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Die Frauen von Kampodia

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Teil 3
Teil 4
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Teil 8
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Teil 10

Teil 11
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Die Frauen von Kampodia Teil 17

Herrscherin

HERRSCHERINNEN

Morgan befand sich wieder in Kampodia. Daheim, wie sie erleichtert dachte. Sie war tatsächlich davongelaufen, wie sie zu ihrer Schande feststellen musste, und zwar vor der Lena. Und auch jetzt noch verspürte sie wegen der ein schlechtes Gewissen.
Doch was hätte sie tun sollen? Sie hatte Frederic versprochen, das Rittergut zu erhalten, koste es was es wolle. Leider war dabei etwas anderes auf der Strecke geblieben, nämlich das Glück ihres Sohnes...
Aber Thomas war tot, er war gestorben, weil er sich in die Lena verliebt hatte und weil er im Unteren Dorf, dort wo sie lebte, verdorbenes Wasser getrunken hatte. So gesehen war die Lena selbst Schuld an ihrer Misere.
Oh ja Morgan, hack’ nur auf dem armen Mädel herum, sie hat den Thomas bestimmt geliebt, er war so anders, so sensibel, so rücksichtsvoll, er war auch so gutaussehend, er hatte viel Ähnlichkeit mit ihrem verstorbenem Vater... Sie seufzte auf. Thomas, lieber Thomas, wo bist du jetzt wohl? Warum träume ich nicht von dir?
Natürlich konnte sie die Lena nicht als Schwiegertochter anerkennen, denn die Ehe war ungültig und der angebliche Ehemann tot. Das Kind allerdings würde leben.
Sie hatte der Lena Geld angeboten, doch die hatte es ausgeschlagen. Gut, sie konnte es ihr nicht in den Rachen stopfen, aber was wäre, wenn dieses Kind der einzige Nachfahre der von Kampes sein würde? Nein, es würde auf keinen Fall gehen, sie konnte das Kind nicht im Nachhinein anerkennen, die Gesetze würden es nicht erlauben...
Doch was sollte sie nun tun? Es blieb ihr nur eins übrig: Sie musste ihren zweiten Sohn so schnell wie möglich verheiraten, damit bald ein rechtmäßiger Erbe geboren wurde.
Es tat Morgan weh, das in die Wege zu leiten, denn sie selber hatte aus Liebe geheiratet, außergewöhnlich zu dieser Zeit, und es war gut gegangen.
Dennoch hatten arrangierte Hochzeiten ihre Vorteile. Es hörte sich zwar grausam an, doch sie war in Adelskreisen sowie bei den Großbauern auf dem Land weit verbreitet. Ehen aus Liebe waren kaum erwünscht, sie erschienen suspekt, denn die anfänglich romantischen Gefühle verflüchtigten sich im Laufe des realen Ehelebens sehr schnell. Warum also nicht gleich eine Ehe nach vernünftigen Gesichtsgründen planen?
Und ihr Sohn Archibald war hart im Nehmen, Morgan musste lächeln, sie würde ihm die Ehe schon schmackhaft machen, er war ein sehr materieller Typ, er liebte seine Pferde, seine Wagen, seine Kleidung, seine Freunde und manchmal auch das Glücksspiel... Sie würde ihn schon an die Frau bringen.
Sie erinnerte sich an die Soiree vor ein paar Wochen, da war ihr der Gedanke gekommen, Thomas mit der Eve–Marie Maladess zu verkuppeln.
Ach mein geliebter Thomas, wieder traten ihr Tränen in die Augen.
Gut, nun würde es also der Archibald sein. Archibald ähnelte sehr ihrem verstorbenen Ehemann, er wirkte fast wie eine unfertige Kopie von ihm. Und vielleicht würde es ihm im Laufe der Jahre ja gelingen, genauso zuverlässig und kraftvoll zu sein wie sein Vater. Mit der richtigen Frau an seiner Seite.
Undeutlich erschien vor ihr ein Bild, auf dem Archibald und die Eve–Marie zu sehen waren. Sie kamen ihr nicht unglücklich vor, sie waren vornehm gekleidet – neben ihnen standen Kinder, drei Jungen und zwei Mädchen. Einer der Jungen sah aus wie Thomas, und wieder kamen ihr die Tränen. Unwillkürlich fuhr sie sich mit Hand über die Augen, nein, nicht jetzt! Trauern konnte sie in der Abgeschiedenheit ihres Schlafzimmers, dort wo sie sich Frederic so nahe fühlte.
Wie sollte sie den Kontakt zur Maladessin herstellen? Am besten einen Dienstboten ins Warenrad schicken, um einen Krug Bier zu ordern. Und danach vielleicht eine persönliche Botschaft, verbunden mit einer Einladung folgen lassen. Die Maladessin würde sie bestimmt nicht ausschlagen...

~*~*~

Eine Woche später ging die Maladessin zu Besuch ins Herrenhaus. Sie hatte ihre überaus stattliche Figur in ihre besten Gewänder gezwängt, und sie war überaus gespannt auf das, was die Baronin ihr mitzuteilen hatte. Das Herrenhaus kannte sie schon, zumindest den großen Ballsaal im Erdgeschoss. Dort gaben die von Kampes immer gen Ende des Sommers ein großes Fest, zu dem außer dem Landadel auch die Honoratioren des Dorfes eingeladen wurden. Natürlich war der Ball dieses Jahr ausgefallen, denn der Sohn der Baron war unter schlimmen Umständen gestorben, und die Maladessin fühlte großes Mitleid mit ihr. Trotzdem wunderte sie sich darüber, warum sie zu Besuch gebeten wurde.
Die Baronin machte persönlich die große dreiflügelige Tür des Herrenhauses auf.
„Hermine, ich freue mich, Sie zu sehen!“
Die Maladessin war erstaunt, denn niemand hatte sich jemals die Mühe gemacht, ihren Vornamen herauszufinden, nein, für jeden anderen im Dorf war sie nur die Maladessin, die Frau des verstorbenen Maladess’ – und eigentlich nur ein Anhängsel des verblichenen Unguten...
Also wandte sie sich herzlich an die Baronin: „Es ist mir eine Freude hier zu sein, Frau Baronin. Und es tut mir so leid um den Thomas, wie konnte jemand, welcher so gut war so früh sterben?“
„Das werden wir uns immer fragen, aber kommen Sie doch herein. Und nennen Sie mich Morgan...“
Die Maladessin folgte wie betäubt der Baronin, sich insgeheim fragend, worauf das alles hinauslaufen sollte, dennoch war es eine große Ehre, und sie würde diese voll auskosten...
Sie gingen beide die gewundene Treppe hoch, und die Baronin wies sie auf die Portraits zu beiden Seiten des Treppenaufgangs hin. Die Maladessin fühlte sich schier erschlagen von all dieser Adeligkeit.
Auch der kleine Salon der Baronin mit seinen rot lackierten Tischchen machte großen Eindruck auf sie. Sie setzte sich vorsichtig auf eines der zierlichen Sofas und harrte der Dinge, die da kommen würden. Normalerweise war sie nicht so stumm, aber die Gegenwart von Morgan, ja, die Baronin wünschte sich Morgan genannt zu werden, hatte ihr doch etwas die Sprache verschlagen.
„Wir sind doch beide Frauen von Welt“, sagte die Baronin gerade lächelnd.
„Das sind wir wohl“, gab die Maladessin geschmeichelt zu, obwohl sie immer noch nicht wusste, worauf die Baronin hinaus wollte.
Diese machte sich gerade an einer Flasche zu schaffen und entkorkte sie. „Es ist unser selbst gemachter Eierlikör, und bestimmt nichts Besonderes – vor allem wenn man es mit dem Bier vergleicht, das die Eve–Marie brauen lässt...“
Darüber war die Maladessin sehr erstaunt, und sie musste zugeben: „Die Eve–Marie ist mein Ein und Alles. Aber sie ist sehr eigen, sie verhält sich fast so wie ein Mann und ist immer sehr interessiert an neuen Fertigungsmethoden. Vor allem beim Bier... Da ist sie immer schier außer sich, wenn sie von einer neuen Methode erfährt.“ Die Maldessin schaute etwas bedrückt drein bei dieser Rede. Es war nicht leicht mit ihrer Tochter, sie verhielt sich gar nicht so, wie ein Meeken sich zu verhalten hatte.
„Aber liebe Hermine, das ist doch kein Nachteil!“ Die Baronin lächelte sie an. „Wenn mein Archibald solche Gelüste hätte, dann würde ich ihn hochpreisen. Aber die hat er nun mal nicht, und deswegen suche ich auch eine Frau für ihn. Eine, die für ihn passt...“
Die Gedanken der Maladessin gingen auf die Reise. Konnte es sein, dass die Baronin sie deswegen eingeladen hatte? Wollte sie den Archibald mit ihrer Tochter Eve–Marie verkuppeln? Kein schlechter Gedanke! Aber meinte sie das wirklich ernst? Sie entschloss sich, das direkt anzugehen.
„Dieser Likör schmeckt wirklich ausgezeichnet“, sie hob ihr Gläschen hoch und prostete der Baronin zu. „Aber ich denke, mit einem guten Bier könnte das Ganze richtig abgerundet werden. Nicht wahr Morgan?“ Insgeheim verspürte sie natürlich Angst, dass sie vollkommen falsch lag mit ihrer Vermutung, aber andererseits... – was konnte die Baronin ihr schon groß anhaben?
„Ich sehe schon, meine liebe Hermine, dass du mitdenkst, und ich hoffe, dass du meinen Einfall nicht für zudringlich hältst. Zigarettchen gefällig?“
Die Hermine machte sich ihre eigenen Gedanken. Eigentlich gefiel ihr die Idee mit der Heirat absonderlich gut, anderseits witterte sie einen Hintergedanken. „Eine Zigarette nehme ich gerne“, sagte sie. „Ich hoffe aber, dass sie mir auch gut bekommt...“
„Kein Problem“, Morgan lächelte vor sich hin, „das Rittergut ist schuldenfrei, das Land wird immer an Wert behalten und der Wald auch. Nur habe ich Angst, dass mein Sohn zu schwach ist, dies alles zu bewahren...“ Sie nahm einen kleinen Kienspan, zündete ihn an einer der Öllampen an und gab der Maladessin Feuer. „Diese neumodische Zündhölzer sind mir ein Gräuel, manchmal entzünden sie sich von alleine... Da lob’ ich mir doch den alten Zunder mit Feuerstein und Schlageisen.“
„Man kann natürlich den Lauf der Dinge nicht aufhalten“, entgegnete die Maladessin. „Doch weiß man, ob die neuen Sachen wirklich besser sind?“
Während sie beide stillschweigend vor sich hinrauchten – es handelte sich um einen recht eigentümlichen Tabak, er beflügelte den Geist, machte ihn klar, und außerdem roch er wie eins dieser aromatischen italienischer Kräuter, sehr sehr lecker...
„Die Mischung heißt Orientalischer Tabak“, erzählte Morgan gerade heiter, doch dann machte sie ein betrübtes Gesicht. „Ach, wenn dieser Tabak doch ALLES freundlicher machen würde...“
„Ist dir etwas Schlimmes passiert, Morgan?“, fragte die Maladessin besorgt. „Ich meine natürlich, außer dem Tod von dem Thomas.“
„Es ist nichts“, seufzte die Baronin. „Außer dass ich eine uneheliche Schwiegertochter habe mit einem Bastard unter dem Herzen – und dass ich nicht weiß, ob ich richtig gehandelt habe, den Bastard nicht anzuerkennen...“
„Oh mein Gott!“, die Maladessin nickte bedauernd und dachte kurz nach. Die Morgan war wohl recht sentimental, sie machte sich Gedanken um eine Ehe, die nie wirklich existiert hatte. Tja, die Adeligen waren mittlerweile wohl etwas dekadent, ganz im Gegensatz zum aufsteigenden Bürgertum. Trotzdem fühlte sie Mitleid für Morgan, sie beugte sich zu ihr hinüber und streichelte sanft ihre Wange. „Liebe Morgan, wir haben alle unser Kreuz zu tragen. Meine Eve–Marie hatte sich ja partout den Heuers Karl in den Kopf gesetzt, aber ich habe ihn ihr ausgetrieben. Jetzt wird sie offen sein für alles – und vor allem für Bess’res...“
„Trotzdem habe ich noch Skrupel wegen dieses Kindes, es ist immerhin von Thomas. Auch wenn diese Ehe nie gültig war...“, die Baronin setzte sich aufrecht hin. „Aber ich muss das überwinden. Ich muss das Rittergut erhalten, wie ich es meinem Frederic versprochen habe – und wenn du, liebe Hermine, mir dabei hilfst, dann werden wir beide zusammen erfolgreich sein.“
„So sei es, Morgan.“ Die Maladessin prostete der Baronin zu, und beide sogen intensiv an ihren Orient–Zigaretten. Die hatten wirklich eine wunderbar entspannende Wirkung und machten irgendwie lustig...
„Ich habe gehört, dass die Hanna sich etwas unbeliebt gemacht hat bei dir“, kicherte die Baronin nach einer Weile.
„Ach was, das war alles nur ein Missverständnis. Wir wollten dem Meeken wirklich nur helfen – aber dann ist alles aus dem Ruder gelaufen...“
„Ja, sie ist sehr stolz“, die Baronin sog an der orientalischen Zigarette und nahm einen kleinen Schluck Eierlikör zu sich.
„Wer hätte auch denken können, dass der Karl sich in die Hanna verkiekt hett... Also ICH nicht!“ Auch die Maladessin musste lachen.
Ich schon, dachte die Baronin, ich hab’s nämlich vorausgesehen...
„Komm, ich zeig dir mal den alten Kasten, nein das Haus meine ich natürlich, man soll den Kasten, nein die Katze ja nicht im Sack kaufen...“, sagte sie nach einiger Zeit, während derer sie stillschweigend geraucht hatten.
„Ja gerne“, erwiderte die Hermine, und beide Frauen schlenderten einträchtig die große Treppe hinunter, besichtigten den Ballraum mit dem Klavier, inspizierten die kleine Bibliothek nebenan und gingen einen Stock tiefer ins Souterrain, dort wo sich die Küche und die Vorratsräume befanden.
Die Hermine war sehr angetan von dem riesigen Herd mit den verschieden großen Einsatzringen und den Klappen, mit denen man die Zugluft und somit die Hitze nach Wunsch steuern konnte.
Sie bewunderte die Vorratskammern, in denen große Schinken und viele Würste hingen. Dutzende von Zuckerhüten lagerten dort gemeinsam mit den passenden Hämmerchen zum Zerkleinern. Jede Menge Honig gab es in beschrifteten Keramikgefäßen. Und auch andere Sachen. „Was denn?“, fragte sie, „kann man jetzt auch Fleisch und Gemüse einkochen?“
Morgan musste lachen. „Eigentlich nicht, aber ich habe eine Idee gehabt, um das zu bewerkstelligen.“
„Das wird die Eve sehr interessieren, die versucht ja auch immer, neue Methoden herauszufinden“, die Maladessin schaute die Baronin bewundernd an. Diese Frau wuchs immer mehr in ihrer Anerkennung.
Miteinander plaudernd gingen sie weiter. Die Baronin erzählte von Archibald und was für ein guter Kerl er wäre, obwohl ihm noch einiges an Verantwortungsbewusstsein fehlte.
Die Maladessin lobte ihre Eve–Marie in den Himmel, anscheinend hatte sie ganz vergessen, dass sie noch vor kurzem die ungewöhnlichen Interessen ihrer Tochter für nicht ganz weiblich gehalten hatte.
Sie besichtigen nun die drei riesigen Erdkellern des Gutshofes. Die Maladessin war begeistert. Dort konnte man nämlich sehr gut Lebensmittel lagern bei einer immer gleichbleibenden niedrigen Temperatur. Im Gasthaus hatten sie zwar auch einen Erdkeller, aber er war viel kleiner als diese.
„Wir haben allerdings keinen Eiskeller“, sagte die Baronin. „Er schien uns zu aufwändig zu sein. Aber wenn die Eve–Marie das Gut wieder hochkriegt, dann kann sie natürlich alles tun, was ihr beliebt...“
Puuh, die Maladessin atmete unhörbar aus. Das waren ja vielversprechende Perspektiven.
Doch am meisten war sie beeindruckt von den neumodischen Scheißhäusern. Zwei an der Zahl waren es. So wunderbar waren die! Sie selber hatten im Wagenrad nämlich immer noch diese furchtbaren, dunklen und vor allem stinkenden Plumpsklos...

 

~*~*~~*~*~~*~*~

 

ROMANE

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