nicht so wie der Karl, der wie ein Berserker die anderen Burschen aufmischte ohne Rücksicht auf Verluste. Aber der Karl war eben ihr Vorbild, ohne den würden sie gar nix schaffen, der Karl, der Karl...
Der Karl wandte sich nun ihnen zu, seine Augen sahen irgendwie grauslich aus, wie gut zu wissen, dass der Karl einer der ihren war. Aber das schien er selber nicht mehr zu wissen, denn er haute sie genauso um wie die anderen, schmetterte ihre Körper zusammen, als ob sie seine Feinde wären, trümmerte ihnen die Krüge, die er gerade zu greifen bekam unbekümmert auf die Köpfe.
Und als schließlich der ganze Saal ein einziges Krankenlager war, voll von stöhnenden blutenden, mehr oder weniger schwer verwundeten Feinden und Exkumpanen, da wandte sich der Karl zum Gehen, ohne sich um seine Spitze zu kümmern.

~*~*~

Seitdem machten die seltsamsten Gerüchte Umlauf im Dorf. Der Karl sollte nicht mehr ausgehen, sondern nur noch in seiner Werkstatt sitzen, um dort verbissen zu arbeiten. Wer sich aber dennoch Einlass dort verschaffen konnte, der wurde von ihm abgefertigt mit düsteren Sprüchen, in der Art von: „Ihr werdet schon noch von mir hören.“ Oder: „Und zur Not geh ich nach Amerika...“ Das verunsicherte seinen alten Meister sehr, der war nämlich einer der wenigen, die sich zu ihm in die Werkstatt trauten.
Auch im Wagenrad schäumte die Luft über vor Vermutungen. Einen seiner Gesellen, der auch zu den „Spitzen“ gehörte, war vom Karl nämlich hinaus geworfen worden, der Karl hatte doch tatsächlich behauptet, er hätte Werkzeug gestohlen... Und just dieser Geselle verbreitete nun üble Gerüchte.
Dass der Karl sich an der Hanna rächen wollte. Und dass keiner von seinen alten Freunden mehr was mit ihm zu tun haben wollte.
Die erstere Behauptung stieß auf allgemeine Besorgnis, vor allem bei der Maladessin. Ihre Tochter, die Eve-Marie konnte die Mutter kaum zurückhalten, noch am gleichen Abend zu der Hanna zu eilen, um diese zu warnen.
Die zweitere wurde allerdings von den Leuten nicht für ganz voll genommen, es war wohl eher umgekehrt, der Karl ließ seine ehemaligen Kumpels nicht mehr zu sich. Trotzdem war er wohl verrückt geworden, doch ab jetzt stand er unter der Bobachtung des ganzen Dorfes, und alle harrten gespannt der Dinge, die noch geschehen würden...

 

~*~*~~*~*~~*~*~

 

ROMANE

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