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Die Frauen von Kampodia

Teil 1
Teil 2
Teil 3
Teil 4
Teil 5
Teil 6
Teil 7
Teil 8
Teil 9
Teil 10

Teil 11
Teil 12

Teil 13
Teil 14
Teil 15
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Teil 17
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Teil 19
Teil 20
Teil 21
Teil 22
Teil 23

 

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Die Frauen von Kampodia Teil 22

Welt

DIE WELT IST GENUG

Es war gar nicht einfach, verlobt und somit gebunden zu sein, dachte die Hanna. Sie fühlte sich ein bisschen verloren, als würde sie sich selber durch diese Heirat aufgeben. Dabei war der Karl doch so lieb, so gütig. Die meiste Zeit allerdings kümmerte er sich nicht um sie, und das wurmte sie irgendwie.
Sie hatte die letzten Wochen in seinem Haus gelebt, das war im Dorf so üblich. Die Verlobten sollten sich kennenlernen unter Alltagsumständen – natürlich nicht im Ehebett, vor dem sie eine Heidenangst hatte – und die Braut sollte sich mit dem Haushalt vertraut machen. Es war schön, dass sie ihre Tante mitbringen konnte, der Karl hatte darauf bestanden. Dennoch fühlte sie sich nicht wohl dort. Der Reichtum in diesem Haus war so offensichtlich, und sie selber war so arm.
Durch angestrengte Arbeit versuchte sie dieses Gefühl zu verdrängen, doch es wurde nicht besser. Warum wurde es nicht besser? Sie liebte die Grotmudder vom Karl, als wäre es ihre eigene Grotmudder. Die alte Frau war so froh, dass sie ihre Last jetzt weitergeben konnte an die zukünftige Frau ihres Enkels. Und sie, die Hanna trug diese Last mit Leichtigkeit, dennoch fühlte sie sich so... minderwertig. Sie wich dem Karl aus, wo sie nur konnte – und ärgerte sich gleichzeitig darüber, wie er das ignorierte. Es schien ihn nicht groß zu bekümmern, dass sie seine Gegenwart mied.

~*~*~

Am Tag vor der Hochzeit machten sie gemeinsam einen Spaziergang, er führte sie in das Untere Dorf, bis sie schließlich vor ihrem Häuschen ankamen.
Doch wie anders sah es nun aus! Das Loch in der Vorderfront war verschwunden, und sogar das Dach wirkte wie neu. Die Hanna konnte nur staunen.
Doch dann fing sie an zu weinen und machte dem Karl die heftigsten Vorwürfe: „Jetzt hast du mich wohl ganz und gar. Was willst du von mir, ich bin doch ein nichts, und jetzt besitze ich nicht einmal mehr mein Häuschen...“
Der Karl schaute sich das eine Weile an, er konnte es nicht fassen, aber er musste sie nun überzeugen, und hoffentlich nahm sie es ihm nicht übel.
Zaghaft fing er an: „Hanna, ich weiß, dass du dich schwer tust mit unserer Heirat, und deswegen wollte ich dich auch nicht bedrängen. Ich dachte, die Zeit wird dir zeigen, wie lieb ich dich habe und dass ich nur dein Bestes will. Dieses Häuschen hier wird immer deins bleiben – genauso wie das andere, das bisher meins war. Es wird unser Haus sein.“ Prüfend blickte er die Hanna an, aber sie machte keinerlei Anstalten, aufzuhören mit dem Schluchzen.
„Weißt du überhaupt, was das heißt, unser? Nein, du weißt es nicht, du bist immer noch besessen davon, alles alleine zu schaffen, bist so überzeugt von deiner Stärke... Dabei ist jedes Pferd und jeder Ochse stärker als du. Oder als ich. Ich kann dir jetzt nur sagen, dass ich dich lieb habe und nur dein Bestes will, auch wenn ich mich wiederhole. Überleg es dir. Ich weiß nur, wenn du mich nicht willst, dann muss ich alleine bleiben...“
Die Hanna schaute an ihm vorbei und sagte nichts darauf. Und der Karl hatte schwere Bedenken, als sie schweigend nebeneinander ins Dorf zurückgingen. Hoffentlich hatte sie ihm diese Rede nicht übel genommen.

~*~*~

Es war ein wunderschöner Tag, an dem der Karl und die Hanna heirateten. Zuerst war es nebelig gewesen, doch dann kam immer stärker die Sonne heraus, bis sie schließlich diesen späten Oktobertag beherrschte und zärtlich warm auf alle herab schien.
Die Hanna trug ein schlichtes schwarzes Kleid – es war natürlich ihr einziges – und wie üblich auf dem Lande symbolisierte der weiße Schleier auf ihrem Kopf ihre Jungfräulichkeit. Ja, das war sie, furchtsam und jungfräulich, und sie verspürte nicht wenig Angst vor ihrer Hochzeitsnacht, aber sie vertraute dem Karl. Wer hätte das jemals gedacht.
Die Baronin kam ihr in den Sinn, sie war zum Herrenhaus gegangen, um sie um Rat zu bitten. Irgendwie war die Baron wie eine Mutter für sie. Bei dem Besuch teilte sie ihr alle Zweifel und Ängste mit: Wie ihr Vater die Mutter geschlagen hatte – und sie sich zwischen die beiden warf, um die Schläge von der Mutter abzulenken. Und dass sie deswegen vielleicht ein wenig verdorben war in Bezug auf Mannsbilder.
Die Baronin hatte schmerzlich gelächelt und dann gesagt: „Alle Frauen haben so ihre Erfahrungen mit den Mannsbildern, auch ich... Trotzdem muss man sich bemühen, verzeihen zu können...“ Wieder lächelte sie so seltsam traurig, doch dann fuhr sie schnell fort: „Der Karl ist aber nicht so einer, du solltest ihm einfach vertrauen.“
War der letzte Satz von der Baronin der Grund, warum sie jetzt neben dem Karl stand, angetan mit dem weißen Schleier der Jungfräulichkeit? Nein, sie hatte sich schon vorher entschieden. Warum aber war sie zur Baronin gegangen? Sie wusste es nicht, ein Gefühl hatte sie dort hingetrieben. Sie ahnte, dass die Baronin irgendetwas mit dem Karl zu tun hatte, sie wusste nicht, was es war, und sie empfand es auch nicht als Bedrohung. Vermutlich wollte sie nur ihren Segen. Und den hatte sie bekommen.
Der weiße Brautschleier war ihr von der Baronin geschenkt worden mit den Worten: „Ich weiß ganz sicher, dass ihr miteinander glücklich werdet“, und danach hatte sie sie umarmt wie eine Tochter. „Liebe Hanna, du solltest dich bei der Maladessin entschuldigen“, riet sie ihr noch, und sie, die Hanna hatte dies auch getan.
Es machte ihr nichts mehr aus, das dumme Verhalten der großen Weiber, und eine Entschuldigung, meine Güte, die kostete sie nichts. Also tat sie es, und sie hatte es nicht bereut. Trotzdem fragte sie sich immer noch, warum die Baronin ihre Zweifel so gut verstanden hatte. Was hatte die wohl Schlimmes mit Mannsbildern erlebt?
Jetzt zu ihrer Hochzeit standen alle großen Weiber am Straßenrand, als sie mit dem Karl aus der Kirche kam, und sie winkten ihr zu. Die Hanna machte sich so ihre Gedanken: Auch wenn sie jetzt selber eine große Frau war – darüber musste sie lächeln – so wie die würde sie sich bestimmt nicht verhalten.
Unter den großen Weibern erkannte sie die Baronin, sie stand neben der Maladessin am Wegesrand und lächelte ihr zu. Das war ihr die größte Ehre, nicht weil die Baronin die größte unter den Frauen war, nein, sie war so gütig und so verständnisvoll. Was hatte sie wohl Schlimmes erlebt?
Sie blickte kurz nach links. Der Karl, da war er, so zuverlässig, so liebevoll... Sie würde ihn glücklich machen, das war ihr fester Wunsch.
Als sie durch das Dorf gingen, sahen viele ihnen nach und machten sich so ihre Gedanken.
Der Metzgermeister war voller Groll, denn er hatte dieses wunderschöne Meeken nicht gekriegt.
Die Eve–Marie verspürte ein kleines bisschen Wehmut. Wie würde es wohl sein, wenn man aus Liebe heiratete? Sie hatte den Karl auf ihre Art geliebt, das wusste sie, aber hätte sie ihn auch glücklich machen können? Ihr Wesen war nun mal anders als das der meisten Frauen, und vermutlich hätte sie ihn unglücklich gemacht. Da war der Archie schon härter, ein Aristokrat vom Scheitel bis zur Sohle, er hatte alle negativen Seiten des Adels in sich, als da waren Überheblichkeit, Verschwendung und Anmaßung. Aber er war auch zäh und vor allem lernfähig.
Und sie würde ihn glücklich machen – wenn man Glück definierte als Reichtum, Unabhängigkeit und ge–sellschaftlichem Stand... Wenn sie zudem noch ihr eigenes Geschäft ausbauen könnte, ihre Ideen verwirklichen... Gut, dann wäre diese geplante Ehe das Optimum, was sie vom Leben erwarten konnte.
Dennoch dachte sie manchmal mit Wehmut an den Karl. Doch das würde vorübergehen, denn sie war sich sicher, dass sie den besseren Teil erwischt hatte. Der Archibald war zwar nicht ganz so attraktiv wie der Karl, aber er hatte seine Vorzüge. Sie konnte ihren eigenen Neigungen nachgehen, und es würde sie nicht sehr betrüben, falls ihr Ehemann fremdging. Nein, das würde sie auch nicht wollen, er sollte nicht fremdgehen, er gehörte nur ihr allein... Sie selber würde ihm treu sein, denn wenn sie sich schon zu dieser Ehe entschieden hatte, dann sollte es auch richtig sein.
Sie musste an die Baronin denken. Die hatte ja einiges mitgemacht, wenn auch nur im Nachhinein ihres Ehelebens. Die arme Frau: Von der Exgeliebten ihres Mannes erpresst zu werden... Unglaublich!
Als ihre Mutter es ihr erzählte, da war sie förmlich ausgerastet. „Die? Diese Schlampe will uns niedermachen? Nein, das schafft sie nicht – und wenn ich alles dafür tun müsste!“
Und sie hatte einiges dafür getan. Sie liebte sich nicht besonders dafür, aber es musste nun mal getan werden. Sie war die zukünftige Herrin vom Rittergut Kampodia, und sie würde alles tun, um es zu erhalten. Sie hatte fest vorgehabt, die Lakosta über die Klippen zu stürzen, doch dann war diese gestolpert, und gegen ihren Willen streckte sie ihre Hand aus, um die Frau festzuhalten. Doch die Lakosta wollte ihre Hand nicht nehmen, sondern stürzte lautlos in den Abgrund.
War sie trotzdem eine Mörderin? Hatte sie die Lakosta durch ihre Verkleidung in den Wahnsinn getrieben? Oder durch das Laudanum? Es war eine Opium–Tinktur, die als allgemeines Heilmittel galt – zusammen mit dem Schnaps wirkte es verheerend. Aber der Frau war wohl nicht mehr zu helfen: Die geliebte Tochter spurlos verschwunden, kein Einkommen mehr... Sie war so oder so am Ende.
Zu Hause würde sie den schwarzen Hut, die Augenklappe und den Rest der schwarzen Kleidung verbrennen. Unauffällig natürlich.
Sie hörte, wie auf einmal Getuschel aufkam. Wie eine Windsbraut erfasste das Getuschel die Leute, die an der Straße stranden – und wirbelte einige ziemlich durcheinander. Auch sie, die Eve...
„Habt ihr es gehört: Die Lakosta ist am Holzeberg tot gefunden worden...“
„Was denn, die alte versoffene Schachtel...“
„Sie scheint abgestürzt zu sein von den Klippen...“
„Die war bestimmt hackedicht!“
„Aber was wollte sie dort?“
„Ach weißt du, die war ja lange schon nicht mehr klar im Brägen. Lief immer besoffen herum und erzählte Lügengeschichten...“
„Was denn für Lügengeschichten?“
„Ach so einen Mist von wegen, ihre Tochter wäre nun die neue Baronin...“
„Heiliger Strohsack, die hatte wirklich nicht mehr alle Tassen im Schrank!“
„Ob da wohl eine Untersuchung stattfinden wird?“
„Wegen der? Die ist doch vollkommen unwichtig. Da wird sich der Büttel einen Dreck drum kümmern...“
„Stimmt, der hat Wichtigeres zu tun...“
„Trotzdem würde ich gerne wissen, wo die Lena abgeblieben ist...“
„Wenn die so ist wie ihre Mutter, dann hat die sich anpimpern lassen von irgendeinem und ist schnell weg von hier, bevor’s rausgekommen wäre...“
„Ich hab’ ja immer schon gedacht, das Meeken sieht ziemlich dreist aus...“
„Aber hübsch war die Lena schon, die hätte ich nicht von der Bettkante geschubst...“

Das allgemeine Getuschel erreichte schließlich auch die Baronin.
Sie ist tot, dachte Morgan, und im ersten Augenblick überkam sie deswegen eine ungeheure Erleichterung. Sie ist tot, sie kann der Familie nicht mehr schaden! Doch dann musste sie wieder grübeln: Wer hatte die arme Frau getötet? Von wegen arme Frau. Diese „arme“ Frau hatte geduldet, dass ihre Tochter sich mit ihrem Bruder verband und mit ihm ein Kind zeugte. Wie krank konnte man denn sein?
Aber wer hatte sie denn nun getötet? Morgan fühlte, wie ihr Gesicht errötete und dass ihre Hände feucht wurden. Sie selber war es nicht gewesen, das stand nun fest, und das war die Hauptsache. Sie hatte nie das Gesicht der schwarzen Gestalt erkennen können, und eigentlich wollte sie das auch gar nicht. Was ging es sie an?
Oh doch, es geht dich an! Du hättest genauso gut ihr Mörder sein können, doch ein anderer hat es dir abgenommen. Aber nein, es war bestimmt ein Unfall.
Nun auf einmal befielen sie Skrupel. Sie hatte diese Frau gehasst, das war klar, wie einen Stachel in ihrem Fleisch hasste sie die. Frederic hatte sie einmal geliebt und mit ihr ein Kind gezeugt. Vermutlich war er darüber nicht erfreut gewesen, denn er verleugnete es von Anfang an. Aber trotzdem hatte er seine Exgeliebte samt ihrer Brut immer gut versorgt.
Oh nein, warum war sie nur so eifersüchtig auf diese arme Frau? Vielleicht weil sie sich selber nicht sicher fühlte in Bezug auf Frederics Gefühle. Hatte Frederic sie überhaupt geliebt?
Wieso fühlte sie sich so unsicher? Sie und Frederic hatten doch wunderschöne Zeiten miteinander gehabt, niemals waren ihr Zweifel daran gekommen, was er für sie empfand.
Aber Liebe ist vielleicht nicht gleich Liebe. Leidenschaft... Ist die wichtiger? War sie nicht leidenschaftlich genug? Fehlte ihr dieser Wesenszug? Sie hatte viele leidenschaftliche Momente mit Frederic erlebt. Aber er vielleicht nicht mit ihr...
Damn it! Sie wollte nicht mehr darüber nachgrübeln müssen, Frederic war tot und mit ihm seine Geliebte. Obwohl das Kind dieser unheiligen Verbindung wohl noch lebte, doch das sollte sie nicht kümmern.
Morgans Augen trafen sich zufällig mit denen der Eve–Marie. Für einen winzigen Augenblick erkannte sie darin die Wahrheit. Und sie senkte betroffen ihren Blick. Wieso hatte sie das nicht voraussehen können?
Wer war diese junge Frau? Sie sah aus wie eine Porzellanpuppe, mittelgroß von Gestalt und überaus hübsch, blonde Locken umrahmten schmeichelhaft ihr Puppengesicht, doch was steckte dahinter?
Morgan wusste nicht, ob sie ihre zukünftige Schwiegertochter lieben konnte. Doch das war unwesentlich, denn die Eve Marie hatte die Last nun auf sich genommen, Morgan seufzte erleichtert auf. Sie war es nicht gewesen, obwohl sie durchaus hätte sein können. Und die Eve sah aus, als könne sie diese Last tragen, Morgan fiel ein, dass sie ihre Hand ausgestreckt hatte, um den Sturz der Lakosta zu verhindern, also war sie keine Mörderin. Oder doch? Was hatte sie getan, um die Lakosta dorthin zulocken?
Morgan schüttelte unmerklich den Kopf, sie wollte es gar nicht wissen!

 

~*~*~~*~*~~*~*~

 

ROMANE

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